Freitag, 29. November 2024

Zwei "kleine" Bordeaux aus großem Jahr

2005 gilt in Bordeaux erstens als großer Jahrgang und zweitens als Jahrgang, der sehr viel Zeit braucht. "Kleinere" Weine erreichen ihre Trinkreife aber tendentiell früher. Zwei dieser "kleineren" Weine hatten wir heute im Glas. In guten Jahren kann "klein" ziemlich gut sein...

Beide Weingüter sind übrigens meines Wissens mit etwa 70% Merlot bestockt. Bei Chateau Côte de Baleau wird der Merlot durch Cabernet Franc ergänzt, während bei Chateau de Fonbel Cabernet Sauvignon die zweite Geige spielt.



2005 Chateau Côre de Baleau Saint Emilion Grand Cru

Mittleres Rot mir orange-bräunlichen Reifenoten
Feiner Duft nach dunklen Früchten mit einer kräutrigen Komponente. Mit etwas Luft macht sich ein minziger Ton bemerkbar. Insgesamt sehr fein und komplex 
Am Gaumen schöne Reife, neben der Frucht Tertiäraromen wie Waldboden
Sehr schön gereifter Saint Emilion, der bald getrunken werden sollte - besser wird er sicher nicht mehr

90-92, bald trinken 


2005 Chateau de Fonbel Saint Emilion Grand Cru 

Ebenfalls mittleres Rot mit Reifenoten
In der Nase "kühler" und deutlich jünger wirkend, neben Kirschfrucht ist da eine Minznote, die Frische verleiht. Wird mit mehr Luft rotfruchtiger
Auch am Gaumen jünger wirkend, kompakte Frucht mit Kirschnoten und noch präsentem, leicht trocknendem Tannin. Der Wein hat (im Vergleich mit dem Côte de Baleau) noch immer etwas Ungestümes und dürfte langlebiger sein. 

89-91, hat Reserven für einige Jahre


Fazit: Zwei sehr schöne und gut gereifte Saint Emilions. Der Côte de Baleau ist der feinere, der de Fonbel der kräftigere und langlebigere Wein. Ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis haben beide - in der Subskription haben sie damals 13,70 (de Fonbel) und 16,90 (Côte de Baleau) gekostet. Aktuelle Jahrgänge sind etwa 10 Euro teurer. 

Deutsch-französischer Pinot Noir

Auf einer Veranstaltung (ich glaube, auf der Mainzer Weinbörse 2019) konnte ich einige junge 2015er Spätburgunder von Friedrich Becker probieren. Die Weine haben mich damals beeindruckt, und so landeten dann einge Flaschen in unserem Keller. Heute war die erste Flasche des Grossen Gewächses "Kammerberg" an der Reihe. Wobei das mit dem Kammerberg so eine Sache ist. Der liegt nämlich auf französischem Gebiet, so dass der Wein nicht mit der Lagenbezeichnung Kammerberg verkauft werden darf. Daher ist auf dem Etikett die Lagenbezeichnung überklebt. Dem Wein ist es recht egal, ob er nun in Deutschland oder in Franbkreich wächst, hervorragend ist er allemal.


2015 Friedrich Becker Schweigener Sonnenberg "Kammerberg" Spätburgunder GG 

Sehr schönes mittleres bis dunkles Rot
Ausdrucksvoller Duft nach Kirschen und Kräutern (Rosmarin!)
Am Gaumen mit ordentlichem Druck, viel kirschige Frucht, dabei betont trocken und ohne jeden Kitsch, präsentes Tannin.
Ein Klasse-Spätburgunder am Beginn der Trinkreife und mit Potential 

92-94, bis 2030+

Sonntag, 24. November 2024

Neue Chardonnays

In den letzten Wochen haben wir einige Chardonnays getrunken. Teilweise waren das erste Flaschen von Weinen aus unserem Keller, teilweise aus Neugier gekaufte Einzelflaschen.

Vom ersten Wein war ich zunächst etwas enttäuscht. Am Wochenende geöffnet, wirkte er wie ein eher einfacher Basis-Chardonnay. Für einen Chablis aus gutem Hause für 25 Euro auf jeden Fall zu wenig. Also die halbvolle Flasche zurück in den Kühlschrank. Am Mittwoch darauf präsentierte der Wein sich dann deutlich stärker. Die nachfolgende Notiz stammt vom Mittwoch. 



2021 Domaine Bessin-Tremblay Chablis vieilles vignes 

Mittelgelb
Schöner, "ruhiger" Duft mit Noten von Brotkruste, Birne und etwas Zitrus, auch ein Hauch Feuerstein 
Am Gaumen ein harmonisches Paket aus gelber Frucht, einer feinen Säure und dezenter Mineralik. Macht Spaß und hat Potential. 

88-90, bis 2030+ (momentan würde ich dem Wein etwas Luft gönnen)


Auf die Domaine des Malandes bin ich tatsächlich durch Werbung aufmerksam geworden. Gute Bewertungen der Weine und die Tatsache, dass Richard Rottiers (der im Beaujolais ein Weingut betreibt, dessen Weine ich kenne und schätze) das Weingut jetzt mitleitet, haben mich zur Bestellung von zwei Probeflaschen bewogen, einem Basis-Chablis und einem Granf Cru (der kommt weiter unten).

 


2022 Domaine des Malandes Chablis 

Mittelgelb
Schöner und recht kräftiger Duft mit viel gelber Frucht und etwas Zitrus
Auch am Gaumen viel Frucht, recht zurückhaltende Säure, gute Länge.
Schöner Chablis, der unmittelbar Spaß macht 

87-89, würde ich eher jung trinken


Jérémy Arnaud war mir bislang nur vom Hörensagen ein Begriff. Was man hörte, war allerdings positiv, und so habe ich mal drei Probeflaschen bestellt, einen Chablis (der folgt weiter unten), einen Wein mit der Basis-Appelation Bourgogne und einen Bourgogne Tonnerre.

Bourgogne Tonnerre ist eine Regionalappelation in Burgund (nur) für Weißweine aus Chardonnay. Der namensgebende Ort Tonnerre liegt knapp 20 Kilometer östlich von Chablis. 




2022 Jérémy Arnaud Bourgogne Tonnerre "Les Huées"

Mittelgelb
Leicht rauchiger Duft nach Zitrus und dezent nach gelben Früchten, auch etwas Brotkruste
Am Gaumen gut strukturiert mit etwas Grip, verhaltene Frucht, dezenter Holzprägung und ordentlichem Abgang
Hat weniger Frucht als der Chablis von Malandes, packt dafür am Gaumen aber etwas mehr zu. 

87-89, bis 2030


Aus der Lage "Les Veuillots" produziert Jérémy Arnauds mehrere Weine, die unterschiedlich ausgebaut werden. Die Cuvee OVOIDE reift in eiförmigen Betontanks, daher wohl der Name.


2022 Jérémy Arnaud Bourgogne "Les Veuillots" Ovoide

Sattes Gelb mit Goldschimmer
Mittelkräftiger Duft nach Mandeln, etwas gelber Frucht und dezent Zitrus
Am Gaumen schöne Präsenz, Schmelz, Zitrusnoten, guter Nachhall

88-90, bis 2026+


Nun noch einmal Domaine des Malandes und Jérémy Arnau, jetzt aber als Grand bzw. Premier Cru:




2021 Jérémy Arnaud Chablis Premier Cru Vau de Vey "La Grange Chaume"

Goldgelb
Recht kräftiger Duft mit Zitrus, Orange, Haselnuß und Butterscotch
Am Gaumen dezente Holzprägung, wieder Zitrus, nachhaltig und mit ordentlichem Grip, recht langer Nachhall
Sehr schöner Chablis mit Zukunft

90-92, bis 2030 


2022 Domaine des Malandes Chablis Grand Cru Les Clos

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft nach Birne, Zitrus und Brotkruste
Am Gaumen nachhaltig und komplex, Zitrus und verhaltene gelbfruchtige Noten, sehr fein dosiertes Holz
Ein Klassewein, der noch einige Zeit braucht, bis er alles zeigt, was er hat und kann 

92-94, noch zwei bis drei Jahre ruhen lassen und dann sicher bis 2035



Oliver Zeter macht tolle Chardonnays (wer es nicht glaubt probiere den "Herzog"). Aus Neugier habe ich den 2023er Ortswein aus Haardt bestellt.


2023 Oliver Zeter Chardonnay Haardt

Mittelgelb
Im Duft Zitrus, auch etwas Birne, vom Holzeinsatz geprägt
Auch am Gaumen spürbare Holzprägung, wieder Zitrusfrucht lebendige Säure, mineralische Note im recht langen Abgang.
Guter und mit 12,50 fair bepreister Chardonnay, der noch etwas reifen sollte

86-88+, 2025-2030


Vom Wengut Champs de l'Abbaye hatte ich vor einiger Zeit mal einige Weine probiert und den 2020er Rully "Les Cailloux" in guter Erinnerung behalten. Daher wollte ich auch den 2022er probieren.

2022 Champs de l'Abbaye Rully "Les Cailloux"

Sattes Gelb mit Goldschimmer
Duftet nach gelben Früchten, Zitrus; dezente Holzprägung
Am Gaumen mit etwas deutlicherem Holzeinfluß, mineralisch, wieder Zitrus, etwas gebrannte Mandel
Schön, aber bei einem Preis von knapp 40 Euro kein Schnäppchen

88-90, bis 2030+ 


Von Nathalie und Gilles Fevre, einem Familienweingut in Chablis, haben wir nach sehr guten Anfangserfahrungen (guckstu hier) einige Weine im Keller. Diesmal gab es den "einfachen" Chabis aus 2022.

2022  Nathalie et Gilles Fevre Chablis AC 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft mit Noten von gelben Früchten (Pfirsisch)
Auch am Gaumen fruchtbetont, kein spürbarer Holzeinfluß, dezent kräutrig im Abgang
Nicht sonderlich komplex, aber schöner Chardonnay mit guten Trinkfluß 

86-88, eher jung trinken


Donnerstag, 24. Oktober 2024

Der Süßwein der Woche (10)

In dieser Ausgabe gibt es eine Reihe von Weinen, die ihre besten Jahre wohl hinter sich haben. Und zum Abschluß dann eine Spätlese, die ihre große Zeit defintiv noch vor sich hat.

Den Anfang macht eine 1983er Auslese von HaJo Zilliken, die 1984 vom Weingut gekauft wurde und seitdem im gleichen Keller lagerte.

1983 Forstmeister Geltz Zilliken Ockfener Bockstein Riesling Auslese (0,75l mit perfektem Füllstand) 

Reifes Goldgelb mit deutlicher Orange-Note 
Im Duft findet sich noch Frucht (Aprikose) verbunden mit Backgewürzen (Vanille) und einer leichten Firne
Am Gaumen wird die Süße durch herb-gewürzige Noten und die Säure bestens balanciert, sodass ein sehr harmonischer Gesamteindruck entsteht. Wie schon im Duft Reste gelber Frucht und eine leichte Firne. 

87-89, trinken


Die beiden nachfolgenden Weine habe ich in den neunziger Jahren jeweils auf dem Weingut gekauft. Obwohl sie für damalige Verhältnisse teuer waren, haben sie mich nie begeistert, und wohl nur deshalb haben diese beiden Flaschen, jeweils die letzten, überdauert. Sie haben auch die Weingüter überlebt, aus denen sie stammen, denn beide Güter existieren nicht mehr. 




1990 Langwerth von Simmern Erbacher Marcobrunn Riesling Auslese (0,375l) 

Rotbraun
Erstaunlich präsenter Duft mit ausgeprägter Frucht (Quitte und Trockenfrüchte). Mit mehr Luft wird der Duft "ruhiger", bleibt aber sehr sauber
Am Gaumen zunächst bereits leicht gezehrt wirkend mit leichter Bitternote, aber auch hier noch präsente Frucht, dezente Süße. Mit Luft wird der Wein auch am Gaumen ruhiger und harmonischer. 
Gut gereift und mit Genuß trinkbar, ohne zu begeistern. Hält seine Form über mehrere Tage in der geöffneten Flasche.

86-88


1990 Schloß Schönborn Erbacher Marcobrunn Riesling Auslese (0,5l) 

Wieder Rotbraun
In der Nase auch nach längerer Belüftung noch etwas Muff, daneben Trockenfrüchte
Am Gaumen schon mit deutlicher Bitternote, Nüsse, etwas Trockenfrucht, etwas Möbelpolitur
Macht so keinen Spaß mehr.

76-79

 

Der nächste Wein ist eine Einzelflasche, die ich wohl irgendwann auf Ebay ersteigert habe. Die Auslese stammt aus dem sehr guten Jahrgang 1975, und die zwei Sterne deuten darauf hin, dass es sich hier um eine höherwertige Auslese (vielleicht analog zu einer heutigen Goldkapsel) handelt. 




1975 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Kronenberg Riesling Auslese**

Reifes Goldgelb mit deutlichem Orangeschimmer
In der Nase zwar schon weit gereift mit etwas Firne und leichtem Muffton, aber noch deutlich erkennbare Frucht; Quitte, Orangenmarmelade (?)
Am Gaumen fast trocken wirkend mit leichter Karamellnote, dazu etwas Restfrucht (Quitte). Noch gut trinkbar und ohne Bittertöne, eher kurz 

84-86, austrinken 


Der nächste Wein ist, wenn man den Notizen auf Cellartracker Glauben schenkt, in vielen Fällen noch voll "da" und wird hervorragend beurteilt. Auf diese Flasche hier traf beides leider nicht zu.

1990 Domaine Huet Vouvray "Le Haut Lieu" Moelleux

Bernsteinfarben
Im Duft Quitte, Rosinen, aber auch etwas nasser Karton
Am Gaumen ausgeprägte Süsse, noch präsente Säure, aber auch ein vernehmbarer Muffton und ganz leichte Bitternote 

80-83, austrinken


Nach den ganzen alten und zum Teil doch etwas anstrengenden Weinen zum Schluß eine Spätlese, die garantiert noch nicht "über den Punkt ist": 


2023 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Spätlese 

Helles Gelb
Direkt nach dem Öffnen recht zurückhaltender Duft mit Noten exotischer Früchte (Mango)
Am Gaumen deutliche Restsüße, der eine sehr schöne, reife Säure Paroli bietet. Wirkt noch sehr kompakt, aber gibt ein Versprechen auf eine grosse Zukunft ab. Im Moment ist das "Potentialtrinken".

92-94+, braucht noch einige Jahre im Keller

Kabinettstückchen

Kürzlich konnte ich zwei interessante Weine recht günstig erstehen, den 2015er Bernkasteler Doctor Kabinett von Thanisch/Erben Thanisch und den Graacher Domprobst Kabinett von Willi Schäfer aus gleichem Jahr. Das habe ich dann zum Anlaß genommen, über mehrere Tage hinweg sechs Riesling Kabinett (was ist da eigentlich die Mehrzahl - Kabinette?) von der Mosel (bzw. in einem Fall von der Ruwer) zu verkosten und zu vergleichen. Am ersten Abend habe ich blind verkostet, danach offen.


 

2015 Max Ferd. Richter Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett

Sattes Mittelgelb
Animierunder Duft mit reifer gelber Frucht, mit mehr Luft auch Stachelbeeren
Am Gaumen reife Frucht, sehr animierend mit guter Süße-Säure-Balance, lang.
Insgesamt sehr schön und mit gutem Trinkfluß

89-91, bis 2030+


2015 Willi Schäfer Graacher Domprobst Riesling Kabinett

Goldgelb
Etwas verhaltenerer Duft nach gelben Früchten und Zitrus, am zweiten Tag tritt reifer Apfel hinzu
Am Gaumen recht ausladend, der durchaus ausgeprägten Süße steht eine lebhafte Säure gegenüber. Endet lang auf eine herbe Note, die einen schönen Kontrapunkt setzt. Großartiger Kabinett.

91-93, bis 2030+

 

2015 Wwe. Dr. Thanisch Erben Thanisch Bernkasteler Doctor Riesling Kabinett  

Goldgelb
Zunächst etwas verhaltener und leicht rauchiger Duft mit Noten von gelben Früchten; wird mit Luft intensiver und bekommt eine kräutrige Komponente
Am Gaumen gelbfruchtig, ein Hauch Vanille, ausgeprägte Süße, die Säure ist (noch?) nicht ganz so perfekt integriert wie bei einigen anderen Weinen. Lang. 

88-90, bis 2030+


2015  Julian Haart Piesporter Schubertslay Riesling Kabinett

Am ersten Abend präsentierte sich der Wein schwierig. Verhaltener Duft mit Zitrusnoten, ich habe sogar über einen ganz leichten Korktreffer nachgedacht. Am Gaumen wirkte das eher unharmonisch mit spitzer Säure. Am ersten Abend habe ich keine Bewertung abgegeben, weil ich an eine fehlerhafte Flasche glaubte. Aber dann zwei Tage später, wie der Phönix aus der Asche: 

Mittelgelb
Recht verhaltener Duft mit (teils kandierter) Zitrusfrucht und reifem Apfel 
Am Gaumen fester Bau, zunächst etwas Kandis, dann wieder reifer Apfel, gelbe Früchte. Großartige Süße-Säure-Balance, langer Nachhall. 
Noch nicht auf dem Höhepunkt, sollte besser noch zwei bis drei Jahre liegen. 

90-92, 2026-2035+

2015 J.J. Prüm Bernkasteler Badstube  Riesling Kabinett

Hellgelb, mit Abstand die hellste Farbe aller sechs Weine
Im Duft zunächst verhalten mit Blütenduft, der mit mehr Luft ausgeprägter wird. Daneben gelbe Früchte und etwas Zitrus. Am zweiten Tag auch weisse Johannisbeere
Am Gaumen fester Bau, nur dezente Süße, sehr schöne Balance, gute Substanz und Länge

89-91, bis 2030+ 


2015 Maximin Grünhaus Maximin Grümhäuser Abtsberg Riesling Kabinett

Sattes Mittelgelb
Recht kräftiger Duft nach reifen Gelbfrüchten, mit mehr Luft auch Backgewürze, Vanille
Recht ausladend mit ausgeprägter Süße, wieder Backgewürze neben der Frucht, etwas Kandis, hätte ich blind eher als (gute) Spätlese eingestuft

89-91, bis 2030+

 

Fazit: Sechs tolle Weine - das ist wirklich Champions League in der Kategorie Kabinett. Für mich war im Gesamteindruck über mehrere Tage der Graacher Domprobst von Willi Schäfer knapp vorn. Wer den Piesporter Schubertslay nur am ersten Tag erlebt hätte, wäre wohl sehr enttäuscht gewesen (zumal für die Weine von Julian Haart mittlerweile Phantasiepreise bezahlt werden). Geduld wurde dann aber später mit einem grossartigen Kabinett belohnt. Die Weine von Max Ferd. Richter, J.J. Prüm und Grünhaus fand ich (bei allen stilistischen Unterschieden) qualitativ vergleichbar. Und auch der Bernkasteler Doctor ist für sich allein betrachtet ein hervorragender Wein - nur war hier eben die Konkurrenz noch etwas besser.

Sonntag, 29. September 2024

Drei Premieren

Vor ein paar Wochen habe ich ein Dreier-Paket mit 2020er Bordeaux gekauft, weil ich neugierig war: Alle drei Chateaux waren mir ein Begriff, aber ich hatte noch von keinem der drei etwas im Glas. Da man bei 2020 noch gute Chancen hat, die Weine in der Fructphase zu "erwischen", habe ich die drei Flaschen im Laufe der letzten Woche geöffnet.



 

2020 Chateau Dassault 

Dunkles, jugendliches Rot mit Violettschimmer
Recht intensiver Duft nach vorwiegend roten Früchten (Himbeeren, Kirsche) mit einer floralen Note
Auch am Gaumen intensive und frisch wirkende Frucht, viel samtiges Tannin, gute Länge 

91-93. In der jetzigen Fruchtphase mit Spaß zu trinken und Potential für viele Jahre. Die Frage ist, ob da noch eine Verschlußphase kommt 




2020 Chateau Marojallia

Dunkles Rot mit Violettschimmer und fast schwarzem Kern
Duft von mittlerer Intensität mit roter Frucht und Gewürznoten
Am Gaumen recht ausgeprägte Säure und eine störende Bitternote, die die Frucht dominiert und den Gesanteindruck trübt. Auch Belüftung hilft da nicht. Recht viel und leicht trocknendes Tannin.
Ob das ein Flaschenfehler ist oder etwas, was sich mit weiterer Lagerunf gibt, kann ich nicht sagen. In diesem Zustand macht es jedenfalls keinen Spaß.

Ohne Bewertung


2020 Chateau Boyd-Cantenac 

Dunkles Rot mit ausgeprägtem Violettschimmer
Ausgeprägter Duft mit floralen Noten (Flieder?) und viel Frucht, vor allem Kirsche und Himbeere
Auch am Gaumen viel Frucht, viel Tannin hoher Qualität, fruchtbetontes Finale
Derzeit ein groser Trinkspaß, und (natürlich) viel Potential 

91-93, bis 2040

Mittwoch, 25. September 2024

Zwei Monster

Wer alt genug ist, erinnert sich sicher an den Hitzesommer 2003. Die Rechung "viel Sonne ergibt guten Wein" ging dabei oft nicht auf, zumal die Winzer seinerzeit mit den hohen Temperaturen vielleicht auch weniger gut umgehen konnten, als sie das heute können. 

In dem Teil meiner Weinvorräte, der sich im Keller meiner Eltern befand, fanden sich noch zwei 2003er Spätburgunder. Der "Josef Franz" wurde vom Staatsweingut Assmansshausen für Josef Laufer (Zum Krug, Hattenheim) und Franz Keller (Adlerwirtchaft, ebenfalls Hattenheim) abgefüllt. Soweit ich weiß, ist der Wein nie offiziell verkauft worden, sondern stand in den beiden genannten Restaurants auf der Karte. Man konnte dort aber zu einem zivilen Preis (19 Euro) ein paar Flaschen kaufen. Angeblich stammt der Wein aus dem Assmannshäuser Höllenberg, das steht allerdings nicht auf dem Etikett. Der "Josef Franz" kommt mit dezenten 15% Alkohol daher, ein Wert, den man sonst eher aus südlicheren Gefilden kennt. Der zweite Wein, eine trockene Auslese vom Weingut Hermann Dörflinger im Markgräflerland, kommt mit einem halben Prozent weniger aus.

 


2003 Staatsweingut Assmannshausen Spätburgunder "Josef Franz" 

Mittleres bis dunkles Rot mit Wasserrand und verhaltenen Reifenoten 
In der Nase dunkle Früchte, etwas Espresso, Schokolade, Gewürze (Wacholder?)
Am Gaumen mächtig mit spürbarem Alkohol, der die dunkle Frucht etwas in den Hintergrund drückt. Das Tannin ist weitgehend abgebaut, gibt dem Wein aber noch ausreichend Halt. Recht langer Abgang.
Das ist ein interessanter Wein, der zudem sehr gut gereift ist. Mehr als ein Glas möchte man davon dann aber doch nicht haben. 

84-86, recht bald trinken. 


2003 Hermann Dörflinger Badenweiler Römerberg Spätburgunder Auslese trocken

Mittleres Rot mit Reifenoten
Im Duft (immer noch) deutliche Holzprägung, dunkle Früchte (Cassis, Brombeeren), und irgendwie riecht das auch nach heissen, staubigen Feldwegen
Am Gaumen präsente Frucht und spürbares, leicht trocknendes Tannin, das Holz ist hier weniger evident, der hohe Alkohol ist gut verpackt. 

85-87, recht bald trinken 


Fazit: Der "Josef Franz" hat den interessanteren und vielschichtigeren Duft, ist aber am Gaumen dann doch für meinen Geschmack zu alkoholisch.