Donnerstag, 26. Mai 2022

Ortsweintour

Das Rüdesheimer Weingut Georg Breuer - ohne Zweifel einer der besten Rheingauer Betriebe - bietet drei Ortsweine aus den Gemeinden Lorch (ganz im Nordwesten des Rheingaus und wohl nur deshalb dem Rheingau - und nicht dem Mittelrhein - zugehörig, weil es zu Hessen gehört), Rüdesheim und Rauenthal. Diese drei Weine einmal nebeneinander zu probieren hatte ich mir schon länger vorgenommen. Heute ergab sich die Gelegenheit. Eine ähnliche Weinreise hatte ich vor längerer Zeit übrigens auch schon einmal mit Weinen des Weinguts Balthasar Ress unternommen (guckstu hier): 

 


 

2019 Georg Breuer Riesling Estate Lorch 

Mittelgelb
In der Nase Zitrus, etwas Orange, Kräuter
Am Gaumen sehr präsent mit prägnanter Säure und kräuterwürziger Aromatik

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rüdesheim

Mittelgelb
In der Nase recht verhalten, kräuterwürzig, etwas Limette
Eher verhaltener Auftakt am Gaumen, aber dann baut sich einiges an Druck auf, in der Aromatik wieder Kräuter und Limette, recht lang, gediegen 

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rauenthal

Mittelgelb
In der Nase dezent gelbfruchtig mit deutlicher schiefermineralischer Prägung
Wirkt am Gaumen etwas weicher gezeichnet als die beiden anderen Weine, gelbfruchtige Aromatik, recht lang und mit ganz dezenter Süße im Abgang, sehr stimmig und der charmanteste der drei Weine 

88-90, bis 2025+


Fazit: Das sind drei hervorragende Ortsweine. Auch wenn sie sich erkennbar unterscheiden ist ihnen doch gemeinsam, dass sie sehr geradlinig unf knackig sind. Mit gefällt der Rauenthaler noch etwas besser als die beiden anderen Weine, aber das ist wohl eher eine Frage des Stils als der Qualität. Allerdings würde ich tippen, dass der Rauenthaler der "massentauglichste" der drei Weine ist.

Montag, 2. Mai 2022

Bordeaux 2003 (Teil 1)

Mit dem Jahrgang 2003 habe ich so meine Probleme. Anfangs wurden die Weine aus dem Hitzejahr bejubelt, konnten dann aber nicht immer halten, was sie versprachen. Um unsere 2003er Bordeaux habe ich daher auch lange einen Bogen gemacht (wie auch um manchen Riesling aus dem Jahr, guckstu hier). Nun aber war mal wieder eine "Wasserstandsmeldung" gefragt, und so haben wir in recht kurzer Folge fünf 2003er überprüft. Drei weitere gibt es noch, die kommen dann irgendwann im zweiten Teil zusammen mit dem auf Wiedervorlage gelegten (s.u.) Giscours.



2003 Chateau Charmail 

Recht dunkles Rot mit leichtem bräunlichen Reifeschimmer
In der Nase Cassis, Brombeeren, Leder; wird mit Luft intensiver. Sehr typisch linkes Ufer
Auch am Gaumen sehr typisch, dunkelfruchtig, noch präsentes und leicht trocknendes Tannin
Wirkt angesichts des heißen Jahres durchaus klassisch mit moderatem Alkoholgehalt (13%). Knapp mittellanger Abgang 

87-89, sicher noch weitere 2-3 Jahre in guter Trinkreife

 

2003 Chateau Grand-Puy Ducasse 

Noch recht dunkles Rot mit Reifenoten am Rand
Sehr typische Nase mit Noten von dunklen Früchten und Leder, wird mit Luft vielschichtiger
Wirkt am Gaumen trotz des Hitzejahres klassisch, mit Noten dunkler Früchte, noch sehr präsenten (und leicht trocknenden) Tanninen und einer belebenden Säure.
Sehr schöner Wein, den ich nie im Jahr 2003 verortet hätte. Jetzt in sehr schöner Trinkreife, hält bei guter Lagerung aber sicher noch ein paar Jahre dieses Niveau. 

90-92, bis 2025+


2003 Chateau Moulin Haut Laroque 

Recht dunkles. aber deutlich gereift wirkendes Rot mir Brauntönen
In der Nase von mittlerer Intensität, dunkle Kirsche und Pflaume
Am Gaumen sehr präsent wirkend, noch spürbarer Gerbstoff-Grip, dunkelfruchtig, mittlere Länge, der recht hohe Alkohol ist gut integriert 
Stilistisch natürlich anders, aber im Niveau ähnlich wie der oben beschriebene Charmail. 

87-89, sollte m.E. bald getrunken werden

 

2003 Chateau Giscours 

Auch hier mittleres bis dunkles, deutlich gereift wirkendes Rot mit Brauntönen
In der Nase ein dunkelfruchtiger Grundton, daneben kräutrig-gewürzige Noten
Am Gaumen recht kraftvoll mit noch präsentem feinsandigem Tannin. Wenig Frucht, dafür Noten von Kakao und Schololade, recht lang.
Der Wein ist noch völig intakt mit Potential für weitere Jahre, aber er wirkt bei aller Qualität weniger typisch (oder "klassisch") als der Grand-Puy Duvasse 

88-90, in den nächsten 3-5 Jahren trinken 


2003 Chateau Duhart-Milon

Mittleres bis dunkles, noch recht jung wirkendes Rot
In der Nase recht ausgeprägt, zunächst dominieren ein minzig-mentholischer Ton und grünliche Noten. Mit Luft kommt dann eine sehr schöne dunkle Frucht zum Vorschein, die mit dem minzig-mentholischen Ton gut harmoniert. Daneben etwas Bleistift. Insgesamt sehr stimmig, elegant und durchaus tiefgründig.
Am Gaumen sehr schöne Kombination aus Kraft und Eleganz (die sprichwörtliche Faust im Samthandschuh); dunkle Früchte, etwas Waldboden, stützende und fast seidige Tannine, lang.
Sehr schöner Pauillac mit für das warme Jahr moderatem Alkoholghalt von 13%. 

93-95, derzeit besser dekantieren; wird sicher bis Ende des Jahrzehnts Freude machen 


Fazit: Charmail und Moulin Haut-Laroque liefern etwa auf dem Niveau, das man erwartet. Positiv überrascht hat mich der Grand-Puy Ducasse, der nicht nur sehr schön ist, sondern dem man auch das Hitzejahr nicht anmerkt. Noch besser (aber auch ein gutes Stück teurer) ist der Duhart-Milon. Giscours hat mich etwas enttäuscht. Da aber mein Eindruck deutlich von anderen Beschreibungen dieses Weins abweicht, will ich nicht ausschliessen, dass ich einfach eine schlechte Flasche erwischt habe und werde den Wein daher demnächst noch einmal prüfen.

Sonntag, 24. April 2022

Aus der Restpostenliste

In der "Restpostenliste" unseres Kellers fand sich unter anderem diese 1990er Spätlese des (leider als eigenständiges Weingut nicht mehr existierenden, guckstu hier) Weinguts Langwerth von Simmern. Gekauft habe ich den Wein 1995 und ich habe ihn in durchaus sehr guter Erinnerung. Allerdings ist es viele Jahre her, dass ich die letzte Flasche getrunken habe. Insofern schwankte ich zwischen der Hoffnung auf ein schönes Altweinerlebnis und der Befürchtung, einen "toten" Wein in den Gully befördern zu müssen. Zum Glück ging der Gully leer aus.


 

1990 Langwerth von Simmern Hattenheimer Mannberg Riesling Spätlese 

Dunkles Goldgelb mit Rotschimmer
In der Nase recht verhalten, aber mit etwas Luft durchaus feine Fruchtnoten, vor allem getrocknete Aprikose, etwas Quitte
Zeigt am Gaumen schöne Präsenz mit Fruchtnoten (wieder getrocknete Aprikose), einem ganz leichten Karamellton, einer dezenten und (jedenfalls mich) nicht störenden Firne und vor allem einer schönen Harmonie zwischen unaufdringlicher Süße und noch immer präsenter Säure; erstaunlich lang.
Hervorragend gereifte Spätlese. Man muß kein Altwein-Freak sein, um daran Spaß zu haben. 

88-90, trinken

 

Dienstag, 19. April 2022

Kugel Peter

Viele Leser werden mit dem Titel "Kugel Peter" nichts anfangen können. Wer allerdings die Weine des Hofguts Falkenstein kennt, wird sofort wissen, worum es geht. Auf dem Gut werden die Weine aus den einzelnen Parzellen separat ausgebaut und kommen dann jedes jahr ins gleiche Faß. Die Fässer wiederum haben Namen, die darauf verweisen, von wem die entsprechende Parzelle erworben oder gepachtet wurde. Die Namen der Fässer sind auf dem Etikett angegeben. "Kugel Peter" ist eine solche Faßbezeichnung. 

Nach unserer ersten Begegnung mit (und Begeisterung für, guckstu hier) den Weinen des Hofguts Falkenstein habe wir uns auch von den nachfolgenden Jahrgängen jeweils einige Flaschen in den Keller gelegt. Heute war der 2020er Kabinett aus dem Krettnacher Euchariusberg mit eben der Faßbezeichnung "Kugel Peter" an der Reihe.


 

2020 Hofgut Falkenstein Krettnacher Euchariusberg Riesling Kabinett -12- "Kugel Peter" 

Helles Gelb
In der Nase ein gelbfruchtiger Grundton, dem dann Zitrusaromen und Kräuternoten folgen
Am Gaumen stehen dann die Zitrusaromen im Vordergrund. Die eher zurückhaltende Süße wird von kräftiger, reifer Säure so eingefangen, dass ein fast halbtrockener Gesamteindruck entsteht. Sehr animierend mit hervorragendem Trinkfluß und recht langem Abgang 

88-90, wird sicher bis Ende des Jahrzehnts und darüber hinaus Freude mahen

 

Freitag, 8. April 2022

Heimwein und Auswärtswein

Julian Haart stammt aus einer alteingesessenen Piesporter Winzerfamilie und hat sich 2010 selbständig gemacht. Innerhalb kurzer Zeit hat er sich für sein kleines Weingut (ca. 5 Hektar) einen hervoragenden Ruf erworben - so hervorragend, dass die Weine nur sehr schwer zu bekommen sind. Bewirtschaftet werden Lagen in Piesport und Wintrich. Seit 2018 wird auch eine Parzelle im Niederflörsheimer Frauenberg in Rheinhessen bewirtschaftet. Wir haben von Anfang an jedes Jahr ein paar Flaschen dieses "Auswärtsweins" eingekellert, aber bislang noch keine geöffnet. Heute war dann Premiere, und zwar mit der 2019er Ausgabe. Am Tag danach gab es dann einen "Heimwein", einen Kabinett aus dem Wintricher Ohligsberg.

 


 

2019 Julian Haart Niederflörsheimer Frauenberg Riesling 

Mittelgelb mit Goldschimmer
In der Nase noch nicht ganz entfalteter, aber recht komplexer Duft nach kandierten Zitrusfrüchten, gelben Steinfrüchten und kräutrigen Noten
Am Gaumen dominiert zunächst ein Eindruck von gelben Früchten, dann baut sich am Gaumen zunehmend Druck auf, der dann von einer gut integrierten Säure aufgefangen wird. Recht langer, leicht salziger Abgang.
Sehr schöner Riesling auf gutem GG-Niveau. 

91-93+, würde ich noch 1-2 Jahre liegen lassen und dann bis Ende des Jahrzehnts trinken


2018 Wintricher Ohligsberg Riesling Kabinett 

Helles Gelb
In der Nase eher verhaltener Duft nach süßem Apfel.
Auch am Gaumen süßer Apfel, dann auch gelbe Steinfrüchte, hervorragende Süße-Säure-Balance, unverschämter Trinkfluß 

88-90, bis 2030+

Freitag, 25. März 2022

Der erste 21er

Da ich heute Abend noch zu arbeiten hatte, aber trotzdem ein Glas Wein trinken wollte, war mir nach einem restsüßen Riesling mit wenig Alkohol. Da traf es sich gut, dass ich heute eine Lieferung des Weinguts Keller aus der Packstation geholt hatte - unsere ersten 2021er überhaupt. In dem Karton befand sich der Kabinett "limestone", und da der Karton noch im Auto war, hatte der Wein auch perfekte Trinktemperatur. 

Der limestone des Jahrgangs 2021 ist etwas anders, als ich die Weine der Vorjahre in Erinnerung habe (guckstu hier). Er hat weniger Alkohol (7,5% statt sonst 9 bis 9,5%) und dafür mehr Restsüße. Das steht dem Wein ausgesprochen gut.



2021 Keller Riesling Kabinett "limestone" 

Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase noch etwas unruhig wirkend, Noten von reifen gelben Früchten, etwas grüner Apfel, auch Kräuter (Waldmeister?)
Am Gaumen beeindruckendes Spiel zwischen recht ausgeprägter Süße und einer fulminanten Säure (auch mit einer Wahrnehmung von Kohlensäure), wieder gelbfruchtige Aromen und etwas Zitrus, erstaunliche Länge
Enorm trinkanimierender Wein, der jetzt schon viel Spaß macht, aber auch Potential für längere Reifung hat. 

89-91, bis 2030

Donnerstag, 17. März 2022

Abarbeitung

Irgendwie hatte ich verdrängt, dass ich diese Weine mal gekauft habe. Nachdem sie mir aber vor ein paar Tagen mehr oder weniger zufällig im Keller begegneten, kamen sie dann aber doch auf die To-do-Liste und wurden heute abgearbeitet. So muss man das wohl tatsächlich nennen. 

Vall Llach ist ein Ende der 90er Jahre gegründetes Weingut, das (zumindest zu der Zeit, aus der diese beiden Weine stammen) drei Rotweinlinien im Programm hatte, Enbruix, Idus und als Flaggschiff den Vall Lllach. Hauptrebsorte ist jeweils Carinena (=Carignan, Mazuelo).

Weine aus dem Priorat haben mir bislang vergleichsweise wenig Spass gemacht. Vielleicht habe ich einfach die falschen Weine getrunken (von den ganz teuren war auch noch keiner dabei), aber das, was ich probiert habe, war mir oft zu alkoholisch. Die 15% Alkoholgehalt laut Etikett waren insofern kein gutes Omen...

 

 

2007 Idus de Vall Llach 

Mittleres bis dunkles Rot mit leichten orange-bräunlichen Reifenoten
In der Nase recht ausgeprägte, kompottig-reife Pflaumenfrucht, Kakao, Gewürznoten
Am Gaumen dominanter Alkoholeindruck mit leichter Bitternote, daneben reife Pflaumen und auch wieder der Eindruck von Kakaopulver.
Wirkt insgesamt etwas unharmonisch und macht schon satt, bevor man auch nur das erste Glas getrunken hat. 

84-86, den Wein sollte man m.E. bald trinken. Mag sein, dass er vor ein paar Jahren besser war (auch wenn der Wine Advocat als Trinkfenster 2013-2027 angibt)


2007 Vall Llach 

Mittleres bis dunkles Rot, etwas jünger wirkend als beim Idus
In der Nase etwas zurückhaltender, aber dafür deutlich feiner als der Idus. Differenzierte und fast kühl anmutende Frucht, Kirsche, Pflaume und Gewürze
Auch hier ist der hohe Alkohol am Gaumen deutlich spürbar, wenn auch ohne die ausgeprägte Bitternote. Die Frucht, vorwiegend Pflaume, ist ausgeprägter als beim Idus und der Wein insgesamt deutlich länger. Das ist der klar bessere Wein, aber auch der macht sehr schnell satt. 

88-90, auch diese Wein würde ich in den nächsten Jahren trinken. Er wird kaum besser werden, aber der Alkohol wird sich womöglich stärker in den Vordergrund drängen. Die Angabe "bis 2035" im Wine Advocat würde ich definitiv nicht ausreizen wollen.