Sonntag, 21. April 2024

Odds and Ends

Im Laufe der letzten Monate haben sich einige Verkostungsnotizen angesammelt, die es bislang nicht in einen Post geschafft haben. Ein paar davon habe ich hier jetzt mal, quasi unter "Verschiedenes", zusammengestellt.

Der "Back to the Future" war der 2017er Wein der Deutschen Weinentdeckungsgesellschaft (guckstu hier).  Ein "virtueller gemischter Satz". Will heissen: die Reben (in diesem Fall Riesling, Weiss- und Spätburgunder) wachsen nicht wirklich im gleichen Weinberg, wurden aber zeitgleich geernetet und dann zusammen verarbeitet. Das war jedenfalls der Plan. Tatsächlich musste der Weissburgunder wegen Hagelschäden früher geerntet werden. Was der Qualität des Weines anscheinend nicht geschadet hat.


2016 Balthasar Ress "Back to our Future" 

Mittelgelb
Sauberer und sehr frisch wirkender Duft mit Noten von roten Früchten, Brot und Kräutern
Auch am Gaumen frisch wirkend mit pointierter Säure, dezent (zitrus)fruchtiger Aromatik und feinem Schmelz im langen Abgang. 

88-90, bis 2025 

Fazit: Guter und spannender Wein, der sich eine schöne Frische bewahrt hat. War mit 29 Euro aber auch kein Schnäppchen.


Die weissen Graves bzw. Pessac-Leognans haben mich bislang nicht so richtig überzeugen können. Als sich die Gelegenheit bot, einen der wirklich guten Weine der Region zu einem (relativ) günstigen Preis zu kaufen, habe ich zugeschlagen - allerdings nur mit einer Flasche und dem Hintergedanken "das ist die letzte Chance". 2013 war für trockene Weissweine in Bordeaux ein deutlich besserer Jahrgang als für Rotweine. Der Smith Haut Lafitte besteht übrigens zu 90% aus Sauvignon Blanc; der Semillon-Anteil ist also geringer als bei vielen anderen Weissweinen der Region.


 

2013 Chateau Smith Haut Lafitte (blanc) 

Reifes Goldgelb
Im Duft zunächst deutliche, mit Luft schwächer werdende "vanillige" Holzprägung, dazu ausgeprägte und frische Frucht; Zitrus und exotische Früchte (Papaya?)
Auch am Gaumen spürbar vom Holzausbau geprägt, herbe Zitrusfrucht, Kräuter im Hintergrund, harmonisch integrierte Säure, sehr nachhaltig mit langem, betont herbem und salzig-mineralischem Abgang. 

91-93, dürfte bis mindestens Ende des Jahrzehnts in Form bleiben 

 

Labet gilt Eingeweihten als "Kultwinzer" aus dem Jura. Diese Flasche habe ich "ertauscht" und weiss daher nicht, was sie normalerweise kostet. Was ich jetzt wohl weiss ist, dass das richtig gut ist.




2016 Domaine Labet Chardonnay "La Bardette"

Goldgelb
Kraftvoller Duft, leicht oxidativ, Nüsse, Apfelschale, Kräuter. Sehr komplex und mit mineralischer Komponente
Am Gaumen kraftvoll mit phenolischem Grip, aromatisch wieder Nüsse, Apfel und Kräuter, gut integrierte Säure, sehr lang.
Toller Chardonnay. Kein Schmusewein, sondern eher von der bissigen Art. 

92-94, hat sicher noch Potenatial für drei bis fünf Jahre


Den Godramsteiner Münzberg Grauburgunder habe ich als Einzelflasche bei Oliver Zeter mitbestellt, weil er mich interessierte.

2021 Oliver Zeter Godramsteiner Münzberg Grauburgunder (29.1.12024)

Kupferfarben
Recht ausladender Duft nach Butter, etwas Kräutern und gelben (auch roten?) Früchten
Am Gaumen zupackend mit spürbarem Tannin, viel Körper, betont trocken. Langer Nachhall.
Eigenständiger Grauburgunder, der mit seinem deutlichen Tannin sicher nich everybody's darling ist. Dürfte als Essensbegleiter gut "funktionieren", als Solist eher weniger

87-89, bis 2030


Wir haben genau einen Wein aus Bandol im Keller und von den zwei letzten Flaschen war eine "fällig".

 


2009 Domaine La Vivonne Bandol AC (14./15.2.2024)

Mittleres bis dunkles Rot mit erster Reife am Rand
Recht kräftiger Frucht nach Pflaumenkompott und Gewürzen (Sternanis?)
Am Gaumen wieder reife, pflaumige Frucht, mürbes, im Abgang auch etwas trocknendes Tannin. Recht langes, leicht salziges Finale.
Schöner und gut gereifter Wein, der sehr deutlich die Eigenschaften der Rebsorte Mourvèdre zeigt. 

88-90, sollte sich noch ein paar Jahre auf dem Niveau halten 


Vor gut vier Jahren tranken wir die vorletzte Flasche des 2004er "Copa Santa" von Pierre Clavel (guckstu hier). Ich war damals überrascht, wie gut sich der Wein gehalten hat. Nun, die letzte Flasche hat nochmal vier Jahre im Keller überdauert und kam, gemeinsam mit der ebenfalls letzten Flasche des 2005ers, jetzt unter die Räder. Anscheinend sind 20 Jahre für einen Copa Santa gar kein Problem.




 

2004 Domaine Clavel Coteaux du Languedoc Terroir de la Mejanelle "Copa Santa" (6.3.2024)

Mittleres bis dunkles Rot mit deutlichen Reifenoten
Recht kräftiger Duft nach dunklen Früchten (Kirschen), Waldboden, Kräutern und einer frisch wirkenden etherischen Note 
Am Gaumen sehr präsent, fleischig und wieder mit einer leicht etherischen Note. Das Tannin ist weitgehend abgeschmolzen. Ordentliche Länge.
Ganz erstaunlich gut gereift. Hat mich ein wenig an Chateau Musar erinnert.

87-89, bald trinken (aber das habe ich vor vier Jahren auch schon geschrieben) 


2005 Domaine Clavel Coteaux du Languedoc Terroir de la Mejanelle "Copa Santa" (7.3.2024) 

Kräftiges Rot mit Reifenoten
Recht intensiver und klarer Duft nach süßen Kirschen und Kräutern
Wie der 2004er noch sehr präsent am Gaumen, hier aber auch noch spürbares, leicht trocknendes Tannin. Noch deutliche Frucht, etwas alkoholische Wärme, wiederum ordentliche Länge 

87-89, bald trinken


Kann Weißburgunder reifen? Sicher nicht alle, aber dieser hier, im übrigen mit sehr bescheidenen 12% Alkohol daherkommend, ist hervorragend gereift.


2014 Salwey Oberrotweiler Kirchberg Weißburgunder GG (19.4.2024)

Reifes Goldgelb
Recht kräftiger, animierender Duft mit nussigen Noten, etwas grüner Birne und Kräutern
Am Gaumen herb mit etwas Gerbstoff, aromatisch eher vegetabil als fruchtig, animierender Stil, prägnante Säure, salzige Mineralik, herb-saftiges Finale.
Erstaunlich nachhaltig bei nur 12% Alkohol. Hat durchaus noch ein paar Jahre vor sich. Wer sagt, dass Weißburgunder nicht reifen kann? 

89-91, in den nächsten Jahren trinken 


Als Kochwein (für den Koch, nicht für das Essen) habe ich diesen restsüßen Kabinett ausgesucht, dessen 7% Alkohol einem nicht zu Kopf steigen. Aber Spaß macht das!

 


2015 Max Ferd. Richter Brauneberger Juffer Riesling Kabinett "Faß 4" (20./21.4.2024)

Sattes Mittelgelb
Sehr animierender Duft nach gelben Früchten und reifem Apfel
Am Gaumen mit sehr schöner, reifer Frucht. Leichtgewichtig mit hervorragende Balance; der Restzucker ist perfekt eingebunden, so dass sich ein eher feinherbes Geschmacksbild ergibt.
Das ist ein Bilderbuchkabinett, jetzt in hervorragender Trinkreife. 

89-91, bis 2030+

 

Vor ein paar Wochen hatten wir Besuch und ich öffnete unter anderem eine Flasche des 2015er Poggio Valente. Eine Entäuschung (wahrscheinlich eine fehlerhafte Flasche), sodass wir schnell zum nächsten Wein übergingen. Nach dieser Erfahrung war ich etwas skeptisch, als ich heute den 2013er öffnete. Zu Unrecht. 


2013 Fattoria Le Pupille "Poggio Valente" (21.4.2024)

Noch recht kräftiges Rot mit orange-braunen Reifenoten
Recht ausgeprägter und expressiver Duft nach roten Früchten (reife Himbeere), vor allem aber nach  Kirschen
Auch am Gaumen ausgeprägte (Kirsch)Frucht, mürbes Tannin, würzig, gewisse alkoholische Wärme, mittlere Länge. Sehr typisch Sangiovese 

90-92, würde ich recht bald trinken


Samstag, 20. April 2024

Der Süßwein der Woche (7)

Diesmal gibt es Gutes bis Mäßiges aus dem Rheingau und ein Highlight von der Mosel. 

 

2003 August Eser Hattenheimer Wisselbrunnen Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb
Eher verhaltener, aber sauberer Duft nach gelben Früchten und einem Hauch Vanille
Am Gaumen noch sehr lebendig mit kräftiger Frucht und intensiver Süße, der aber (angesichts des Jahrgangs etwas überraschend) eine spürbare Säure gegenübersteht.
Hervorragend gereift und mit Freude zu trinken. 

89-91, würde ich bald trinken - durch längere Lagerung ist hier nichts mehr zu gewinnen 




1994 Geheimrat Wegeler Oestricher Lenchen Riesling Eiswein 

Bernsteinfarben
Recht verhaltener Duft nach gelben Früchten und etwas Orange
Am Gaumen viskose Textur, sehr süß, zurückhaltende Frucht, für einen Eiswein verhaltene Säure
Hätte ich blind wohl nicht als Eiswein, sondern eher als BA oder TBA identifiziert. 

87-89, da ist keine Eile geboten 


1993 Robert Weil Kiedricher Gräfenberg Riesling Auslese (halbe Flasche, sehr guter Füllstand)

Bernsteinfarben
Duft von mittlerer Intensität mit Noten von Rosinen, Trockenfrüchten
Am Gaumen sehr süß, an Rosinen erinnernd, ganz dezente Bitternote, im langen Abgang mit kräutrigen Noten (so Richtung Kräuterbitter) 

89-91, bei gut gelagerten Flaschen ist keine Eile geboten 




2010 J.B. Becker Eltviller Rheinberg Riesling Auslese 

Bernsteinfarben
Sehr verhaltener Duft nach Früchtebrot und Trockenfrüchten
Am Gaumen deutliche Süße, wenig Frucht, leichte und nicht unangenehme Bitternote, vergleichsweise langer, pikanter Abgang
Ich schätze das Weingut und habe auch schon gute Erfahrungen mit gereiften Süßweinen gemacht, aber der hier überzeugt nicht wirklich.

85-87, wird sicher noch einige Jahre durchhalten 


DasTrittenheimer Weingut Josef Rosch fliegt offenbar unter dem Radar der meisten Beobachter. Bereits zweimal habe ich in der "Süßwein der Woche"-Rubrik hervorragende Süßweine des Gutes vorgestellt (guckstu hier und hier). Aufgrund dieser Erfahrung habe ich zugeschlagen, als ich kürzlich drei Flaschen einer 2010er Beerenauslese zu einem vernünftigen Preis erwerben konnte. Und was soll ich sagen - ein Vollteffer...




2010 Josef Rosch Trittenheimer Apotheke Riesling Beerenauslese 

Tiefbraun, am Rand mit goldenen Reflexen
Sehr sauberer Duft von mittlerer Intensität nach Nüssen, Pflaumen und Trockenfrüchten
Am Gaumen steht der ausgeprägten Süße eine fulminante Säure gegenüber, die dem Wein alles Schwere nimmt. Ein großartiges Konzentrat von Trockenfrüchten mit viskoser Textur und langem, durch die pikante Säure geprägtem Abgang.
Großartige Beerenauslese und einmal mehr ein hervorragender Süßwein von Josef Rosch 

95-97, bis mindestens 2040 und wahrscheinlich viel länger

Sonntag, 7. April 2024

Der erste 2023er

Nachdem mein erster 2022er vor einem Jahr eher ein Betriebsunfall war (guckstu hier) habe ich meinen ersten 2023er wieder selbst ausgewählt. Die Wahl fiel auf Klaus Peter Kellers Gutsriesling. Der interessierte mich in diesem Jahr besonders, weil es in 2023 eine Erzeugerabfüllung ist, während in den vorherigen Jahren der Gutsriesling aus teilweise zugekauften Trauben stammte (was durch ein ganz anderes Etikett leicht erkennbar war).



2023 Keller Riesling trocken 

Helles bis mittleres Gelb
Expressiver Duft nach gelben Früchten und Apfel
Am Gaumen animierend mit "knackiger" gelber Frucht. Das ist das sprichwörtliche "Maul voll Wein" 

86-88, macht jetzt so viel Spaß, dass ich meine (leider nur zwei) restlichen Flaschen wohl auch jung trinken werde