Montag, 24. Dezember 2018

Bescherung von der Saar

Seit über acht Jahren schlummerte diese Auslese im Keller und immer wieder habe ich das Öffnen der ersten Flasche vor mir hergeschoben. Heute war es nun endlich soweit, und der Wein erwies sich als absolut weihnachtstauglich.

Der Niedermenniger Herrenberg gehört zum Bereich Saar. Niedermennig selbst gehört zu Konz und liegt etwas östlich des Hauportes, etwa 3 Kilometer von der Saar entfernt. Das Weingut führt die Lage offensichtlich nicht mehr im Portfolio - der jüngste Wein aus der Lage, den ich ergugeln konnte, stammt aus dem Jahr 2010.




2007 Markus Molitor Nierdermenniger Herrenberg Riesling Auslese**
Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Großartige Nase: Ein ganzer Korb voller Früchte, viel Aprikose, etwas (kandierte) Orange und eine feine mineralische Note
Auch am Gaumen sehr intensiv, ausgeprägte Süße, die von einer feinen Säure gebändigt wird, fast viskose Textur. Hervorragende Fruchtkonzentration, sehr lang.
Eine hervorragende und hervorragend gereifte Auslese
92-94, bis 2030+


Donnerstag, 22. November 2018

Heute Rosé?

Nein, Fake News. Das sieht zwar aus wie ein Rosé, aber es ist Grauburgunder. Natürlich wusste ich, dass Grauburgundertrauben eine rötliche Farbe aufweisen, und dass daher auch der Wein eine leichte Rottönung aufweisen kann. Aber so extrem habe ich das noch nie gesehen. Dieser Wein ist aber nicht nur durch seine Färbung aussergewöhnlich.




2017 Friedrich Becker Grauburgunder Kalkmergel
Kupferfarben, das hätte ich definitiv für einen Rosé gehalten
In der Nase eher zurückhaltend, Feuerstein (?), rotfruchtige Noten
Am Gaumen durch recht ausgeprägten Gerbstoff geprägt, viel Grip, betont trocken, schöner Schmelz, wieder dezent rotfruchtig, recht lang. Außergewöhnliche Grauburgunder-Interpretation
86-88, bis 2020+


Sonntag, 28. Oktober 2018

9 mal 14

Der Jahrgang 2014 steht in Bordeaux etwas im Schatten der beiden Folgejahrgänge 2015 und 2016. Andererseits habe ich schon sehr schöne 2014er getrunken. Daher war es an der Zeit, den Jahrgang einer etwas umfassenderen Prüfung zu unterziehen, bevor die Weine sich nach der anfänglichen Fruchtphase verschließen. Und so kamen denn gestern neun 2014er auf den Tisch, alle vom linken Ufer. Die folgenden Notizen sind von der heutigen Nachprobe, so dass alle Weine genug Luft bekommen haben sollten. Der Jahrgang 2014 hat seine Chance genutzt und sich sehr gut präsentiert (besser zum Beispiel als einige 2012er, die demnächst hier präsentiert werden).



2014 Clos Floridene
Recht dunkles, jugendlich wirkendes Rot
In der Nase eher verhalten mit Noten von dunklen Früchten aber auch etwas Johannisbeere und einem erdigen Ton
Am Gaumen eher rotfruchtig (Johannisbeere, Cassis), recht ausgeprägte Säure, insgesamt etwas rustikal wirkend
86-88, bis 2023+

2014 Domaine de Chevalier
Sehr dunkler Rot
In der Nase recht intensiv, Tabak, dunkle Früchte, Graphit, das Ganze sehr distinguiert wirkend
Am Gaumen elegant wirkend, hohe Tanninqualität, dunkelfruchtig, auch wieder etwas Tabak, stützende Säure, recht lang.
89-91+, 2020-2025+

2014 Chateau Grand Puy Lacoste
Sehr schöne Nase, rauchig, Himbeeren, das hat etwas Aristokratisches
Am Gaumen kraftvoll, rote Früchte, geröstete Paprika, exzellente Tanninqualität.
Schöner, eleganter Wein, aber eine ganz leichte grüne Note steht einer höheren Bewertung im Weg
89-91+, 2020-2035+

2014 Chateau Charmail
Recht intensive Nase, dunkle Früchte (Heidelbeeren), ein klein wenig grobschlächtig vielleicht
Schöne Frucht, aber recht ausgeprägtes und etwas trocknendes Tannin
86-88+, 2020-2025+

2014 Chateau Labergorce
Intensive Nase, dunkelfruchtig, sehr Margaux-typisch, mit einer dezent mineralischen Note
Am Gaumen dunkelfruchtig, auch etwas Himbeere, sehr elegant, nachhaltig.
Toller Margaux mit herausragendem Preis-Leistungsverhätlnis, trinkt sich bereits sehr gut.
92-94, bis 2025+

2014 Chateau Rauzan Segla
In der Nase distinguiert, dunkelfruchtig (Heidelbeere), ganz dezenter Rumtopf
Am Gaumen sehr elegant, dunkelfruchtig, nachhaltig, hervorragende Tanninqualität, in der Entwicklung noch etwas weniger weit als der Labegorce
92-94, 2020-2030+

2014 Chateau Langoa-Barton
Sehr schöne, intensive Nase mit ausgeprägter Frucht, Himbeeren, dunkle Früchte
Auch am Gaumen sehr schöne Frucht, leicht säuerlich wirkend (was nicht negative gemeint ist), sehr gute Tanninqualität
Macht jetzt schon Spaß, hat aber klar erkennbares Potential und dürfte noch zulegen. Exzellent.
92-94, 2020-2030+

2014 Chateau Leoville-Barton
Auch hier tolle, intensive Nase, eher dunkelfruchtig, etwas Leder, komplex
Noch unentwickelt, aber angedeutete Tiefe und Intensität, violette Früchte, wieder etwas Leder, viel Tannin hoher Qualität, braucht Zeit. Großes Kino.
92-94+, 2023-2035+

2014 Chateau Leoville Poyferre
In der Nase noch sehr unentwickelt, aber angedeutete Tiefe und Fruchtintensität, eher rotfruchtig, mit mehr Zeit im Glas aber auch dunkle Früchte (Heidelbeeren)
Am Gaumen ebenfalls verschlossen, dunkelfruchtig, leicht salzige Mineralität, komplex, grosses Potential.
92-94, 2023-2035+

Fazit: Ein sehr schönes Line-up, das die Qualität des 2014er Jahrgangs unter Beweis stellt. Bei den preiswerteren Weinen hat Charmail die Nase vorn vor dem Clos Floridene. Der dritte Cru Bourgeois, Labergorce, spielt eine Liga höher (ist aber auch 10 Euro teurer) und hält im Feld der Cru Classes locker mit. Unbedingte Kaufempfehlung (ca. 25 Euro).
Die drei St Juliens sind großartig - der Langoa Barton macht mit seiner expressiven Frucht jetzt viel Spaß und "punches above its weight". Mit etwas Suchen ist er für unter 50 Euro noch zu finden. Kaufempfehlung. Der Leoville-Barton braucht noch Zeit, dürfte aber am Ende der (noch) bessere Wein sein. Es lohnt sich, danach zu suchen und Preise zu vergleichen (die reichen derzeit von knapp 70 bis über 90 Euro). Der Leoville-Poyferre wirkt derzeit unnahbarer; vielleicht ist der Wein bereits auf dem Weg in die Verschlußphase. Vom Potential her ist er aber auf Augenhöhe mit dem Leoville-Barton.



Donnerstag, 18. Oktober 2018

The sweetest thing reloaded. Und jetzt Werbung.

Kurz nach dem 2015er Doisy Daene (guckstu hier) gab es noch einen hochkarätigen Süßwein, eine TBA von Klaus Peter Keller. Den Wein kann man nicht beschreiben, ohne Werbung zu machen. Er wird nämlich exklusiv von einem Händler angeboten, dessen Name dann auch prominent auf dem Etikett zu sehen ist. Diese TBA hat es bereits aus anderen Jahrgängen gegeben (2003, 2005 und 2010 auf jeden Fall) und sie ist für eine TBA von einem Spitzenweingut ausgesprochen preiswert (der 2015er kostet 39 Euro / 0,375l und ist noch verfügbar). Es handelt sich um eine Cuvée aus den Rebsorten Riesling, Scheurebe, Rieslaner und Albalonga.





2015 Keller Trockenbeerenauslese "Pinard"
Bernsteinfarben, für einen so jungen Wein ist das überraschend dunkel
Sehr intensive Nase, Aprikose, Trockenfrüchte, Mandeln
Viskose Textur, sehr reintöniges Fruchtkonzentrat, die (enorme) Süße wirkt durch eine präsente Säure eingefangen, sehr lang.
Das ist quasi der Gegenentwurf zum zuvor verkosteten Sauternes: Ebenso konzentriert und lang, aber ganz ohne Holz und weniger als halb soviel Alkohol (6.5% im Vergleich zu 13.5%). Beides großartige Weine, aber dieser hier gefällt mir noch etwas besser (war aber zugegebenermassen auch etwa doppelt so teuer).
95-97, bis 2050+

Donnerstag, 11. Oktober 2018

The sweetest thing

Mit einer gewissen Regelmäßigkeit kaufen wir bei der Bordeaux-Subskription jeweils ein paar Flaschen Sauternes. Nie viel, meistens drei bis sechs (meist halbe) Flaschen. Trinken tun wir das allerdings eher selten, so dass sich doch ein gewisser Bestand angesammelt hat. Wenn es mal Süßwein sein soll, nehmen wir meistens Riesling. Vor einiger Zeit las ich aber irgendwo die Empfehlung, Sauternes mal jung zu trinken. Das haben wir dann heute mal gemacht. Das "Opfer" war eine halbe Flasche 2015er Château Doisy Daene.




2015 Chateau Doisy-Daene
Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase ausgeprägt, Creme Brulée, exotische Früchte (Ananas!), mit mehr Luft Aprikose
Am Gaunmen zunächst eine süße Attacke, die aber von einer recht lebhaften Säure gut in Schach gehalten wird, leicht ölige Konsistenz, Frucht eher in Richtung Aprikose, sehr gut eingebundenes Holz, sehr lang.
Das ist mal ein richtig schöner Sauternes (bzw. Barsac)
92-94, bis 2040+

Fazit: Sauternes jung trinken kann man mal machen. Und dieser hier ist ausserordentlich gut. Neil Martin ist im übrigen richtig "bullish" und gibt 96 Punkte. Falls da jetzt jemand auf den Geschmack gekommen sein sollte: Die halbe Flasche gibt es im Handel noch zu Preisen um € 20. 

Donnerstag, 27. September 2018

Premierenwein

Geschafft. Alle 2015er Bordeaux sind geliefert und im Keller verstaut. Noch nicht geklärt ist, wer das eigentlich wann alles trinken soll :-) Am besten, man fängt gleich mal an. Als Premierenwein habe ich mir den Nectar des Bertrands ausgesucht. Das ist ein Wein aus dem eher abseits gelegenen Blayais, auf den ich durch den "Wineterminator" aufmerksam geworden bin (guckstu hier und hier). Da der Nectar unterhalb des Radars der internationalen Verkostergilde fliegt, ist er weitgehend unbekannt, obwohl er hervorragende Qualität zu einem sehr verbraucherfreundlichen Tarif bietet. Nach 2009 und 2010 ist der 2015er mein dritter Jahrgang (und auch 2016 habe ich subskribiert - den gibt es übrigens noch, wer Interesse hat, möge sich die Bezugsquelle bitte ergugeln).





2015 Nectar des Bertrands
Dunkles Rot mit fast schwarzem Kern
Schöne Nase, etwas Holzkohle, ausgeprägt dunkelfruchtig, Kirschen, Cassis, etwas Schokolade
Am Gaumen ausladend, viel reifes und rund wirkendes Tannin, wieder Kirsche, mittlere Länge
Schöner Merlot-dominierter Bordeaux, der sich jetzt sehr gut trinken läßt. Sicher kein Wein, der polarisiert, sondern eher ein bisschen "Everybody's Darling". Auf jeden Fall aber ein sehr schöner Bordeaux mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis (14,95 € in der Subskription).
89-91 bis 2025+ (der 2009er trinkt sich gerade hervorragend)

Mittwoch, 19. September 2018

Denn erstens kommt es anders...

Mit einem Anflug von Entsetzen habe ich neulich festgestellt, dass wir noch (bislang unangetastete) sechs Flaschen 2001er Chateau Moulin Haut-Laroque besitzen. Das Entsetzen bezog sich nicht auf das Chateau an sich - Moulin Haut-Laroque macht schöne Weine - als mehr auf die Befürchtung, der Wein könne seine besseren Tage hinter sich haben. Daher habe ich ohne grosse Begeisterung eine Flasche zum unmittelbaren Konsum vorgemerkt. Heute war der Tag der Wahrheit. Und es kam natürlich (und zum Glück) anders.





2001 Chateau Moulin Haut-Laroque
Recht kräftiges Rot mit ausgeprägter Orange-Note am Rand
In der Nase zunächst eher zurückhaltend, mit Luft kräftiger, leicht rauchig, dunkelfruchtig, Cassis, viel Kirsche
Am Gaumen reife Kirschfrucht, die von durchaus noch spürbarem Tannin gestützt wird. Mittlere Länge.
Schön gereifter Bordeaux, der sich jetzt gut trinken läßt. Allzu lange sollte man ihn aber sicher nicht mehr liegenlassen.
86-88, bis 2020

Fazit: Zum wiederholten Mal in recht kurzer Zeit überrascht mich ein Bordeaux, dem ich nicht mehr allzu viel zugetraut hätte, positiv (guckstu auch hier).
Moulin Haut-Laroque gehört im übrigen auch zu den Bordeaux, die im Zeitablauf kaum teurer (und inflationsbereinigt sogar deutlich preiswerter) geworden sind. Der 2001er hat in der Subskription 16 Euro gekostet, der 2015er (beim gleichen Händler) 17,50. 

Nachtrag: Nach einem Tag in der geöffneten Flasche entwickelt der Wein einen unangenehmen Ton in der Nase. Daher vielleicht doch besser bald trinken.

Samstag, 15. September 2018

Der beste Beifang

Eigentlich hatte ich diesen Wein gar nicht kaufen wollen. Kaufen wollte ich das 2017er Morstein GG von Wittmann. Das wiederum ist kaum zu bekommen. Ein kleiner Händler hatte jedoch noch drei Flaschen zu einem fairen Preis. Geknüpft allerdings an die Bedingung, dass man für jede Flasche Morstein zwei andere Flaschen aus dem Programm kauft. Ich entschied mich für je drei Flaschen zweier Weine von Bernhard Huber, den 2015er Malterdinger Spätbugunder und eben den 2015er Chardonnay "Alte Reben". Dass das ein guter Wein sein würde, war mir schon irgendwie klar. Aber er war noch besser als erwartet.





2015 Berhnhard Huber Chardonnay Alte Reben
Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase ausgeprägt, deutlich mineralischer Duft mit Noten von Zitrus und Haselnuß, sehr dezenter Holzeinfluß
Am Gaumen straff, wieder Zitrusaromen, hervorragende Balance zwischen der ausgeprägten Mineralik, einer prägnanten Säure und zurückhaltendem Holzeinsatz. 
92-94, bis 2023+

Fazit: Das ist richtig gut, ein toller Chardonnay mit einer eigener Stilistik, die mir sehr gut gefällt. Ich gebe zu, dass ich überlegt habe, ob ich diesem Wein so viele Punkte geben "darf", obwohl er ja formell "nur" ein Ortswein und damit unter den Großen Gewächsen angesiedelt ist. Aber er ist halt so gut. Ich bin gespannt darauf, wie gut dann erst die Großen Gewächse sind. Die sind aus 2015 praktisch nicht mehr zu bekommen, aber zum Glück haben wir zumindest drei Flaschen Bienenberg im Keller.

Sonntag, 2. September 2018

Spitzenwinzer im Pferdestall

Im Wein liegt bekanntlich Wahrheit. Was liegt da also näher, als eine Weinmesse "Veritable" zu nennen. Besagte Messe (nur für Fachbesucher) fand Anfang Juli diesen Jahres bereits zum achten Mal statt. Veranstaltet wird sie von Uwe Warnecke als Organisator und Philipp Kiefer als Gastgeber im hübschen pfälzischen Weinort St. Martin - genauer im Weingut Aloisiushof.


Der Ort des Geschehens - der Aloisiushof in St. Martin

Was hier auf die Beine gestellt wird, ist mehr als beachtlich. Über 90 Weingüter waren in diesem Jahr vertreten, die zumeist je sechs Weine aus ihrem Programm präsentierten. Zwar waren Deutschland im allgemeinen und die Pfalz im speziellen etwas überrepräsentiert, aber auch zahlreiche Betriebe aus Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und je ein Betrieb aus Argentinien und der Schweiz waren vertreten. Der Sondepreis für den prominentesten Winzer geht an Günther Jauch, der die Weine seines Weinguts von Othegraven präsentierte.

Die Organisation war (mit leichten Abstrichen bei der Wartezeit beim Einlass vielleicht) sehr gut. Gefallen hat mir, dass man zwischen zwei Gläsern mit unterschiedlichen Pfand-Beträgen wählen konnte, wobei meine Wahl auf das Zalto Universal fiel. Da der Pfandbetrag von 20 € deutlich unter dem normalen Einzelhandelspreis liegt, haben  offenbar einige Besucher die Messe zum "Gläserkauf" benutzt. Jedenfalls begegeneten mir auf der Rückfahrt am Mannheimer Bahnhof mehrere Messeteilnehmer mit den Gläsern in der Hand. Gut war auch die Versorgung mit Spucknäpfen abseits der Verkostungstische. Es war zwar ziemlich voll, aber wenn man einigermassen antizyklisch vorging, waren die Verkostungsbedingungen gut. Zur guten Stimmung trug natürlich auch das schöne Wetter (siehe Bilder) bei.

Ein Hinweis an die Veranstalter sei erlaubt. Man kommt eigentlich ganz gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach St.Martin (Zug bis Neustadt und dann Bus). Darauf könnte man vielleicht die Besucher hinweisen.

Der Aloisiushof ist erstaunlich gross. Im Inneren gibt es eine ganze Reihe von Räumlichkeiten. Der größte Raum ist der "Pferdestall", und so kam es dann, dass sich dort eine beeindruckende Phalanx von Spitzenwinzern versammelte. Nun aber (endlich) zu den Weinen.

Zum Auftakt habe ich auf ein Gläschen Champagner bei Billecart-Salmon vorbeigeschaut. Der "Reserve" brut ist in der Nase fein und nussig, am Gaumen Zitrus, recht robuste Perlage. Der Rosé brut hat eine dezent rotfruchtige Pinot-Nase, ist auch am Gaumen rotfruchtig und hat eine feine Säure. Die Cuvée "Sous-Bois" ist in der Nase intensiv mit Holznote und gelbfruchtiger Aromatik. Auch am Gaumen intensiv und nachhaltig mit gut integriertem Holz, ein Champagner um eine Mahlzeit zu begleiten. 

Gleich drei der besten Wachauer Güter waren vertreten, nämlich Emmerich Knoll, F.X. Pichler und Franz Hirtzberger. Bei Knoll gefiel mir der 2016er Riesling "Ried Pfaffenberg" gut mit seiner intensiven, eher kräutrigen Nase, schöner gelbfruchtiger Aromatik am Gaumen und gutem Trinkfluß (89-91). Bei F.X. Pichler gab es ausschließlich 2017er, zum Teil als Faßproben. Sehr vielversprechend der Riesling Smaragd Kellerberg. In der Nase zurückhaltend mit angedeuteter Tiefe, am Gaumen nachhaltig, viel Kraft, gelbfruchtig (92-94). Auf vergleichbarem Niveau der 2017er Riesling Smaragd Ried Steinporz von Hirtzberger (ebenfalls 92-94) - intensiv in der Nase mit Aprikosenfrucht, am Gaumen sehr schöne Frucht, nachhaltig, aber leichtfüßiger wirkend als etwa der Riesling Ried Setzberg aus gleichem Haus und Jahr. Der 2017er Grüne Veltliner Honivogl ist in der Nase noch recht zurückhaltend, leicht rauchig und gelbfruchtig. Am Gaumen viel Schmelz, noch verhaltene Frucht, Zukunft (89-91+). Das wird wohl eher in Richtung Wuchtbrumme gehen.

Bei Gernot und Heike Heinrich aus Gols war der 2015er Blaufränkisch Alter Berg ein schöner Einstieg. Dunkelfruchtig, noch etwas ungestüm, sehr konzentriert und mit Potential (89-91). Der Blaufränkisch Edelgraben Leithaberg aus gleichem Jahr wirkt ruhiger, ist deutlich mineralisch geprägt (der Wein wächst auf Schiefer). Am Gaumen tiefe Frucht, Kirsche, sehr schön (92-94). Zum Abschluß gab es den 2015er Salzberg, eine Cucée aus etwa gleichen Teilen Blaufränkisch und Merlot.  In der Nase ausgeprägte Cassis-Note, auch am Gaumen Cassis, viel reifes Tannin, großes Potential (92-94+).

Auf ebenfalls sehr hohem Niveau die Weine von Kollwentz. Der 2015er Blaufränkisch Leithakalk, ausgebaut in gebrauchten Barriques, ist in der Nase verhalten, schön und dunkelfruchtig (89-91). Der 2015er Eichkogel, eine Cuvée aus Blaufränkisch und Zweigelt, hat eine distinguierte, dunkelfruchtige Nase, intensive Frucht und endet (derzeit) leicht bitter. Hat Potential (89-91+). Bester Wein war hier der Steinzeiler, eine von 85% Blaufränkisch dominierte Cuvée. In der Nase komplex und dunkelfruchtig, am Gaumen dann würzig, wieder dunkelfruchtig und mit Potential (92-94).

Bei Knipser habe ich "nur" zwei Rotweine probiert. Das 2013er Kirschgarten Spätburgunder GG zeigt in der Nase noch viel Holz, am Gaumen Sauerkirsche, Holzprägung, erkennbares Potential (89-91+). Der 2012er Syrah Réserve ist ebenfalls in der Nase noch holzgeprägt mit Noten von Räucherspeck und dunklen Früchten. Am Gaumen deutliches Potential erkennbar, aber noch dominantes Holz (89-91+).

Bei Christmann duftet der 2016er Königsbacher Ölberg Riesling nach Apfel und gelben Früchten. Am Gaumen ist der Wein vergleichsweise schlank mir reifer Säure (89-91). Das 2014er Idig GG hat eine sehr ausgeprägte Nase, viel Apfel und einen exotischen Einschlag (92-94).

Bei von Winning habe ich drei 2016er Rieslinge probiert. Der Ruppertsberger Reiterpfad hat eine schöne Nase mit reifen Gelbfrüchten, ist aber am Gaumen (noch) etwas verhalten (86-88). Der Forster Ungeheuer U500 ist in der Nase zitrusfruchtig mit deutlicher Holzprägung. Auch am Gaumen viel Holz, der Wein braucht definitiv noch Zeit (89-91?). Viel besser mit dem Holz zurecht kommt der Top-Riesling des Guts, der Marmar, den ich zum ersten Mal probieren konnte. In der Nase neben dem Holz intensive Frucht, am Gaumen perfekt proportioniert (92-94+).

Die Verkostung bei Rings fing mit einem hervorragenden Ortsriesling, dem 2017er Kallstadter, an. In der Nase kräftige Zitrusfrucht, am Gaumen schön, etwas Zitrus, gelbe Früchte. Für einen "Nur-Ortsriesling" ist das richtig gut (89-91). Der 2016er Kallstadter Steinacker Riesling hat eine kräftige Nase, ist sehr mineralisch und wieder zitrusfruchtig. Am Gaumen dominiert die Mineralik die Frucht (89-91). Das 2016er Saumagen Riesling GG hat eine schöne, zurückgenommene Nase mit Zitrus und Mirabelle. Am Gaumen kalkige Mineralität, präzise Säure, Potential, aber braucht Zeit (92-94). Der 2015er Kallstadter Steinacker Spätburgunder ist holzwürzig, braucht noch Zeit, aber hat ebenfalls Potential (89-91).

Beeindruckt hat mich, wie sich eine klar erkennbare Handschrift durch die Weine der Domaine Trimbach zieht. Der 2015er Riesling Reserve hat eine interessante, aber eigenwillige Nase mit Noten nach Apfel und Muschelschalen(?). Auch am Gaumen apfelig mit lebendiger Säure, wirkt noch recht jung (86-88+). Die Selection Vieilles Vignes aus gleichem Jahr wirkt in sich ruhend, derzeit noch wie mit angezogener Handbremse, auch hier Apfel, viel Potential (89-91). Fünf Jahre älter die 2010er Cuvée Fréderic Emile. Sehr intensive, salzige Nase (ich weiß, dass man Salz nicht riechen kann, aber das war mein Eindruck). Während die Nase noch recht jung wirkt, zeigt sich am Gaumen eine feine Reife (89-91+). Höhepunkt der 2012er Clos Ste Hune. Wunderbare Nase, tief, intensiv, wieder Apfel, aber hier eingebettet in ein komplexes Aromengeflecht. Am Gaumen noch sehr jung wirkend, perfekte Harmonie der Komponenten, Meditationswein, groß (95-97 und aufgenommen in meine Riesling Hall of Fame).

Zweites Elsässer Weingut war die Domaine Remy Grosser, von der ich vorher noch nie etwas probiert habe. Gut gefielen mir der 2013er Wiebelsberg Grand Cru Riesling (leichte Reifenote, dezente Süße, schön, 89-91) und der 2014er Mönchberg Riesling Grand Cru (schöne Nase, Apfel, am Gaumen eigenständig, mineralisch, schöne Säure, 89-91). Der 2015er Kastellberg Grand Cru kam da nicht ganz mit, deutliche Restsüße, prägnante Säure, reif, Nase und Gaumen passen nicht recht zusammen (86-88). 

Bei Philipp Kuhn habe ich nur das 2016er Schwarzer Herrgott Riesling GG probiert. Intensive Nase mit dicht verwobenen Aromen, am Gaumen schöne Frucht, die Säure steht noch etwas daneben (89-91+).

Eine sehr spannende Auswahl hatte Bernhard Huber am Start, nämlich jeweils den gleichen Wein (Chardonnay Alte Reben und Spätburgunder Alte Reben, beide heißen seit 2016 "Malterdinger Alte Reben" und firmieren insofern als VDP-Ortsweine) aus je drei Jahrgängen (2010, 2013 und 2016). Bei den durchweg guten Chardonnays war der Stilwechsel hin zu schlankeren, von kalkiger Mineralität geprägten Weinen deutlich zu erkennen. Bei den Spätburgundern gefiel mir der 2016er am besten, herbe Frucht in der Nase, noch verschlossen, gut eingebundenes Holz, Potential (89-91+).

Die Schweiz war durch das Weingut Gantenbein bestens vertreten. Ich hatte Gelegenheit, erstmals den raren Riesling des Weinguts zu probieren. Der 2016er hat eine schöne Nase mit Mirabelllennoten. Am Gaumen ist er mittelgewichtig mit schönem Frucht-Säure-Spiel (89-91+). Der 2016er Chardonnay ist derzeit sowohl in der Nase als auch am Gaumen vom Holz dominiert. Das Potential ist klar erkennbar, aber der Wein wird noch etwas Zeit brauchen. Am besten hat mir hier der 2016er Pinot Noir gefallen mit einer schönen, an Räucherspeck erinnernden Aromatik, mittlerer Holzintensität und samtigem Tannin (92-94).

Ein kurzer Zwischenstop im Burgund bei den Weinen von Louis Boillot. Sehr gut hat mir der 2015er Volnay 1er Cru Les Brouillard gefallen: In der Nase animierend, Kirsche, dunkle Früchte. Am Gaumen gute Fruchtintensität, samtiges Tannin, elegant (92-94). Der 2014er und der 2013er aus gleicher Lage kamen da nicht mit. Auch der 2015er Gevrey-Chambertin Village überzeugt, ebenfalls elegant und kirschfruchtig, leicht trocknendes Tannion (89-91).

An den Weinen von Maximin Grünhaus kann ich natürlich nicht vorbeigehen. Die 2017er Rieslinge wirken noch etwas unruhig, haben aber das Potential zu Klassikern. Der trockene Riesling Alte Reben zeichnet sich durch schöne Frucht und reife Säure aus (86-88+), der restsüße Herrenberg Kabinett ist animierend, klassisch, mit Stachelbeeraroma. Primus inter pares bei den 2017ern die Abtsberg Spätlese mit Aromen von Pfirsisch und etwas Cassis (89-91). Das 2016er GG aus dem Herrenberg ist ein eher leiser, delikater Wein mit in sich ruhender, gelb- und weißfruchtiger Nase; am Gaumen etwas Mango und reife Säure (89-91+). Der 2016er Pinot Noir ist in der Nase noch recht holzgeprägt mit rotfruchtigen Aromen (Erdbeere), am Gaumen recht dicht mit gut integriertem Holz (86-88+).

Kurzer Ausflug von der Ruwer an die Saar: Ein hervorragender Süßwein ist die 2017er Saarburger Rausch Riesling Auslese Goldkapsel von Forstmeister Geltz-Zilliken, feine Beerennote, Tee, ein Kaleidoskop von Früchten (92-94+).

Sehr gut gefallen hat mir der 2017er Kiedricher Turmberg Riesling von Robert Weil: Sehr ausgeprägte Nase, ins Exotische gehende Frucht, Potential (89-91). Das 2016er GG aus dem Gräfenberg setzt da noch eins drauf. In der Nase verhalten, rauchig, angedeutete Kraft. Am Gaumen noch verschlossen mit angedeuteter Kraft, Potential (92-94).

Mit grossem Interesse habe ich die Weine von Alois Lageder verkostet. Von diesem Weingut habe ich viel gehört, aber bislang wenig getrunken. Angefangen habe ich mit einem Pinot Grigio, dem 2016er "Porer". Ich mag eigentlich keinen Pinot Grigio. Pinot Grigio geht gar nicht. Aber der hier (bei dem im übrigen 10% auf der Maische vergoren wurden) war wirklich gut. In der Nase fein und dezent nussig, an Gaumen eher schlank, geradlinig und präzise (86-88+). Noch eine Klasse weiter oben boxt der 2015er Chardonnay "Löwengang", zu 80% im Barrique und zu 20% in großem Holz ausgebaut. In der Nase schön, buttrig, aber auch mit frischen Noten ("Wiese"). Auch am Gaumen sehr schön, dezent zitrusfruchtig, perfekter (und das heisst für mich: stützender, aber keinesfalls dominierender) Holzeinsatz (92-94). Der 2015er Cason wird aus Viognier und Petit Manseng vinifiziert. In der Nase Litschi, etwas Honig(?), dezentes Holz. Am Gaumen fast viskos, leicht exotische Anmutung, spürbare Süße (86-88). Der BLA XVI wird aus Trauben der alten authochtonen weissen Sorte Blatterle vinifiziert, die von Vertragswinzern zugekauft werden. Der maischevergorene Wein hat eine interessante und eigenständige Nase mit "herb"wirkender Frucht und ist am Gaumen spannend und herb-würzig (89-91). Zum Abschluß habe ich zwei Cabernets probiert, wobei der 2014er Löwengang intensiv und würzig war (89-91), aber von dem Cor Römigberg mit seiner feinen, dunkelfruchtigen Nase und samtigem Gaumen (92-94) in den Schatten gestellt wurde.

Ich bin grosser Portugal-Fan. Nach meiner bescheidenen Erfahrung das gastfreundlichste Land in Europa. Und guten Wein machen die auch (guckstu auch hier). Ein Aushängeschild ist die Quinta do Crasto. Der 2016er Crasto Superior White zeichnet sich durch Zitrusnoten, dezenten Holzeinsatz uns schönen Schmelz aus. Guter Essensbegleiter (86-88). Die rote 2015er Riserva Old Vines weist eine tolle Fruchtintensität in der Nase auf, schöne Frucht und gut eingebundenes Holz (89-91+). Das ist jetzt nach 2005, 2006 und 2009 für mich der vierte Jahrgang dieses Weines, und alle waren sehr gut. Noch besser war allerdings der 2015er Touriga National. In der Nase sehr fein und distinguiert, am Gaumen schöne Frucht und seidenweiches Tannin (92-94+). Der 2015er Vintage Port wirkt noch sehr verschlossen mit angedeuteter Kraft, am Gaumen intensiv, viel Cassis, Potential (92-94+).

Zum Abschluss der Messe wird übrigens (nach Voranmeldung) bei einem Get together noch ein Abendessen serviert, dessen Anblick ich niemandem vorenthalten möchte:




Fazit: Eine sehr schöne Veranstaltung. Ich komme gerne nächstes Jahr wieder.

Sonntag, 26. August 2018

Back to the Roots

Der erste wirklich gute deutsche Spätburgunder, an den ich mich erinnere, war eine 1989er Ihringer Winklerberg Spätlese*** von Dr. Heger. Gekauft 1991 für 40 DM. Das war damals ein Haufen Geld, nicht nur absolut, sondern auch relativ zu anderen Weinen: Für den im gleichen Jahr subskribierten 1990er Chateau Montrose habe ich etwas weniger bezahlt. Wie dem auch sei, der Wein war wirklich gut. Trotzdem habe ich in den nachfolgenden Jahren, obschon mir die Weine hie und da begegnet sind, kaum noch Rotweine von Dr. Heger gekauft. Auf einer Veranstaltung im März ("Grosse Winzer Grosse Weine") habe ich dann das 2010er Ihringer Winklerberg GG probieren können. Der Wein hat mir hervorragend gefallen, deutlich besser etwa, als der daneben probierte 2012er. Ich habe mich danach auf die Suche nach dem 2010er gemacht und bin tatsächlich bei einem bayerischen Autotuner fündig geworden. Heute war die erste Flasche "dran".




2010 Dr. Heger Ihringer Winklerberg Spätburgunder GG
Mittleres Rot mit erkennbaren Reifenoten
In der Nase recht intensiv, Noten roter Früchte (Erdbeere) werden überlagert von kräutrigen und würzigen Noten. Darüber liegt eine dezente ätherische Note (ein Hauch Eukalyptus?).
Kraftvoller Auftritt am Gaumen, rotfruchtig, eine dezente Säure und reife Tannine verleihen dem Wein eine tolle Struktur und eine wiederum ätherische Note verleiht ihm Frische. Dadurch wirkt der Wein insgesamt kühl und elegant. Im Abgang dezent schokoladig. Das Holz ist jetzt perfekt integriert und nicht mehr isoliert wahrnehmbar, lang. Jetzt in hervorragender Trinkreife.
92-94, bis 2023

Fazit: Ein hervorragender Spätburgunder und würdiger Nachfolger für den 1989er.

Freitag, 24. August 2018

Gegen Windmühlen...

... kämpft oft, wer sich für Beaujolais einsetzt. Das ist jetzt zwar übertrieben, aber so einen richtig tollen Ruf hat Beaujolais definitiv nicht. Der Meinung war ich auch lange, habe aber in letzter Zeit dazugelernt. Dazu beigetragen hat eine sehr gelungene Beaujolais-Probe vor einem knappen Jahr (guckstu hier). Danach habe ich mit von einigen der dort verkosteten Weine ein paar Flaschen besorgt. Heute kam die erste davon auf den Prüfstand. Der "einfache" Moulin à Vent der Domaine Richard Rottiers hatte seinerzeit voll überzeugt und "liefert" auch mit einem Jahr Abstand.





2015 Domaine Richard Rottiers Moulin à Vent
Kräftiges Rot mit deutlich violettem Einschlag
In der Nase ausgeprägter und recht komplexer Duft mit Noten von Veilchen und Kirsche. Mit mehr Luft setzen sich die Kirschen stärker durch und es kommt ein Hauch Marzipan hinzu.
Kraftvoller Auftritt am Gaumen, noch spürbares Tannin und eine deutliche Säure geben Struktur, viel Kirschfrucht kleidet den ganzen Gaumen aus, mittlere Länge.
Sehr guter Wein mit weiterem Reifepotential.
89-91, bis 2025

Fazit: Ein Wein, der sich hervorragend dazu eignen dürfte, Vorurteile gegen Beaujolais abzubauen. Zudem mit einem Preis diesseits von 20 € ein guter Wert, der auch die Neugier auf die beiden höherwertigen (oder zumindest etwas höherpreisigen) Weine der Domäne, "Dernier Souffre" und "Champ de Cour", weckt.

Donnerstag, 9. August 2018

Das Un-Wort

Es gibt ein neues Un-Wort. Trinkfluss heißt es, und Jens Priewe hat es hier geprägt (oder gebrandmarkt, das passt wohl besser). Tatsächlich wird das Wort zunehmend häufig gebraucht, und zwar sowohl bei dem Versuch, die Eindrücke beim Trinken eines Weines zu beschreiben, als auch beim Versuch, Wein gewinnbringend zu verkaufen. Der Nutzung des Begriffs in der ersten dieser Verwendungen habe ich mich auch mehrfach schuldig gemacht, wie regelmäßige Leser dieses Blogs (gibt es die?) wissen.

Jens Priewe stößt sich offenbar daran, dass sich der Begriff Trinkfluss nicht gut definieren läßt, und dass er für alle möglichen Arten von Wein verwendet wird. Und dass er, obschon eigentlich positiv besetzt, auf viele Spitzenweine nicht zutrifft. Hohen Trinkfluß haben "bra­ve Spass­wei­ne wie die von Emil Bau­er, Chris­toph Ham­mel und ihrer Nach­ah­mer". Und weiter: "Wein­chen, die sich easy trin­ken las­sen, die jeder ver­steht, die man not­falls auch mit Eis­wür­feln küh­len kann, die selbst Bier­trin­ker lecker fin­den. Stoff für Wein­fu­na­ti­ker, von denen ernst­haf­te Wein­gie­ßer nicht ein­mal ein ein­zi­ges Glas run­ter­krie­gen wür­den."

Sehen wir mal davon ab, dass ich nicht weiß, was "ernsthafte Weingießer" sind (das steht da wirklich so; wahrscheinlich sind das die Menschen, die Wein aus Flaschen in Gläser befördern) und nehmen an, dass das "Weingenießer" heissen soll. Dann habe ich jetzt gelernt, dass ich kein Weing(en)ießer bin, denn ich habe tatsächlich mehr als ein einziges Glas der "braven Spaßweine" von Christoph Hammel getrunken. Und zwar mit Genuß, guckstu hier. Und Trinkfluß hatten die auch.

Was mir an dem Beitrag von Jens Priewe mißfällt ist weniger seine Ablehnung eines von mir und anderen gerne verwendeten Begriffs als vielmehr die Attitüde, die da zum Ausdruck kommt. "[B]rave Spassweine ...  von denen ernst­haf­te Wein­g[en]ie­ßer nicht ein­mal ein ein­zi­ges Glas run­ter­krie­gen wür­den". Wer hochwertige und entsprechend teure Weine trinkt, darf nicht gleichzeitig Spaß an einfachen, handwerklich sauberen Weinen haben. Wer im Drei-Sterne-Restaurant isst, darf nicht gleichzeitig die Pizza beim Italiener um die Ecke mögen. Das kann man natürlich so sehen, aber meine Sicht der Dinge ist es nicht.

Aber zurück zum Trinkfluss. Gut definieren kann ich den Begriff auch nicht. Er steht für mich für einen Wein, der mir unmittelbar Lust auf den nächsten Schluck und das nächste Glas macht. Der nicht "satt" macht. Bei dem die Chance gering ist, dass am nächsten Morgen noch etwas in der Flasche ist. An Parametern wie Alkoholgehalt, Restzuchergehalt oder Säure kann man das nur bedingt festmachen. In der Fachliteratur meines Berufsstands gibt es das Bonmot "liquidity, like pornography, is easily recognized but not so easily defind" (O'Hara 1997, S. 215). Zwar ist da mit "Liquidity" etwas ganz anderes gemeint als Trinkfluss, aber die Aussage passt. Ob ein Wein Trinkfluss hat, merkt man, wenn man ihn trinkt. So wie bei diesem Wein hier und heute. Und ich werde mir weiterhin das Recht herausnehmen, das dann auch zu sagen bzw. zu schreiben. Ernsthafter Weingießer bin ich ja ohnehin nicht und werde ich wohl auch nicht mehr.




2009 Willi Schäfer Graacher Domprobst Riesling Kabinett
Reifes Goldgelb
In der Nase ausgeprägte Schiefermineralik, reifer Apfel
Am Gaumen perfekte Kombination aus Reife, Süße und animierender Säure. Bei aller Leichtigkeit nachhaltig und lang. Jetzt in hervorragender Trinkreife, die er sicher noch fünf und mehr Jahre halten wird.
Ach ja: Trinkfluss hat er auch. Und zwar sowas von.
89-91, bis 2023+


Mein erster Blogbeitrag mit Literaturverzeichnis:

O'Hara, M. (1997): Market Microstructure Theory, Wiley.






Mittwoch, 8. August 2018

Bad Boy

Heute zufällig am Weinregal von Hofer aka Aldi vorbeigegangen. Nein, zufällig eigentlich nicht. Ich hatte gelesen, dass Hofer/Aldi derzeit einen Orange-Wein vertreibt, und obwohl ich davon eigentlich kein grosser Fan bin, wollte ich den probieren. Gab es aber nicht. Statt dessen fiel mein Blick auf das Etikett des "Bad Boy". Das kam mir bekannt vor. In der Tat ist dieser Wein, eine Negociant-Abfüllung von Thunevin SAS (derselbe Thunevin, dem Chateau Valandraud gehört - und mit diesem Garagenwein-Image kokettiert auch das Etikett des Bad Boy) durchaus bekannt und wird (obwohl keine Erzeuger-Abfüllung) üblicherweise im Fachhandel vertrieben und auch von den "üblichen Verdächtigen" wie dem Wine Advocat regelmäßig bewertet. 

Im Fachhandel ist diese Merlot-dominierte Bordeaux-Cuvée zu Preisen um 16,50 € zu haben. Da konnte ich diese Flasche zu 11,49 € nicht stehenlassen (zumal es die letzte war). So kam ich denn zu meinem ersten Aldi-Wein seit vielen, vielen Jahren.



2014 "Bad Boy" Bordeaux AC, Thunevin SAS 
Kräftiges, noch jugendlich wirkendes Purpurrot
In der Nase recht ausgeprägte Noten von roten und schwarzen Früchten,Süßkirsche, Heidelbeere, etwas Schokolade
Auch am Gaumen recht ausgeprägte Frucht, etwas Teer, genug Tannin, um dem Wein Grip zu geben. Not on the shy side. Im Finale leicht bitter und von mittlerer Länge. 
86-88, bis 2020 

Fazit: Ein schöner kleiner Bordeaux, der sein Geld wert ist, Hofer/Aldi hin oder her.

Sonntag, 29. Juli 2018

Ein hoffnungsloser Fall?

Wohl weniges in der Welt des Weines hat einen so schlechten Ruf wie die Liebfraumilch. Ursprünglich aus einem eng abgegrenzten Gebiet in Worms stammend und mit einer ins 18. Jahrhundert zurückreichenden Tradition, wurde "Liebfrau(en)milch" zu einem Synonym für lieblichen (und in jeder Beziehung billigen) deutschen Weißwein aus der untersten Kategorie. Verkauft wurden und werden diese Machwerke vor allem im Ausland, und da vor allem in Supermärkten. Dort tragen sie nachhaltig zur Schädigung des Rufs deutscher Weine bei.

Die Anforderungen an Liebraumilch sind schnell zusammengefaßt: "Liebfrauenmilch oder Liebfraumilch ist ein lieblicher weißer Qualitätswein aus den Anbaugebieten Nahe, Pfalz, Rheingau und Rheinhessen, der mindestens zu 70% von Trauben der Rebsorten Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau oder Kerner hergestellt und von der Geschmacksart dieser Rebsorten bestimmt ist. Die Angabe der Rebsorte und der Name einer kleineren geografischen Einheit als das Anbaugebiet sind nicht zulässig." (https://www.deutscheweine.de/wissen/wein-probieren/typenweine/)

Ich habe noch nie bewußt Liebraumilch getrunke. Dabei wäre es wohl auch geblieben, wenn nicht das Weingut Hammel in der Pfalz vor zwei Jahren den Versuch eines Relaunchs unternommen hätte. Hoffnungslose Sache, sollte man denken. Aber mit Begeisterung betrieben. Die erste Auflage (800 Flaschen) wurde 2016 zur Prowein vorgestellt. Bald waren Mitstreiter zur Stelle (es gibt mittlerweile beispielsweise Liebfraumilch von Lukas Kraus aus der Pfalz und Balthasar Ress aus dem Rheingau, wobei bei letzterer die Trauben allerdings aus Rheinhessen stammen) und seit 2017 gibt es auch die Liebfraumilch Wine Society mit eigenem Facebook-Auftritt.

Das Weingut Hammel hat mittlerweile zwei Versionen der Liebfraumilch im Programm. Die "einfache" Version wird aus Müller-Thurgau, Kerner, Silvaner und Scheurebe gekeltert, hat knapp 20 Gramm Restsüße und 11,5% Alkohol. Sie ist für knapp 6 Euro zu haben.Die Premiumversion "Schwarze Madonna", ausgebaut in großem Holz, besteht aus Riesling, Müller-Thurgau und Scheurebe, hat etwa 20 Gramm Restsüße und ebenfalls 11,5% Alkohol. Sie kostet etwa das Doppelte.

Der Wein des Anstosses

2017 Hammel & Cie. Liebfraumilch
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase von mittlerer Intensität, Noten gelber und exotischer Früchte.
Am Gaumen ein erfrischender Wein mit dezenten exotischen Fruchtnoten, die Süße ist deutlich wahrnehmbar aber unaufdringlich, weil von einer dezenten Säure begleitet. Endet recht kurz.
Das ist (natürlich) kein sonderlich komplexer Wein, aber einer, den man mit Vergnügen trinken kann (und sicher auch eher jung trinken sollte). Schorle-tauglich (ich hab's ausprobiert).
83-85, bis 2019

2016 Hammel & Cie. Liebfraumilch Premium Edition
Mittleres Gelb
In der Nase recht zurückhaltend, dezente gelbfruchtige Noten, der Rieslinganteil in der Cuvee macht sich bemerkbar
Am Gaumen ein sehr angenehmer Wein, wieder dezente Frucht mit erkennbarem Riesling-Touch, die unaufdringliche Süße ergibt ein Geschmacksbild knapp über halbtrocken.
Insgeamt komplexer und länger  als die "Standard Edition" und ein Wein, der wirklich Spaß macht.
86-88, bis 2020+


Fazit: So lasse ich mir Liebfraumilch gefallen

Sonntag, 15. Juli 2018

Verbrannte Erde

In letzter Zeit gefallen mir die Rotweine der nördlichen Rhone sehr gut. Kürzlich habe ich bei Ebay diesen Wein hier ersteigert. Von dem Weingut hatte ich noch nie vorher etwas gehört, aber das hat nichts zu sagen, da ich mich in der Region nicht wirklich auskenne. Mittlerweise weiß ich, dass die Domaine Lionnet ein kleines (4 Hektar), traditionsreiches (auf der Web-Seite heisst es "seit 1575")  und bio-zertifiziertes Weingut mit Besitz in Cornas und Saint Joseph ist. Und dass sie sehr gute Weine macht. Der "Terre Brûlée" hat mir ausserodentlich gut gefallen, und wenn der Ebay-Preis (etwas 30 €) repräsentativ ist, ist er auch fair bepreist. Ausgebaut wurde er übrigens in großen, gebrauchten Holzfässern. In der Tat sind keinerlei Holznoten wahrnehmbar.



2015 Domaine Lionnet Cornas "Terre Brûlée" 
Sehr dunkle, deutlich ins Violette gehende Farbe
In der Nase intensiv und vielschichtig, dabei sehr charmant wirkend, Himbeeren, Kirschen, Gewürznoten
Am Gaumen tiefgründig, viel sehr reifes Tannin gepaart mit saftiger Frucht, erst im langen Abgang wird das Tannin etwas trocknend, schöne Frucht
Das ist richtig gut, macht jetzt schon Spaß und hat trotzdem Potential für viele Jahre
92-94, bis 2028+

Samstag, 7. Juli 2018

KabiNETT

Ein guter restsüßer Riesling Kabinett ist etwas richtig feines.Vorausgesetzt es ist ein richtiger Kabinett (und nicht eine verkappte Spät- oder gar Auslese) ist das im Idealfall ein wunderbar leichter Wein, bei dem die Süße nicht aufdringlich wirkt, weil sie von der Säure in Schach gehalten wird. Man kann das wunderbar solo trinken. Es gibt zwar auch in anderen Anbaugebieten hervorragende restsüße Kabinettweine (guckstu zum Beispiel hier), aber die eigentliche Hochburg des Kabinetts ist doch die Mosel (nebst Saar und Ruwer, versteht sich). Heute gab es einen prototypischen Mosel-Kabinett von einem der Shooting-Stars des Anbaugebiets, Julian Haart aus Piesport.





2014 Julian Haart Wintricher Ohligsberg Riesling Kabinett
Mittleres Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, enorm animierend, Stachelbeeren, Kräuter, ein Hauch Limette
Auch am Gaumen Kräuter und Stachelbeeren, ich hätte den Wein in einer Blindprobe vermutlich an der Ruwer verortet. Tolle Harmonie zwischen dezenter Süße und Säure, unverschämter Trinkfluß. Das ist ein prototypischer Mosel-Kabinett, leicht (7,5% Alkohol), delikat und erfrischend. Die Phrase "klar wie ein Gebirgsbach" ist ziemlich abgedroschen, aber hier paßt sie.
89-91, bis 2025+ (aber warum warten?)

Fazit: Ich könnte drin baden. Die Punkte geben den Trinkspaß nicht ansatzweise wieder, man kann einfach nicht aufhören. 

Mittwoch, 27. Juni 2018

Der Aus-Wein

Was trinken nach dem WM-Aus? Hochprozentiges? Das entspräche vielleicht der Stimmung, hätte aber unschöne Konsequenzen am nächsten Morgen. Als kleine historische Reminiszenz einen 78er (Bordeaux)? Hätten wir tatsächlich noch im Keller. Allerdings dürfte sich der Wein in einem ähnlich desolaten Zustand befinden wie Die Mannschaft. Am Ende bin ich dann bei Kellers Limestone gelandet. Erstens wollte ich den schon länger probieren und zweitens hat er einen Alkoholgehalt, der auch dann noch verträglich ist, wenn man die Flasche leer macht. Den Bezug zum heutigen Spiel könnte man über einen Verweis auf den Tabellenkeller herstellen, aber damit würde man dem Winzer, Klaus Peter Keller, Unrecht tun. Der Wein ist nämlich richtig gut und hat es nicht verdient, mit der heutigen Darbietung in Verbindung gebracht zu werden.




2016 Keller Riesling Kabinett Limestone
Sehr helles Gelb mit grünlichen Reflexen
In der Nase recht ausgeprägt, etwas Zitrus, gelbe Früchte, Apfel, sehr animierend
Am Gaumen hält eine kräftige Säure die Süße bestens in Schach. Vom Geschmachseindruck her etwas über "halbtrocken". Schöne Frucht (gelbe Früchte, reifer Apfel) und hervorragender Trinkfluß. Kein Wein, zu dem man "Sie" sagen muß, sondern einer, den man einfach mit Spaß trinken kann. Sogar heute.
Der Wein hat sicher noch viele Jahre vor sich, aber er schmeckt heute schon so gut, dass das Warten schwerfällt. 
89-91, bis 2025+


Dienstag, 26. Juni 2018

Dompro(b)st

Kürzlich gab es zwei (zumindest auf dem Papier) sehr ähnliche Weine. Beides Rieslinge aus dem gleichen Jahr (2015) und der gleichen Lage (Graacher Domprobst). Beide aus gutem Haus (Markus Molitor und Max Ferd. Richter), beide sehr moderat im Alkohol (laut Etikett 10.5% bei Molitor und 11,0% bei Richter) und preislich in etwa vergleichbar (€ 13,30 und € 15,90). Eigentlich unterscheiden sie sich nur hinsichtlich der Schreibweise des Lagennamens auf dem Etikett :-) Da bot es sich natürlich an, sie gemeinsam (oder gegeneinander, wie man will) zu verkosten.




2015 Markus Molitor Graacher Domprobst Kabinett weiße Kapsel (trocken)
Mittleres Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, frisch und fast etwas grün wirkend, Pfirsisch, mit Luft auch kräutrige Noten.
Das setzt sich am Gaumen fort: Eher grün wirkende Frucht (was beschreibend und nicht wertend gemeint ist) sorgt zusammen mit der Säure für eine sehr animierende Stilistik, leichtgewichtig, aber trotzdem mit einer gewissen Nachhaltigkeit, dürfte gut reifen.
89-91, bis 2025+

2015 Max Ferd. Richter Graacher Domprobst Alte Reben
Etwas kräftigeres Gelb
In der Nase ebenfalls recht ausgeprägt, reifer wirkende Fruch. 
Wirkt auch am Gaumen reifer, sowohl was die Aromatik angeht als auch was die Säure angeht. Gelbfruchtig, auch hier Noten von Pfirsisch, kräftige aber reife Säure, etwas Restsüße (tatsächlich sind es 12,7g, aber ich hätte auf weniger getippt). Dürfte ebenfalls langlebig sein.
86-88+, bis 2025+

Fazit: Zwei sehr schöne Weine. Mir gefällt der Wein von Molitor wegen seiner sehr animierenden Art ein klein wenig besser. Beide Weine stehen aber erst am Anfang ihrer Entwicklung.


Samstag, 26. Mai 2018

In der Halenhöhle. Oder so.

Die Kölner Seilschaft widmete sich am 26. Mai der Nahe. Im Fokus stand dabei ein Vergleich der Großen Gewächse aus der Niederhäuser Hermannshöhle (Dönnhoff) und dem Monzinger Halenberg (Emrich-Schönleber bzw. in einem Fall Schäfer-Fröhlich - Hauptsache Doppelname).
Verkostet wurde blind in sechs Flights. 



Flight 1: Zum Einstieg wurden zwei gereifte Einstiegsrieslinge serviert

2011 Dönnhoff Tonschiefer
In der Nase recht intensiv mit ausgeprägter Zitrusnote
Auch am Gaumen viel Zitrus, recht druckvoll, saftig,
86-88

2011 Emrich-Schönleber Mineral
Schöne, in sich ruhende Nase
Kommt am Gaumen weniger über die Frucht, sondern eher über kräutrige Noten, mineralisch
89-91

Fazit: Beides schöne Weine. Der "Mineral" hat die Nase vorn und bietet mehr, als man normalerweise in dieser (Preis)Klasse erwartet

Flight 2: Die Jahrgänge 2008 und 2010 wurden in einem Vierer-Flight präsentiert

2008 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb
Sehr schöne Nase, mineralisch, etwas Zitrus
Am Gaumen tief und komplex, etwas Grapefruit, in sich ruhend, sehr schön
92-94

2008 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Ebenfalls reifes Gelb
In der Nase ziemlich reif wirkend, gelbfruchtig, etwas Karamell
Am Gaumen steht die Säure etwas neben dem Wein, reife Frucht, nicht überzeugend
86-88

2010 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb
Mineralische Nase, Feuerstein, mit Luft Johannisbeeren
Am Gaumen geradlinig mit präsenter Säure
89-91

2010 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Gelb
Tolle Nase mit intensiven gelbfruchtigen Noten
Am Gaumen viel Druck, wieder gelbfruchtig, komplex, fast etwas viskose Textur. Toll.
95-97

Fazit: Bei den 2008ern lag der Halenberg klar vorne. Die Hermannshöhle konnte nicht überzeugen, und das war wohl kein Ausreisser: Bei einer Probe vor einiger Zeit konnte der Wein (eine aus einem anderen Keller stammende Flasche) ebenfalls nicht überzeugen. 2008 Halenberg ist dagegen eine Bank. Die 2010er Hermannshöhle hingegen ist ein wirklich grosser Riesling und zeigt dem Halenberg die Rücklichter.

Flight 3: 2006

2006 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Kräftiges, dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
Gereifte und auch etwas gezehrte Nase, Aprikose, etwas malzig
Das setzt sich am Gaumen fort - reife Aprikosenfrucht, wohl etwas über den Punkt, leicht bitteres Finale
86-88

2006 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb, deutlich heller als die Hermannshöhle
In der Nase reif, etwas Wachs, Kräuter
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, etwas Süße, endet recht kurz
89-91

Fazit: Schwieriges Jahr für trockene Weine. Bestätigt frühere Eindrücke (guckstu hier). Der Halenberg ist der Einäugige unter Blinden (ok, das ist jetzt etwas hart formuliert).

Flight 4: 2011

2011 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Mittleres Gelb
In der Nase etwas eigenwillig, mineralisch, Mandarine
Am Gaumen schön, zitrusfruchtig (und darin dem Tonschiefer ganz am Anfang ähnelnd), präsente Säure, gute Länge
89-91

2011 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Mittleres Gelb
Tolle Nase: Intensiv, kräutrig (Sponti-Aromen!?), mineralische Prägung, mit Luft etwas Apfel
Auch am Gaumen kräutrig, leicht cremige Textur, lang, nicht sehr viel Säure
92-94

Fazit: Schöner Flight, und auch hier hat der Halenberg die Nase vorn

Flight 5: 2007

2007 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Goldgelb
In der Nase reif, etwas Apfel, auch etwas malzig
Am Gaumen schöne, reife Frucht, feine Säure, "warm" wirkend, nicht sehr lang
89-91

2007 Schäfer-Fröhlich Halenberg GG
Ebenfalls reifes Goldgelb, aber etwas heller als die Hermannshöhle
Schöne, mineralisch geprägte Nase
Auch am Gaumen sehr schön, in sich ruhend, "warm" und mit dezenter Süße, lebendige Säure, gute Länge
92-94

Fazit: Der umstrittenste Flight der Probe. Die Bewertungen für die Hermannshöhle reichten von 86 bis 93, meine Bewertung liegt also etwa in der Mitte. Für mich war der Schäfer-Fröhlich der bessere Wein

Flight 6: 2009

2009 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Goldgelb
Leider hatte der Wein einen leichten Korktreffer. Es war aber offensichtlich, dass sich dahinter ein wirklich großer Riesling "versteckt". Der Korkton (TCA) wurde nicht von allen wahrgenommen (die Toleranzschwellen sind hier sehr unterschiedlich), aber auch wenn man das TCA nicht wahrnimmt, beeinflußt es doch den Wein und nimmt ihm die Frucht.
Keine Wertung

2009 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Intensive Nase, Kräuter, etwas Apfel und durchaus an den 2011er erinnernd
Auch am Gaumen kräutrig, tief, Johannisbeeren, komplex, ganz leicht viskose Textur
92-94

Fazit: Schade. Die Hermannshöhle hätte ohne Kork der Wein des Tages sein können und den (großartigen) Halenberg schlagen können. Die Hermannshöhle ist zur Nachverkostung vorgemerkt.


Am Abend gab es dann zu Hause, passend zur Probe, noch diesen Wein hier:

2016 Dönnhoff Tonschiefer
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, Pfirsisch, florale Noten
Auch am Gaumen Pfirsisch, frisch, schöner Trinkfluß
86-88, bis 2020+