Sonntag, 28. August 2022

¡Que Sorpresa!

Beim Streunen im Keller "entdeckte" ich eine vergessene Flasche - einen 2016er Albarino aus Rias Baixas, von dem ich 2017 für knapp 11 Euro einige Flaschen gekauft hatte. Die übrigen Flaschen haben wir jung getrunken, diese letzte geriet in Vergessenheit. Ich weiß zugegebenermaßen nicht viel über die Lagerfähigkeit von Albarino, aber jedenfalls hatte ich keine großen Erwartungen, als ich die Flasche dann am Abend geöffnet habe. Aber ich wurde sehr angenehm überrascht. 

 


2016 Altos de Torona Albarino "Sobre Lias"

Goldgelb
Recht ausgeprägter gelbfruchtiger Duft, vor allem Quitte, daneben Gewürznoten (Safran?)
Am Gaumen wieder gelbfruchtig, mineralisch unterlegt, mit schönem Schmelz und feiner Säure, eine leichte und nicht störende (tatsächlich dem Wein sogar Halt gebende) Bitternote, recht langer Nachhall. 

87-89, würde ich dann doch bald trinken - man soll sein Glück ja nicht überstrapazieren


Fazit: Der Wein ist nicht nur "in Würde gereift", sondern macht richtig Spaß, und das für kleines Geld.

Donnerstag, 18. August 2022

Pinot Noir Day

Hättet Ihr's gewusst? Am 18. August ist dieses Jahr Pinot Noir Day. Na ja, ich habe es auch nicht gewusst, wurde aber durch einen Facebook-Beitrag darauf aufmerksam gemacht. Und da das Wetter heute, anders als in den letzten Tagen und Wochen, durchaus rotweintauglich war, habe ich mich im Keller auf die Suche nach einem Pinot Noir gemacht. Etwas nicht alltägliches sollte es sein. Meine Wahl viel auf einen Sancerre der Domaine Vacheron. Davon hatte ich vor vier Jahren nach einer hervorragenden Bewertung auf WeinPlus (guckstu hier) drei Flaschen gekauft. Heute war die zweite Flasche "dran".

 

2014 Domaine Vacheron Sancerre "Belle Dame"

Recht helles Rot mir orange-bräunlichen Reifenoten
In der Nase vergleichsweise "leise", entwickelt aber eine unaufdringliche Intensität, dabei sehr delikat, sauber und vielschichtig: Vor allem rote Früchte, Rhabarber (?), mit Luft zunehmend Kirsche, etwas weißer Pfeffer
Auch am Gaumen unaufdringlich, hochelegant, wieder mit Noten roter Früchte, Kirschen, feiner Säurebiß, seidenweiches Tannin geleitet den Wein in den erstaunlich langen Abgang.
Ein ganz auf Eleganz gebauter, sehr feiner Pinot Noir, der seine ganze Schönheit erst zeigt, wenn man sich auf ihn einläßt.

91-93, wird sein Niveau sicher noch zwei bis drei Jahre halten

Freitag, 5. August 2022

Wenn Mr. Spock Wein trinken würde...

...dann vielleicht diesen hier, denn das ist wirklich faszinierend

Die Rotweine von Lopez de Heredia kenne und schätze ich bereits länger (guckstu hier und hier) und auch den Gran Reserva-Rosé hatte ich bereits im Glas (guckstu hier). Die Weissweine, die ebenfalls einen hervorragenden Ruf geniessen, standen dagegen bislang noch auf meiner to-do-Liste. Um diesen Punkt "abzuhaken", habe ich zwei Flaschen besorgt, den 2014er Vina Gravonia (zu 100% aus Viura bereitet) und die 2011er Vina Tondonia Bianco Reserva (Viura und Malvasia).

 


 

2014 Vina Gravonia 

Goldgelb
In der Nase recht intensiv und vielschichtig, leicht oxidativ. Das ist ein schwer entwirrbares Aromengeflecht mit Frucht (reifer Apfel), aber auch Noten von getrockneten Kräutern und Wachs.
Am Gaumen betont trocken, wieder vielschichtige Aromatik, endet lang und leicht salzig auf Zitrusnoten
Spannender und eigenständiger Wein, der ein hervorragender Speisenbegleiter sein dürfte. Nach einer kompletten Woche (!) in der geöffneten Flasche wirkt der Wein weitgehend unverändert.

91-93, ich traue dem Wein Potential bis sicher zum Ende des Jahrzehnts zu 


2011 Vina Tondonia 

Goldgelb mit ganz leichtem Orangeschimmer
In der Nase etwas zurückhaltender als der Vina Gravonia, aber ebenfalls komplex und tief. Da ist Frucht (Orange), aber dann auch Honig, Nüsse und Nougat.
Am zweiten Tag eher noch vielschichtiger; jetzt auch Noten von Bienenwachs
Am Gaumen abgeklärt und in sich ruhend, trotzdem mit ungeheurer Präsenz. Wieder sehr komplex und erstaunlich frisch wirkend. Endet extrem lang auf zitrische Noten mit einem deutlich salzigen Eindruck. 

93-95, auch hier sehe ich locker Potential bis Ende des Jahrzehnts 


Fazit: Grosses Kino aus Spanien. Zwei faszinierende Weine - sehr eigenständig und komplex. Schon der Vina Gravonia ist grosse Klasse. Der Vina Tondonis macht dann klar, warum die Weißweine von Lopez de Heredia Kultstatus geniessen.


Plötzlich Klamm

Diese Woche kam eine Sendung des Weinguts Jakob Schneider an. Jakob Schneider macht hervorragende Rieslinge und verkauft sie zu sehr kundenfreundlichen Preisen. Neben Riesling kaufen wir dort aber auch jedes Jahr einen grösseren Posten Traubensaft. Der ist, zu Schorle verarbeitet, unser Durstlöscher im Sommer. Eine solche Schorle wollte meiner Frau unserer knapp dreijährigen Tochter machen, griff daher in den Karton, entnahm und öffnete eine Flasche. Zum Glück (und bevor unsere Tochter trinken konnte) bemerkte Sie das Missgeschick - sie hatte keinen Traubensaft erwischt, sondern eine Flasche 2021er Niederhäuser Klamm. Damit war dann geklärt, was es heute Abend zu trinken gab :-)






2021 Jakob Schneider Niederhäuser Klamm Riesling trocken 

Mittleres Gelb
Gelbfruchtier Duft (Pfirsisch), mineralisch unterlegt, daneben dezent kräutrige Noten
Auch am Gaumen gelbfruchtig, prägende reife Säure, mineralischer Nachhall im langen Abgang
Der Wein wirkt derzeit noch etwas unsortiert, hat aber sehr gute Anlagen. 

90-92+, sollte noch 1-2 Jahre reifen und macht dann sicher bis mindestens Ende des Jahrzehnts Freude

Dienstag, 26. Juli 2022

Laufke

Da komme ich nun seit sieben Jahren regelmässig nach Graz und brauche dann doch einen Tip aus Düsseldorf (danke Rainer!) um auf das Laufke aufmerksam zu werden. Das Laufke bezeichnet sich selbst als Wirtshaus und bietet zwei Menus sowie eine Wirtshauskarte mit klassischen Gerichten. Aus dieser Karte habe ich mich dann bedient und als Aperitiv sowie zu jedem meiner zwei Gänge ein Glas Wein bestellt. Normalerweise würde ich dazu nichts schreiben (und zu dem Aperitivwein, einem sehr schönen trockenen Muskateller, habe ich mir auch keine Notizen gemacht). Der zweite Wein war aber dann so bemerkenswert, dass ich Papier und Stift gezückt habe. Von dem Weingut Schöneberger in Mörbisch (Neusiedlersee-Hügelland im Burgenland) hatte ich noch nie etwas gehört. Um so (positiv) überraschter war ich dann angesichts dieses sehr eigenständigen Sauvignons, zumal das im Burgenland ja eine eher exotische Rebsorte ist. Und weil ich gerade mal dabei war, habe ich mir dann auch zu dem anschliessenden Zweigelt Notizen gemacht.

 


2018 Schönberger Sauvignon Blanc Kräften 

Goldgelb
In der Nase ausgesprochen spannend: rauchig, kräutrig
Am Gaumen dominiert ebenfalls eine kräutrige Aromatik (Kamille?), sehr harmonisch und in sich ruhend, recht lang
Ganz hervorragender und eigenständiger Sauvignon Blanc - auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn blind als Sauvignon Blanc identifiziert hätte 

89-91, sollte m.E. in den nächsten zwei bis drei Jahren getrunken werden



2021 Preisinger Zweigelt "Kieselstein" 

Dunkles, jugendliches Violettrot
In der Nase zunächst floral, dann eine an Pflaumenkompott erinnernde Frucht
Recht leichtgewichtig mit wenig Tannin, schöner und unkomplizierter Wein 

85-87, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken

Und hier eine Impression vom Essen:



Montag, 25. Juli 2022

Joseph

Mal wieder Eulen nach Athen getragen beziehungsweise den Joseph mit nach Graz genommen. "Joseph" ist ein Sauvignon Blanc des Weinguts Potzinger in der Südsteiermark aus der Lage Sulz. Davon hatte ich 2016 drei Flaschen gekauft. An die beiden ersten habe ich keine dezidierten Erinnerungen. Heute ging dann also die letzte Flasche den Weg alles Irdischen.

 


 

2015 Potzinger Sauvignon Blanc Ried Sulz "Joseph" 

Mittelgelb
In der Nase recht ausgeprägt, rauchig, dezente und unaufdringliche Frucht mit anklingender Exotik
Geht am Gaumen voll zur Sache, einerseits mit Nachhaltigkeit und auch spürbarem Alkohol, andererseits auch hier mit rauchig unterlegter Frucht, recht lang
Schöner Sauvignon, nachhaltig ohne aufdringlich zu sein, aber mit etwas weniger Alkohol hätte mir das noch besser gefallen. Dürfte als Essensbegleiter mehr überzeugen als als Solist.

87-89, sollte IMHO demnächst getrunken werden

Samstag, 16. Juli 2022

...in all but name.

Das Zellertal liegt an der Grenze zwischen Rheinhessen und der Pfalz und war lange weitgehend in Vergessenheit geraten. Meine erste Begegnung mit den dortigen Weinen hatte ich 2013 bei einem Besuch des Weinguts Schwedhelm. Dort habe ich beeindruckend gute Rieslinge verkostet (und dann gekauft). 

Mittlerweile haben die Lagen Mölsheimer Zellerweg am schwarzen Herrgott (zu Rheinhessen gehörig) und Zeller Schwarzer Herrgott sowie Zeller Kreuzberg (zur Pfalz gehörig) wieder die Aufmerksamkeit von Riesling-Fans auf sich gezoegn - nicht zuletzt, weil bekannte Weingüter wie Battenfeld Spanier (Zellerweg am schwarzen Herrgott) und Philipp Kuhn (Scharzer Herrgott) hier mittlerweile Grosse Gewächse nach VdP-Richtlinien erzeugen. 

Das Weingut Battenfeld-Spanier bietet (soweit ich weiss erst seit 2020) einen Ortswein aus dem Zellertal an. Von dem hatte ich blind sechs Flaschen gekauft und heute die erste verkostet.



2020 Battenfeld-Spanier Riesling Zellertal 

Mittelgelb
Duft von mittlerer Intensität, "vorne" Limette, dann Birne und eine Spur Feuerstein. Das hätte ich blind vielleicht noch nicht einmal als Riesling identifiziert
Am zweiten Tag (aus einem Burgunderglas) ähnlich: vornean etwas Limette, dann überwiegend kräutrig mit vielleicht etwas grüner Birne. Das gefällt mir sehr gut, es ist spannend und komplex, aber es hat nicht viel mit dem zu tun, was andere über den Wein geschrieben haben (da ist von reifer gelber Frucht und ähnlichem die Rede; das finde ich überhaupt nicht)
Sehr schönes Mundegefühl mit hervorragend integrierter Säure und leichtem Gerbstoff-Grip. Relativ wenig Frucht (etwas Birne), Kräuternoten. Insgesamt in sich ruhender, sehr kühl wirkender, faszinierender Wein, erstaunlich langer, salzig-mineralischer Abgang.

91-93, wird sicher mindestens fünf und wahrscheinlich deutlich mehr Jahre Spaß machen  und man darf sehr gespannt darauf sein, wie sich der Wein entwickeln wird. 


Fazit: Das ist ein erstens sehr guter und zweitens sehr eigenständiger Wein. Chapeau. Qualitativ ist das klar im Bereich der Grossen Gewächse angesiedelt. Leider ist es aber auch preislich dort angesiedelt (37 Euro ab Werk). Insofern also ein Grosses Gewächs "in all but name".