Mittwoch, 29. Dezember 2021

Ein großer Riesling zum Jahresausklang

Dieser Wein hat mich bei der ersten Probe (das muss Ende 2012 gewesen sein) sehr beeindruckt, so dass ich nach der Probe sechs Flaschen gekauft habe. Ein paar Jahre später habe ich den Wein dann "vorführen" wollen und groß angekündigt - bin damit aber leider auf dem Bauch gelandet, weil er zu der Zeit verschlossen war und nichts preisgab. Jetzt, zehn Jahre nach der Ernte, zeigt der Wein (wieder), was in ihm steckt. Gehört zu den besten Rieslingen, die ich in diesem Jahr getrunken habe.

 


2011 Bürklin-Wolf Forster Pechstein Riesling GG

Goldgelb
Nase zunächst von mittlerer Intensität, wird mit viel Luft aber intensiver. (Teils kandierte) Zitrusfrucht, Orangenabrieb, Ananas, Wachs(?)
Gaumenfüllend, viel reife Zitrusfrucht, schöne, den Wein quasi marmorierende Säure, langes, mineralisch geprägtes Finale mit langem Nachhall. Großes Riesling-Kino.
Legt in der geöffneten Flasche über Tage zu. 

94-96, bei guter Lagerung sicher bis 2030


Sonntag, 19. Dezember 2021

The Lagrangian

Chateau Lagrange in Saint-Julien ist ein sehr großes Weingut, das als 3ème Grand Cru Classé klassifiziert ist und einen soliden Ruf besitzt, aber von der absoluten Spitze in Saint-Julien doch ein gutes Stück entfernt ist. Ich kenne und schätze den Wein aus verschiedenen Jahren, wobei der 2000er mein bislang ältester Lagrange war. 

Vor ein paar Wochen las ich im Wenforum (www.dasweinforum.de) eine ganz hervorragend klingende Notiz zum 1996er. Wie der Zufall so will wurden kurz darauf zwei Flaschen bei Ebay angeboten und waren zu einem angemessenen Preis zu haben. Ebay ist bei gereiften Weinen immer ein Glücksspiel, und das hier war dann wohl ein Hauptgewinn. 

 


1996 Chateau Lagrange (Saint-Julien) 

Ziemlich dunkles Rot mit ersten bräunlichen Reifenoten am Rand
Die Nase schreit "Bordeaux" bzw. genauer: linkes Ufer, old school. Ein generös wirkendes Potpourri aud dunklen Früchten (Brombeere), einem Anflug von Veilchenpastille, Leder, Johannisbeere, Tabak 
Am Gaumen sehnig, über einem dunkelfruchtigen "Grundton" liegt eine eher rotfruchtige Aromatik mit leicht (und angenehm!) säuerlicher Note. Das durchaus noch präsente Tannin und eine deutlich vernehmbare Säure verleihen dem Weine eine schöne Struktur und begleiten ihn ins lange Finale. Insgesamt sehr stimmig.

92-94, sollte bei guter Lagerung noch 5-10 Jahre Spaß machen.


Fazit: Old-school-Bordeaux im besten Sinne. Der Lagrange "punches above its weight", denn dieser 1996er ist sicher nicht schlechter als die beiden vor einiger Zeit probierten Leovilles aus gleichem Jahr (guckstu hier).

Mittwoch, 1. Dezember 2021

SolidAHRität - mein Paket

Über die Aktion SolidAHRität hatte ich hier im Sommer berichtet (guckstu hier). Zahlreiche Winzer aus dem In- und Ausland hatten Wein gespendet, der dann auf gemischte 6er-Kartons aufgeteilt und für 65 Euro pro Karton verkauft wurde. Der Erlös ging vollständig an die vom Hochwasser betroffenen Winzer an der Ahr. Die Aktion war ein enormer Erfolg. Insgesamt wurden über 200.000 Flaschen Wein gespendet, von über 600 Helfern verpackt und versendet. Der Gesamterlös betrug etwa 2 Millionen Euro (guckstu hier).

Natürlich habe ich auch ein Paket erstanden und erhielt eine interessante und vielversprechende Auswahl deutscher Weine. Von den sechs Erzeugern war mir nur einer (Prinz von Hessen) bekannt. Die Weine habe ich bereits im Sommer verkostet, komme aber erst jetzt dazu, diesen Blog-Beitrag zu erstellen.

 


2020 Weinhaus Hauck "Kunststück" Weißburgunder und Auxerrois trocken 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase nussig, leicht vegetabile Noten, Melone(?)
Am Gaumen saftig, wieder nussig, nicht ganz trocken, prägnante Säure, eher kurz, ganz leichte Bitternote 

83-85, in den nächsten 1-2 Jahren trinken


2019 Full Weißburgunder unfiltriert Rheinischer Landwein

Sattes Mittelgelb
In der Nase etwas "funky" mit Orange-Note, Feuerstein, herb wirkender Duft, grüner Apfel, Birne, Brotkruste
Am Gaumen zupackender Gerbstoff, dadurch betont herb, aber auch krafvoll wirkend, mittlere Länge. 

Das Etikett verrät, dass das zu 50% ein Orange Wine ist, also ein auf der Maische vergorener Weißwein. Danach hat der Wein 10 Monate im Barrique verbracht.
Ist das spannend und interessant? Ja. Macht das auch beim zweiten Glas noch Spaß? (Mir jedenfalls) eher nicht. 

84-86?, würde ich eher jung trinken


2019 Peterhof Biebelnheimer Riesling 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase vor allem gelbe Steinfrüchte, sehr Riesling-typisch
Auch am Gaumen viel gelbe Steinfrucht, saftig und mit Zug, aber die Säure steht etwas neben dem Wein, was die Harmonie ein wenig stört. 

84-86, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken 


2018 Brummund Riesling trocken 

Mittelgelb
Beginnt in der Nase recht verhalten, etwas Rauch, dezent gelbfruchtige Aromen
Das wirkt am Gaumen wie "viel Kraft mit angezogener Handbremse", gelbe Steinfrüchte und Zitrusnoten, die Säure wirkt etwas aufgesetzt, leichte Bitternote im recht langen Finale 

83-85, bis 2023+ 


2017 Vollmer Hohen-Sülzer Domblick Riesling halbtrocken

Recht helles Gelb
In der Nase eher verhalten, neben gelben Steinfrüchten auch vegetabile Noten
Am Gaumen wirkt das recht unharmonisch mit verhaltener gelber Frucht, aufgesetzt wirkender Säure, wieder vegetabil, deutlich wahrnehmbare Restsüße im eher kurzen Abgang.

76-79, trinken 


2017 Prinz von Hessen Winkeler Hasensprung Riesling Spätlese 

Sattes Mittelgelb
In der Nase recht ausdrucksvoll und sehr animierend, weisse Johannisbeeren, Kräuter, süßer Apfel
Recht ausgeprägte Süße, eine ausgeprägte Säure läßt ein intensives Süße-Säure-Spiel entstehen, in der Aromatik traubig, im recht langen Abgang Zitrusnoten
Sehr schöne, wenn auch etwas plakative Spätlese

87-89, macht sicher noch 5 und mehr Jahre Spaß

Fazit: Als Käufer eines solchen Pakets muss man schon fast ein schlechtes Gewissen haben. Natürlich landen die 65 Euro, die man bezahlt, bei den Winzern an der Ahr. Aber man erhält einen sehr ordentlichen Gegenwert für das Geld, so dass man eigentlich nichts gespendet hat. Gespendet haben die teilnehmenden Winzer, und ihnen gebührt daher (neben den Organisatoren natürlich) der Dank. 


Donnerstag, 28. Oktober 2021

Scheure(h)be

Dieser Wein ist scheu wie ein Reh, und zwar gleich in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist er aromatisch sehr schön, aber auch recht zurückhaltend - als ob er sich verstecken wollte. Zum anderen versteckt der Wein sich auch auf dem Markt - er ist nämlich kaum zu bekommen. Vom 2019er habe ich drei Flaschen ab Weingut bekommen können, beim Nachfolgejahrgang 2020 bin ich dann leider leer ausgegangen. Wenn man nach dem Wein googelt, findet man nur Händler die ausverkauft sind (und, als sie es noch nicht waren, in vielen Fällen 40-50% Aufschlag auf den Weingutspreis verlangt haben).

 


 

2019 Keller Scheurebe Kabinett 

Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
Verhaltener, unaufdringlicher Duft nach Stachelbeeren und exotischen Früchten (Maracuja?)
Auch am Gaumen von zurückhaltender Statur, aber mit sehr reintöniger, exotisch angehauchter Frucht. Schöne Balance zwischen Süße und Säure, ordentliche Länge 

88-90, bis 2024+, sehr konservativ geschätzt. Ich wäre nicht überrascht, wenn der Wein auch in 10 Jahren noch tadellos dastünde. Da ich aber nur noch eine Flasche habe, werde ich das wohl nicht überprüfen können.

 

Freitag, 15. Oktober 2021

Mosel 8x14 (Riesling 2014 Teil 1)

"Eigentlich" wollte ich nur den 2014er Wintricher Riesling von Julian Haart probieren. Der lag aber in einer Kiste zusammen mit anderen trockenen Mosel-Rieslingen aus 2014. Also vergleichen wir die doch mal. Und dann fiel mir ein, dass es ja noch mehr 2014er Mosel im Keller gibt. Am Ende wurden dann acht Weine daraus, die ich (nein, nicht an einem Abend, sondern über zwei Wochen hinweg) probiert habe. Dabei gab es dann durchaus Licht und Schatten. Das wird auch am Jahrgang gelegen haben, denn 2014 war aufgrund eines nassem Sommers und Regens während der Erntezeit kein einfacher Jahrgang. Da waren strikte Selektion, Schnelligkeit und vielleicht auch ein bisschen Glück nötig, um wirklich gute Weine zu produzieren. 




2014 Julian Haart Wintricher Riesling

Goldgelb
Recht verhaltener Duft mit nicht leicht dechiffrierbaren Fruchtnoten (Mirabelle?)
Am Gaumen wenig Frucht (vielleicht etwas grüne Birne?), dafür aber ein spannendes Mundgefühl, leicht salzige Mineralik, recht lang.
Das ist interessant und spannend, aber so richtig begeisternd ist es nicht. 

86-88, bis 2025+


2014 Schloß Lieser Lieser Niederberg-Helden Riesling GG

Reifes Goldgelb
Duft von mittlerer Intensität mit klar gelbfruchtiger Aromatik (Aprikose!)
Das setzt sich am Gaumen fort, auch hier deutlich gelbfruchtig (wieder Aprikose) und von einer lebendigen Säure begleitet. Im Finale dezent salzig-mineralisch
Das ist ein sehr schöner Wein, wenn auch die letzte Klarheit und Präzision fehlen. 

89-91, bis 2025+


2014 Peter Lauer "Schonfels" Riesling GG

Goldgelb
Eher verhaltener, aber frisch wirkender, mineralisch unterlegter Duft mit Noten von Kräutern und gelben Früchten
Am Gaumen dominierende Mineralik, die die (gelbe) Frucht an den Rand drängt; wirkt dadurch und durch die prägnante und gut integrierte Säure spannungsgeladen wie eine gespannte Feder
Man wird verleitet zu glauben, dass der Wein noch mehr verspricht als er jetzt bietet, aber das könnte trügerisch sein. 

88-90, bis 2025+

 

2014 Heymann-Löwenstein Winninger Röttgen Riesling GG

Reifes Goldgelb
Ausgeprägter und sehr präziser Duft mit Kräuternoten (Kamille!) und etwas Birne
Am Gaumen sehr frisch wirkend, wieder mit kräutriger Aromatik und einer lebhaften Säure.
Das ist ein sehr schöner, charaktervoller und präziser Riesling, der im Kontext des Jahrgangs bemerkenswert gut gelungen ist. 

91-93, würde ich (bzw. werde ich, denn ich habe noch 2 Flaschen) in den nächsten 2-3 Jahren trinken

2014 Maximin Grünhäuser Abtsberg Riesling trocken 

Mittleres Gelb mit leichtem Goldschimmer
Duft von mitlerer Intensität, sehr animierend und frisch wirkend mit Noten von Limettenschale und Kräutern, mit mehr Luft auch etwas Pfirsisch
Am Gaumen schlanker Bau (auch nur 11% Alkohol laut Etikett), herb-kräutrige Aromatik und wieder sehr frischer Eindruck.
Sehr schöner Wein, der zwar nicht sonderlich tief und komplex ist, aber durch Präzision und Frische überzeugt und von den bis hier probierten Weinen erstens der ist, der am jüngsten schmeckt (blind hätte ich den Wein vermutlich deutlich jünger eingeschätzt als er ist) und dem ich zweitens das größte Lagerpotential zuspreche. Sehr gutes Preis-Qualitätsverhältnis (mit € 13,90 war das der preiswerteste Wein der Runde)

88-90, dürfte noch mindestens fünf, wahrscheinlich auch 10 Jahre Spaß machen

Interessant in diesem Kontext übrigens die Trinkreifeeinschätzung von Stephan Reinhardt im Wine Advocate (veröffentlicht 2016): 2024-2040(!)


2014 Maximin Grünhäuser Abtsberg Riesling trocken "Alte Reben"

Goldgelb
Eher verhaltener, vorwiegend kräutriger Duft, daneben Stachelbeeren(?)
Am Gaumen recht fokussiert, wieder mit vorwiegend kräutriger Aromatik, dezemte Zitrusnote im recht langen Nachhall
Wirkt genau so präzise und sogar ein wenig nachhaltiger als der "normale" Abtsberg, dafür aber nicht so animierend. Ebenfalls noch einiges Lagerpotential.

88-90, sicher noch fünf und mehr Jahre Potential


2014 Karthäuserhof Riesling GG

Goldgelb
In der Nase sauber, dezente Kräuterwürze, Stachelbeeren
Am Gaumen wird der Wein zunächst von einer kräftige Säure dominiert. Aromatisch von Kräutern und etwas Limette geprägt, schöne Frische im recht langen Abgang.

89-91, bereitet sicher noch drei bis vier Jahre Freude


2014 Fritz Haag Brauneberger Juffer Riesling GG 

Dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
In der Nase reife gelbe Früchte (Aprikose, Pfirsisch), begleitet von einer kräutrig-würzigen Note
Das setzt sich am Gaumen fort: auch hier gelbfruchtig mit einer kräuterwürzigen Komponente, aber auch einer leichten Bitternote im mittellangen Abgang 

87-89, würde ich in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken

 

Fazit: Man merkt einigen der Weine doch an, dass das kein einfacher Jahrgang war. Es fehlt teilweise etwas an Präzision, Klarheit und Frische. Die zwei für mich bemerkenswertesten Weine waren der "einfache" Abtsberg und der Röttgen von Heymann-Löwenstein. Der Abtsberg ist zwar kein sehr komplexer und tiefer Wein (das muß er bei einem Preis von € 13,90 auch nicht sein), hat aber eben genau die Präzision und Frische, die einigen anderen Weinen fehlt. Außerdem tippe ich, dass das der langlebigste von allen Weinen hier ist. Chapeau. Der Röttgen ist einfach ein hervorragender Wein mit eigenständigem Charakter und klar der beste der Runde hier. Nochmal Chapeau.

 

 

 

Mit dem Steinwingert in den Herbst

Bei dem Herbstwetter heute hatte ich Lust auf Rotwein. Beim Blick ins Regal "begegnete" mir der 2014er Steinwingert von Friedrich Becker. Davon haben wir zwar mehrere Jahrgänge im Keller, aber getrunken habe ich den noch nie. Der Steinwingert ist (ebenso wie der "Herrenwingert") ein Wein der Kategorie "Erste Lage". Er kostete seinerzeit knapp über 30 Euro, da darf man auf einen schönen Wein hoffen.



2014 Friedrich Becker Spätburgunder Steinwingert 

Leuchtendes mittleres Rot
In der Nase recht intensiv, zunächst eine feine Rauchnote, dann intensive Kirschfrucht, dezent kräutrig
Am Gaumen zupackend mit Tanninbiß und recht lebhafter Säure, wieder ausgeprägte Kirschfrucht, sehr gut eingebundenes Holz, das stützt, ohne vordergründig zu wirken, recht lang.
Sehr schöner, kraftvoller Spätburgunder am Beginn der Trinkreife 

89-91, wird sicher noch fünf Jahre Freude bereiten

Samstag, 18. September 2021

Kaufmannsgruß?

Kaufmann ist ein relativ neuer Name im Rheingau. 2013 übernahmen Eva Raps und Urban Kaufmann das renommierte Weingut Hans Lang in Hattenheim, weil sich dort keine familieninterne Nachfolge finden liess. Das Weingut wurde zunächst unter dem ursprünglichen Namen weitergeführt, aber einige Jahre später dann doch in "Kaufmann" umbenannt. 

Mit dem Weingut Hans Lang verbinde ich viele Erinnerungen aus den 90er Jahren, als ich in Hessen lebte und häufig im Rheingau war. Daher war ich neugierig, als ich kürzlich drei Flaschen des Nachfolgeguts geschenkt bekam.

 


2019 Rheingau Riesling 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase recht augseprägter Duft nach grünem Apfel, etwas Zitrus
Am Gaumen "knackig", wieder mit Aromen von Apfel und Zitrus. Einfacher, aber schön zu trinkender Basis-Riesling.
84-86, jung trinken 


2019 Hattenheim Riesling 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase auch hier grüner Apfel, daneben Limette, Zitronengras(?), etwas komplexer wirkend als beim Gutsriesling
Am Gaumen zunächst kompakt wirkend und sich dann langsam entfaltend, neben Apfel auch Steinfrüchte (Mirabellen?), gewisse Länge, nachhaltiger als der Gutsriesling. 

86-88, bis 2024 

 

2019 Tell Riesling 

Mittleres Gelb
In der Nase zunächst recht zurückhaltender, aber animierender Duft. Mit mehr Luft wird das intensiver mit Noten von wiederum grünem Apfel, aber auch deutlichen Anklängen von gelben Früchten (Pfirsisch)
Auch am Gaumen zunächst kompakt, dann saftig mit der gleichen Apfel-Gelbfruchtcharakteristik wie in der Nase. Gute Länge. 

88-90, bis 2025+ 

 

Fazit: Es heißt ja, die Klage sei des Kaufmanns Gruß. Hier gibt es aber trotz des Namens nichts zu klagen. Drei in ihrer jeweiligen Kategorie gute Rieslinge.

Sonntag, 15. August 2021

Noch mehr Chardonnay

Noch einmal Chardonnay, diesmal drei gereifte Weine, alle aus der gleichen Preisklasse (zwischen 20 und 22 Euro). Ein Freund fragte, ob wir noch von dem Chardonnay "SE" von Bercher hätten (wir hatten den Wein seinerzeit gemeinsam vor Ort gekauft). Wir hatten - noch eine Flasche. Und direkt daneben lag ein 2014er Chardonnay von Heger, und ebenfalls in Griffweite die letzte Flasche eines 2012er Viré-Clessé. Damit stand das Programm für die nächsten Abende fest.  



2014 Bercher Chardonnay "SE" 

Kräftiges Gelb mit Goldschimmer
In der Nase recht ausladend, Buttergebäck, Zitrus, aber auch gelbe Früchte mit exotischen Noten (Ananas)
Am Gaumen eher auf der barocken Seite mit viel Schmelz, aber auch Zitrusfrucht und angedeuteter Mineralik. Eine recht ausgeprägte Säure hält das ganze in der Spur.
Schöner und sehr gut gereifter Chardonnay. 

88-90, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2014 Heger Ihringer Winklerberg Chardonnay 

Kräftiges Gelb
In der Nase verhalten mit vegetabilen Noten, angedeutet gelbfruchtig, etwas Feuerstein(?), buttrige Noten
Am Gaumen schlanker und fokussierter als der Wein von Bercher, weitgehend fruchtfrei, aber trotzdem saftig mit erdigen Noten; betont trocken mit leichter, nicht unangenehmer Bitternote, recht langer Abgang mit Zitrusnoten
Das ist kein Charmeur (und wird auch nicht jedem gefallen), aber ein spannender Wein.
Die Notiz ist vom zweiten Tag, am ersten Tag war der Wein eher abweisend und machte wenig Spaß. Ich prognostiziere daher, dass der Wein noch einige Jahre vor sich hat.

87-89, bis 2025+ 



2012 Les Héritiers du Comte Lafon Viré-Clessé

Sattes Goldgelb
In der Nase eher verhalten, zunächst buttrige Noten, dann klare Zitrusfrucht, das Ganze begleitet von einer dezent mineralischen Komponente
Fängt am Gaumen vergleichsweise harmlos an, entwickelt dann aber schnell ordentlich Grip und Biß. Verbindet sanften Schmelz mit zupackender Zitrusfrucht, die bis in den recht langen Abgang am Gaumen anhält.

88-90, würde ich in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken (wenn ich noch etwas davon hätte)

 

Fazit: Drei gute (und vor allem gut gereifte), interessante und recht unterschiedliche Chardonnays. Obwohl ich den barocken Typus eigentlich gar nicht besonders mag, gefällt mir der Wein von Bercher etwas besser als der von Heger. Am ersten Tag wäre der Abstand allerdings deutlich grösser gewesen, denn da zeigte sich der Wein von Heger doch ziemlich abweisend. Der Wein von Heritiers du Comte Lafon ist stilistisch etwas anders, aber auf etwa gleichem Niveau wie der Bercher.

Dienstag, 10. August 2021

Mal was aus Savoyen

Noch eine Entdeckungstour, diesmal nach Savoyen. Mit den Weinen aus dieser alpinen Region habe ich bislang wenig Bekanntschaft gemacht. An ein oder zwei Aprémonts erinnere ich mich, aber bleibenden Eindruck haben die nicht hinterlassen. Kürzlich habe ich einen weiteren Versuch unternommen mit zwei Weinen der Domaine des Ardoisières. Der Silice wird aus 100% Jacquère, einer autochtonen Rebsorte des Gebiets, gekeltert, teilweise aus zugekauften Trauben. Der Argile blanc ist eine Cuvée aus je etwa 40% Jacquère und Chardonnay sowie 20% Mondeuse Blanche. Beide Weine zeichnen sich durch niedrigen Alkoholgehalt (11% bzw. 11,5%) aus. Die Etiketten deuten auf eine gewisse Marketingresistenz des Produzenten hin.

 


 

2020 Maison des Ardoisières "Silice"

Helles bis mittleres Gelb
Dezenter, mineralisch unterlegter (nasse Kieselsteine) Duft mit Noten von Birnen und Pfirsisch, auch nussige Nuancen und etwas Limette
Am Gaumen leichtgewichtig, zurückhaltende Aromatik mit Limette und eher kräutrigen Noten, gewisse Länge.
Das ist sauber gemacht und gut trinkbar, aber schon auch irgendwie unaufregend

84-86, würde ich in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken 


2020 Domaine des Ardoisières "Argile"

Mittleres Gelb
In der Nase verhalten, aber reintönig; dezente Noten von Birne, gelben Früchten (Pfirsisch), etwas Kokos(?)
Am Gaumen leichtgewichtig, aber saftig mit wieder gelbfruchtiger Aromatik, durchaus cremige Textur, mittleres Finale mit leichter Salzigkeit
Zeichnet sich durch grossen Trinkfluss bei sehr moderatem Alkoholgehalt aus (11,5%). Da darfs dann auch mal ein Glas mehr sein.

86-88, würde ich in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken 

 

Fazit: Man kann beide Weine gut trinken, wobei der Argile Blanc der eindeutig bessere und interessantere Wein ist. Bei Preisen von 15,90 für den Silice und 24,90 für den Argile sind das allerdings auch keine Schnäppchen.

Donnerstag, 5. August 2021

North and South of the River (Spätburgunder 2018 Teil 3)

Vom Weingut Saalwächter war hier schon das ein oder andere Mal die Rede (guckstu hier und hier). Das Weingut liegt im rheinhessischen Ingelheim und hat dort auch die meisten seiner Rebflächen. Man verfügt jedoch auch über Flächen in Assmannshausen, das auf der anderen Rheinseite und damit im Rheingau liegt. Da der Rhein hier von Ost nach West fließt, liegen die Rebflächen somit also North and South of the River. 

Für meinen Vergleich habe ich vier Flaschen gekauft, zwei Rheinhessen und zwei Rheingauer. Die "Alten Reben" und der "Assmannshausen La Premiere" liegen in einer ähnlichen Preisklasse, ebenso wie der Assmannshäuser Höllenberg und der "R". Zwei schöne Paare also.

 


2018 Assmannshausen La Premiere 

Mittleres Rot
In der Nase recht ausgeprägt, viel reife Kirsche, etwas Marzipan (?), Trockenkräuter; macht einen sehr sauberen und transparenten Eindruck
Am Gaumen mittelgewichtig, von viel Kirsche und etwas Granatapfel getragene Frucht, verhaltenes Tannin und durch einen feinen Säurenerv frisch wirkend. Mittlere Länge.
Schöner Spätburgunder mit angenehm moderatem Alkoholgehalt (12,5%) 

88-90, bis 2025

 

2018 Alte Reben 

Helles bis mittleres, leuchtendes Rot, am Rand Rosa
In der Nase wiederum augeprägt kirschfruchtig, aber auch florale Noten, sehr klarer Fruchtausdruck
Am Gaumen eher leichtgewihtig, ausgepägte Kirschfrucht mit leicht säuerlicher Note (was nicht abwertend gemeint ist). Wirkt leider etwas "strukturschwach"; durch die sehr zurückhaltende Tanninstruktur wirkt das (auf hohem Niveau) etwas weichgespült und ohne Biß. 

86-88; würde ich eher in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2018 Assmannshäuser Höllenberg

Mittleres Rot, am Rand Rosa
Recht ausgeprägte Nase, wieder mit Noten von Kirschen, daneben Kirschkerne und wiederum etwas Marzipan(?); dann auch recht ausgeprägte Kräuternoten. Dem "Premiere" recht ähnlich, vielleicht etwas komplexer und tiefer, aber ein Quantensprung ist das nicht
Am Gaumen sehr ausgewogen und elegant; eine von Kirschen dominierte Frucht wird von unaufdringlich-präsenten Tanninen begleitet. 
Sehr schöner Wein, unaufgeregt, nachhaltig und bereits jetzt gut trinkbar, dabei aber sicher Potential für 5 bs 10 Jahre 

89-91+, bis 2026+ 


2018 "R"

Recht helles Rot
In der Nase mittlere Intensität, Kirschen, dunkle Früchte, grüne Noten (von mitvergorenen Rappen?)
Wirkt am Gaumen noch etwas unnahbar. Da ist einerseits elegant wirkende Frucht (wieder Kirsche, aber auch dunkle Früchte), andererseits wieder diese leicht grünen Noten, die derzeit noch etwas bitter im ansonsten langen Finale auslaufen.
Das dürfte mit etwas Flaschenreife ein sehr schöner Spätburgunder auf der eleganten Seite des Pinot-Spektrums werden. 

89-91+, sollte noch zwei bis drei Jahre lagern 


Fazit: Im Vergleich der beiden preiswerteren Weine sehe ich den Asmannshäuser klar vorne. Von den beiden Assmannshäusern ist erwartungsgemäß der Höllenberg der (etwas) bessere und elegantere Wein, aber ich finde den Unterschied weniger groß als ich aufgrund der Preisdifferenz erwartet hätte. Die "Premiere" ist hier vielleicht der schlauere Kauf. Es wäre spannend zu sehen, wie viel der "Höllenberg R" noch auf den "normalen" Höllenberg draufsetzen kann. Der "Höllenberg R" ist eine in Kleinmengen produzierte Selektion, die für 85 Euro pro Flasche in den Verkauf kam. Der Spätburgunder "R" ist derzeit der am wenigsten zugängliche Wein und braucht sicher noch das ein oder andere Jahr im Keller, dürfte dann aber ein sehr schöner und elegenater Spätburgunder werden.



Montag, 19. Juli 2021

solidAHRität - Bitte mitmachen

Wir haben alle die schrecklichen Bilder aus den Hochwassergebieten gesehen. Neben einer grossen Zahl von Todesopfern gibt es zahlreiche Menschen, die ihren gesamten Besitz und oft auch ihre berufliche Existenz verloren haben. Dazu zählen insbesondere viele Winzer im Ahrtal.

Wir sind alle aufgerufen, für alle Betroffenen zu spenden (z.B. hier). Den Winzern an der Ahr kann man aber auch auf eine andere Weise helfen. In einer grossartigen Aktion hat Dirk Würtz vom rheinhessischen Weingut St.Antony Winzerinnen und Winzer in ganz Deutschland aufgerufen, je mindestens 60 Flaschen Wein zu spenden. Eine grosse Zahl von Betrieben nicht nur aus Deutschland hat mitgemacht, von (jedenfalls mir) ganz unbekannten Betrieben bis hin zu absoluten Top-Betrieben. 

Die gespendeten Weine werden zu Sechserpaketen zusammengestellt und für 65 Euro (inklusive Versand in Deutschland) verkauft. Der Erlös kommt den betroffenen Winzern an der Ahr zugute. Man kann hier also ein spannendes Weinpaket erwerben und gleichzeitig den Winzern an der Ahr helfen. Mitmachen, bitte!!! 

Hier ist der Link zur Aktion: https://www.st-antony.de/SOLIDAHRITAET-solida-h-ritaet-paket/

 SOLIDA(H)RITÄT Paket

 

 

 

Samstag, 17. Juli 2021

Mehr Chardonnay

Weiter geht die Reise durch das Chardonnay-Territorium (guckstu auch hier und hier). Diesmal waren zunächst zwei Weine von La Souffrandière aus Saint Véran an der Reihe. Dieses Gut gehört den Bret Brothers, die unter eben diesem Namen, Bret Brothers, auch Weine aus zugekauften Trauben vermarkten. Die beiden Saint Vérans hatte ich als Einzelflaschen zum Probieren erworben. Das gleiche gilt für den Chablis von Garnier et Fils.

 


 

2017 La Soufrandière Saint Veran La Combe Desroches (29,00)

Mittleres Gelb mit leichtem Goldschimmer
In der Nase ausgeprägte Zitrusfrcht, etwas Pop Corn, gelbe Früchte (Pfirsisch?)
Am Gaumen dominiert zunächst kalkige Mineralik, dann wieder Zitrusfrucht, "bissig", lang.
Schöner Wein mit Entwicklungspotential 

89-91, bis 2026+ 


2017 La Soufrandière Saint Veran Climat La Bonnode (35,00)

Auch hier mittleres Gelb mit leichtem Goldschimmer 
Sehr schöner Duft mit Noten von Zitrus, nussige Aromen, Orangenblüten, grüner Apfel
Am Gaumen kräftiger, aber auch ausgewogener und in sich ruhender als der La Combe Desroche. Präsente, aber nicht dominierende Mineralik, sehr harmonische, "saftige" Säure
Der etwas kraftvollere Wein (13,5% Alkohol im Vergleich zu 12,5% beim La Combe Desroche) gefällt mir noch einmal besser, das ist ein Chardonnay-Stil, der mir sehr zusagt. Sicher Potential für mindesens 5 Jahre 

90-92, bis 2026+ 




2017 Garnier & Fils Chablis "Grains Dorés"

Sattes Goldgelb
In der Nase eher zurückhaltend, zunächst nussig, dann etwas Zitrus, Rauch, Feuerstein und Orangen. Insagesamt sehr sauber und durchaus komplex
Am Gaumen eher schlank mit prägnanter Säure, vor allem im Abgang deutlich zitrische Noten. Löst das Versprechen nicht ganz ein, dass zuvor der Nase gegeben wurde. 

87-89, bis 2023+

Mittwoch, 7. Juli 2021

Chablis vom Chateau de Béru

Weiter geht die Erkundungstour ins Chardonnay-Territorium (für die erste Station guckstu hier). Diesmal waren vier Chablis des Chateau de Béru an der Reihe. Das Chateau liegt etwas östlich von Chablis und verfügt über Monpollagen, die um das Chateau herum liegen. Hier wird biologisch gearbeitet, neuerdings nach Demeter-Richtlinien. Ich muss zugeben, von Chateau de Béru noch nie etwas gehört zu haben, bis mir letzten Herbst ein Probepaket mit drei Flaschen angeboten (und in höchsten Tönen angepriesen) wurde. Eine Flasche 2017er habe ich dann etwas später nachgekauft.

 


 

2014 Chateau de Béru Chablis Clos Béru Monopole (€ 55)

Reifes Gelb
In der Nase recht intensiv, vegetabile Noten, (Hasel?)Nüsse, Zitrus, daneben auch (eingekochte) Quitte
Am Gaumen recht ausladend, kalkige Mineralik, lang
Kein Wein, der sich auf den ersten Schluck erschliesst, aber spannend und mit Potential. Legt in der geöffnetren Flasche am zweiten und dritten Tag noch zu. 

89-91+, bis 2025+


2015 Chateau de Béru Chablis "Orangerie" (um € 40)

Kräftiges Gelb mit Goldschimmer
Schön entwickelte, kreidig-mineralisch geprägte Nase mit Noten von Haselnuß, Buttergebäck und tatsächlich einer an Orangen erinnernden Fruchtnote (das kann aber auch Einbildung sein)
Am Gaumen schlanker und fokussierter als der Clos Béru, ausgeprägte kalkige Mineralik gepaart mit dezentem Schmelz, im recht langen Abgang deutliche Zitrusnoten
Sehr schöner Wein mit Entwicklungspotential 

90-92, bis 2025+


2015 Chateau de Béru Chablis "Côte aux Prêtres" (um € 35)

Kräftiges Gelb mit Goldschimmer
In der Nase deutlich von kalkiger Mineralik geprägt, ausgeprägte Zitrusnoten, etwas Haselnuß
Am Gaumen straff, wieder ausgeprägt kalkig-minralisch, wieder Zitrus, kräftige Säure, dezenter Schmelz, gute Länge
Sehr schöner, mineralisch geprägter und noch ziemlich jung wirkender Wein

90-92, bis 2030 


2017 Chateau de Béru Chablis "Côte aux Prêtres" sans soufre (um € 35)

Mittleres Gelb
In der Nase ausgeprägte Zitrusfrucht, kalkige Mineralik, dezenter Nusston
Auch am Gaumen dominiert Zitrus, daneben auch gelbe Früchte, das Ganze wirkt saftig mit animierender Säure und mineralischer Prägung, recht lang 

88-90, bis 2030+


Fazit: Das sind sehr schöne Weine mit mineralisch-zitrischer Aromatik. Dass ich den (teureren und aus einem für weiße Burgunder hervorragenden Jahrgang stammenden) Clos de Béru etwas weniger gut bewertet habe als die beiden 2015er, hat mich selbst etwas überrascht. Vielleicht liegt es an der Jahrgangscharakteristik. Nachgekauft habe ich die "Orangerie".


Montag, 21. Juni 2021

Die Basis

Nach längerer Zeit mal wieder in Graz, und zur Einstimmung gibt es einen Sauvignon Blanc vom Sattlerhof in Gamlitz in der Südsteiermark. Das ist einer der Basisweine des Gutes, die hier als "Gebietsweine" bezeichnet werden. In Deutschland wären es "Gutsweine". Es heisst ja, gute Betriebe erkenne man an der Qualität ihrer Basisweine. Test bestanden.

 


 

2019 Sattlerhof Sauvignon Blanc 

Sehr helles Gelb
In der Nase sortentypisch, aber in einer angenehm dezenten Ausprägung; Cassis, Holunderblüte
Das setzt sich am Gaumen fort: angenehm-unaufdringliche Aromatik, Holunderblüte, etwas "Exotik" (Lychee?), eine dezente Bitternote setzt einen passenden Kontrapunkt.
Sehr schöner Sauvignon, der in seiner Preisklasse (knapp über 10 Euro) viel bietet

86-88, bis 2022

 

Freitag, 11. Juni 2021

Zweimal Deutschland - Frankreich (Spätburgunder 2018 Teil 2)

Bei meinen Einzelflascheneinkäufen 2018er Spätburgunder habe ich mehr oder weniger zufällig auch zwei Franzosen erstanden. Auf den Maranges 1er Cru von Sarrazin bin ich beim Stöbern im Online-Shop eines Händlers gestossen und habe aus Neugier eine Flasche bestellt. Über den 2017er Gevrey-Chambertin von Duroché habe ich sehr Gutes gelesen und drei Flaschen gekauft, und da in der Kiste noch Platz war, habe ich eine Flasche des 2018ers dazulegen lassen. 

Bei der Probe habe ich beiden Weinen dann jeweils einen deutschen Spätburgunder der gleichen Preisklasse gegenübergestellt. Beim Maranges fiel die Wahl auf den 2018er Spätburgunder -S- von Klaus Peter Keller. Dem Gevrey-Chambertin habe ich den 2018er Spätburgunder "Am Gutenberg" von Von Winning zur Seite gestellt. Letzterer stammt aus Deidesheim und ist mit 59 Euro selbstbewusst bepreist (liegt damit aber immer noch einen Euro unter dem Gevrey-Chambertin). 

 


2018 Klaus Peter Keller Spätburgunder -S- 

Mittleres Rot
In der Nase intensiv und fructhbetont, zu Beginn rotfruchtig mit Johannisbeeren, mit mehr Luft zunehmend Kirsche. Dabei ist die Frucht bei aller Intensität nicht vorlaut oder gar parfumiert, sondern sehr präzise und vornehm wirkend.
Das setzt sich am Gaumen fort: Klar konturierte, intensive Frucht, gepaart mit präsenten Tanninen und einer prägnanten Säure. Sehr dezenter Holzeinsatz. Hier spielt die Frucht (Sauerkirsche, Granatapfel) klar die erste Geige. Der Wein wirkt durch die Tannin- und Säurepräsenz noch etwas ungestüm, aber das dürfte sich mit etwas mehr Reife legen. Angenehm moderater Alkoholgehalt (12,5%) und insgesamt überraschend kühl angesichts des heissen Jahres.
Hervorragender Spätburgunder, der in seiner Preisklasse keine Konkurrenz fürchten muss.

91-93, 2023-2030+


2018 Michel Sarrazin Maranges Premier Cru 

Dunkles Rot mit ganz leichtem Violettschimmer
In der Nase ausgeprägt, intensive Kirschfrucht, gewürzige Noten, auch Pflaume
Kraftvoller Gaumenauftakt, Schwarzkirsche, prägnantes Tannin und feine Säure, recht lang, kein spürbares Holz, Potential. 

90-92, bis 2030

 

2018 Von Winning Spätburgunder "Am Gutenberg"

Mittleres bis dunkles, noch jugendlich wirkendes Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase direkt nach dem Öffnen schöne, intensive Kirschfrucht. Mit mehr Luftkontakt (zwei bis drei Stunden in der geöffneten Flasche) wird dann aber eine deutliche Holzprägung erkennbar, die die Frucht etwas verdrängt.
Am Gaumen erstaunlich kraftvoll und nachhaltig angesichts des moderaten Alkoholgehalts (12,5%). Auch hier anfangs mit ausgeprägter und sehr schöner Kirscharomatik, zu der aber mit Luftkontakt ein deutlicher Holzton mit Bitternote hinzutritt. Die Tannine sind seidig und von bester Qualität.
Der Wein hinterläßt mich etwas ratlos. Sofort nach dem Öffnen fand ich den Wein toll und hätte ihn ohne weiteres bei über 90 Punkten gesehen. Später, mit der ausgeprägten und leicht bitteren Holznote waren es dagegen klar unter 90 Punkten. Ich einige mich mal auf die Mitte, aber mit Fragezeichen. Es kommt hier wirklich darauf an, ob und wie sich mit weiterer Lagerung das Holz integriert.

89-91? bis 2030


2018 Domaine Duroché Gevrey-Chambertin 

Dunkles, jugendliches Rot mit leichtem Violettschimmer
Nach etwas Belüftung sehr schöne Nase mit Gewürzen, etwas Pfeffer, Kirschen und auch etwas Pflaumen
Am Gaumen sehr elegent, seidiges Tannin, kompakte Frucht, wieder Kirsche, recht lang, bei aller Eleganz trotzdem kraftvoll, perfekter Holzeinsatz, Potential. 

91-93+, bis 2030 


Fazit: Im ersten Vergleich lag bei mir der Wein von Keller knapp vor dem Maranges. Das ist aber vermutlich mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks als der "objektiven" (wenn es das gibt) Qualität. Beim zweiten Vergleich liegt das Burgund dagegen vorne. Der "Am Gutenberg" hat hervorragende Anlagen, aber mir gefällt die derzeitige Holzdominanz nicht. Da wäre eigentlich Wiedervorlage in ein paar Jahren angesagt.

Ein Exot, oder nicht, oder doch?

Die Rebsorte Savagnin habe ich bislang immer mit dem französischen Jura in Verbindung gebracht und war daher etwas überrascht, einen badischen Savagnin zu sehen. Aus Interesse habe ich eine Flasche gekauft, zumal ich mit dem Weingut (von der Mark) gute Erfahrungen gemacht habe - bislang allerdings nur mit Spätburgunder.

Savagnin ist, wie ich mir zwischenzeitlich ergugelt habe, offenbar nur eine andere Bezeichnung für Traminer (guckstu hier). Das klingt dann schon deutlich weniger exotisch. Ist es am Ende aber dann doch, denn Traminer wird kaum angebaut. Verbreitet ist vielmehr die Spielart Gewürztraminer. Mit dessen bei mir abgespeichertem Geschmacksprofil hatte der heutige Wein allerdings sehr wenig zu tun.

 

 

2019 von der Mark Savagnin "Allewinden" 

Mittleres Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, rauchig, mit kräutrigen Noten, etwas grüner Apfel und etwas Zitrus 
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, wieder etwas Rauch, Kräuter, mineralisch geprägt, durchaus prägnante Säure, recht lang.
Ein sehr stimmiger Wein, der auch solo Spaß macht

89-91, trinkt sich jetzt schon sehr gut, dürfte aber auch gut altern

Sonntag, 30. Mai 2021

Deutsches Potpourri (Spätburgunder 2018 Teil 1)

In den letzten Monaten haben sich eine ganze Reihe von 2018er Spätburgundern, meistens Einzelflaschen, im Keller angesammelt. Ich habe jetzt damit angefangen, mich da durchzuprobieren. Daraus werden voraussichtlich drei Posts werden. In diesem hier beginne ich mit einer ziemlich willkürlichen Zusammenstellung deutscher Spätburgunder von verschiedenen Erzeugern, mit einer Ausnahme alle aus Baden. Die Auswahl ist mehr oder weniger zufällig zustandegekommen. Den Weinen ist eigentlich nur gemeinsam, dass sie mich (aus verschiedenen Gründen) interessierten.

 


 

2018 Wasenhaus Spätburgunder 

Helles bis mittleres Rot, am Rand altrosa
In der Nase recht ausgeprägt, animierend, rote Früchte (Erdbeeren und Himbeeren), gepaart mit einer leicht grünen Note, die dem ganzen Frische verleiht (und möglicherweise von nicht entrappten Trauben stammt).
Am Gaumen leicht- bis mittelgewichtig, wieder rotfruchtig, eine präsente Säure und dezentes Tannin geben dem Wein ein solides Gerüst, elegant, Andeutung von Schokolade im mittellangen Abgang. 

87-89, bis 2025+

Fazit: Der Spätburgunder von Wasenhaus ist ein sehr schöner Wein, der nicht durch Kraft, sondern durch Eleganz punktet. Für eine Einstiegsqualität ist das sehr gut. Der Presi ist mit etwa 20 Euro angemessen, aber ein Presi-Leistungs-Wunder ist der Wein nicht. Qualitativ IMHO vergleichbar mit dem Oberrotweiler Spätburgunder von Peter Wagner. Der wurde hier bereits beschrieben, ich kopiere die Notiz aber noch einmal hierhin: 


2018 Peter Wagner Spätburgunder Oberrotweil 

Helles bis mittleres Rot, am Rand in Richtung Rosa auslaufend
In der Nase von mittlerer Intensität, dezente Holzwürze, rote Früchte 
Wirkt am Gaumen sehr zugänglich, sehr dezente, stützende Holznote, die Frucht wirkt auf eine durchaus erfrischende Art etwas säuerlich, feiner Säurenerv.
Ein sehr schöner, in sich ruhender Spätburgunder, der jetzt schon viel Spaß macht, aber Potential für einige Jahre hat. Angenehm moderat im Alkohol mit 12,5%.

87-89, bis 2025+


2018 Saalwächter Spätburgunder

Mittleres Rot, zum Rand hin altrosa
In der Nase recht intensiv mit Noten von Kirschen und steinigen Noten, die an eine staubige Geröllhalde erinnern (was sich zwar negativ anhört, aber nicht so gemeint ist). Insgesamt fehlt es hier aber etwas an Klarheit und Transparenz
Am Gaumen ziemlich kraftvoller Auftakt, wieder viel Kirsche, dann aber auch eine leicht Bitternote und etwas alkoholische Wärme (trotz eines Alkoholgehalts von recht moderaten 13%).

85-87, bis 2025

Fazit: Nach der hervorragenden Vorstellung des 2017ers (guckstu hier) hatte ich mir von dem Spätburgunder von Saalwächter mehr versprochen. Der 2018er fällt aber gegenüber seinem 2017er Pendant und auch gegen den im direkten Vergleich getrunkenen Wein von Wasenhaus ab; mir fehlen da Präzision und Klarheit. 


2018 Huber Spätburgunder Malterdinger 

Mittleres, "leuchtendes" Rot
In der Nase recht ausgeprägt, leicht rauchig, reife rote Früchte, auch Trockenkräuter
Am Gaumen mittelgewichtig, gut strukturiert mit stützendem Tannin und feiner Säure, wieder rote Früchte, erdige Noten, gute Länge. 

87-89, bis 2025

Fazit: Der Malterdinger von Huber ist ein sehr schöner Wein, der in seiner Preisklasse viel bietet. Etwas kräftiger, aber im übrigen auf etwa gleichem Niveau wie der Wein von Wasenhaus.



2018 von der Mark Spätburgunder Engertstein 

Mittleres Rot, am Rand Altrosa
In der Nase zunächst etwas zurückhaltend, eher dunkle Früchte, etwas Pfeffer. Mit mehr Luft intensiver mit Kräutern und Kirsche.
Am Gaumen gut strukturiert, elegant mit seidenweichem Tannin, leichte alkoholischen Wärme, dezente Holz- und Kräuterwürze, mittlere Länge. 

88-90, bis 2025+ 

Fazit: Schöner Spätburgunder, der mit Luft gewinnt und wahrscheinlich von etwas Kellerreife profitieren wird. Wegen seiner Eleganz und der seidigen Tannine für mich knapp vor dem Wasenhaus und dem Malterdinger von Huber. Würde mir mit einem halben bis einem Volumenprozent weniger Alkohol (jetzt sind es 13,5% laut Etikett) und dann ohne die vernehmbare alkoholische Wärme noch besser gefallen.


2018 Huber Spätburgunder Malterdinger Alte Reben 

Brillantes mittleres bis dunkles Rot
In der Nase holzwürzig, dunkle Früchte, Kirsche, daneben Trockenkräuter
Am Gaumen recht kraftvoll, wieder dunkle Früchte und auch wieder eine dezente holzwürzige Note; präsente (aber reife) Tanine und eine ebenso präsente Säure geben dem Wein Grip. Sehr schöner Spätburgunder mit Potential, dem man aber besser noch zwei bis drei Jahre Kellerreife gönnt. 

90-92, 2023 - 2030

Fazit: Das setzt auf den (schon guten) "normalen" Malterdinger nochmal ordentlich eins drauf und würde sich in einer Blindprobe mit Grossen Gewächsen gut schlagen. Der Preis (30 Euro ab Werk) ist vollauf gerechtfertigt.


2018 Franz Keller Jechtinger Enselberg Spätbugunder GG 

Helles bis mittleres Rot
In der Nase recht ausgeprägt, Schokolade, rote Früchte, Kirsche, dezente Holzwürze, insgesamt sehr animierend
Am Gaumen mittelgewichtig, sehr feines Tannin und dezenter Säurebiss geben dem Wein ein gutes Gerüst, ausgesprochen elegant, aromatisch dominieren wieder rote Früchte, gute Länge. Schon mit Vergnügen trinkbar, könnte aber noch zulegen. 

90-92, bis 2026+ 

Fazit: Sehr eleganter und trinkanimierender Spätburgunder. Etwas feiner und leichter als die "Alten Reben" von Huber, aber qualitativ und preislich (32 Euro) auf gleichem Niveau.


Freitag, 21. Mai 2021

Muskateller 2.0

Ich mag trockenen Muskateller, das ist für mich der Frühlingswein par excellence (guckstu hier). Praktisch alle Muskateller, die ich bislang getrunken habe, waren aus der Kategorie "Gutswein" und damit preislich in der Liga zwischen 10 und 15 Euro. Daran ist natürlich nichts auszusetzen, im Gegenteil - gute Muskateller in diesem Segment machen viel Spaß. Als Beispiele seien die von Rebholz, Salwey und Tement genannt, die ich alle aus mehreren Jahrgängen getrunken und für gut befunden habe. Trotzdem stellt sich die Frage, ob Muskateller auch in der Liga darüber mitspielen kann. Die folgenden zwei Weine waren Teil des Versuchs, eine Antwort auf diese Frage zu finden.

"Nunn" (24,30 Euro) heißt der letztjährige Wein der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft. Er stammt vom fränkischen Spitzenweingut Luckert und ist (wie immer bei der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft) ein einmaliges Projekt. Motiviert wird es (guckstu für ausführliche Informationen zum Wein und für das folgende Zitat hier) wie folgt: "In Deutschland wurde die Sorte (gemeint ist natürtlich der Muskateller, ET) lange vornehmlich süß ausgebaut, oder als einfacher Basiswein. Seit langem bewegte mich deshalb die Frage: ist nicht auch in Deutschland viel mehr drin? Und zur Beantwortung der Frage fielen mir sofort die Luckerts aus Franken ein". 

Der zweite Wein stammt vom pfälzischen Weingut Müller-Catoir, stammt aus der Lage Haardter Bürgergarten, kostete um 20 Euro und fiel mir (mea culpa) deshalb auf, weil er mit 98 Punkten von James Suckling beworben wurde. Nun gebe ich zwar nicht viel auf die Punkte von James Suckling, aber ich habe Vertrauen in das Weingut ("das wird schon nicht schlecht sein"), und so habe ich drei Flaschen gekauft.

Natürlich sind diese beiden Weine nicht die einzigen trockenen Muskateller in der nächsthöheren Gewichtsklasse. Insbesondere in der Steiermark gibt es einige Güter, die (so wie Müller-Catoir in der Pfalz ) Erste-Lage-Weine aus Muskateller vinifizieren und zu Preisen jenseits von 20 Euro vermarkten. Die werde ich mir sicher demnächst auch noch näher anschauen. Spätestens im nächsten Frühjahr :-)

 


 

2019 Luckert Gelber Muskateller "Nunn" 

Mittelgelb
In der Nase ausgeprägte exotische Fruchtnoten (Lychees), gepaart mit einer deutlichen Muskatnote. Daneben ist ein sehr dezenter Holzton (Vanille?) wahrnehmbar.
Am Gaumen auf eine unaufdringliche Art fruchtbetont, wieder exotisch, wirkt durch die sehr gut integrierte Säure in sich ruhend, recht lang. 

87-89, bis 2022+ (das Weingut selbst sagt "5 Jahre plus", aber ich würde das lieber jünger trinken)


2019 Müller-Catoir Muskateller Bürgergarten 

Helles bis mittleres Gelb
Prägnantes Muskateller-Bukett, deutliche Muskatnote, exotische Früchte (auch hier Lychees), auch Stachelbeeren, frisch
Kraftvoller Gaumenauftakt, wieder exotische Frucht, prägnante Säure.
Das eine Volumenprozent mehr Alkohol macht sich in Form von mehr Kraft am Gaumen bemerkbar, lang.
Hervorragned und wohl "mein" bester Muskateller bislang.

89-91, bis 2023+

 

Fazit: Zwei sehr schöne Muskateller, wobei der Wein von Müller-Catoir bei mir vorne liegt. Und ohne die unzweifelhafte Qualität dieses Weines (den ich uneingeschränkt empfehle und zu dem bezahlten Preis jederzeit wieder kaufen würde, wenn es ihn denn noch gäbe) in Abrede stellen zu wollen: Die 98 Punkte von James Suckling sind IMHO absurd.


Donnerstag, 20. Mai 2021

ABC

Gelegentlich werde ich der ABC (anything but Chardonnay) Fraktion zugerechnet. Wahrscheinlich habe ich durch die ein oder andere Äußerung zu dieser Einordnung beigetragen, aber ganz richtig ist sie dennoch nicht. Es gibt Chardonnays, die ich wirklich mag (guckstu zum Beispiel hier). Was ich allerdings nicht mag, sind vom Holz dominierte Chardonnays (und Weißweine im allgemeinen), und meine Toleranzschwelle für den Holzeinsatz ist da vergleichsweise niedrig. Zuletzt habe ich aber eine ganze Reihe von Chardonnays getrunken. Zum einen waren da einige Chablis des Château de Béru, über die es einen eigenen Post geben wird. Zum anderen waren das drei deutsche Chardonnays, die ich alle versuchsweise als Einzelflschen gekauft hatte. Zwei stammen vom Weingut St. Antony in Rheinhessen, nämlich der Gutswein und die Reserve. Der dritte Wein stammt vom Weingut Peter Wagner, einem aufstrebenden Kaiserstühler Betrieb (guckstu auch hier).

 


2019 St. Antony Chardonnay

Sattes Mittelgelb
Schöner Duft nach gelben Früchten, Sommerwiese, etwas Heu
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder gelbe Früchte, lebendige Säure
Sehr schöner Gutswein 

85-87, bis 2022+


2019 St. Antony Chardonnay Reserve 

Sattes Gelb, wie die Schale einer reifen Banane
In der Nase deutliche Holzprägung, nussige Aromen (Haselnuß), insgesamt aber eher zurückhaltend
Das setzt sich am Gaumen fort, auch hier zunächst vor allem der Eindruck vom Holzausbau, ansonsten nussig und leicht vegetabil, gut integrierte Säure.
Insgesamt wirkt der Wein wenig spannend, aromatisch etwas limitiert und zu stark vom Holz geprägt

86-88, bis 2025 


2019 Peter Wagner Chardonnay Oberrotweil

Mittleres Gelb
In der Nase eher zurückhaltend mit Noten von Zitrusfrüchten
Auch am Gaumen Zitrusfrüchte, hat Substanz und Grip, gewisse kalkige Mineralik, sehr dezenter, stützender Holzeinsatz.
Der deutlich spannendere der beiden Weine. 

88-90, bis 2025+


Fazit: Während der Gutswein von St. Antony wirklich schön ist, läßt mich die Reserve etwas ratlos zurück. Da hatte ich mir mehr von versprochen. Der Ortswein von Peter Wagner hat da deutlich mehr zu bieten, und das bei geringerem Preis (18 Euro im Vergleich zu 24 Euro).


Mittwoch, 19. Mai 2021

Peter Wagner

Das Weingut Peter Wagner in Oberrotweil am Kaiserstuhl ist einer der Aufsteiger der letzten Jahre. Seit drei Jahren macht Peter Wagner Wein im elterlichen Betrieb, vornehmlich aus Burgundersorten. Der Eichelmann Weinführer 2021 kürte ihn zum Aufsteiger des Jahres. Alles, was ich über seine Weine gelesen habe, machte mich neugierig, und so habe ich drei Einzelflaschen zur Probe gekauft.

 


 

 

2019 Peter Wagner Grauburgunder

Hellgelb
In der Nase eher zurückhaltender, aber sehr sauberer Duft nach gelben Früchten, nussige Untertöne
Am Gaumen klar konturiert, betont trocken, mit lebendiger Säure und dezenter Frucht, herbe Note im recht langen Abgang.
Sehr schöner Grauburgunder, blitzsauber und mit hervorragendem Trinkfluß. Zudem viel Wein fürs Geld (unter 10 Euro) 

86-88, bis 2023 


2018 Peter Wagner Spätburgunder Oberrotweil 

Helles bis mittleres Rot, am Rand in Richtung Rosa auslaufend
In der Nase von mittlerer Intensität, dezente Holzwürze, rote Früchte 
Wirkt am Gaumen sehr zugänglich, sehr dezente, stützende Holznote, die Frucht wirkt auf eine durchaus erfrischende Art etwas säuerlich, feiner Säurenerv.
Ein sehr schöner, in sich ruhender Spätburgunder, der jetzt schon viel Spaß macht, aber Potential für einige Jahre hat. Angenehm moderat im Alkohol mit 12,5%.

87-89, bis 2025+


2019 Peter Wagner Chardonnay Oberrotweil

Mittleres Gelb
In der Nase eher zurückhaltend mit Noten von Zitrusfrüchten
Auch am Gaumen Zitrusfrüchte, hat Substanz und Grip, gewisse kalkige Mineralik, sehr dezenter, stützender Holzeinsatz.

88-90, bis 2025+

Fazit: Drei sehr schöne Weine, die zudem alle ein gutes Preis-Leistungsverhältnis haben (für den Spätburgunder habe ich 16,50 bezahlt, für den Chardonnay 18 Euro). Den Namen Peter Wagner sollte man sich also merken.



Mittwoch, 12. Mai 2021

Teneriffa?

Bei den kanarischen Inseln denke ich nicht zuerst an Wein. Obschon es sicher nicht überraschend ist, dass dort welcher angebaut wird, bin ich damit bislang nicht in Berührung gekommen. Kürzlich habe ich aber aus Neugier zwei Flaschen Weißwein aus Teneriffa gekauft. Sie stammen von Envinate, einem Projekt von vier Studienfreunden, die sich der Konzeption eines "Vino Atlantico" verschrieben haben und in vier spanischen Regionen Wein erzeugen, darunter eben auch Teneriffa. 

Die Weine werden ausschliesslich (Benje) bzw. hauptsächlich (Taganan) aus der Rebsorte Palomino erzeugt (der Hauptrebsorte des Sherry-Gebiets), die auf den kanarischen Inseln als Listan Blanco firmiert. Was zunächst auffällt ist, dass beide Weine einen mit 12% moderaten Alkoholgehalt haben. Und auch der Rest ist durchaus spannend.


 

2019 Envinate Benje Blanco 

Recht dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
Interessanter und eigenständiger Duft, praktisch fruchtfrei (vielleicht etwas Birne), dafür aber Kräuternoten und mineralische Noten, die mich an nasse Kieselsteine erinnern
Am Gaumen fällt zunächst die Textur mit prägnanten Tanninen auf. Hier wurde anscheinend mit längerer Maischestandzeit in Richtung "Orange Wine"gearbeitet. Der Wein ist auch am Gaumen weitgehend fruchtfrei. Neben Kräutern fällt eine leichte Rauchnote auf. Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, ergibt das ein stimmiges Gesamtpaket.

88-90, bis 2023+ (das ist eine konservative Prognose, da ich nicht gut einschätzen kann, wie sich das entwickelt)

Nachtrag: Nachdem ich das obige geschrieben habe, habe ich etwas gegoogelt. Anscheinend wird etwa ein Viertel der Trauben länger auf der Maische belassen, der grössere Rest wird direkt gepresst. Es finden sich auch Beschreibungen des Weins als "fruchtig". Das kann ich allerdings nicht bestätigen.

 

2019 Envinate Taganan

Auch hier Goldgelb mit Orange-Noten
In der Nase zunächst Rauch, Feuerstein, dann auch Kräuter und eine an Birne erinnernde Frucht
Am Gaumen tolle Textur, etwas Gerbstoff, gut integrierte Säure. Eher kräutrig mit leicht oxidativen Noten. Recht langes, salziges Finale.
Spannender Wein, der im übrigen hervorragend zu Spaghetti alla puttanesca passte - der Wein nahm die salzigen Noten der Sardellen auf und kam auch mit der Schärfe bestens zurecht. 

89-91, bis 2023+ (was das Trinkfenster angeht siehe oben)


Fazit: Zwei sehr eigenständige und spannende Weine, die für ihren Preis (um 20 Euro) nicht nur einen "Exotikbonus", sondern auch sehr gute Qualität und neue Geschmackseindrücke bieten. "Crowd Pleaser" sind das allerdings nicht - die beiden Weine dürften nicht jedem gefallen.

Donnerstag, 22. April 2021

Der Wunderwein

Während der Primeurkampagne des Jahrgangs 2018 wurde ein Wein von den professionellen Verkostern ganz hoch gehandelt. Chateau Laroque, ein Grand Cru Classé aus Saint Emilion wurde mit Punkten bis hinauf zu 95-97 (Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate) bedacht. Dabei war der Wein für unter 25 Euro zu haben. Das wäre ein veritables Schnäppchen, wenn der Wein denn wirklich so gut ist, wie die Bewertungen es suggerieren. Nun, ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und ein paar Flaschen gekauft. Gestern und heute war dann Stunde der Wahrheit.

 

 

2018 Chateau Laroque 

Sehr dunkle Farbe mit opakem Kern und Violettschimmer
In der Nase intensiv, florale Noten, dezente Vanillenote vom Barriqueausbau, Rauch, dunkle Früchte, Orangen 
Am Gaumen kraftvoller, gaumenauskleidender Auftakt, dunkelfruchtig, viel reifes und dadurch unaufdringlich wirkendes Tannin. Nach dem Auftakt erwartete ich spürbare Fruchtsüße, aber der Wein ist betont herb, langer Nachhall. Mit (dem sehr warmen Jahr geschuldeten) 14,5% Alkohol ist das kein Leichtgewicht, aber der Alkohol ist hervorragend verpackt. Klares Entwicklungspotential.

91-93+, bis 2035+ 

 

Fazit: Auch wenn ich mit meiner Bewertung etwas unter den "Vorgaben" bleibe: Das ist ein ausgezeichneter Wein mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis. Mit etwas Suchen ist er derzeit noch für Preise um 30 Euro zu bekommen

Donnerstag, 8. April 2021

Hopeless Case

Am letzten Wochenende haben wir eine vergessene 12er-Holzkiste endlich geöffnet, die ich 2003 gemeinsam mit meinem Vater in Subskription gekauft habe. 2002 Château Haut-Bages Libéral, kostete seinerzeit 16 Euro. Nun ist 2002 sicher einer der kleineren Jahrgänge des Jahrzehnts und Château Haut-Bages Libéral ist auch nicht der hellste Stern am Bordeaux-Firmament. Daher waren meine Erwartungen eher gedämpft. Soweit die Theorie. Die Praxis sah dann durchaus erfreulich aus.

 


 

2002 Château Haut-Bages Libéral 

Mittleres Rot mit leichten Reifenoten am Rand
In der Nase mittlere Intensität, dunkle Früchte, etwas Cassis, erdige Noten
Am Gaumen durchaus kraftvoll, wieder dunkelfruchtig, leicht trocknendes Tannin. Baut auch nach einem Tag in der geöffneten Flasche nicht ab.
Wirkt zwar etwas rustikal, ist aber (insbesondere auch angesichts von Jahrgang und Herkunft) überraschend gut und mit Freude trinkbar. Bei guter Lagerung sicher noch Potential für einige Jahre. 

88-90, bis 2025

 

Donnerstag, 25. März 2021

Durch die Blume

Natürlich weiß ich "im Prinzip", dass man an der Loire hervorragende Süßweine macht. Nur trinke ich die sehr selten. In unserem Keller dominieren Riesling und eine (deutlich kleinere) Auswahl an Sauternes. Kürzlich habe ich aus Neugier eine Flasche Montlouis "Les Lys" von Francois Chidaine gekauft. Grund dafür war erstens die Tatsache, dass mit 2009 ein gereifter Jahrgang verfügbar war und zweitens die sehr positive Bewertung im Wine Advocate (95-96+).

Der "Les Lys" ist eine Pazellenselektion, die nicht in jedem Jahr hergestellt wird. Tatsächlich war 2009 anscheinend der (bislang?) letzte Jahrgang, in dem es sie gab. Der Wein stammt aus biodynamischer Bewirtschaftung, hat 103 g/L Restzucker und trägt stolz die königlichen Lilien auf dem Etikett. Zu Recht.

 

 

2009 Francois Chidaine Montlouis "Les Lys"

Kräftiges Goldgelb mit leichter Tendenz zu Orange
In der Nase ebenso ausgeprägt und tiefgründig wie animierend, da ist zunächst etwas Honig, gefolgt von Kräuternoten und gelben Früchten (Quitte, Aprikose)
Am Gaumen sehr süßer Antrunk, dann kleidet die Frucht den Gaumen aus, gelbe Früchte und Quitte mit einer herben Note, die zusammen mit der Säure einen gelungenen Kontrapunkt zu der Süße setzt. Das Ganze wird umrahmt von einer unauffällig-präsenten Mineralik. Sehr lang.
Großartiger edelsüßer Wein 

94-96, bis 2030+

Fazit: Wunderbarer Süßwein, der mit seinem Alkoholgehalt von 11,5% zwischen den meisten deutschen Süßweinen einerseits und Sauternes & Co andererseits steht - sich dort aber nun wirklich nicht verstecken muß.

Samstag, 20. März 2021

Heatwave

Wer alt genug ist, wird sich an den Sommer 2003 mit seinen Rekordtemperaturen erinnern. Die Weine des Jahrgangs wurden ob des heißen Wetters mit vielen Vorschußlorbeeren versehen. Allerdings haben sie dieses Versprechen oft nicht einhalten können. Viele Weine des Jahrgangs haben mich enttäuscht, so dass ich um die Restbestände im Keller meistens einen großen Bogen gemacht habe. Gestern hatte ich aber Lust auf etwas Süßes zum Nachtisch und habe ganz bewußt zu einem 2003er gegriffen.

 


2003 Dönnhoff Oberhäuser Brücke Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb
In der Nase intensiv mit Noten von frischen und getrockneten Aprikosen und Nüssen, etwas Honig , schwarze Teeblätter
Am Gaumen ausgeprägte Süße, aber auch viel Frucht (wieder Aprikose), sehr lang. Hält seine Form über drei Tage in der geöffneten Flasche.
Sehr schöne Auslese aus heißem Jahr, die (bei guter Lagerung) noch lange Freude machen wird.

90-92, bis 2030

Fazit: Sehr schöne Auslese. Gut, dass ich bislang einen Bogen darum gemacht habe, sonst hätte ich jetzt nichts mehr davon im Keller

Die Mosel sieht doch besser Riesling

Kürzlich war hier die Rede (oder eigentlich ja die Schreibe) von Spätburgunder von der Mosel (guckstu hier). Die Weine waren gut, aber es stellt sich (mir jedenfalls) trotzdem die Frage, ob man mit Riesling an der Mosel nicht besser fährt. Gestern und heute kamen drei trockene 2019er des Weinguts Fritz Haag ins Glas und punkteten pro Riesling. Unter den Weinen befand sich der im Wine Advocate mit 94(!) Punkten geadelte trockene Gutsriesling und ausserdem der Brauneberger Ortsriesling "J" und das Grosse Gewächs aus der Juffer-Sonnenuhr. 



 

2019 Fritz Haag Riesling

Schöne, ausgeprägte und frische Rieslingnase mit deutlich mineralischer Prägung, gelbfruchtig (Pfirsisch)
Auch am Gaumen mineralisch geprägt, lebhafte Säure, gelbfruchtige Aromatik, sehr klar und transparent, gute Länge 

87-89, bis 2025


2019 Fritz Haag Brauneberger Riesling "J"

In der Nase recht ausgeprägt, gelbfruchtig, etwas süße Ananas
Am Gaumen noch etwas verschlossen, herb, gelbfruchtig-kräutrige Aromatik, präsente, aber gut integrierte Säure, recht kraftvolles Finale 

89-91, bis 2025+


2019 Fritz Haag Brauneberger Juffer- Sonnenuhr Riesling GG

In der Nase etwas rauchig, komplex, ausgeprägt gelbfruchtig, tief
Baut am Gaumen viel Druck auf, wieder gelbfruchtige Armomatik, sehr präzise, ausgeprägte und salzig wirkende Mineralik. Sehr nachhaltig und lang.
Schöner Wein mit großem Potential. 

92-94, bis 2030+ 


Fazit: Das sind drei in ihrer jeweiligen Klasse hervorragende Rieslinge. Der Gutsriesling bietet in seiner Kategorie (und damit ist ausdrücklich auch die Preiskategorie gemeint - der Wein kostet knapp 10 Euro) ungewöhnlich viel. Die 94 Punkte im Wine Advocat sind dabei möglicherweise eher belastend, denn sie wecken meiner Meinung nach Erwartungen, die der Wein weder erfüllen kann noch (vermutlich) will. Der Ortswein (€ 15,50) legt da nochmal eine Schippe drauf. Das Große Gewächs macht seinem Namen alle Ehre und ist ein hervorragender Riesling mit großem Potential. 

Das Weingut Fritz Haag spielt IMHO in der Champions League des Rieslings, und entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Weine. Schön zu sehen, dass diese hohen Erwartungen dann (anscheinend mühelos) erfüllt werden.

 

 


Freitag, 19. März 2021

So trinkt der Gaucho

Argentinische Weine kommen bei uns nicht sehr oft ins Glas. Vor einiger Zeit habe ich ein paar Flaschen des Altos las Hormigas (s.u.) erstanden, eines Malbec aus Gualtallarey. Da der Wein mir sehr gut gefiel, habe ich mir drei weitere argentinische Malbecs gekauft, um einen etwas besseren Eindruck zu bekommen.

 


 

2018 Zuccardi Malbec San Pablo Poligonos, Valle de Uco

Sehr dunkles, jugendliches Violettrot 
In der Nase recht intensiv, dunkle Früchte, leicht likörig wirkend, nicht sehr differenziert
Kraftvoller Gaumenauftritt, aber eine recht ausgeprägte Säure hält den Wein in der Spur. Wieder dunkelfruchtige Aromatik, das Tannin ist reif und bleibt im Hintergrund. Ein durchaus schöner, aber doch auch etwas beliebig wirkender Wein. 

86-88+, bis 2025+ 


2017 Gen del Alma Malbec "Crua Chan Gualta"

Recht dunkles Purpurrot
Recht ausgeprägter Duft, dunkle Früchte und eine kräutrige Note, die für Frische sorgt
Kommt am Gaumen üppig daher, mit kraftvoller, dabei leicht säuerlich wirkender Frucht. Viel reifes und nur ganz leicht trocknendes Tannin, gute Länge, Potential. Legt in der geöffneten Flasche über Tage zu.
89-91+, bis 2026+


2015 Trapiche Terroir Series Malbec "Finca Coletto", Mendoza

Sehr dunkles, jugendlich wirkendes Rot mit Purpurrand
In der Nase dunkle Früche (Holunder?), vanillige Würze vom Holz, das Ganze aber sehr ausgewogen wirkend und mit einer gewissen Komplexität
Am Gaumen vollmundig ohne überladen zu wirken, wieder Noten von dunklen Früchten, spürbarer, aber sehr gut dosierter Holzeinsatz, schöne Säure, zugänglich 
Das ist ein sehr guter, modern vinifizierter Wein, der ein recht breites Geschmacksprofil ansprechen dürfte. 

91-93, bis 2030


2017 Altas Las Hormigas

Sehr dunkles, ins Violette spielendes Rot
In der Nase ausgeprägte Noten nach dunklen Früchten (Brombeeren) mit einem leicht säuerlich-herben Fruchteindruck, der Frische verleiht
Am Gaumen recht viel reifes Tannin, dahinter wieder dunkelfruchtig, frische Säureader, nachhaltig und lang.
Insgesamt sehr gut proportionierter Wein mit Potential. Dürfte mit zwei bis drei Jahren Lagerung noch zulegen. Sehr schön.

92-94, bis 2030 


Fazit:

Der Poligonos ist angesichts seines Preises von über 30 Euro eine Enttäuschung. Der Crua Chan Gualta ist ein schöner Wein mit klarem Potential und sein Geld (knapp 30 Euro) eindeutig wert. Der Wein von Trapiche ist sehr gut. Wenn man ihm etwas vorwerfen will dann, dass er nicht sonderlich individuell ist, sondern eher ein crowd pleaser. Aber ein Wein ist ja nicht deshalb schlecht, weil er vielen schmeckt.  Die Bewertung im Wine Spectator (88 Punkte, bis 2022) finde ich im übrigen doch etwas zu niedrig. Der Altos Las Hormigas gefällt mir aus der Serie am besten, da er der meiner Ansicht nach individuellste und charaktervollste Wein ist. Die im Wine Advocat vergebenen 96+ würde ich allerdings nicht unterschreiben. 

Insgesamt eine Serie schöner Weine mit (vom Poligonos einmal abgesehen) gutem Preis-Leistungsverhältnis.

Sonntag, 28. Februar 2021

Eine Entdeckung aus den Abruzzen

Auf der Suche nach etwas ganz anderem bin ich zufällig auf diesen Wein gestossen und habe aus Neugier eine Flasche bestellt. Er stammt aus den Abruzzen und wird aus der authochtonen Rebsorte Pecorino gekeltert, die außer in Italien anscheinend nur noch in Peru angebaut wird (guckstu hier). Ein Glücksgriff, denn das ist ein wirklich guter und eigenständiger Wein.

 


 

2018 De Fermo Pecorino Colline Pescaresi "Don Carlino"

Kräftiges Goldgelb
In der Nase recht intensiv, primär mit Kräuteraromen, Hefe, etwas Apfelschale
Spannende Textur am Gaumen, griffiger Gerbstoff, gut integrierte Säure, salziges Mundgefühl, ganz dezenter Schmelz (Holzausbau?). Aromatisch auch hier wieder kräutrig, ohne wahrnehmbare Fruchtnoten. Gute Länge.
Das ist ein ausgesprochen spannender Wein, bei dem (so vermute ich) mit längerer Maischestandzeit gearbeitet wurde. Das passt hier hervorragend und ergibt einen ebenso interessanten wie "trinkigen" Wein. Wie lange das lagerfähig ist, vermag ich nicht zu sagen, aber ein paar Jahre sollten da sicher noch "drin" sein.

90-92, bis 2025?

 

Samstag, 27. Februar 2021

"mon cœur est à Calon"

Ich habe eine Schwäche für Château Calon-Ségur, für die ich selber keine gute Erklärung habe. Ich habe den Wein in einer ganzen Reihe von Jahren - grossen wie kleineren - subskribiert. Die aus den wirklich guten Jahren liegen noch unangetastet im Keller. Von denen aus den kleineren Jahren habe ich einige getrunken. Sie waren alle gut, aber keiner war wirklich beeindruckend (was natürlich wiederum auch an den Jahrgänge liegen dürfte). Auf das erste Wow-Erlebnis warte ich also noch. Vielleicht bieten das die Weine der jüngeren Jahrgänge wie 2016, 2018 und 2019, in denen Calon-Ségur angeblich hervorragend gelungen ist. Vielleicht geht es mir auch nur wie dem Marquis de Ségur, von dem die Aussage überliefert ist "Je fais du vin à Lafite et à Latour, mais mon cœur est à Calon". Nur - warum ich mein Herz gerade an dieses Gut verloren haben sollte, muß ich erst noch herausfinden. Nächste Station auf der Suche war heute der 2001er und damit ein weiterer Wein aus einem eher kleineren Jahrgang.

 


2001 Chateau Calon-Ségur 

Sehr dunkles Rot mit leichter orange-bräunlicher Reife am Rand
Duftet zunächst verhalten, mit mehr Luft intensiver nach feuchtem Waldboden, dunklen Früchten und Crême de Cassis. Nach einigen Stunden in der Karaffe werden die dunkelfruchtigen Note intensiver, ein rauchiger Aspekt tritt hinzu und das Ganze wirkt zunehmend stimmiger und eleganter.
Am Gaumen mittelgewichtig mit eher kühler Stilistik, auch hier wieder ein Mix aus Bodennoten und dunklen Früchten, noch präsentes und leicht trocknendes Tannin, dadurch etwas rustkal wirkend. Recht langes, auf mineralischen Noten endendes Finale
Das ist ein schöner, klassischer Bordeaux aus einem mittleren Jahrgang der sicher noch das ein oder andere Jahr durchhält. Allzu sehr strapazieren sollte man sein Glück allerdings nicht, denn am zweiten Tag wirkte der Wein deutlich gezehrt.

89-91, bis 2023

Einstieg auf hohem Niveau

Weine aus dem Piemont trinken wir eher selten und wir haben auch nicht viel davon im Keller. Kürzlich habe ich aus Neugier eine Flasche des Barolo "Castiglione" von Vietti aus dem sehr guten Jahrgang 2016 gekauft. Der Castiglione ist der Einstiegs-Barolo des Hauses Vietti. Er wird aus den Trauben mehrerer kleiner Lagen gekeltert, die nicht separat ausgebaut werden. "Einstiegs"-Barolo heisst im übrigen weder, dass der Wein in irgendeinem Sinne "einfach" wäre, noch, dass er besonders preiswert wäre (um die 45 €). Er bietet aber sehr guten Gegenwert für seinen Preis.

 


2016 Vietti Barolo "Castiglione"

Mittleres bis dunkles Rot, am Rand altrosa
In der Nase intensiv und vielschichtig, Pflaume, Schwarzkirsche, Rosenblätter, Gewürznoten (Nelke?), Tabak und eine pfeffrige Würze
Am Gaumen kraftvoll, an Pflaume erinnernde Frucht, Tabak, eine ordentliche Ladung noch leicht trocknendes Tannin, feiner Säurenerv, lang
Sehr schöner Wein, der bei aller Konzentration nie schwer oder schwerfällig wirkt. Schon gut trinkbar, aber mit Potetial für längere Lagerung. Dafür spricht auch, dass der Wein auch nach zwei Tagen in der geöffneten Flasche noch voll präsemt und in bester Form war.

92-94, bis 2030+

Freitag, 26. Februar 2021

Ein Schnäppchen

Im November flatterte mir das Restpostenangebot eines Händlers in den virtuellen Briefkasten. Eine sehr schöne Auswahl vor allem an gereiften edelsüßen Rieslingen, und das mit 50% Rabatt. Da konnte ich trotz übervollen Kellers nicht widerstehen. Unter anderem landete eine Versteigerungs-Auslese des Karthäuserhofs in meinem Einkaufskorb, für etwas über 17 Euro pro Halbflasche. Die erste Flasche gab es heute zum Nachtisch. 



2010 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Auslese Nr. 43 (Versteigerung) 

Reifes Goldgelb
In der Nase sehr schöne Frucht, primär Pfirsisch und Aprikose, exotische Noten (Maracuja), Vanillegebäck
Am Gaumen viskose Textur, wieder gelbe Steinfrüchte mit leicht exotischem Einschlag, die Süße wird von einer analytisch vermutlich hohen, aber sehr unaufdringlichen Säure bestens balanciert, im sehr langen Abgang an Quitte erinnernde Bitternote
Hervorragende Auslese und jetzt in bester Trinkreife. 

92-94, bis 2030+


Freitag, 19. Februar 2021

Die Mosel sieht rot

Die Mosel ist Rieslinggebiet. Das war zwar historisch gesehen nicht immer so, prägt aber trotzdem das heutige Image des Anbaugebiets. Mittlerweile wird aber auch (wieder) vermehrt Rotwein angebaut, primär Spätburgunder. Einige Winzer, wie Markus Molitor und Daniel Twardowski, erzielen dabei durchaus beachtliche Preise für ihre Pinots. 

In einer virtuellen Probe haben wir heute drei Mosel-Pinots getestet. Alle entstammen dem Jahrgang 2016  und dem leicht gehobenen Preissegment (25-32 €).



2016 Nik Weis St. Urbans Hof Pinot Noir "unfiltriert"

Mittleres Rot mit leichter Brauntönung am Rand
In der Nase recht ausgeprägt und charmant wirkend, Schokolade, dunkle Früchte
Auch am Gaumen Schokolade, wieder dunklé Früchte, zurückhaltendes Tannin. Am zweiten Tag kommt eine deutlich wahrnehmbare Holzwürze hinzu.
Angenehm zu trinken und ohne Ecken und Kanten. 

86-88, bis 2024 


2016 Markus Molitor Brauneberger Mandelgraben Pinot Noir *

Helles Rot
Gibt in der Nase (noch?) nicht viel preis, in der Tendenz eher rotfruchtig, mit Luft zunehmend interessanter werdend
Am Gaumen sehr stimmig mit schöner Harmonie zwischen der (wieder eher roten) Frucht, dezentem Gerbstoff und recht lebhafter Säure, mittlere Länge. Mit mehr Luft tritt die Säure etwas stärker in den Vordergrund. Wirkt am zweiten Tag tiefgründiger und interessanter.
Weniger zugänglich, aber am Ende etwas spannender als der Wein von Nik Weis
88-90+, bis 2025+


2016 Steinmetz und Hermann Pinot Noir 

Mittleres Rot
In der Nase interessant und recht tiefgründig, florale Obertöne, dann rotfruchtige Noten (Erdebeeren, Himbeeren) und Noten von Trockenkräutern 
Am Gaumen prägende Säure, rotfruchtige Aromatik, spürbares Tannin
Das ist am ersten Tag der spannendste der drei Weine mit klarem Zukunftspotential. Am zweiten Tag kann der Wein von Molitor aber (mindestens) gleichziehen.

88-90, 2023-2028+


Fazit: Das sind drei sehr ordentliche, aber auch sehr unterschiedliche Pinots. Der Wein von Nik Weis ist charmant, aber irgendwie auch nicht sehr spannend. Der Pinot von Markus Molitor fährt noch mit angezogener Handbremse. Man hat das Gefühl, dass da noch etwas kommen könnte, und tatsächlich wird der Wein über Tage in der geöffneten Flasche besser. Abgefüllt ist der Wein in einer Flasche, die so schwer ist, dass sie eigentlich unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen sollte. Der Pinot Noir von Steinmetz und Hermann ist am ersten Tag der spannendste, aber auch der forderndste Wein der Serie. Zudem hat er (mit 12% laut Etikett) den niedrigsten Alkoholgehalt. Längerfristig würde ich aber eher auf den Wein von Molitor setzen.