Mittwoch, 12. Mai 2021

Teneriffa?

Bei den kanarischen Inseln denke ich nicht zuerst an Wein. Obschon es sicher nicht überraschend ist, dass dort welcher angebaut wird, bin ich damit bislang nicht in Berührung gekommen. Kürzlich habe ich aber aus Neugier zwei Flaschen Weißwein aus Teneriffa gekauft. Sie stammen von Envinate, einem Projekt von vier Studienfreunden, die sich der Konzeption eines "Vino Atlantico" verschrieben haben und in vier spanischen Regionen Wein erzeugen, darunter eben auch Teneriffa. 

Die Weine werden ausschliesslich (Benje) bzw. hauptsächlich (Taganan) aus der Rebsorte Palomino erzeugt (der Hauptrebsorte des Sherry-Gebiets), die auf den kanarischen Inseln als Listan Blanco firmiert. Was zunächst auffällt ist, dass beide Weine einen mit 12% moderaten Alkoholgehalt haben. Und auch der Rest ist durchaus spannend.


 

2019 Envinate Benje Blanco 

Recht dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
Interessanter und eigenständiger Duft, praktisch fruchtfrei (vielleicht etwas Birne), dafür aber Kräuternoten und mineralische Noten, die mich an nasse Kieselsteine erinnern
Am Gaumen fällt zunächst die Textur mit prägnanten Tanninen auf. Hier wurde anscheinend mit längerer Maischestandzeit in Richtung "Orange Wine"gearbeitet. Der Wein ist auch am Gaumen weitgehend fruchtfrei. Neben Kräutern fällt eine leichte Rauchnote auf. Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, ergibt das ein stimmiges Gesamtpaket.

88-90, bis 2023+ (das ist eine konservative Prognose, da ich nicht gut einschätzen kann, wie sich das entwickelt)

Nachtrag: Nachdem ich das obige geschrieben habe, habe ich etwas gegoogelt. Anscheinend wird etwa ein Viertel der Trauben länger auf der Maische belassen, der grössere Rest wird direkt gepresst. Es finden sich auch Beschreibungen des Weins als "fruchtig". Das kann ich allerdings nicht bestätigen.

 

2019 Envinate Taganan

Auch hier Goldgelb mit Orange-Noten
In der Nase zunächst Rauch, Feuerstein, dann auch Kräuter und eine an Birne erinnernde Frucht
Am Gaumen tolle Textur, etwas Gerbstoff, gut integrierte Säure. Eher kräutrig mit leicht oxidativen Noten. Recht langes, salziges Finale.
Spannender Wein, der im übrigen hervorragend zu Spaghetti alla puttanesca passte - der Wein nahm die salzigen Noten der Sardellen auf und kam auch mit der Schärfe bestens zurecht. 

89-91, bis 2023+ (was das Trinkfenster angeht siehe oben)


Fazit: Zwei sehr eigenständige und spannende Weine, die für ihren Preis (um 20 Euro) nicht nur einen "Exotikbonus", sondern auch sehr gute Qualität und neue Geschmackseindrücke bieten. "Crowd Pleaser" sind das allerdings nicht - die beiden Weine dürften nicht jedem gefallen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen