Mittwoch, 28. Februar 2024

Der Süßwein der Woche (6)

Im ersten Süßwein-Post des neuen Jahres gibt es viele 2007er und einen Unfall. Den Anfang macht eine Goldkapsel-Auslese von Fritz Haag.

 


2007 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese Goldkapsel #09

Dunkles Goldgelb
Recht verhaltener, reintöniger Duft nach reifen gelben Früchten, Rosinen 
Am Gaumen sehr präsente Süße, viel gelbe Frucht, deutliche Mineralik, bei aller Intensität beschwingt wirkend, langer Nachhall 

90-92, bis weit ins nächste Jahrzehnt 


Es folgte eine 2007er Saar-Auslese von Markus Molitor.




2007 Markus Molitor 

Reifes Goldgelb
Recht ausgeprägter Duft nach reifen gelben Früchten, Nüssen und einer deutlich mineralischen Komponente
Am Gaumen zunächst sehr süß, der Süße folgt dann viel reife Frucht (Aprikose und Pfirsisch), etwas schwarzer Tee. Mir fehlt hier aber ein wenig der Kontrapunkt. Langes, wieder gelbfruchtiges Finale. Gefällt mir heute nicht so gut wie bei der ersten Begegnung (guckstu hier).

90-92, ebenfalls bis weit ins nächste Jahrzehnt.

 

Als nächstes ein innerfamiliärer Wettbewerb. Während Oliver Haag das Weingut der Famile übernommen hat, hat sein Bruder Thomas bereits in den 90er Jahren das Weingut Schloß Lieser übernommen und zu einer ersten Adresse gemacht. Von beiden Gütern haben wir eine 2007er Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Spätlese im Keller. Da drängte sich ein Vergleich auf.

 


2007 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
Im Duft Vanille und Backgewürze, viel gelbe Frucht (Pfirsisch und Aprikose mit etwas Quitte), sehr sauber und recht intensiv
Am Gaumen Vollgas: Ausgeprägte Süße, aber durchaus passende Säure, viel reife gelbe Frucht, recht lang mit zusätzlicher Zitrusnote im Abgang
Das ist eher eine recht dicke Auslese als eine Spätlese, aber eben eine hervorragende Auslese 

92-94, Potential bis weit ins nächste Jahrzehnt


2007 Schloß Lieser Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Spätlese

Goldgelb, deutlich heller als der Wein von Fritz Haag
Vergleichsweise verhaltener Duft, gelbe Früchte, deutliche Mineralik, mit Luft auch Kräuternoten
Süßer Antrunk, recht kräftige Säure, die Frucht ist hier weniger ausgeprägt, gute Länge
Schlanker und mineralischer im Stil
90-92, mindestens bis Ende des Jahrzehnts 


Fazit: Der Wein von Thomas Haag ist die bessere Spätlese, der von Oliver Haag die bessere Auslese. Aber beide sind hervorragend. 


Schlieslich wollte ich auch die 2007er Auslesen von Dönnhoff (Hermannshöhle) und Emrich-Schönleber (Halenberg) vergleichen. Doch als ich den Halenberg einschenkte, kam er mir für einen Wein seines Alters doch sehr hell vor. Ein Blick aufs Etikett konnte das Rätsel lösen - ich hatte nicht aufgepasst und aus Versehen eine Flasche 2021er erwischt.


2021 Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg Riesling Auslese 

Recht helles Gelb
Sehr schöner, animierender Duft nach Honig und gelben Früchten
Süßer Antrunk, aber da ist genügend Säure, um die Süße in Schach zu halten. Noch unentwickelt, aber mit hervorragenden Anlagen. 

91-93+, sollte man wohl besser für das nächste Jahrzehnt aufheben. 


Im zweiten Versuch habe ich dann doch den 2007er Halenberg erwischt.


2007 Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg Riesling Auslese 

Goldgelb
Reintöniger Duft nach gelben Früchten und Orangenschale, ein Hauch Vanille
Am Gaumen relativ leicht und recht frisch wirkend, schöne Süße-Säure-Balance, recht langer Abgang, noch deutliches Zukunftspotential. 

91-93, sicher Potential für 10 und mehr Jahre


2007 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb, erkennbar dunkler als der Halenberg
Eher zurückhaltender, aber sehr reintöniger Duft nach reifen gelben Früchten. Wird mit mehr Luft etwas intensiver und vielschichtiger mit Noten von Orangen
Am Gaumen sehr schöne Süße-Säure Balance, reife gelbe Früchte und Backgewürze (etwas Vanille), wirkt sehr präzise und reintönig.
Sehr schöne Auslese, jetzt in bester Trinkreife 

92-94, bis 2030+


Sonntag, 25. Februar 2024

Zwei Cuvées aus bestem Hause

Zum Abendessen sollte es eine Cuvée aus Weissburgunder und Chardonnay sein. Da ich mich nicht zwischen der Version von Dönnhoff und der von Keller entscheiden konnte, haben wir einfach beide aufgemacht. Das ergab einen spannenden Vergleich zweier sehr guter Weine. 


 

2020 Dönnhoff Weissburgunder und Chardonnay "Stückfass"

Recht helles Gelb
Eher zurückhaltender, aber delikater Duft mit Noten von Nüssen. Mit Luft wird der Duft etwas intensiver und es kommen Noten von Zitrus und gelber Frucht hinzu.
Am Gaumen unaufdringlich mit dezenter Frucht aber sehr gut strukturiert mit betonter Säure und recht langem Abgang
Sehr schöner Wein, jetzt gut trinkbar aber mit Reserven

88-90, in den nächsten zwei bis drei Jahren


2020 Keller Weissburgunder und Chardonnay

Ebenfalls recht helles Gelb
Im Duft etwas ausgeprägter, verhalten gelbfruchtig, mit Belüftung auch Zitrusnoten 
Am Gaumen fein mit gelber Frucht und ganz leichtem Süßeeindruck 

87-89, würde ich ebenfalls in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken


Fazit: Zwei sehr schöne Weine. Der Wein von Dönnhoff gefällt mir noch einen Tick besser (und die Flasche wurde auch am ersten Abend leer), er war aber auch etwas teurer (16,50 versus 13,50). Ein gutes Preis-Qalitätsverhältnis haben beide.

Samstag, 10. Februar 2024

Mehr Chardonnay

In den letzten Wochen gab es wieder einige Chardonnays aus Deutschland und Frankreich. Was dabei zunehmend auffällt, ist das mittlerweile hervorragende Niveau vieler deutscher Chardonnays.


 

Von Holger Koch habe ich schon viel Gutes gehört (vor allem über seine Spätburgunder), aber sehr lange nichts mehr getrunken. Daher habe ich drei Probeflaschen gekauft, darunter den 2021er Chardonnay ***.

 

2021 Holger Koch Chardonnay***

Goldgelb
Recht ausladender Duft mit buttrigen Noten, leicht rauchig, etwas Zitrus und deutlich wahrnehmbare gelbe Früchte  
Am Gaumen voluminös mit schönem Tannin-Grip, eher auf Zitrus laufender Frucht und langem Abgang.
Sehr feiner Chardonnay und schöne Kombination aus Frucht und Schmelz einerseits und mineralischem Grip andererseits. Für den aufgerufenen Preis (22 Euro) ein toller Wert.

89-91, mindestens bis 2030 


Der nächste Wein, ein Saint-Veran von einem sehr grossen Erzeuger, war für etwas mehr als die Hälfte des normalen Einzelhandelspreises zu haben, so dass ich mal drei Flaschen gekauft habe.

2020 Delaunay Saint-Veran

Mittelgelb 
In der Nase deutlicher Zitrusduft (Zitronenkuchen)
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder Zitrusaromen, Schmelz, mittellanger und wieder zitrusfruchtiger Abgang
Ordentlicher, etwas einfach gestrickter Basis-Burgunder 

84-86, würde ich in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken

Für den normalen Einzelhandelspreis von gut 20 Euro wäre mir der Wein um einiges zu teuer, für die knapp 12 Euro, die ich bezahlt habe, geht das aber in Ordnung. 


Von Charlopin-Tissier habe ich voriges Jahr ein paar Weine gakauft und war neugierig:

2021 Charlopin-Tissier Bourgogne Côte d'Or 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft mit deutlicher Zitrusfrucht, Butter und angedeuteter kalkiger Mineralik
Auch am Gaumen zitrusfruchtig, schöne Spannung durch lebendige Säure und mineralischen Grip, recht langes Finale.
Auch wenn die Beschreibung durchaus ähnlich klingen mag hat der Wein doch deutlich mehr Spannung und ist klar besser und interessanter als der Delaunay. 

88-90, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken


Das Weingut David Spies war mir kein Begriff. Der Wein war in einem Dreier-Paket enthalten, das ich wegen der beiden anderen Weine darin gekauft habe-

2021 David Spies Westhofener Morstein Chardonnay

Mittelgelb
Im Duft Zitrus, buttrig, zu Beginn deutlich wahrnehmbare Barrique-Prügung, die sich aber mit Luft gut einbindet
Auch am Gaumen Zitrus, dezenter Schmelz, pikante Säure, spürbarer Holzeinsatz 

86-88, bis 2026+


Auch vom Weingut Hornstein am See hatte ich noch nie etwas gehört. Aufgrund einer Empfehlung habe ich drei Flaschen bestellt.

2021 Hornstein am See Nonnenhorner Chardonnay

Mittelgelb
Zurückhaltender Duft, etwas Haselnuss, dann eher gelbfruchtig, mit mehr Luft dann auch Zitrus
Am Gaumen leicht laktisch, dann aber mit schöner Spannung, dezente Zitrusfrucht, erster Schmelz, angedeutete Mineralik im recht langen, pikanten Finale 

89-91, dürfte von etwas Reife profitieren, bis 2028+


Und last but not least ein Wein von Julian Huber, der, was Chardonnay angeht, in Deutschland zur absoluten Spitze zählt. Seine Weine sind so gesucht, dass mittlerweile selbst der Chardonnay "Alte Reben" nicht leicht zu bekommen ist (von den Grossen Gewächsen gar nicht zu reden). Wenn man ihn dann getrunken hat, weiss man allerdings, warum die Nachfrage so hoch ist.

2021 Bernhard Huber Chardonnay Alte Reben 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft, rauchig, schöne Zitrusfrucht mit kalkiger Mineralik, Anklänge an Nüsse und Butter
Am Gaumen fokussiert und sehr präzise mit viel Spannung, Zitronentarte, feine und gut integrierte Säure, animierend, ausgeprägze, leicht salzige Mineralik im langen Abgang
Hervorragender Chardonnay mit toller Struktur und tollem Mundgefühl. Noch etwas zu jung, Potential.

91-93+, bis 2030+

Sonntag, 4. Februar 2024

Argentiera

Der "Argentiera" ist ein Bordeaux-Blend (Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc) des gleichnamigen Weinguts. Der 2019er erhielt hervorragende Kritiken (unter anderem 97 Punkte im Wine Advocate), und so trieb mich die Neugier dazu, die erste unserer Flaschen zu öffnen. Bislang kannte ich nur den deutlich preiswerteren Villa Donoratico (guckstu hier) des Weinguts. Der ist durchaus gut, aber der Argentiera spielt doch in einer anderen Liga.



2019 Tenuta Argentiera Bolgheri Superiore "Argentiera" 

Sehr dunkles Rot
Nicht sehr intensiver, aber vielschichtiger, nobel wirkender Duft nach roten und schwarzen Früchten (Cassis), ein Hauch Basilikum(?)
Am Gaumen wird die Klasse des Weins deutlich: Sehr präzise mit gutem Gerüst aus hochwertigem Tannin, lebendiger Säure und herb-saftiger Frucht. Vereint Kraft und Noblesse, langes Finale. Kann noch zulegen. 

93-95+, besser noch ein paar Jahre warten und dann bis 2035+


Freitag, 2. Februar 2024

7 Terroirs

Das Gut Hermannsberg, Anfang des 20. Jahrhunderts als Königlich-Preussische Weinbaudomäne gegründet, war lange im Staatsbesitz. Ende des 20. Jahrhunderts wurde es privatisiert und später in "Gut Hermannsberg" umbenannt. Es verfügt über Spitzenlagen an der Nahe; insbesondere ist man in sieben als VdP-Grosse Lage klassifizierten Lagen begütert. Aus deren jüngeren Reben wird der Gutswein "7 Terroirs" gekeltert - er ist also quasi Zweitwein der Grossen Gewachse des Guts. Daneben gibt es einen zweiten, etwas preiswerteren trockenen Gutsriesling, den "Just".

Heute gab es den 2021er "7 Terroirs". Was soll ich sagen? Das ist in der Kategorie Gutsriesling ganz weit vorne und eine unbedingte Empfehlung.


2021 Gut Hermannsberg Riesling "7 Terroirs" 

Mittelgelb
Im Duft pikant und animierend mit Noten eher roter (Erdbeeren?) als gelber Früchte, daneben Kräuter, gewisse Komplexität
Am Gaumen straff und mit kühler Stilistik, gelbe und rote Früchte, animierende Säure, recht langes, pikant-mineralisches Finale
Großartiger Gutsriesling mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis.

88-90, bis 2025+