Sonntag, 6. April 2025

Der letzte Auftritt der Dulucs

Chateau Branaire Ducru ging im 17. Jahrhundert aus dem (damals sehr großen) Besitz von Chateau Beychevelle hervor. Es wurde von einem Herrn Braneyre (Schreibweise später in Branaire geändert) gegründet. Später heiratete eine Nachfahrin einen Herrn Du Luc (Schreibweise später in Duluc geändert). In die Klassifikation von 1855 wurde das Gut als 4ème Grand Cru Classé unter dem Namen Chateau Duluc aufgenommen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbte Gustave Ducru zusammen mit seiner Schwester das Weingut und fügte seinen Namen dem des Chateaus hinzu.

Auf Grund dieser Geschichte firmierte das Weingut bis einschließlich 2001 als Chateau Branaire mit dem Klammerzusatz "(Duluc Ducru)". Ab dem Jahrgang 2002 wurde der Name dann (aus mir nicht bekannten Gründen) in Branaire Ducru geändert. Insofern sind die Jahrgänge 2000 und 2001 die letzen Auftritte der Dulucs. Jedenfalls auf dem Etikett des Erstweins des Gutes. Der Zweitwein (den ich allerdings noch nie im Glas hatte) heißt auch heute noch "Duluc de Branaire Ducru".


2001 Chateau Branaire (Duluc-Ducru)

Mittleres bis dunkles Rot mit Reifenoten 
Recht verhaltener Duft nach vorwiegend dunklen Früchten, Rauch, auch etwas Waldboden
Am Gaumen wieder dunkle Frucht, gut gereift, noch ein wenig (leicht trocknendes) Tannin, mineralischer Touch, ordentliche Länge
In Ehren gereifter Wein aus kleinerem Jahr, sollte aber bald getrunken werden 

88-90, bald trinken 


2000 Chateau Branaire (Duluc-Ducru) 

Mittleres bis dunkles Rot mit orange-bräunlicher Reifenote 
Schöner Duft, geprägt von dunkler Frucht (Richtung Heidelbeeren und Brombeeren) und einer floralen Note
Auch am Gaumen dunkelfruchtig, nachhaltiger und etwas generöser als der 2001er und mit längerem Abgang. Ebenfalls noch leicht trocknendes Tannin.

90-92, bis 2030

Dienstag, 1. April 2025

Schnäppchenalarm?

Ende Februar bewarb Silkes Weinkeller ein Überraschungspaket, das für 47,90 Euro sechs Flaschen enthielt, deren Warenwert laut Werbung sonst über 115 Euro liege. Angesichts von 60% Rabatt haben sich offenbar wichtige Teile meines Hirns abgeschaltet und ich habe ein Paket bestellt. Vielleicht aus einer Motivation heraus wie: Wenn ich mir aus dem Sortiment sechs Weine mit Listenpreis 115 Euro aussuchen und die dann für 47,90 kaufen kann, wäre das ein ziemlich guter Deal. Da wäre vielleicht sogar der größte Dealmaker aller Zeiten ein bisschen neidisch geworden. Der Denkfehler dabei ist natürlich, dass nicht ich die Weine aussuche. And here we go...



2019 Pendio Antico Primitivo die Manduria Riserva 

Dunkles Rot mit erster Reife
Duftet recht intensiv nach Pflaume, frisch gemahlenem Kaffee, hat aber auch eine portige Note, die die Erwartung von Süße weckt
Am Gaumen druckvoll mit deutlich spürbarem Alkohol; die 15% machen sich deutlich bemerkbar. Wirkt etwas strukturlos. Würzig, pflaumige Frucht, leicht salzig, im Finale dann auch spürbares und etwas trocknendes Tannin
Es gibt sicher Leute die das mögen, aber mich stören die labbrige Struktur und der alkoholische Eindruck. Mehr als ein Glas kann ich davon nicht trinken. 

82-84, eher bald tinken


Ohne Jahrgang Tre Zone Vini Rossi d'Italia (eine Cuvée aus Primitivo aus Apulien, Nero d'Avola aus Kalabrien und Syrah aus Sizilien)

Dunkles, noch eher jugendlich wirkendes Rot
Im Duft zunächst eher verhalten, mit Luft intensiver mit viel eher roter Frucht (Himbeeren)
Am Gaumen dann ebenfalls sehr fruchtbetont, deutlicher Süßeeindruck, reifes, "weiches" Tannin, mittellanger und wieder rotfruchtiger Abgang.
Eine etwas vordergündige und gefällige Fruchtbombe. Der ebenfalls recht hohe Alkohol (14,5%) ist hier deutlich besser verpackt als bei dem Primitivo. Das ist kein Wein, den ich mag oder im Keller haben wollte, aber auf seine Art ist er gut gemacht und wird seine Liebhaber finden. 

85-87, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken

 

2021 Poggetto di Toscana

Dunkles Rot
Im Duft fruchtbetont, rote Frucht mit (wirklich!) leichter Zitruskomponente, etwas parfumiert wirkend
Am Gaumen etwas strukturlos daherkommend, wieder ausgeprägte Frucht mit leichter Zitrusnote, im ordentlichen Abgang leicht trocknendes Tannin.
Wird nach dem ersten Glas etwas anstrengend

84-86, eher jung trinken


2022 Ruppertsberger Weinkeller Hoheburg Riesling

Helles bis mittleres Gelb
Verhaltener Duft nach Zitrusfrüchten
Auch am Gaumen zitrusfruchtig, sauberer, einfacher Riesling 

83-85, in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken

 

2023 Cantina Tollo Tanica No. Uno Cerasuolo Rosato

Lachsfarben
Etwas dropsiger Duft nach roten Früchten mit floralen Noten
Am Gaumen undifferenziert mit etwas diffuser roter Frucht, kurz

76-79, bald trinken


2018 Bodegas Olarra Caballero del Rey Rioja Gran Reserva 

Sehr dunkles Rot mit leichten Reifenoten
Im Duft dunkle Frucht, die von (für gereiften Rioja typischen) balsamischen Noten etwa überlagert wird
Am Gaumen an Pflaume erinnernde Frucht, wieder dezent balsamische Noten und eine etherische Note, die dem Wein eine gewisse Frische verleiht. Im Finale eine an Suppenkräuter erinnernde Note, leicht salzig 

87-89, bis 2030

Sonntag, 23. März 2025

Rechts oder links?

Das ist in diesem Fall keine politische, sondern eine geographische Frage. In Bordeaux liegen links der Gironde das Medoc sowie Graves (insbesondere Pessac-Leognan), wo die Hauptrebsorte Cabernet Sauvignon ist. Rechts der Gironde liegen (unter anderem) Saint Emilion und Pomerol, wo Merlot die dominante Rebsorte ist.  Oft fallen die Jahrgänge ähnlich aus - an beiden Ufern eher gut oder eher mäßig. In manchen Jahren aber begünstigt das Wetter entweder das rechte Ufer mit der früher reifenden Merlot oder das linke Ufer mit den später reifenden Cabernet-Trauben. 1996 etwa war am linken Ufer ein sehr guter, am rechten Ufer dagegen ein eher mäßiger Jahrgang. 1998 war es genau umgekehrt. Der Jahrgang fiel am rechten Ufer ganz hervorragend aus (guckstu zum Beispiel hier), war dagegen am linken Ufer eher durchwachsen. Das war auch dem 1998er Leoville Barton anzumerken. 



1998 Chateau Leoville Barton

Mittleres bis dunkles Rot mit nur ganz leichten Reifenoten
Unmittelbar nach dem Öffnen ganz klassischer und eher maskuliner Duft nach Cassis, Zedernholz und etwas Leder. Nach einigen Stunden in der Karaffe wird der Duft dunkelfruchtig mit Heidelbeeren und Cassis
Am Gaumen zunächst kernig mit durchaus noch präsentem Tannin und spürbarer Säure, dunkelfruchtig, Cassis, etwas Teer. Mit mehr Luft wird der Wein etwas ruhiger und die anfänglich spürbare Rustikalität schwindet.
Klassischer Saint Julien, dem der schwächere Jahrgang aber anzumerken ist. 

89-91, dürfte noch einige Jahre in Form bleiben

Samstag, 15. März 2025

Hoch hinaus

Im Weingut Keller gibt es schon sehr lange den "Weissburgunder & Chardonnay", den wir schätzen (guckstu hier) und regelmäßig kaufen. Seit 2019 (wohl auch bedingt durch das grosse Interesse von Felix Keller für Burgundersorten) gibt es zudem die Cuvée "Alte Reben Reserve". Das ist ebenfalls eine Cuvée aus Chardonnay und Weissburgunder, aber qualitativ höher angesiedelt. Wie hoch, das wusste ich bislang nicht, denn den Wein habe ich heute zum ersten Mal im Glas gehabt.


2019 Keller Alte Reben Reserve 

Recht helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
Sehr feiner Duft mit Noten heller Früchte (Birne, mit mehr Luft gelbe Steinfrüchte) und etwas Haselnuß
Am Gaumen sehr elegant, hervorragend integrierte Säure, perfekt eingebundenes Holz, wiederum Noten heller Früchte. Klingt lange nach.
Ein ganz feiner Wein, den ich blind vielleicht in Chablis verortet hätte (und dort mindestens auf Premier Cru-Niveau). Braucht in Deutschland keinen Vergleich zu scheuen.

92-94, locker bis 2030

Donnerstag, 13. März 2025

Der Geburtstagsriesling

Ich trinke zu meinem Geburtstag gerne guten Riesling. Heute habe allerdings nicht ich Geburtstag, sondern der Riesling selbst. Der wurde nämlich vor 590 Jahren, am 13. März 1435 in Rüsselsheim erstmals urkundlich erwähnt. Damit ich das auch ja nicht vergesse, hat mir ungefähr ein halbes Dutzend Händler Mailings mit reduzierten Geburtstagsangeboten geschickt. Die habe ich allerdings umgehend gelöscht und mich lieber im eigenen Keller bedient. Meine Wahl viel auf die 2017er Hermannshöhle von Dönnhoff. Den Wein hatte ich jung ganz grossartig gefunden (guckstu hier) und ich fand, es sei Zeit für eine Wiedervorlage.



2017 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG 

Sattes Gelb
Gleich nach dem Öffnen intensiver Duft nach Zitrusfrucht, ergänzt um eine kräutrige Komponente
Am Gaumen noch kompakt wirkend, aber dennoch auch hier viel Zitrusfrucht; enorme Tiefe und Mineralik, die auch den sehr langen Abgang prägt, hervorragend integrierte Säure
Großer Riesling, der noch nicht im optimalen Trinkfenster angekommen ist. In die Riesling Hall of Fame wurde er ja schon 2019 aufgenommen.

95-97, eher noch zwei bis drei Jahre liegen lassen und dann sicher bis 2035+

Sonntag, 9. März 2025

Ja ist denn heut noch Weihnachten?

Ende November gab es das Angebot, ein Weihnachtspaket mit den unten abgebildeten 6 Flaschen für 135 Euro zu kaufen. Das war ein echter Weihnachtspreis, denn allein die drei deutschen Weine haben zusammen einen Listenpreis von etwa 115 Euro. Von unseren zwei Paketen haben wir eines in der Adventszeit konsumiert, das zweite aber erst in den letzten Tagen. Es hat auch ohne vorweihachtliche Stimmung gut gefallen.


 

2017 Battenfeld-Spanier Blanc de Noirs Extra Brut (reiner Pinot Noir mit 6 Jahren Hefelager)

Mittelgelb
Im Duft etwas Brotkruste, eher zurückhaltende gelbe und rote Frucht
Am Gaumen recht kräftige Perlage, rote Früchte, auch Zitrus, zupackend und betont trocken
Schöner Sekt 

88-90


2021 Wasserer Hof Chardonnay Riserva "Ryed"

Mittelgelb
Nach etwas Belüftung recht ausgeprägter nussiger und vegetabiler Duft, etwas Zitrus. Die Zitruskomponente wird nach zwei Tagen in der geöffneten Flasche deutlicher
Körperreich, deutliche Holzprägung, nachhaltig und mit schöner, gut integrierter Säure, im recht langen Abgang macht sich dann wieder Zitrusfrucht bemerkbar
Guter Chardonnay, der noch zulegen kann, wenn sich das Holz noch etwas einbindet 

88-90+, bis 2030+


2022 Balthasar Ress Hattenheimer Nussbrunnen Riesling GG 

Mittelgelb
Ausgeprägter Duft nach Zitrusfrüchten und einer kräutrigen Komponente
Auch am Gaumen intensive und herbe Zitrusfrucht (Grapefruit?), wieder auch kräutrig, betont trocken, mineralisch, langer und wieder zitrusfruchtiger Nachhall
Sehr guter Riesling mit Potential

91-93, noch ein bis zwei Jahre warten, bis 2032+ 


2022 Piombaia Rosso di Montalcino 

Mittleres, jugendliches Rot
Im Duft ausgeprägte Frucht, Kirsche
Auch am Gaumen ausgeprägt kirschfruchtig, frisch, lebhafte Säure, saftig, im Abgang recht präsentes und leicht trochnendes Tannin
Sauberer Wein für alle Tage

86-88, jung trinken 


2020 Paolo Manzone Barolo Ottogemme 

Recht helles Rot, am Rand mit Orangeschimmer
Im Duft viel dunkle Frucht, Kirsche, florale Noten (Rosenblätter?), ein Hauch Schokolade
Am Gaumen kraftvoll, lebendige Säure und kräftiges Tannin, die Frucht ist noch nicht richtig entfaltet
Sehr schön und mit Potential, ist zwar schon gut antrinkbar, sollte aber besser noch ein paar Jahre im Keller bleiben. 

91-93+, 2027-2035+ 


2021 St. Antony Niersteiner Paterberg Spätburunder GG 

Helles Rot
Recht ausgeprägter Duft nach roten Früchten und etwas Milchschokolade. Daneben eine etherische Note
Auch am Gaumen rote Frucht, Kirsche, wiederum eine schokoladige Note. Lebhafte Säure und feines Tannin, etwas mentholische Frische im Nachhall
Man sollte sich von der hellen Farbe nicht täuschen lassen - das ist ein schöner Spätburgunder mit Substanz und weiterem Entwicklungspotential 

89-91, bis 2030

Dienstag, 4. März 2025

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Mit schöner Regelmäßigkeit ist das Weingut Julian Haart das erste, das mir (im Februar) das Angebot des neuen Jahrgangs schickt. Natürlich werden die Weine erst später gefüllt und erst im Spätsommer oder Herbst geliefert, aber aussuchen und reservieren muss man im Winter. Was würde zu dieser Tätigkeit besser passen als ein Wein eben dieses Weinguts?



2021 Julian Haart Piesporter Riesling 

Recht helles Gelb
Fokussierter Duft von mittlerer Intensität mit Zitrusnoten, Limettenabrieb und Noten von gelben Früchten, ein Hauch Sahne(?) 
Am Gaumen herb-saftig mit zitrusfruchtiger Prägung, einem Hauch Süße, bestens integrierter Säure und recht langem, wieder herb-saftigen Finale
Sehr schöner trockener Mosel-Riesling und für einen nominellen Ortswein stark

90-92, jetzt sehr schön zu trinken, aber Potential für sicher 3-5 Jahre

Samstag, 1. März 2025

Der Süßwein der Woche (12)

Eine wirklich wilde Mischung habe ich mir das über die letzten Wochen zusammengestellt. Den Beginn machte eine große Auslese von J.J. Prüm.

 


2017 J.J. Prüm Graacher Himmelreich Riesling Auslese

Mittleres Gelb, noch ein klein wenig Kohlensäure im Glas
Intensiver und animierender Duft nach gelben und auch exotischen Früchten (Maracuja!), etwas Rauch
Am Gaumen grandios: fest gebaut mit perfekter Süße-Säure-Balance, wieder ausgeprägter, teils exotischer Frucht und großer Intensität, hallt mindestens eine Minute nach.
Extrem präziser Wein mit einer Säure wie ein Laserschwert. Großes Riesling-Kino und ein Fall für die Riesling Hall of Fame 

95-97, bis 2040+ 


Der nächste Wein war ein "Beifang" in einem ersteigerten Rieslingpaket. Nicht schlecht, aber gegen das Himmelreich verblaßt er dann doch.

2011 Karl Pfaffmann Walsheimer Silberberg Riesling Auslese 

Bernsteinfarben
Duftet nach teils getrockneten gelben Früchten, auch etwas Klebstoff
Am Gaumen sehr süß, die recht reichlich vorhandene Säure sorgt dafür, dass das nicht pappig wirkt, dezent gelbfruchtig, mittellanges und durchaus saftiges Finale mit (am zweiten Tag) ganz leichter Bitternote

87-89, bis 2030+


Dann zur Abwechslung mal wieder Sauternes, diesmal Chateau Rieussec aus 1999 und vielleicht keine optimale Flasche Von drei (gleichzeitig gekauften und identisch gelagerten) Flaschen war dies die mit dem erkennbar dunkelsten Inhalt. 



1999 Chateau Rieussec 

Bernsteinfarben
Im Duft kraftvoll, auch etwas alkoholisch, Karamell, Datteln, Trockenfrüchte
Wirkt am Gaumen leicht brandig, viskose Textur, sehr süß, recht ausgeprägte Frucht (teils getrocknete Aprikose)
Der (zu sehr) spürbare Alkohol trübt hier den Gesamteindruck recht deutlich.

86-88, bis 2040+ 

 

Weiter ging es nach Rheinhessen. Wenn "Keller" auf der Flasche steht, geht man da mit hohen Erwartungen ran. Und der Wein hat geliefert.

 


2013 Keller Westhofener Morstein Riesling Auslese 

Goldgelb
Im Duft viel gelbe Frucht, Vanille und Backgewürze
Am Gaumen ein Korb (teils exotischer) Früchte mit fulminantem Spiel zwischen ausgeprägter Süße und rassiger Säure.
Tolle Auslese 

93-95, bis 2040+


Zum Schluß dann ein echter Exot, ein Rosenmuskateller aus Südtirol. Rosenmuskateller ist eine rote Rebsorte, die weltweit auf nicht viel mehr als 50 Hektar angebaut wird. Wer mehr darüber wissen möchte, gucke gerne hier. Die Kellerei Bozen baut daraus einen Süßwein aus, der aus getrockneten Trauben hergestellt wird. 



2022 Kellerei Bozen Rosenmuskateller "Rosis"

Mittleres Rot
Recht intensiver Duft nasch dunklen Früchten mit deutlich floraler Prägung. Der Duft lässt nicht unbedingt einen Süßwein erwarten.
Am Gaumen intensive florale Aromatik, auch etwas exotische Frucht, sehr ausgeprägte (aber nicht pappig wirkende) Süße. Körperreich; der (reichlich vorhandene - 15%) Alkohol ist gut verpackt und dadurch unaufdringlich. Recht langes Finale.
Spannender Wein. 

89-91, bis 2040+

Montag, 24. Februar 2025

Neun Sommer

Vor einiger Zeit habe ich hier über Salweys "Sieben Winter" geschrieben (guckstu hier), einen aus 80% Grauburgunder und 20% Chardonnay aus GG-Lagen bestehenden und erst nach sieben Jahren Faßreife abgefüllten "Spezialwein" von Konrad Salwey. Es muss aber nicht zwingend Faßreife sein. Dieser Grauburgunder hier hat neun Sommer Flaschenreife hinter sich und ist lange noch nicht am Ende.

 


2015 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Grauburgunder GG

Goldgelb
"Ruhiger" Duft nach Zitrus, Rauch, daneben vegetabile Noten
Baut am Gaumen Druck auf, ausgeprägter Schmelz, schönes Mundgefühl, betont trocken mit Zitrusnoten im langen und saftigen Finale.
Toller Grauburgunder (den ich blind vielleicht für Chardonnay gehalten hätte) 

91-93, dürfte sich noch einige Jahre auf diesem hohen Niveau halten

Mittwoch, 12. Februar 2025

Der Schatz im Silberberg

Der Ahrweiler Silberberg ist (jedenfalls gemessen am Preis) eines der "kleinen" Grossen Gewächse im Portfolio des Weinguts Meyer-Näkel. Mangels ausreichender Erfahrung kann ich diese Rangfolge weder bestätigen noch ihr widersprechen. Tatsächlich ist das mein erster Silberberg, als Einzelflasche aus Neugier gekauft (und nicht bereut).


2018 Meyer-Näkel Ahrweiler Silberberg Spätburgunder GG 

Mittleres bis dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Recht ausgeprägter, komplexer Duft nach dunklen Früchten mit ausgeprägt würziger Note
Am Gaumen gut strukturiert mit dezentem Tannin und einer frischen Säureader, wieder dunkelfruchtig-würzig mit leichter Schokonote, gute Länge
Schöner und Ahr-typischer Spätburgunder (der mit seiner würzigen Art übrigens sehr gut zum 24-monatigen Comté passt, aber das nur am Rande)

90-92, bis 2030

Samstag, 1. Februar 2025

Der Tabubruch

Über Tabubrüche wird dieser Tage ja viel geredet. Dieser hier ist allerdings eher unspektakulär. Der Jahrgang 2021 in Bordeaux hat keinen besonders guten Ruf. Zum einen wird die Qualität geringer eingeschätzt als die der Vorgänger (2018, 2019, 2020) und Nachfolger (2022), zum anderen kam der Jahrgang zu hohen Preisen auf den Markt. Ich habe daher erstmals seit dem Jahrgang 2013 keine Weine in Subskription gekauft und mir vorgenommen, die Finger von dem Jahrgang zu lassen. 

Mit diesem Vorsatz habe ich allerdings gebrochen, als mir drei Flaschen Chateau Durfort-Vivens zu einem sehr guten Preis angeboten wurden. Dieses Weingut, ein 2ème Grand Cru Classé, galt lange eher als Underperformer. Seit dem Jahrgang 2018 (so jedenfalls meine Wahrnehmung) werden die Weine jedoch deutlich besser beurteilt. Meine eigene Erfahrung mit dem 2018er (guckstu hier) spricht jedenfalls dafür.  

Nachdem ich die drei Flaschen des 2021ers hatte, wollte ich wissen, ob es eine gute Idee wäre, mehr davon zu kaufen. Zur Beantwortung dieser Frage wurde die erste Flasche geöffnet.

 



 

2021 Chateau Durfort Vivens 

Dunkles, jugendliches Rot mit deutlichem Violettschimmer
Unmittelbar nach dem Öffnen expressiver und fruchtbetonter Duft nach eher roten Früchten (Himbeeren) und etwas Flieder, daneben auch schwarzer Tee. Wird mit mehr Luft etwas intensiver. Nach drei Stunden gewinnt der Duft etwas an Komplexität; es kommen Noten von Tabak hinzu 
Am Gaumen viel frisch wirkende Frucht, sehr reifes und dadurch leicht zu unterschätzendes Tannin, dezenter Holzeinfluß, recht langes Finale

91-93+, bis 2040+


Mittwoch, 29. Januar 2025

Der heilige Severin

Der Nikolaihof gilt als das älteste Weingut Österreichs, ist Demeter-zertifiziert und dafür bekannt, häufig Weine erst nach langer Fassreife zu füllen. Mit diesem Wein hat man das auf die Spitze getrieben. Er lag von 1997 bis 2022, also fast 25 Jahre, in einem dem heiligen Severin gewidmeten Faß. Herausgekommen ist ein großartiger Riesling. Preislich liegt der Wein leider nördlich meines "normalen" Budgets, aber aus Neugier habe ich dann doch eine Flasche gekauft.


1997 Nikolaihof Riesling "Fass Severin" Vinothek

Goldgelb
Im Duft anfangs sehr verhalten, mit gelben Früchten und etwas Zitrus. Mit Belüftung und etwas höherer Temperatur deutliche Kräuternoten; immer noch nicht sehr intensiv, aber komplex und vielschichtig
Nach zwei Tagen deutlich intensiverer und komplexer Duft mit primär kräutriger Aromatik
Auch am Gaumen komplex, wieder Kräuternoten, perfekt integrierte Säure, herber Saft, langes, wieder kräutriges Finale
Ein großartiger, in sich ruhender Riesling, den ich eher als Meditationswein denn zum Essen trinken würde.

95-97 und ein Fall für die Riesling Hall of Fame, zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit und sollte noch einige Jahre vor sich haben 

Dienstag, 21. Januar 2025

Der Süßwein der Woche (11)

Im November und Dezemnber war die Süßweinauswahl (mal wieder) etwas Mosel-lastig. Den Anfang machte eine 1995er Auslese von Peter Geibens Karlsmühle, die ich vor langer Zeit als Einzelflasche bei Ebay ersteigert hatte. Soweit ich weiß bedeutet der Zusatz "Patheiger", dass der Wein aus Rebflächen des ehemaligen Weinguts Patheiger stammt, die von der Karlsmühle übernommen wurden.

 

1995 Karlsmühle Kaseler Kehrnagel Riesling Auslese "Patheiger" 

Bernsteinfarben
Nach etwas Belüftung recht kräftiger Duft nach Trockenfrüchten und Nüssen. Auch (sehr dezent) nasser Karton, diese Note verschwindet aber mit weiterer Belüftung. 
Am Gaumen wiederum Trockenfrüchte (Pflaume), die Süße ist unaufdringlich und wird von präsenter Säure gut gepuffert. Langer Abgang wiederum mit Noten von Trockenfrüchten.
Schöne Auslese ohne größere Ermüdungserscheinungen, sollte aber wohl trotzdem bald getrunken werden 

88-90, bald austrinken 


Weiter ging es mit einer 1996er Goldkapsel-Auslese von Ernst Loosen aus einer halben Flasche.

 

1996 Ernst Loosen Ürziger Würzgarten Riesling Auslese Goldkapsel (0,375l)

Dunkles Goldgelb
Reifer Duft mit noch präsenter gelber Frucht, aber auch Trockenpflaume, ein Hauch Möbelpolitur
Am Gaumen ausgeprägte Süße mit einer ganz leicht ins Säuerliche tendierenden Frucht. Wirkt noch recht frisch, aber auch etwas spannungsarm. Recht langer Abgang.

86-88, bald trinken 


Dann ein Ausflug nach Rheinhessen. Von diesem Eiswein habe ich seinerzeit ein paar Flaschen gekauft, weil er erstens sehr gute Kritiken hatte und zweitens mit 15 Euro für die halbe Flasche ausgesprochen preiswert war.

2002 Weingut der evangelischen Kirche zu Hessen und Nassau (Manz) Weinolsheimer Kehr Riesling Eiswein (0,375l) 

Bernsteinfarben
Duftet (eher verhalten) nach teilweise getrockneten gelben Früchten, dabei sehr sauber und animierend 
Am Gaumen ausgeprägte Süße, die aber von ausreichender Säure balanciert wird, aromatisch geht das in Richtung Trockenpflaume, sauber, aber nicht sehr vielschichtig. 
Kein großer Eiswein, aber "voll da" und mit Reserven für weitere Jahre 

89-91, bis 2035+


Zurück an die Mosel. Von der 2016er Hofberg Spätlese von A.J. Adam habe ich 2017 sechs Flaschen gekauft. Dies ist die erste, die entkorkt wurde.


2016 A.J. Adam Dhroner Hofberg Riesling Spätlese 

Sattes Mittelgelb
Im Duft leicht rauchig, Zitrus und Steinobst
Am Gaumen recht ausgeprägte Süße, wieder Steinobst mit einer leichten Tendenz in Rotfruchtige, auf sehr gutem Niveau etwas spannungsarm. 

88-90, sicher bis 2035+


Und last but not least eine Auslese von J.J. Prüm, ebenfalls aus 2016, die ich erst kürzlich in einem Paket mit sechs verschiedenen Rieslingen erstanden habe.

2016 J.J. Prüm Graacher Himmelreich Riesling Auslese 

Helles bis mittleres Gelb
Recht ausgeprägter Duft nach gelben Früchten, auch kräutrige Noten
Am Gaumen wieder gelbe Früchte, hervorragende Süße-Säure-Balance, lang

90-92, bis 2040+