Samstag, 14. Oktober 2017

Grande Escolha

"Grande Escolha" heißt große Auswahl oder große Selektion und ist eine Zusatzbezeichnung für besonders selektionierte portugiesische Weine. Insofern paßt die Bezeichnung bestens auf die heutige Portugal-Probe der "Kölner Seilschaft", denn hier wurde in der Tat eine sehr schöne Selektion portugiesischer (Rot)Weine vorgenommen.

Die Probe bestand aus drei Teilen. Die ersten fünf Weine kamen aus der Küstenregion, vom Minho im Norden bis Setubal südlich von Lissabon. Daran schlossen sich fünf Weine aus dem Süden (Alentejo und Algarve) an. Den Abschluß machten sechs Weine aus den bergigen Regionen des Nordens, darunter vier Douros.



2015 Quinta do Avelar Tinto (verschiedene Rebsorten, 80-jährige Reben)
In der Nase Kräuter und Zwetschgen
Am Gaumen weich, würzig, mit einer etwas rustikal wirkenden Bitternote
83-85

2012 Quinta da Lapa Reserva Touriga National (100% Touriga National)
In der Nase dicht, noch unentwickelt, Kirsche
Würzig, reifes Tannin, leicht schokoladig, dunkle Früchte, dezente Vanillenote
86-88

2013 Quinta de Baixo (Niepoort) Poeirinho (100% Baga)
Zu 100% aus der Rebsorte Baga (guckstu hier) gekeltert und nur 11,5% Alkohol. Keine Ahnung, wie das in Portugal geht.
Sehr schöne Nase, intensive Frucht, Kirsche
Am Gaumen leichtgewichtig mit schöner Frucht, noch spürbares Tannin. Schöner, eigenständiger Wein.
89-91

2005 Covela Tinto (Touriga National, Cabernet Franc, Merlot)
In der Nase sehr kräutrig (vom Cabernet Franc in der Cuvée?), ganz leicht grün, wird mit Luft gefälliger.
Auch am Gaumen kräutrig, noch viel Tannin. Das ist nicht mein Wein, und so habe ich ihn denn auch  schlechter beurteilt als meine Mitverkoster.
83-85

2009 Comporta Alicante Bouschet (100% Alicante Bouschet)
Fast schwarzes dunkelrot
In der Nase intensiv, dunkelfruchtig, Räucherspeck
Am Gaumen sehr nachhaltig, viel reifes Tannin, leicht medizinale Note, lang
86-88

2014 Comenda Grande Tinto (verschiedene Rebsorten)
Schöne Nase, die zunächst kühl wirkt, dann aber auch etwas marmeladig-überreife Noten entwickelt
Am Gaumen weich, angenehme Frucht, eher einfach, spürbarer Alkohol
83-85

2014 Herdade dos Grous Moon Harvested (100% Alicante Bouschet)
In der Nase schöne, "offene" Frucht
Auch am Gaumen schöne Frucht, weiches Tannin, es fehlt etwas an Komplexität
86-88

2014 Marques dos Vales Grande Escolha (verschiedene Rebsorten)
Schwarzrot
In der Nase sehr konzentriert, noch unentwickelt, dunkle Früchte
Auch am Gaumen sehr konzentriert mit viel reifem Tannin, der Alkohol (15%) ist gut integriert, Potential, lang
92-94

2011 Herdade do Esporao Reserva (verschiedene Rebsorten)
Schwarzrot
Sehr schöne, eher "leise" Nase
Am Gaumen schöne Frucht, eher internationaler Stil, leicht trocknendes Tannin
86-88

2005 Comenda Grande Polémico (Cabernet, Syrah)
Zunächst ein deutlicher Stinker in der Nase, Pilze, Käse, Gewürze. Das gibt sich mit Luft und es zeigt sich eine reife, würzige Frucht
Am Gaumen würzig, Leder, reifes Tannin, ganz dezente "grüne" Cabernet-Note.
86-88 



2014 Quinta dos Termos Reserva (verschiedene Rebsorten)
In der Nase zurückhaltend, fast floral, dunkle Früchte
Am Gaumen schön würzig, aber auch leicht trocknend
86-88

2004 Lagar de Darei José (verschiedene Rebsorten)
In der Nase dunkle Früchte, frisches dunkles Brot(?)
Am Gaumen dann relativ wenig Frucht.
Eigenständiger Wein, dem man sein Alter definitiv nicht anmerkt
86-88

2014 Qunita das Tecedeiras Reserva (verschiedene Rebsorten)
Schöne Nase, dunkelfruchtig, kühl wirkend
Am Gaumen "weich" wirkend, konzentriert, würzige Frucht
89-91

2009 Qinta do Crasto Reserva Old Vines (verschiedene Rebsorten im gemischten Satz)
Schöne Nase, reife Frucht, ätherisch, komplex
Auch am Gaumen reife Frucht, jetzt beginnende Trinkreife. Sehr schöner Wein.
92-94

2007 Vale de Pios Vinha das Arzilas (Touriga Nacional, Tinto Cao)
Feine, eher zurückhaltende Nase, Räucherspeck, ätherisch
Am Gaumen herb wirkende Frucht, leicht trocknendes Tannin, Alter nicht spürbar - braucht sogar fast noch Zeit
89-91

2005 Quinta do Crasto Maria Teresia (verschiedene Rebsorten im gemischten Satz)
Großartige Nase, intensiv, komplex, Tabak, dunkle Früchte, mit Luft auch Orange(?)
Am Gaumen komplex, elegant, von mittlerem Körper, aber großer Länge, das Alter ist nicht spürbar. Groß.
95-97

Fazit: Sehr schöne Probe mit vielen sehr guten bis hervorragenden und einem großen Wein. Viele der Weine zeichnen sich durch ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Lagerfähigkeit aus.

Inspiriert durch die Probe (bei der ich bis auf den "Maria Teresia" alles ausgespuckt habe) kam dann am Abend noch der hier auf den Tisch:

2005 Quinta do Crasto Reserva Old Vines
Mittleres bis dunkles, kaum gereift wirkendes Rot
In der Nase schöne, ausgeprägte und herb wirkende Frucht, Sauerkirsche
Am Gaumen reife Frucht, würzig
Hat noch Tannine, die dem Wein Struktur verleihen. Hat sein Trinkreifeplateau erreicht und sollte sich noch einige Zeit auf diesem Niveau halten.
89-91, bis 2020

Dienstag, 3. Oktober 2017

Beaujolais

Beaujolais hatte ich als Region lange nicht auf dem Schirm. Auch eine recht umfangreiche Probe, an der ich vor gut drei Jahren teilnehmen konnte (guckstu hier) hat daran nicht viel geändert. Als mich dann aber Anfang des Jahres der Fleurie "La Chapelle des Bois" von Desjourneys begeistert hat (s.u.) kam mir der Gedanke, eine Beaujolais-Probe zusammenzustellen. Zehn Weine kamen auf den Tisch und lieferten eine sehr gute Gesamtperformance ab. Die meisten der nachfolgenden Notizen stammen von einer Nachverkostung am Tag nach der Probe, wobei sich einige Weine im Vergleich zum Vortag spürbar verändert zeigten.

Das Line-up
Vorweg gab es das hier. Hat mit Beaujolais zwar nichts zu tun, ist aber sehr gut:

2014 von Buhl Riesling-Sekt 20Mo
Goldgelb
In der Nase ausgeprägte Rieslingnoten, gelbe Früchte
Am Gaumen betont trocken, wieder deutlich Riesling, gute Länge, feine Perleage.
89-91

2014 Domaine du Penlois Morgon
Mittleres, jugendliches Rot
In der Nase recht ausgeprägt mit schöner, jugendlich wirkender Frucht; Zwetschgen, kräutrige Noten und etwas, was ich in Ermangelung eines besseren Ausdrucks als "metallisch" (aber nicht unangenehm) bezeichnen würde
Auch am Gaumen ausgeprägte, irgendwie "fröhlich" wirkende Frucht, auch hier wieder an Zwetschgen erinnernd. Hat genug Tannin, um dem ganzen Grip zu geben. Das ist ein Spaßwein mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, den ich eher jung trinken würde.
86-88, bis 2019

2013 Dominique Piron Morgon "La Chanaise"
Mittleres Rot
In der Nase ausgeprägte Frucht, Kirsche, leicht ins Likörige gehend.
Die Frucht wirkt am Gaumen verhaltener, irgendwie "gebremst". Der Wein hat zwar mehr Tiefe als der Penlois (und auch mehr Tannin), aber dafür geht ihm das Unbeschwerte etwas ab.
86-88, bis 2020+

2011 Jean-Marc Burgaud Morgon "Côte du Py"
Mittleres Rot
Jetzt (am zweiten Tag) zeigt sich in der Nase eine etwas störende Gumminote, die ich am ersten Tag nicht registriert habe.
Am Gaumen ist die Frucht (Kirsche) etwas in den Hintergrund getreten; ausgeprägtes Tannin. Das macht in dieser Verfassung weniger Spaß als die beiden ersten Weine, allerdings habe ich den Wein vom ersten Tag deutlich besser in Erinnerung.
83-85?, bis 2020?

2015 Louis Claude Desvignes Morgon "Côte du Py"
Sehr dunkle, schwarz-violette Farbe
In der Nase sehr konzentriert und kompakt wirkend, die Frucht hat sich noch nicht entfaltet
Auch am Gaumen sehr konzentriert wirkend, kompakter Fruchtkern, viel reifes Tannin, dezente Säure. Das läßt hervorragendes Potential erkennen, braucht aber eindeutig noch Zeit. Mit 14.5% übrigens auch der alkoholreichste Wein im Feld.
89-91+, 2020-2025+

2010 Jules Desjourneys Fleurie "Chapelle des Bois"
Sehr dunkles Rot mit Violettnoten am Rand
In der Nase eine sehr ausgeprägte, tiefe und sehr elegant wirkende Kirschfrucht
Am Gaumen kommt die Frucht erst mit Verzögerung zum Vorschein, aber auch hier zeigt sich dann eine tiefe, irgendwie aristokratisch wirkende Kirschfrucht. Mir gefält das sehr gut, wenn ich auch nicht ganz so begeistert bin wie bei der ersten Verkostung dieses Weins (guckstu hier
89-91, bis 2022

2015 Domaine Thillardon Chenas "Chassignol"
Mittleres Rot mit Violettschimmer
In der Nase intensive Frucht, eher dunkelfruchtig
Am Gaumen eher leichtgewichtig mit ausgeprägter, aber noch nicht entfalteter Frucht und einer an Lösungsmttel erinnernde Note. Die Meinungen gingen hier etwas auseinander; für mich ist das nicht auf dem Niveau der 2015er von Desvignes und Rottiers. Es wäre interessant zu beobachten, wie sich das entwickelt.
86-88+, 2020-2025+

2015 Domaine Richard Rottiers Moulin à Vent
Dunkles Violettrot
In der Nase (noch) verhaltene, aber tief und elegant wirkende Kirschfrucht
Am Gaumen noch sehr verschlossen wirkend, sehr konzentriert, aber da ist viel Potential, reifes Tannin. Braucht Zeit.
89-91+, 2020-2025+

2015 Domaine Richard Rottiers Moulin à Vent "Champ de Cour"
Ebenfalls dunkles Violettrot
In der Nase verhalten, violette Früchte, tief, elegant
Am Gaumen enorme Konzentration, aber noch völlig verschlossen, viel reifes Tannin. Das ist noch einen Tick besser als der "einfache" Moulin à Vent und könnte groß werden.
92-94+, 2020-2030+

2011 Jules Desjourneys Moulin à Vent 
Mittleres bis dunkles Rot
In der Nase eher "leise", dunkelfruchtig, elegant
Am Gaumen konzentriert, aber nur verhaltene Frucht, ausgeprägtes Tannin. Für meinen Geschmack nicht auf dem Niveau des 2010er Fleurie.
86-88+, bis 2025

2009 Clos de Rochegrès Château des Jacques Moulin à Vent
Mittleres bis dunkles Rot mit ersten Reifenoten
In der Nase reife Frucht, vor allem Zwetschgen. Am ersten Abned war eine leicht Stallnote zu verspüren, die aber jetzt nicht mehr wahrnehmbar ist.
Auch am Gaumen reife Frucht, noch spürbares Tannin, ordentliche Länge.
89-91, bis 2020

Fazit: Insgesamt eine Probe auf hohem Niveau. Insbesondere waren auch einige Weine mit hervorragendem Preis-Genußverhältnis dabei. Von den einfacheren Weinen gefiel mir der Penlois sehr gut, das ist viel Trinkspaß fürs Geld (ca. 10 Euro). In der nächsthöheren Liga konnten der Chenas von Desvignes und der "einfache" Moulin à Vent von Rottiers überzeugen (beide um 18 Euro). Der beste Wein der Probe war für mich der "Champ de Cour". Bei 25 Euro für diese Qualität sollte man eigentlich nachkaufen, aber der Wein scheint in Deutschland nicht mehr erhältlich zu sein.