Freitag, 24. Februar 2023

Es müllert mal wieder

Wie die Zeiten sich ändern. Als ich in den Achtzigern begonnen habe, Wein zu trinken, war Müller-Thurgau die verbreitetste Rebsorte in Deutschland. Etwa 25% der Fläche waren damit bestockt und die Sorte wurde oft zur Produktion von billiger Massenware verwendet. Seitdem hat sich die Rebfläche mehr als halbiert.

Müller-Thurgau ist nicht dafür bekannt, Spitzenweine zu liefern (mir ist jedenfalls noch keiner begegnet), aber aus der Sorte lassen sich sehr schöne Alltagsweine herstellen (und der Begriff ist hier keinesfalls negativ gemeint). Von Horst Sauer haben wir in der Vegangenheit ab und an Müller-Thurgau gekauft und auch aus dem aktuellen Jahrgang landeten ein paar Flaschen in unserem Keller.


 

2021 Horst Sauer Escherndorfer Müller-Thurgau 

Helles bis mitttleres Gelb mit leichtem Grünschimmer
Im Duft erst floral, dann bricht sich die Frucht (reife Melone) Bahn, sauber und animierend
Am Gaumen dann schlank, mit dezenter Frucht, einem Hauch Süße und einer leichten Bitternote, die einen hübschen Kontrapunkt setzt. Ein Zechwein im besten Sinne, wozu auch der moderate Alkoholgehalt von 11,5% beiträgt. 

84-86, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken

Freitag, 17. Februar 2023

Villa Donoratico

Vor einiger Zeit habe ich einige Flaschen des hochgelobten 2019er Argentiera des gleichnamigen Weinguts aus Bolgheri gekauft (aber bislang noch nicht probiert). Aus Neugier und quasi als Einstieg habe ich dann kürzlich auch ein paar Flaschen Villa Donoratico gekauft. Dieser Wein vom gleichen Weingut liegt preislich im Mittelfeld (er ist um 27 Euro erhältlich; ich als alter Schnäppchenjäger habe ihn bei einer 15%-Rabatt-Aktion gekauft) und ist eine Cuvée aus Bordeaux-Rebsorten. Wenn ich richtig informiert bin, ist die Villa Donoratico der Sitz des Weinguts.



2020 Argentiera "Villa Donoratico" 

Kräftiges, jugendliches Purpur
In der Nase recht ausgeprägt mit dunklen Früchten und Gewürzanklängen, etwas Rauch
Am Gaumen sehr zugänglicher Wein, fruchtbetont, etwas Schokolade, mit sehr reifem, schmelzendem Tannin; mittlere Länge
Das ist ohne Zweifel ein sehr guter Wein mit anständigem Preis-Qualitäts-Verhältnis (und wohl auch ein Crowd Pleaser), aber er wirkt ein wenig beliebig; mir fehlt es da etwas an Charakter. 

89-91, würde ich in den nächsten eher drei als fünf Jahren trinken 


Ich bin hier (wie oft) ein Stück unter den Bewertungen der Profi-Verkoster, die eher 92-93 werten.

Donnerstag, 9. Februar 2023

Drei Schönheiten

In den letzten Tagen gab es drei durchaus verschiedene, aber sehr schöne Weine. 

Auf die Domaine Nathalie & Gilles Fèvre bin ich durch ihren sehr schönen 2020er 1er Cru Fourchaume aufmerksam geworden (guckstu hier). Als ich bei einem Händler die 21er des Gutes sah, habe ich eine Flasche des "einfachen" Chablis zur Probe bestellt. Die Idee war, den zu probieren und ggf. nachzubestellen. Problem dabei: Ich würde gerne nachbestellen (siehe die Notiz unten), aber der Wein ist leider schon ausverkauft. 

Der 2020er Ölberg ist mein erster Wein von Schätzel überhaupt, da bestand also Nachholbedarf. Was mich besonders neugierig gemacht hat, ist, dass wir hier ein Grosses Gewächs aus einem warmen Jahr haben, das trotzdem mit nur 11,5% Alkohol daherkommt. 

Der "R" ist quasi die halbtrockene Variante des Grossen Gewächses aus dem Monzinger Halenberg. Ich habe davon aus Neugier eine Einzelflasche gekauft. Die Neugier war von sehr guten Vorbewertungen (98 Punkte von Markus Hofschuster bei Wein Plus) befeuert worden.


2021 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis 

Mittelgelb
Recht kraftvoller und animierender Duft nach gelben Früchten, etwas Brotkruste, mit mehr Luft auch nussige Noten
Am Gaumen ebenfalls schöne, sofort präsente Frucht, balancierende Säure, mittlerer Körper, schöne Präsenz und recht langer Abgang mit deutlich salzigem Finale. Kein erkennbarer Holzeinfluß.
Sehr schöner "kleiner" Chablis mit gutem Preis-Leistungsverhältnis (etwa 15 Euro) 

88-90, würde ich eher jung (bis etwa 2025 trinken )


2020 Schätzel Niersteiner Ölberg Riesling GG

Mittelgelb mit Goldschimmer
In der Nase recht ausgeprägt und animierend mit Noten von Apfel und Kräutern, wirkt sehr frisch und durchaus komplex
Am Gaumen zwar eher schlank, aber mit schöner Präsenz; wieder frisch wirkend und auch hier wieder mit einer überzeugenden Kombination aus Frucht (wieder Apfel) und Kräutern; präsente Säure, langer, kräutirger Abgang
Das ist ein ausgesprochen schöner Riesling, der sich jetzt schon gut trinkt. Man vermisst hier nichts - insbesondere keinen höheren Alkoholgehalt.

91-93, bis 2030+


2017 Emrich Schönleber Monzinger Halenberg Riesling "R" 

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase gleich nach dem Öffnen viel dunkle Mineralik, verflochten mit gelber Frucht: Mirabelle, aber auch exotische Früchte (Ananas). Das wirkt ebenso tiefgründig wie animierend. Mit mehr Luft und bei etwas höherer Temperatur kommen rotfruchtige Noten hinzu.
Am Gaumen dann ein sehr harmonischer, in sich ruhender Wein: Die dezente Süße wird von der Säure bestens balanciert, so dass ein fast trockener Geschmackseindruck entsteht. Saftige Frucht, langer, mineralisch geprägter Abgang. 

92-94, jetzt in bester Trinkreife, die der aber noch lange (2030+) halten dürfte 


Fazit: Der Chablis von Fèvre ist ein sehr schöner Chardonnay mit sehr gutem Preis-Leistungsberhältnis. Das wäre ein klarer Kauftip, wenn der Wein nicht schon ausverkauft wäre. Schätzels Ölberg ist ein sehr schöner, frisch wirkender Riesling und mit unter 30 Euro auch fair bepreist. Noch etwas besser gefällt mir der Halenberg "R", auch wenn ich hier nicht ganz so hoch punkte wie andere.