Donnerstag, 30. November 2023

Ein "Auserwählter"

Der Bordeaux-Jahrgang 2017 hat nicht den besten Ruf. Zum einen steht er qualitativ im Schatten der Vorgänger (2015 und 2016) sowie der Nachfolger (2018, 2019 und 2020), die allesamt besser eingeschätzt werden. Zum anderen waren die Preise angesichts der Qualität sehr hoch, so dass der Jahrgang zu teuer auf den Markt kam. 

Angesichts dessen haben wir nicht viele 2017er Bordeaux im Keller. Zu den "Auserwählten" gehört Chateau Fonplegade, ein Saint-Emilion, den ich bis dato nicht auf dem Radar hatte, den ich aber angesichts sehr guter Beurteilungen subskribiert habe. Heute war die erste Flasche "fällig".



2017 Chateau Fonplegade 

Sehr dunkles Rot
Kraftvoller, aber noch etwas unentwickelter Duft nach dunklen Beeren, Schwarzkirsche und Gewürzen
Auch am Gaumen kraftvoll, noch jugendlich wirkende Frucht, viel reifes Tannin, betont trocken, recht lang.
Sehr schöner Wein mit Potential für mindestens noch 10 Jahre.

91-93, 2025-2035+

Montag, 13. November 2023

Der Süßwein der Woche (4)

Es geht los mit einem Wein, den ich 1993 im (mittlerweile nicht mehr als eigenständiges Gut existierenden) Weingut Lamgwerth von Simmern gekauft habe. Für 75,50 DM die halbe Flasche, was damals sehr viel Geld war. Was mich damals geritten hat, kann ich nicht mehr sagen. Heute auf jeden Fall eine Enttäuschung.

 

1992 Langwerth von Simmern Hattenheimer Nussbrunnen Riesling Beerenauslese (aus halber Flasche mit sehr gutem Füllstand)

Rotgold
Verhaltener, aber sauberer Duft mit Noten von Trockenfrüchten (Aprikose, etwas Orange)
Sehr süßer Antrunk, eher verhaltene Säure, die Frucht spielt hier nur die zweite Geige
Wirkt (auf gutem Niveau) doch etwa behäbig und eindimensional. 

87-89, hat noch Reserven für viele weitere Jahre


Als nächstes ein weiterer Wein von Josef Rosch, der ja schon mit einer 2001er Spätlese überzeugen konnte (guckstu hier). Diesmal ein Eiswein, den ich irgendwann mal für recht kleines Geld (um 20 Euro) bei Ebay ersteigert habe. Und auch der hat geliefert.



2008 Josef Rosch Leiwener Klostergarten Riesling Eiswein

Rotbraun
Kräftiger und absolut reintöniger Duft nach Rosinen, Trockenfrüchten und etwas Vanille
Viskos wie Motoröl, enorme Süße, die aber von einer lebhaften Säure gebändigt wird. Wieder Trockenfrüchte und Rosinen, sehr lang.
Hervoragender Eiswein

93-95, Potential für weitere 10 und mehr Jahre 


Die nachfolgende Auslese habe ich 2006 für einen Spottpreis (so um 12,50 für 0,75l) in der Restpostenliste eines Händlers gefunden und gekauft. Toll gereift.


 

2003 Selbach-Oster Zeltinger Schloßberg Riesling Auslese**

Reifes Goldgelb
Im Duft von mittlerer Intensität, reife Frucht (Aprikose, Quitte)
Am Gaumen schöne Präsenz mit deutlicher Süße und sehr klarer Frucht. Wirkt trotz vergleichsweise zurückhaltender Säure ausgesprochen harmonisch, deutliche Mineralik, langes, fruchtbetontes Finale.
Eine ausgesprochen schöne, hervorragend gereifte Auslese aus dem Hitzejahr 2003. 

91-93, dürfte noch ein paar Jahre in guter Form bleiben 


Schliesslich habe ich über mehrere Wochen die "Dönnhoff-Festspiele" veranstaltet. Ich konnte vor einiger Zeit noch ein paar 2006er zu fairen Preisen nachkaufen. Ich mag die restsüßen 2006er von Dönnhoff sehr gerne und wurde auch diesmal nicht enttäuscht. Die Spätlese aus der Hermannshöhle ist sensationell gut und verweist die beiden (hervorragenden) Auslesen und die Beerenauslese auf die Plätze.




2006 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Spätlese (ganze Flasche mit perfektem Füllstand)

Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Absolut reintöniger, animierender und mineralisch unterlegter Duft nach Aprikosen. Mit mehr Luft macht sich die Mineralik stärker bemerkbar, der Duft wird komplexer, jetzt auch Orange  
Am Gaumen: Ein Meisterwerk. Sagenhafte Harmonie. Ja, da ist Frucht (viel sogar, vor allem Aprikose), da ist Süße, da ist Säure, da ist ein tiefes mineralisches Fundament. Aber das Ganze ist viel mehr als die Summe der Teile. Nichts drängt sich in den Vordergrund, alles ist perfekt proportioniert. Leicht viskose Textur, ewig langer (wirklich minutenlanger) Nachhall mit Honignoten. Groß.
Man kann Spätlesen anders machen, aber ich weiß nicht, ob man sie besser machen kann. 

95-97 und ein klarer Fall für die Riesling Hall of Fame


2006 Dönnhoff Oberhäuser Brücke Riesling Auslese (halbe Flasche mit perfektem Füllstand)

Reifes Goldgelb mit Orangeschimmer
Duft von mittlerer Intensität, aber absolut reintönig mit Noten von Orangenschale, Aprikosen und Vanille
Am Gaumen ausgeprägte Frucht (auch hier wieder Aprikose), kräftige Süße, der genügend Säure als Kontrapunkt entgegensteht, mineralisch, lang. 

92-94, hat noch einige Jahre vor sich 


2006 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese (halbe Flasche mit perfektem Füllstand)

Dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer 
Ausgeprägter Duft nach reifen und getrockneten Aprikosen, Nüssen,
Am Gaumen viskose Textur, grossartige Harmonie zwischen Frucht (viel Aprikose), Süße und Säure, sehr lang.
Hervorragende Auslese, aber die Spätlese fand ich noch faszinierender. 

93-95, hat ebenfalls noch einige Jahre vor sich (und hat es bereits voriges Jahr in die Riesling Hall of Fame geschafft, guckstu hier)


2006 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Beerenauslese (halbe Flasche mit perfektem Füllstand) 

Bernsteinfarben
Im Duft eher verhalten mit Noten von Nüssen und Trockenfrüchten, aber ohne die Intensität und Klarheit der Auslese
Am Gaumen ausgeprägte Süße, die von ausreichender Säure balanciert wird, deutliche Mineralik, gelbfruchtig (Aprikose), aber weniger intensiver Fruchtausdruck als bei der Auslese. Sehr lang. 

91-93, hat noch Reserven für viele Jahre



Freitag, 10. November 2023

Jaspis

Heute Abend hatte ich Lust auf einen gereiften Spätburgunder. Beim Stöbern im Keller fiel mein Auge auf die beiden letzten Flaschen des 2008er "Jaspis" vom Weingut Ziereisen. Den Wein habe ich bei meinem ersten Besuch auf dem Weingut 2011 gekauft. Dass ich die Spätburgunder von Ziereisen mag, ist kein Geheimnis (guckstu etwa hier). Dieser hier war allerdings mit 15 Jahren auf dem Buckel der älteste, den ich bislang getrunken habe. Er ist in Ehren gereift.


 

2008 Ziereisen Spätburgunder "Jaspis"

Mittleres Rot mit Wasserrand und leichten bräunlichen Reifenoten am Rand
Recht intensiver, vielschichtiger und eleganter Duft nach dunklen Früchten, etwas (getrockneten) Tomaten, Gewürzen und Schokolade
Sehr harmonischer Auftritt am Gaumen; elegant und mit schöner Reife. Die Frucht wird begleitet von einer etherischen Note. Tannin und Säure verleihen dem Wein eine gute Struktur.
Schöner Spätburgunder, der auch noch Reserven für ein paar Jahre hat. 

90-92, bis 2025+

Dienstag, 10. Oktober 2023

Der Allerweltskultwein

Dem Sauvignon von Cloudy Bay aus Marlborough wird gerne Kultstatus zugesprochen (vor allem von denen, die den Wein verkaufen wollen). Das Gut gehörte zu den Pionieren des neuseeländischen Weinbaus im allgemeinen und des Sauvignons im besonderen. Andererseits rümpft man in gewissen Kreisen die Nase über den Cloudy Bay; er gilt dort als (überteuerter) Allerweltswein. Tatsächlich wird der Wein in grossen Mengen hergestellt.

Wir trinken Cloudy Bay extrem selten; vor diesem hier hatten wir mal drei Flaschen 2012er und eine Einzelflasche 2019er. Von dem aktuellen Jahrgang 2022 haben wir drei Flaschen zu knapp 20 Euro pro Flasche gekauft.

 



2022 Cloudy Bay Sauvignon 

Hellgelb
Recht ausgeprägter Duft mit intensiver Frucht: Passionsfrucht, dazu aber auch weisse Johannisbeeren und ganz leicht grasige Noten
Am Gaumen frisch, eher exotische Frucht (wieder Passionsfrucht), endet dann aber auf herben Noten, ordentlicher Nachhall.

Das ist ein guter Sauvignon, und für das, was ich bezahlt habe, finde ich ihn keineswegs überteuert. Allerdings ist das auch ein Wein ohne Ecken und Kanten, vermutlich ein echter Crowd Pleaser. Ich bin aber nicht bereits, ihn deswegen schlechter zu beurteilen. 

88-90, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 



Sonntag, 24. September 2023

Sauvignon 2.0

Vor etwa zwei Monaten habe ich, mehr aus einer Laune heraus, zwei Flaschen der "Utopie Creative" von Nicolas Barbou gekauft. Der hat in Neuseeland und bei besten Adressen in Burgund gearbeitet, bevor in seine Heimatregion an der Loire zurückgekehrt ist.

Zum Wein: 100% Sauvignon aus der Touraine (Oisly), etwa 50 Jahre alte Reben. Ausgebaut in gebrauchten Barriques bester burgundischer Provenienz. Und das merkt man dem Wein tatsächlich an. Bei der heutigen Recherche habe ich festgestellt, dass der Wein rar und gesucht ist und am Sekundärmarkt anscheinend mittlerweilse dreistellige Preise erzielt. Man darf also gespannt sein und durchaus hohe Erwartungen haben...

 


2021 Nicolas Barbou Utopie Creative 

Mittelgelb
Sehr schöner Duft nach gelben Früchten mit leicht exotischem Einschlag, daneben eine sehr dezente grasig-grüne Note, das gane fein verwoben und animierend.
Am Gaumen dann eine erkennbare Holzprägung, und zwar nicht rauchig wie bei vielen Sauvignon fumées, sondern nobel wie bei guten Chardonnays aus Burgund. Wieder gelbfruchtig, wobei die Frucht zunächst eher zurückhaltend ist, mit mehr Luft und bei etwas höherer Temperatur aber deutlich intensiver wird. Gleichzeitig tritt die Holzprägung in den Hintergrund. Nachhaltig mit sehr langem Finale, in dem sich eine minzig-frische Note zeigt.
Sauvignon mal anders, aber sehr, sehr gut. Nicht vorlaut, sondern gediegen und geradezu aristokratisch. Je länger ich das trinke, desto besser finde ich den Wein. Das ist in dem mir bekannten Teil des Sauvignon-Universums ziemlich weit vorne. Die zweite Flasche lasse ich erstmal liegen.

93-95, könnte sogar noch etwas zulegen


Freitag, 22. September 2023

Der Süßwein der Woche (3)

Nun also die dritte Auflage des Süßweins der Woche. Den ersten Wein habe ich 1998 auf dem Weingut gekauft.  




1997 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Auslese (aus halber Flasche mit perfektem Füllstand)

Rotgold
Der Duft ist sauber, aber recht zurückhaltend mit dezenten Noten von Trockenfrüchten
Am Gaumen vollkommen intakt mit sehr schöner Süße-Säure-Balance, recht langer Abgang mit ganz leichter Bitternote.
Eine schön gereifte Auslese. Man muss kein Altweinfreak sein, um das mit Genuss zu trinken. Aber das sollte man wohl (zumindest bei halben Flaschen) auch recht bald tun.

86-88, bald trinken


Als nächstes die erste TBA, die ich je gekauft habe. Es gibt sogar noch zwei weitere Flaschen davon im Keller.

1976 Gräflich Wolff-Metternich'sches Weingut Durbacher Schloß Grohl Gewürztraminer Trockenbeerenauslese (aus 0,5-Liter-Flasche mit perfektem Füllstand)

Rotbraun
Nach etwas Belüftung entströmt dem Glas ein zwar zurückhaltender, aber sehr sauberer Duft, in dem typische Aromen der Rebsorte (Lychees) noch klar erkennbar sind.
Am Gaumen dann (natürluch) sehr süß. Obwohl der Süße nicht viel Säure entgegensteht, wirkt sie nicht klebrig. Aromatisch geht das in Richtung Dörrobst und Früchtebrot. 

90-92, dürfte bei guter Lagerung noch das ein oder andere Jahrzehnt überdauern

 

Als nächstes einen der ersten Weine von Klaus Peter Keller, die ich gekauft habe (der allererste war der 2001er von der Fels).


2002 Keller Dalsheimer Hubacker Riesling Auslese

Dunkles Goldgelb mit Rotschimmer
Feiner Duft mit präsenter Frucht (Aprikose), angedeutet Trockenfrüchten und Noten von Teeblättern
Der erste Eindruck am Gaumen ist sehr ausgeprägte Süße, die von einer kräftigen Säure sofort gebändigt wird, erst danach kleidet die noch sehr frisch wirkende Frucht (gelbe Steinfrüchte, vor allem Aprikose) den Gaumen aus. Im langen Finale dann auch wieder Tee und eine leicht herbe Note.
Hervorragende Auslese ohne jede Ermüdungserscheinung 

92-94, dürfte bei guter Lagerung noch einige Jahre in Form bleiben 


Dann aus dem gleichen Jahrgang eine Auslese von der Mittelmosel:


2002 Joh. Jos. Christoffel Erben Ürziger Würzgarten Riesling Auslese***

Rotgold
Schöner Duft nach Nüssen, Trockenfrüchten (Aprikose, Datteln?) und Vanille 
Am Gaumen sofort präsent mit schöner Süße-Säure-Balance, Aromen von Trockenfrüchten und Backgewürzen, lang.
Tolle Auslese, die nach 20 Jahren noch frisch wirkt 

92-94, hat bei guter Lagerung noch einige Jahre vor sich 


Zur Abwechslung mal wieder ein echter Oldtimer. Vor vielen Jahren als Einzelflasche bei Ebay ersteigert. Der Wein stammt noch aus der Ära des Grafen Matuschka-Greiffenclau, der sich 1997 das Leben nahm.

 

1989 Schloss Vollrads Riesling Auslese "weißgold" (0,75 mit sehr gutem Füllstand)

Rotgold
In der Nase etwas nasser Karton und leichte Firne, daneben aber auch noch durchaus ausgeprägte Frucht (Aprikose)
Am Gaumen noch präsent, dezente Süße, gelbfruchtig (wie Aprikosenmarmelade), recht ausgeprägte Bitternote im mittellangen Abgang
Der Wein ist noch gut trinkbar, aber deutlich "past its prime"

85-87, trinken


Nocmal Klaus Peter Keller, diesmal aber 10 Jahre jünger:

2012 Keller Rieslaner Auslese (0,375l) 

Goldgelb
Eher "leiser", aber sehr feiner Duft nach Blüten, exotischen Früchten und einem Hauch Vanile
Am Gaumen ausgeprägte Süße, wieder exotische Fruchtnoten, präsente Säure, gewisse Mineralik, gut mittellanger Abgang. 

89-91, sicher bis 2030 


Und als Abschluß der dritten Ausgabe eine Auslese von der Nahe aus dem Hitzejahr 2003:



2003 Dr. Crusius Traiser Rotenfels Riesling Auslese

Reifes Goldgelb
Recht dezenter, sauberer Duft nach gelben Früchten (Aprikose) und etwas Vanille
Ziemlich süß im Antrunk, dann wieder gelbe Früchte, wirkt einerseits recht jung, andererseits aber auch ein wenig schwerfällig durch die eher zurückhaltende Säure 

89-91, dürfte bei guter Lagerung bis Ende des Jahrzehnts und darüber hinaus in Form bleiben.

Mittwoch, 20. September 2023

Out of the Dark

Mehr als ein Drittel der Grand Cru Classés der Klassifikation von 1855 stammt aus der Appelation Margaux. Darunter sind einige Chateaus, die mir immer etwas "obskur" vorgekommen sind. Eines davon ist Chateau Dauzac, ein fünftes Gewächs, das ich noch nie im Glas hatte. Kürzlich konnte ich bei einer Versteigerung eine Einzelflasche Dauzac aus dem großen Jahr 2009 für vergleichsweise bescheidene 35 Euro ersteigern (im Handel findet man den Wein - wenn überhaupt - eher für 60 Euro und mehr). Da der 2009er jetzt trinkreif sein sollte, habe ich nicht lange gefackelt und ihn heute entkorkt.

 

2009 Chateau Dauzac 

Sehr dunkles Rot ohne Reifenoten
Schöner und sehr "charmanter" Duft nach dunklen Früchten und Cassis mit floralen Noten und einer Spur Waldboden, leichte Röstaromen
Am Gaumen wird die Charmeoffensive fortgesetzt: Der Wein fliesst seidenweich über den Gaumen mit viel dunkler Frucht und einer Mentholnote, die eine gewisse Frische verleiht. 
Sehr guter Margaux aus großem Jahrgang. Das ist kein Wein mit Ecken und Kanten, man kann ihm "Gefälligkeit" vorwerfen - aber am Ende ist das ein großer Trinkspaß, und das sollte doch sein, was zählt. 

90-92, ist wohl jetzt auf dem Höhepunkt und sollte sich da noch ein paar Jahre halten