Mittwoch, 29. Juni 2022

ZZ Top

Oliver Zeter und Hanspeter Ziereisen sind so ziemlich das letzte, was der deutsche Weinbau zu bieten hat. Jedenfalls dann, wenn man die Winzer alphabetisch sortiert. Wenn man nach Qualität sortiert, sieht die Sache ganz anders aus, dann sind die beiden ziemlich weit vorne - ZZ Top sozusagen. 

Dass Hanspeter Ziereisen hervorragende Weiss- und Rotweine macht, weiss ich schon lange und aus eigener Erfahrung. Die Weine von Oliver Zeter kannte ich dagegen bislang weitgehend nur vom Hörensagen. Um das zu ändern, habe ich mir einige Weine von ihm besorgt. Da waren zunächst drei Sauvignons (darunter ein restsüßer), eine Rebsorte, für die Oliver Zeter einen sehr guten Ruf besitzt. Dazu kamen zwei Spätburgunder und ein Syrah. Wir der Zufall so wollte hatten wir gerade auch von Hanspeter Ziereisen zwei preislich passende Spätburgunder und einen Syrah in Reichweite, so dass sich drei paarweise Vergleiche anboten. Hinzu kam dann noch ein Basisspätburgunder von Ziereisen, für den es kein Pendant von Zeter gab.

So lasset die Spiele beginnen. Zunächst die drei Sauvignons:

 


 

2020 Oliver Zeter Sauvignon blanc 

Helles Gelb
In der Nase sehr sortentypischer Duft, der den Bogen von "grünen" Noten hin zu exotischen Fruchtnoten spannt. 
Auch am Gaumen ist die Sorte sofort erkennbar; eher grüne Aromatik (Johannisbeerblätter) bis hin zu knapp reifen Fruchtnoten, eine recht lebhafte Säure läßt den Wein knackig und frisch wirken. 
Schöner Basis-Sauvignon. 

85-87, würde ich in den nächsten ein bis höchstens zwei Jahren trinken 


2021 Oliver Zeter Sauvignon blanc Kabinett 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase klar erkennbarer Sortentyp, im Duft eher pflanzlich-grün bis kräutrig
Auch am Gaumen wieder eher grüne Aromatik, etwas Holunder, ganz leichte Kandisnote, der Restsüße (gefühlt knapp über feinherb) steht eine passende Säure gegenüber. Für meinen Geschmack harmoniert die Restsüße aber nicht sehr gut mit der eher grünen Aromatik des Weins. 

84-86, ich würde das eher jung trinken, kann aber nicht gut einschätzen, wie sich der Wein entwickeln wird 


2020 Oliver Zeter Sauvignon blanc Fumé 

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase eine ausgeprägt rauchige Note (Nomen est Omen) vom Ausbau in Holz, dahinter ist aber die sortentypische Aromatik gut erkennbar mit zurückhaltenden grün-pflanzlichen Noten und etwas Holunder
Nach etwa zwei Stunden und aus einem grossen Burgunderglas wirkt der Holzton viel dezenter und es kommen nun Noten von Johannisbeeren und grünen Früchten hinzu.
Auch am Gaumen zunächst noch deutlich vom Holzausbau geprägt, daneben kommt dann aber wieder die Sauvignon-Aromatik, gepaart mit einer recht lebhaften Säure, zum Zug. Und auch hier wirkt nach zwei Stunden und aus dem grossen Glas der Holzton unaufdringlicher, eher stützend.
Das ist ein sehr schöner Sauvignon mit Potential und gutem Preis-Qualitätsverhältnis (ca. 18 Euro)

88-90+; ich würde den Wein noch ein bis zwei Jahre liegen lassen, damit sich das Holz besser intregriert. Wer ihn jetzt trinkt, sollte ein Burgunderglas nehmen und den Wein nicht zu kalt servieren. 


Dann, als Einstieg in die Rotweine, der Basis-Spätburgunder von Ziereisen: 


2017 Ziereisen Spätburgunder

Mittleres Rot
In der Nase kräftige (Sauer)Kirschfrucht, etwas Pfeffer
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder deutliche Kirschfrucht, strukturgebendes Tannin und eine feine Säure, die Frische verleiht.
Für einen Einstiegs-Pinot mit einem Preis um 10 Euro ist das bemerkenswert gut und hat auch noch Potential für ein paar Jahre. 

86-88, bis 2025


Das erste Spätburgunder-Pärchen, zwei Weine aus der Preisklasse knapp unter 20 Euro, beide aus 2019:



2019 Ziereisen Spätburgunder Talrein 

Mittleres Rot mit Violettschimmer
In der Nase zunächst verhalten, gediegen, dunkle Früchte, Potential andeutend
Am Gaumen eher verschlossen, kompakter Fruchtkern, sehr schön seidiges Tannin, Frische verleihende Säure. 

88-90, Würde ich noch 2-3 Jahre liegen lassen

 

2019 Oliver Zeter Spätbugunder Mineral 

Recht helles Rot, am Rand altrosa
In der Nase noch etwas unruhig, zunächst grünlich-stielige Noten (Rappen?), dann zunehmend fruchtig mit Kirsche und Trockenkräutern, mit mehr Luft auch ins Rotfruchtige changierend
Am Gaumen noch "unfertig" und verschlossen wirkend, seidiges Tannin, feine Säure, braucht Zeit. Am zweiten Tag feine Kirschfrucht. 

87-89+,  würde ich ebenfalls noch 2-3 Jahre liegen lassen 


Im zweiten Spätburgunder-Pärchen kamen dann zwei höherpreisige Weine ins Glas:


2018 Oliver Zeter Kaiserberg Spätburgunder 

Mittleres Rot
In der Nase intensiv und tiefgründig, eher auf der "dunklen" Seite des Pinot-Spektrums. Unter einem Mantel aus Trockenkräutern und Wacholder (Rauchfleisch?) verbirgt sich (noch) eine Ladung dunkler Frucht. Am dritten Tag ausgeprägte Kirschnote.
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, tolle Struktur mit viel seidenweichem Tannin und einer lebhaften Säure, aromatisch wieder auf der dunkelfruchtigen Seite unterwegs. Im langen Finale changiert die Frucht dann aber Richtung Rot.
Ganz hervorragender Spätburgunder mit hervorragend integriertem Holz (man bemerkt es praktisch nicht), der sich in keiner Probe mit deutschen GGs verstecken müsste. Braucht noch etwas Zeit im Keller

92-94, 24-30+


2018 Ziereisen Spätburgunder Jaspis Zipsin 

Mittleres bis dunkles Rot
In der Nase eine geballte Fruchtladung, viel Kirsche, etwas Pfeffer, dabei noch recht unentwickelt wirkend
Wirkt am Gaumen trotz seiner Jugend sehr saftig, wieder kirschfruchtig, Tannin bester Quialität und auch hier hervorragend eingebundenes Holz, lang und mit Potential
Großartiger Spätburgunder, der aber noch Zeit braucht, um zu zeigen, was er wirklich kann.

93-95, 25-35+

Fazit: Sowohl der Kaiserberg als auch der Zipsin sind hervorragende Spätburgunder. Der Zipsin gefällt mir noch einen Tick besser, er ist aber auch deutlich teurer (45 Euro im Vergleich zu 30). 


Last but not least Syrah (zu dem (noch?) sehr vom Holz dominierten Syrah von Salwey gibt es keine Notiz): 


2018 Oliver Zeter Syrah Réserve 

Recht dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase dunkle Früchte, mit etwas Luft auch Himbeere
Nach zwei Tagen ein Mix vor allem dunkler Früchte, dazu Noten von frisch gebrochenen Zweigen
Am Gaumen kraftvoll, aber mit schöner Frische. Viel noch unentwickelte Frucht, hervorragende Tanninqualität, recht lang
Nach zwei Tagen kräftige Frucht, eingebettet in viel sehr reifes Tannin; das wirkt fast ein wenig plüschig. Wirkt durch eine dezente Säure frisch, recht lang. 

89-91, wird sicher 5 und mehr Jahre Spaß machen 


2018 Ziereisen Syrah Gestad 

Leuchtendes dunkles Rot mit Purpurrand
In der Nase zu Beginn recht verhalten und eher rotfruchtig. Mit etwas Luft Kirsche und gewürzige Noten.
Am zweiten Tag ausgeprägte Noten dunkler Früchte, sehr gediegen und in sich ruhend
Am Gaumen viel noch unentwickelte Frucht, auch ein frisch wirkender säuerlicher Fruchteindruck, feine Säure, hervorragende Tanninqualität
Am zweiten Tag viel Frucht, der eine lebhafte Säure Frische verleiht. Hervorragende Tanninqualität, lang. Ein hedonistischer Trinkspaß 

90-92, dürfte von ein bis zwei Jahren Lagerung profitieren und wird sich dann sicher fünf und mehr Jahre gut trinken lassen 

Fazit: Zwei ganz hervorragende Weine. Der Wein von Ziereisen gefällt mir noch einen Tick besser. Allerdings ist Hanspeter Ziereisen auch in Sachen Syrah ganz weit vorne in Deutschland.

Freitag, 24. Juni 2022

Gut gemeint oder "Einem geschenkten Gaul..."

Welcher Weintrinker kennt das nicht: Gäste wissen, dass man gerne Wein trinkt und bringen daher eine Flasche mit. Das kann gut und spannend sein (vor allem, wenn der Gast etwas von Wein versteht), es kann aber auch böse danebengehen. 

Im konkreten Fall war es so ein Zwischending: Ein Mitbringsel aus Würzburg vom Juliusspital (soweit gut), aber Bacchus in halbtrockener Ausprägung. Hätte ich mir selbst eher nicht gekauft. Aber vielleicht trotzdem eine gute Wahl, um den eigenen Horizont zu erweitern.

 

2021 Juliusspital Bacchus

Helles Gelb mit Grünschimmer
Recht ausgeprägter und parfumiert wirkender Duft nach Johannisbeeren, Pfirsisch und etwas Banane(?); wirkt insgesamt etwas vordergründig
Am Gaumen eher eindimensional, recht präsente Süße (wirkt süßer, als die 12,2 g/l vermuten lassen), dezente exotische Fruchtaromen, kurz 

80-82, sollte m.E. bis Ende des Jahres getrunken sein

Mal wieder Vinho Verde

Nach langer Zeit hatte ich mal wieder zwei Vinho Verdes von Soalheiro im Glas (für eine frühere Begegnung guckstu hier). Der Primeiras Vinhas stammt von alten Reben und wird zu kleinen Teilen in Holz ausgebaut. Der Granit stammt von Reben, die in grösserer Höhe auf Granitböden stehen. Er wird komplett in Stahl ausgebaut.


 

2020 Soalheiro Primeiras Vinhas Alvarinho

Kräftiges Mittelgelb
Recht ausgeprägter floral-kräutriger Duft
Auch am Gaumen eher kräutrig, auch nussige Noten, kaum Frucht. Gewisser Grip und dezenter Schmelz, recht langes, dezent salzig-mineralisches Finale.

87-89, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2021 Soalheiro Granit 

Mittelgelb
Der Duft ist recht ausgeprägt, aber noch etwas unfertig-hefig, florale Noten, Birne
Auch am Gaumen noch etwas ungestüm, aber mit lebhafter Säure und schönem Fruchtausdruck.
Nicht sehr komplexer, aber charmanter und höchst trinkanimierender Wein. Macht Spaß. 

85-87, würde ich noch ein paar Monate liegen lassen und dann über zwei bis drei Jahre trinken


Fazit: Zwei interessante und ihr Geld (12,90 für den Granit und 16,50 für den Primeiras Vinhas) werte Weine. Der Primeiras Vinhas ist der komplexere und letztlich bessere Wein, bietet sich aber eher als Speisenbegleiter an. Um ein Glas so zu trinken, würde ich definitiv den Granit vorziehen.

Sonntag, 5. Juni 2022

Doch noch mehr Chardonnay

Ich dachte ja, mit meinen Chardonnay-Proben sei ich erstmal "durch". Dem war aber nicht so. Als ich von dem im letzten Sommer probierten und für gut befundenen 2017er "La Bonnode" von La Soufrandière (guckstu hier) ein paar Flaschen nachgekauft habe, landete doch wieder ein Chablis und zwei weitere Chardonnays von La Soufrandière erst im Warenkorb und dann im Glas. Hinzu kam ein fränkischer Chardonnay, auf den ich ebenfalls neugierig war.

 

2014 Chateau de Béru Chablis "Côte aux Prêtres"

Sattes Goldgelb
Sehr schöner Duft, bei dem reife Zitrusnoten die erste Geige spielen, daneben Quitte und Brotkruste sowie nussige Noten
Am Gaumen dominiert dann eine ausgeprägte kalkige Mineralik, die von einer ausgeprägten Zitrusfrucht in den langen Abgang begleitet wird. In seiner Jugend dürfte das ein ziemliches Biest gewesen sein, aber nach sieben Jahren ist der Wein wohl im "Trinkfenster" angekommen und dürfte da noch einige Jahre verweilen. 

89-91, bis 2025+


2019 La Soufrandière Saint Veran Climat La Bonnode

Helles bis mittleres Gelb
Sehr schöne, in sich ruhende Nase mit prägnanter, mineralisch unterlegter Zitrusnote und Haselnüssen
Gaumenfüllende Zitrusfrucht, begleitet von kalkiger Mineralik, trotz der durchaus spürbaren Kraft elegent wirkend, langer Abgang.
Sehr schöner Chardonnay, der schon jetzt Spaß macht, aber sicher Potential bis zum Ende des Jahrzehnts hat

90-92, bis 2030 


2017 La Soufrandière Pouilly-Fuissé Climat Au Vignerais 

Sattes Goldgelb
In der Nase eher zurückhaltend, angedeutet gelbe Früchte, Gewürze (Kurkuma?), Butterscotch
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, auch durch den recht hohen Alkohol (14%), daneben schöne reife Zitrusfrucht, dezenter Schmelz, gute Länge
Schöner Chardonnay, der mir aber mit etwas weniger Kraft und Alkohol noch besser gefallen würde. 

89-91, bis 2025+


2019 Rudolf Fürst Astheimer Chardonnay 

Mittleres Gelb
In der Nase Zitrus, verbunden mit rauchigen Noten vom (gut dosierten) Holzausbau, im Hintergrund Noten von Orangenschale und Ingwer(?), dezente Mineralik
Auch am Gaumen viel Zitrusfrucht, dezent stützende Holznote, recht lebhafte Säure
Schöner Chardonnay, der von einem Jahr Flaschenreife profitieren dürfte und dann sicher für fünf Jahre Spaß macht.

89-91, 2022-2027+