Sonntag, 5. Oktober 2025

Der Süßwein der Woche (15)

Diesmal geht es wieder ziemlich bunt durcheinander was Jahrgänge und Herkunft angeht. Es geht los mit einer Spätlese aus dem warmen Jahr 2005. Den Wein habe ich als in seiner Jugend etwas von Süße dominiert in Erinnerung. Nach 20 Jahren ist die Süße nach wie vor präsent, aber gut eingebunden.



2005 Schloß Lieser Lieser Niederberg Helden Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
Recht verhaltener Duft nach gelben Früchten, etwas Zitrus
Am Gaumen auf der süßen Seite, aber mit schöner Frucht (Aprikose), leichter Vanillenote und recht langem Nachhall 

89-91, dürfte die Form noch ein paar Jahre halten


Der nächste Wein hat eine Vorgeschichte. In den Tagen und Wochen zuvor hatte ich eine ganze Reihe trockener Moselweine des Jahrgangs 2011 probiert, mit ziemlich katastrophalem Ergebnis. Selbst GGs aus renommierten Häusern enttäuschten auf ganzer Linie. Insofern waren meine Erwartungen nicht allzu hoch, als ich nun von 2011 trocken auf 2011 restsüß wechselte. Ich wurde angenehm überrascht. 

 


2011 A.J. Adam Dhroner Hofberg Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
Im mittelintensiven Duft eine (gelbe) Fruchtmischung, die mich an den Jahrgang 2003 erinnert, daneben Backgewürze (Vanille)
Am Gaumen präziser Fruchtausdruck, wieder etwas Vanille, passende Säure, recht langes Finale
Insgesamt ein sehr stimmiges Paket; schöne Spätlese aus warmem Jahr. 

90-92, jetzt und sicher auch noch in den nächsten 3-5 Jahren in bester Trinkreife 

 

Über den nächsten Wein habe ich auch an anderer Stelle (guckstu hier) berichtet, aber da er auch Süßwein der Woche war, wiederhole ich die Notiz hier. 

2021 Benvenuti "Corona Grande"

Goldgelb
Ausgeprägter und reintöniger Duft mit Muskatprägung, florale Noten und exotische Frucht (Litschi?)
Sehr süßer Antrunk, intensive und etwas parfümiert wirkende Aromatik mit exotischer Frucht und Honig, recht lang
Dürfte als Dessertbegleitung gut "funktionieren", als Solist macht der Wein recht schnell satt.  

88-90, würde ich eher jung trinken 

 

Der folgende Wein ist ein echter Oldie mit 36 Jahren auf dem Buckel. Gekauft habe ich ihn 1995 auf dem Weingut. Ich bin länger um die (halbe) Flasche herumgeschlichen, weil ich befürchtete, sie könnte ihren Zenit überschritten haben. Zum Glück waren diese Befürchtungen unbegründet; der Wein präsentierte sich sehr vital. 

Ich habe einen alten Probebericht (etwa 2008, guckstu hier) gefunden, in dem dieser Wein mit 82 Punkten "abgestraft" wurde. Das kann ich so nicht nachvollziehen (aber ich weiß natürlich nicht, wie der Wein sich damals präsentiert hat).


1989 Müller-Catoir Mußbacher Eselshaut Rieslaner Beerenauslese (0,375) 

Bernsteinfarben 
Im Duft von mittlerer Intensität mit Noten von Trockenpflaumen, Nüssen
Am Gaumen wieder Trockenfrüchte, schöne Balance zwischn der Süße und einer fast rassigen Säure. Der für eine Beerenauslese recht hohe Alkoholgehalt (12%) ist gut verpackt. Langer Nachhall.
Schöner, wenn auch durch den recht hohen Alkohol etwas untypischer Süßwein ohne Ermüdungserscheinungen. "Funktioniert" wahrscheinlich als Begleiter zu Desserts oder Blauschimmelkäse besser denn als Solist.

90-92, bald trinken 

 

Und zum Schluß zurück an die Mosel bzw. genauer an die Ruwer. Die erste von unseren sechs Flaschen 2016er Abtsberg Spätlese kam unter den Korkenzieher. 


2016 Abtsberg Spätlese 

Goldgelb
Recht ausgeprägter und animierender Duft nach gelben Früchten, etwas Stachelbeere, Kräutern und Backgewürzen 
Am Gaumen wird die recht ausgeprägte Süße gut von der Säure balanciert, saftige Frcuht mit Kandisnoten, recht lang
Sehr schöne Spätlese mit weiterem Potential 

91-93, bis 2030+

Samstag, 27. September 2025

Der Ersatzwein

Als im Frühjahr die Subskriptionskampagne für die 2024er Bordeaux (eher holprig) lief, habe ich mehr aus der Ferne zugeschaut. Ich hatte nämlich beschlosen, mich aus diesem Geschäft zurückzuziehen und keine Bordeaux aus 2024 und den nachfolgenden Jahren mehr zu kaufen. Erstens haben wir den Keller übervoll mit Bordeaux und zweitens bin ich mittlerweile in einem Alter, in dem man sich nicht unbedingt Weine in den Keller legen muss, die noch 20 Jahre bis zur vollen Reife brauchen. Vieles von dem, was man über die Qualität der 2024er las, machte den Verzicht auch leicht. 

Aber irgendwie juckt es ja dann doch in den Fingern. Daher habe ich, während die 2024er Kampagne lief, noch einen 2022er nachgekauft. Chateau Tronquoi (früher Tronquoi-Lalande), mit neuem Design und aus dem gleichen Stall, aus dem auch Chateau Montrose kommt, hatte Kritikerbewertungen bekommen, die angesichts des moderaten Preises geradezu sensationell waren. Das ging, und zwar auf recht breiter Basis, bis hinauf zu 96 Punkten. Angesichts eines Preises von ganz knapp über 30 Euro schien mir das ein besserer Kauf als die 2024er (die ich mir zudem ja selbst verboten hatte).


 

2022 Chateau Tronquoi 

Sehr dunkles, jugendliches Rot mit Purpurschimmer
Intensiver Duft, bei dem zunächst florale Noten dominieren, gefolgt von dunkler Frucht. Mit mehr Luft wird das vielschichtiger mit etwa Lakritz und einer interessanten pfeffrigen Würze.
Am Gaumen rollt eine Welle von mit Gewürzen gespickter dunkler Frucht an, getragen von einer Ladung sehr reifen Tannins, das sich erst im recht langen Abgang richtig bemerkbar macht. Der nominell hohe (14,5%) Alkohol ist gut verpackt.
Der Wein trinkt sich derzeit sehr gut (auch wenn ich da etwas zurückhaltender punkte als andere), aber da ist noch viel Babyspeck. Ich werde die restlichen Flaschen erstmal weglegen.

91-93+, 2030-2040+

Sonntag, 21. September 2025

Saufignon Blanc

Sauvignon kann recht markant bis aufdringlich geraten und ist dann auch nicht immer ganz leicht mit Speisen zu kombinieren. Auf diesen hier (von dem ich eher zufällig eine Flasche als "Beifang" gekauft habe) trifft das allerdings nicht zu. Das ist eine angenehm unaufdringliche Interpretation der Sorte, die Substanz mit Trinkfluß kombiniert. Da sollte ich vielleicht mal nachbestellen.

 


 

2023 Schauer Sauvignon Blanc Ried Theresienhöhe 

Helles bis mittleres Gelb
Mittelkräftiger, unaufdringlicher Duft mit Noten von schwarzen Johannisbeeren und Johannisbeerblättern sowie Apfel 
Am Gaumen wieder Johannisbeere und Apfel, dazu eine sehr feine Säure. Der Wein hat Grip, ist nachhaltig und hat ein langes Finale 
Sehr schöne Interpretation der Rebsorte. Blitzsauber, mit Substanz und Trinkfluß und mit etwa 20 Euro fair bepreist. 

90-92, trinkt sich jetzt hervorragend, hat aber Potential bis sicher 2030

Montag, 18. August 2025

Der Süßwein der Woche (14)

Die Auswahl ist dieses Mal etwas "Keller-lastig". Den Reigen eröffnet eine noch junge Auslese vom Weingut Keller

 


2022 Keller Rieslaner Auslese 

Mittelgelb
Recht kräftiger und animierender Duft, ein Potpourri exotischr Früchte
Ausgeprägte Süße, die aber von einer unaufdringlich-präsenten Säure gut in Schach gehalten wird. Die Frucht ist noch recht kompakt, das dürfte sich mit Reife weiter entfalten. Recht langer Abgang 

89-91+, bis 2035+ 

 

Wir bleiben beim gleichen Weingut, gehen aber sechs Jahre zurück. "Pius" gibt es beim Weingut Keller in jedem Jahr, mal als Auslese und mal als Beerenauslese. Welche Rebsorten da in welcher Zusammensetzung einfliessen und aus welchen Lagen der Wein stammt ist (jedenfalls mir) nicht bekannt. Macht aber nichts, wichtig ist eigentlich nur, dass man hier Jahr für Jahr einen sehr guten Süßwein zu einem echten Freundschaftspreis bekommt (der 2016er hat 17,90€ pro halbe Flasche gekostet). 

 


2016 Keller Beerenauslese "Pius" (17,90)

Goldgelb
Ausgeprägter und sehr animierender Duft nach exotischen Früchten (Mango, Maracuja), etwas Vanille
Am Gaumen wieder ausgeprägte, klare Frucht, etwas Kandis, die Süße wird durch lebhafte Säure gut gepuffert, langer Nachhall, in dem wieder exotische Fruchtnoten dominieren.
Ein grosser Süßwein-Spaß

91-93, hat Reserven für sicher 5-10 weitere Jahre, aber es gibt eigentlich keinen Grund zu warten 


Und als nächstes noch einmal 2016, aber ein Sauternes und damit eine völlig andere Süßwein-Stilistik. Aber saugut. 


2016 Chateau Doisy Daene 

Goldgelb
Intensiver und animierender Duft mit viel gelber Frucht (Aprikose), etwas Lychee. Das ist kristallklar und wirkt sehr präzise.
Am Gaumen voluminös, leicht viskos, die 14% Alkohol sind gut integriert. Da ist viel Frucht, aber auch kräutrige Noten, etwas Ingwer(?). Gut integriertes Holz und ein langer Abgang.
Eindeutig mein bester Sauternes seitdem es den "Süßwein der Woche" gibt. 

93-95, über die Lagerfähigkeit muß ich mir keine Gedanken machen, das können meine Erben tun :-) 


Zurück zu Keller und noch einmal Pius: 2018 gab es eine Auslese. 



2018 Keller Auslese "Pius" 

Mittelgelb mit Goldschimmer 
Im Duft ein Korb voll Früchten mit einer exotischen Note und etwas Kandis.
Auch am Gaumen ausgeprägt "multifruchtig". Obschon die Säure eher zurückhaltend wirkt, ist die Süße gut eingebunden und dominiert den Wein nicht.
Das erinnert mich ein wenig an restsüße Weine aus dem Hitzejahr 2003; die haben (jedenfalls in meiner Erinnerung) in ihrer Jugend eine ähnliche Ausprägung gehabt.  

89-91, hat jetzt eine schöne Trinkreife erreicht, wird aber sicher noch 10 und mehr Jahre Freude machen


Als nächstes geht es an die Nahe, nach Niedernhausen und zum Weingut Jakob Schneider. 


2013 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese 

Goldgelb
Ausgeprägter und sehr sauberer Duft nach Honig, gelben und exotischen Früchten und etwas Kandis
Am Gaumen ist das eine trotz ihrer ausgeprägten Süße sehr saftig wirkende Auslese mit schöner Frucht, dezenter Mineralik und einem recht langen Abgang, in dem neben der Frucht auch etwas Kandisaroma auftaucht. 

90-92, jetzt in hervorragender Trinkreife mit Reserven sicher bis 2030 


Für den nachfolgenden Wein gibt es zwar einen eigenen Post (guckstu hier), aber Süßwein der Woche war er natürlich auch, daher hier noch einmal.


2006 J.J. Prüm Bernkasteler Badstube Riesling Beerenauslese 

Reifes Goldgelb
Zunächst verhaltener, mit mehr Luft intensiverer Duft nach gelben Früchten (Aprikose), Nüssen und einem Hauch Zitrus
Am Gaumen viskose Textur, sauber gezeichnet mit satter gelber Frucht, kräftiger aber harmonisch eingebundener Süße und langem, fruchtbetontem Abgang 

92-94, bis 2040+



Und zum Schluß back to square 1: Den Abschluß bildet eine weitere junge Auslese vom Weingut Keller, diesmal die 2022er Ausgabe des Pius.



2022 Keller Auslese "Pius" 

Mittelgelb
Im Duft intensive Noten exotischer Früchte (Maracuja!) sowie Backgewürze (Vanille)
Am Gaumen sehr süß, deutliche Kandisnote, wieder exotische Frucht, trotz der hohen Süße trinkanimierend
Sehr schöne Auslese, die durch weitere Lagerung gewinnen dürfte, wenn sich die Süße besser einbindet. 

89-91+, 2028-2040+

Donnerstag, 7. August 2025

Urlaubsnachlese

Während eines sehr schönen Urlaubs in Istrien haben wir auch einige Weingüter besucht und ein paar Flaschen eingekauft. Die meisten der Weißweine, die wir probiert haben, stammen aus der Rebsorte Malvazija (guckstu hier), die wohl auch ursprünglich aus Kroatien stammt. Rotweine haben wir deutlich weniger probiert; interessant waren vor allem die aus der Sorte Teran (oder Terrano). Das ist eine Rebsorte, die in Italien, Slowenien und Kroatien auf insgesamt knapp 2000 Hektar angebaut wird (für Details guckstu hier).

Die nachfolgenden Notizen entstanden nicht vor Ort, sondern nach der Rückkehr aus dem Urlaub zu Hause. Sie sind etwas "Benvenuti-lastig", denn die Weine dieses Guts hatten uns vor Ort am besten gefallen, und so haben wir dort am meisten eingekauft. 



2023 Benvenuti Malvazija 

Mittleres Gelb
Duftet eher verhalten, gelbe Früchte (Pfirsisch), auch dezent nussige Noten.
Am Gaumen stoffig, wieder gelbe Frucht, passende Säure, im Abgang dezente Zitrusnote. 

86-88, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken


2021 Kozlovic Malvazija Selection

Mittelgelb
Duft von mittlerer Intensität, zunächst etwas Zitrus, vegetabil. Mit Luft intensiver, Orange und gelbe Fruchtnoten
Am Gaumen nachhaltig und mit Schmelz, dezent gelbfruchtig, die 14% Alkohol sind gut verpackt, dürfte ein guter Speisenbegleiter sein.

88-90, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken





2020 Benvenuti Teran "Livio"

Recht dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
Intensiver Duft nach dunklen Früchten, Tomatenmark und pfeffrig-würzigen Noten
Auch am Gaumen deutliche pfeffrige Würze, daneben dunkle Frucht, recht lebhafte Säure spürbares Tannin, mittellanger würziger Nachhall.
Sehr schöner, eigenständiger Rotwein. 

88-90, dürfte Potential für drei bis fünf Jahre haben



"Corona Grande" hatten wir ab 2020 zur Genüge, und ich brauche wirklich nicht mehr davon. Der Wein kann aber nichts für seinen Namen und hat mir gut gefallen.


2021 Benvenuti "Corona Grande"

Goldgelb
Ausgeprägter und reintöniger Duft mit Muskatprägung, florale Noten und exotische Frucht (Litschi?)
Sehr süßer Antrunk, intensive und etwas parfümiert wirkende Aromatik mit exotischer Frucht und Honig, recht lang
Dürfte als Dessertbegleitung gut "funktionieren", als Solist macht der Wein recht schnell satt.  

88-90, würde ich eher jung trinken

Freitag, 25. Juli 2025

Kleiner Schloßberg ganz groß

Vor einiger Zeit habe ich ein gemischtes Dreier-Paket gekauft, in dem sich auch eine halbe Flasche 2008er Schloßberg Spätburgunder von Bernhard Huber befand. 2008 war ein eher kühles Jahr. Der Schloßberg ist der zweitteuerste Rotwein im Weingutsportfolio (nach dem Wildenstein), so dass man durchaus hohe Erwartungen haben durfte. Allerdings sind 17 Jahre ein stattliches Alter, zumal es sich ja um eine halbe Flasche handelte (und der Wine Advocate ein Trinkfenster von 2016 bis 2021 prognostizierte). Derartige Befürchtungen erwiesen sich allerdings als völlig unbegründet.

 


2008 Huber Hecklinger Schloßberg Spätburgunder GG (aus 0,375l-Flasche)

Mittleres Rot mit deutlichen orange-bräunlichen Reifenoten
Recht intensiver und vielschichtiger Duft mit Noten von dunklen Früchten, Fleisch und Gewürzen
Tritt am Gaumen kraftvoll auf, wieder vielschichtig, fleischig, mit dunkler Frucht und Gewürzanklängen, mürbes Tannin. Eine leichte etherische Note (die mit der Zeit deutlicher hervortritt), geleitet den Wein in den langen Abgang.
Ein grossartiger Spätburgunder in hervorragender Trinkreife. 

93-95, in den nächsten Jahren trinken


Fazit: Dieser Wein belegt, warum das Weingut Bernhard Huber zur absoluten Spitze der Spätburgunder-Erzeuger Deutschlands zählt. Kleines Detail am Rande: die Flasche war mit einem richtig guten Korken verschlossen.







Samstag, 19. Juli 2025

Rehabilitation

Vor gut 2 Jahren auf einer Probe mit 2012er Bordeaux war Chateau Beausejour Duffau-Lagarosse ein Totalausfall (guckstu hier). Der Wein stank regelrecht, und aufgrund der weiteren vier Flaschen in meinem Keller hoffte ich, dass das ein Flaschenfehler war. Der Wein hat über zwei Jahre auf die Chance zur Wiedergutmachung warten müssen. Heute war es soweit. 

 



2012 Chateau Beuasejour Duffau-Lagarosse 

Mittleres bis dunkles Rot ohne Reifenoten
Recht verhaltener Duft, rauchig mit an Steinen erinnernder Mineralik, Kirsche, dunkle Früchte, dezent gewürzige Noten
Am Gaumen recht kräftig mit feinem, "pulvrigen" Tannin, frisch wirkende Frucht (wieder Kirsche), mittlerer Nachhall 

90-92, jetzt in schöner Trinkreife mit Reserven für sicher 10 Jahre

Freitag, 18. Juli 2025

Ein Bordeaux-Sammelsurium

Im Laufe der letzten ein bis zwei Jahre habe ich einiges an Bordeaux getrunken und mir zwar Notizen gemacht, aber das jeweilige Datum nicht notiert (und auch nicht immer Fotos gemacht). Diese Notizen habe ich jetzt in diesem Post gesammelt. Die Reihenfolge der einzelnen Weine ist mehr oder weniger zufällig. Einige der Weine sind auch schon in anderen Posts aufgetaucht, aber das waren dann andere Flaschen. 

Es geht los mit (mal wieder) einem Calon-Segur. Für dieses Weingut habe ich ja eine (mir selbst schwer erklärliche) Schwäche, guckstu hier.



 

2017 Chateau Calon-Segur 

Mittleres bis dunkles Rot
Recht ausgeprägter und gut entwickelter Duft nach dunklen Beeren und Gewürzen, etwas Kaffeepulver. Am zweiten Tag wirkt der Duft "heller" und mit einer zusätzlichen floralen Komponente
Am Gaumen mittelgewichtig mit Aromen dunkler Beeren, spürbares, aber doch eher zurückhaltendes Tannin, mittlere Länge.
Das ist ein sehr schöner Wein, aber man merkt ihm doch an, dass er nicht aus einem grossen Jahr stammt. Schon gut trinkbar, aber wohl auch nicht mit dem Reifepotential grosser Jahrgänge. 

91-93, bis 2030+

 

Weiter geht es mit einem 2011er, einem Jahrgang, der nicht den besten Ruf hat. 

2011 Chateau Smith Haut Lafitte 

Dunkles Rot fast ohne Reifenoten
Herb wirkender Duft nach roten und schwarzen Beeren (Cranberries), etwas gegrillte Paprika, Tabak. Nach zwei Tagen dominieren die dunklen Früchte, es kommt aber (etwas überraschend) eine an Orangenschale erinnernde Note hinzu.
Am Gaumen kraftvoll und auch hier betont herb mit noch deutlich spürbarem Tannin, dunkle Frucht. Der Wein hat gute Anlagen, wirkt aber noch immer recht zugeknöpft und bewegt sich sicher nicht auf der charmanten Seite des Bordeaux-Spektrums. Nach zwei Tagen etwas gemäßigter mit weniger ruppigem Tannin und auch am Gaumen eher dunkelfruchtiger Aromatik. Mittleres bis langes Finale. Insgesamt eindrucksvoll, ohne charmant zu sein. Da brauchts ein Steak dazu. 

90-92+, würde ich eher noch etwas liegen lassen 


Als nächstes ein deutlich preiswerterer Wein aus einem deutlich besseren Jahr. 

2009 Chateau Fontenil 

Kräftiges Rot mit leichter Reife am Rand 
Intensiver Duft nach roten (Himbeere) und schwarzen Früchten, etwas Heftpflaster (ohne negative Konnotation), am zweiten Tag auch etwas Cassis
Am Gaumen viel Kraft, reifes Tannin, belebende Säure, auch viel Frucht, die aber bis in den mittellangen und ganz leicht bitteren Abgang etwas säuerlich wirkt. Am zweiten Tag wirkt das harmonischer, wenn auch eine ganz leichte Bitternote bleibt.

88-90, dürfte noch ein paar Jahre auf diesem Niveau vor sich haben 


Der nächste Wein ist ein Klassiker, den ich sehr gerne mag (guckstu auch hier)


1998 Chateau Pavie Macquin 

Dunkles Rot mit leichten Reifenoten am Rand
Intensiver und vielschichtiger Duft nach dunklen Früchten, Pflaumen, Gewürzen, Blut und einem Hauch Tabak
Kraftvoller Auftritt mit gaumenfüllender Frucht, fleischige Noten, noch präsentes, reifes Tannin, kreidige Mineralik, sehr lang. 

95-97, grosses Bordeaux-Kino und noch Potential für ein paar Jahre  


Ein Jahr jünger ist der nachfolgende Pauillac.

1999 Chateau d'Armailhac 

Recht dunkles Rot mit deutlichen Reifenoten
Sehr typischer Duft mit (nur anfänglich) ein bisschen Funk, roter und dunkler Frucht und etwas Zedernholz. Wird mit mehr Luft runder, jetzt eher dunkelfruchtig mit etwas Graphit
Am Gaumen gute Präsenz, eher rote Frucht, spürbares und leicht trocknendes Tannin 

89-91, bald trinken 


Weiter geht es ans rechte Ufer, zu den Cötes de Castillon. Dort produziert das Chateau d'Aiguilhe in guten Jahren mit schöner Regelmäßigkeit Weine mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis.
(zu dem auf dem Bild gezeigten 2000er gibt es leider keine Notizen)


2015 Chateau d'Aiguilhe 

Dunkles Rot mit erster angedeuteter Reife
In der Nase viel Frucht, zuerst Kirsche, mit mehr Luft auch dunkle Fruchtnoten und eine dezente Würze
Am Gaumen dann kraftvoll mit gaumenauskleidender und (auch durch eine passende Säure) frisch wirkender Frucht, aber auch recht präsentes Tannin, das dem Wein Struktur gibt. Im ordentlichen Abgang findet sich dann auch die Würze aus dem Duft wieder. 
Ein schöner Spaß-Bordeaux, der jetzt in bester Trinkreife ist. 

89-91, hält sich sicher noch einige Jahre auf diesem Niveau, aber warum warten? 


Den 2004er Leoville Barton habe ich erst kürzlich über den grünen Klee gelobt (guckstu hier). Diese Notiz hier ist älter.

2004 Chateau Leoville Barton 

Sehr dunkles Rot mit nur ganz leicht angedeuteter Reife
Der Duft schreit förmlich "Bordeaux". Kraftvoll, tiefgründig mit roten und dunklen Früchten, etwas gerösteter Paprika, etwa Edelholz und ein wenig Menthol. Anfangs mit leichten Stallnoten, die sich mit Luft verziehen.
Jetzt in bester Trinkreife mit noch präsentem Tannin, einer recht lebhaften Säure. Dunkelfruchtig und herb mit leichter Mentholnote, recht langes dunkelfruchtiges Finale. Dicht, sehnig und ohne jede Süße.
Ganz klassischer linksufriger Bordeaux, dem niemad erzählt hat, dass er aus einem (angeblich) eher kleinen Jahrgang stammt. Ein dickes "like".

92-94, in dieser Verfassung und bei guter Lagerung sicher bis 2030


Nicht alle 2004er sind so gut gelungen, das beweist der nächste Wein (der aber zugegebenermaßen auch nur etwas mehr als die Hälfte gekostet hat).



2004 Chateau Phelan Segur

Dunkles Rot mit nur ganz leichten Reifenoten
Verhaltener Duft nach vorwiegend dunklen Früchten (Heidelbeeren)
Auch am Gaumen recht zurückhaltend mit dunkelfruchtiger Aromatik. Während das im Antrunk durchaus gediegen wirkt, macht sich dann eine gewisse Rustikalität mit einer leichten Bitternote bemerkbar, die den Wein in den eher knappen Abgang geleitet. Insgesamt etwas freudlos.

85-87, wohl eher bald trinken


Als nächstes ein Wein aus Pessac-Leognan, der in den letzten Jahren eine gewisse Aufmerksamkeit (sprich: gute Kritikerbewertungen) erfahren hat. Soweit ich mich erinnern kann war das meine erste Begegnung mit Malartic-Lagraviere.

2015 Chateau Malartic Lagraviere

Dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Im Duft noch vom Holzausbau geprägt, noch nicht voll entfaltete Frucht
Wirkt am Gaumen rund mit leichter alkoholischer Wärme, sehr präsentem Tannin und einer recht ausgeprägten Säure. Das ist gut, noch nicht bei seiner endgültigen Trinkreife angekommen, aber auch etwas mainstreamig. 

89-91+, eher noch einige Jahre liegenlassen 


Der nächste Wein ist ein schönes Beispiel dafür, dass Bordeaux auch Trinkspaß zu kleinen Preisen (13,50 in diesem Fall) bieten kann.


2009 Chateau Cap de Faugeres 

Sehr dunkles, noch fast jugendlich wirkendes Rot
Recht intensiver Duft mit Noten von eher roten als dunklen Früchten, etwas Kreide, insgesamt frisch und animierend 
Am Gaumen voll entwickelt mit schöner Frucht, noch durchaus präsentem, strukturgebendem und auch leicht trocknendem Tannin und recht langem, fruchtbetonten Finale
Sehr schön - nicht sehr komplex, aber ein grosser Trinkspaß 

88-90, in den nächsten Jahren trinken - wird sicher nicht mehr besser 


Als nächstes ein kleiner Wein aus grossem Jahr. Auch den gab es hier schon einmal (guckstu hier).


2005 Chateau de Fonbel 

Recht kräftiges Rot mit deutlichen orange-braunen Reifenoten
Mittelkräftiger Duft nach Kirschen und Gewürzen sowie etwas Waldboden. Nach Belüftung wird der Duft kräftiger und es tritt eine leichte Mentholnote hinzu.
Am Gaumen recht verhaltene Frucht, noch deutlich vernehmbares Tannin, wirkt überraschend frisch. 
Ist die Frucht hier auf dem Rückzug? Auch wenn der Wein ansonsten noch sehr vital wirkt, würde ich ihn eher bald trinken.

87-89, bald trinken 


Chateau Lagrange mag ich eigentlich (guckstu zum Beispiel hier), und so habe ich mich gefreut, kürzlich ein paar Flaschen 2005er zu einem guten Preis kaufen zu können. Sooo gut war er dann aber leider doch nicht.

2005 Chateau Lagrange Saint Julien 

Dunkles Rot mit leichten Reifenoten
Im Duft nach ausreichender Belüftung viel dunkle Frucht (Blaubeeren), etwas Tabak, Teer
Am Gaumen noch viel Tannin, das aber von guter Qualität ist, nichts hartes. Zusammen mit einer prägnanten Säure bildet das einen festen Rahmen, der die dunkle Frucht in den recht langen Abgang trägt.
Insgesamt ein schöner Bordeaux, aber die Struktur dominiert doch etwas. 

89-91, bis 2035+


Von Chateau Charmail aus dem Haut-Médoc habe ich einige Jahrgänge gehabt, bin mit dem Wein aber nie so recht warm geworden. Das galt leider auch für diesen 2009er.

2009 Chateau Charmail 

Kräftiges Rot mit Reifenoten
Recht kräftiger, rauchiger Duft nach roten und dunklen Früchten sowie Gewürzen
Da hält der Wein am Gaumen nicht ganz mit: Kraftvoller Auftritt zwar, aber mit nur verhaltener Frucht und noch recht präsentem, etwas trocknendem Tannin, mittlere Länge. Die 14% Alkohol machen sich bemerkbar, wenn der Wein im Glas wärmer wird. 

86-88, eher bald trinken 


Der nächste Wein ist einer von denen, bei denen ich nicht weiß, warum ich sie eigentlich gekauft habe. Vermutlich bin ich da auf die Anpreisungen des Händlers hereingefallen.




2015 Chateau Lafon la Tuilerie Saint Emilion Grand Cru 

Sehr dunkles Rot
Mittelkräftiger Duft, in dem sich pflaumige Frucht mit einer vanilligen Holzprägung und Kräuternoten verbindet. Ungewöhnlich, aber nicht schlecht. 
Am Gaumen "dick", wieder leicht pflaumige Frucht, viel reifes Tannin, aber auch eine störende Bitternote und deutlicher Alkoholeindruck (die 15% lassen grüssen...).
Das macht mir so keinen richigen Spaß

83-85, hat sicher noch Potential




Freitag, 11. Juli 2025

Ein kapitaler Hirsch

Die Lage Zöbinger Heiligenstein im Kamptal besitzt einen hervorragenden Ruf. Das Weingut Bründlmayer etwa produziert dort ganz hervorragende Rieslinge. Das Weingut Hirsch war mir zwar namentlich bekannt, aber im Glas bin ich seinen Weinen bislang nicht begegnet. Seit 2021 vinifiziert man dort einen aus alten Reben in einem als Rotfels bezeichneten Teilstück des Heiligensteins einen separaten Wein. Der Falstaff vergab dafür 100 Punkte. Nun ist der Falstaff gemeinhin nicht knausrig mit Punkten, aber 100 für einen (zudem noch bezahlbaren) österreichischen Weißwein sind schon ein Wort. Daher kamen vor zweieinhalb Jahren vier Flaschen in unseren Keller. Heute ging es der ersten davon an ihren Schraubverschluß.



2021 Hirsch Zöbinger Heiligenstein-Rotfels Riesling

Mittelgelb
In der Nase zwar noch kompakt, aber mit erkennbarer Tiefe; knapp reife gelbe Frucht, auch grüne Frucht (Stachelbeere?) sowie Kräuter
Am Gaumen viel Substanz und Tiefe, gelbfruchtig (aber auch hier eher in der knapp reifen Variante), steinige Mineralik, hervorragend integrierte Säure, nicht völlig trocken, lang und nachhaltig.
Ein grosser Riesling, der noch nicht alles zeigt. Kommt in meine Riesling Hall of Fame.

95-97, bis 2035


Donnerstag, 10. Juli 2025

Riesling vom Faulenberg

Das Pfälzer Weingut Theo Minges war und ist mir zwar ein Begriff, aber ich weiß nicht, ob ich jemals einen Wein des Gutes getrunken habe. Dankenswerterweise haben mir liebe Kollegen aber eine Flasche zum Geburtstag geschenkt, so dass ich diese Bildungslücke schliessen konnte. Der Wein zeichnet sich nicht nur durch ein interessantes Etikett aus, sondern ist auch ansonsten sehr gut. Ob allerdings "Unterer Faulenberg" eine sehr kaufanimierende Lagenbezeichnung ist, sei dahingestellt... 

 


2023 Theo Minges Gleisweiler Hölle Unterer Faulenberg Riesling GG

Helles bis mittleres Gelb
Recht ausgeprägter Duft nach gelben Steinfrüchten, vor allem Pfirsisch, ein Hauch Banane(?)
Am Gaumen zwar noch unentwickelt, aber eine ausgeprägte gelbfruchtige Aromatik deutet sich hier ebenfalls an. Gut eingebunde Säure und eine ins Salzige spielende Mineralik bilden das Fundament dazu.
Sehr schöner Riesling mit Zukunft

91-93, sollte noch zwei bis drei Jahre liegen und hat danach Reserven für sicher weitere fünf Jahre 

Schnäppchenjagd relaoded

Da habe ich doch schon wieder so ein preisreduziertes Überraschungspaket bestellt... 

Im letzten (guckstu hier) war nicht viel Überzeugendes, aber dieses hier (eine "Mystery-Box" mit sechs Flaschen zu 40 Euro plus Versand) war sowohl preiswerter als auch besser. Unter anderem befand sich darin eine Flasche 2013er "La Dama" der Domaine Lupier. Den kenne und schätze ich (guckstu hier). Dazu neben drei Weinen, zu denen ich keine Notizen gemacht habe, diese beiden Italiener hier. 

 

2024 Zenato Lugana Santa Christina

Helles Gelb
Intensiver, etwas parfumiert wirkender Duft mit floralen und gelbfruchtigen Noten
Auch am Gaumen intensiv floral-fruchtiger Auftakt, dem aber nicht sehr viel folgt. Gut trinbarer Wein, dem es aber etwas an Substanz und Tiefgang mangelt. Endet recht kurz auf eine leicht herbe Note.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass dieser Stil populär ist, finde den Wein aber doch ein wenig oberflächlich.

84-86, würde ich jung trinken

 


2021 San Silvestro Barbera d'Alba Superiore

Mittleres Rot
Recht kräftiger Duft mit intensiver Frucht, bei der Kirsche dominiert
Auch am Gaumen fruchtbetont, schöne Frische, dabei mittelgewichtig und ohne wahrnehmbares Tannin
Das ist Easy Drinking auf ansprechendem Niveau; fruchtbetont und unkompliziert. Wenn der offene Rote in der Pizzeria diese Qualität hätte, wäre schon viel gewonnen.

85-87, würde ich in der jetzigen Fruchtphase trinken 



Sonntag, 15. Juni 2025

Quartett mit Trumpf

Unter der Woche begegnete mir im Keller eine Flasche 2016er Wiltinger von Van Volxem. Ein Stück daneben lag die letzte Flasche des 2017ers. Dann fiel mir ein, dass es irgendwo auch noch 2018er und 2019er geben muss. Gesucht gefunden, und alle vier für einen Vergleich vorgemerkt. Der stand gestern und heute auf dem Programm. 



2016 Van Volxem Wiltinger Riesling

Mittelgelb
Im Duft verhalten gelbfruchtig, gewürzige Noten (Kurkuma?)
Am Gaumen reife Gelbfrucht, harmonisch eingebundene Säure, herb-gewürzige Note im mittellangen Abgang
Insgesamt recht unspektakulär. 

84-86, bald trinken


2017 Van Volxem Wiltinger Riesling

Sattes Mittelgelb
Im Duft dominiert zunächst schiefrige Mineralik, etwas Rauch, dann kommt auch gelbe Frucht mit einem Hauch Orange durch
Auch am Gaumen mineralisch geprägt, betont trocken mit ausgeprägter, reifer Säure
Gefällt mir besser als der ein Jahr ältere Kollege

86-88, dürfte noch zwei bis drei Jahre in Form bleiben


2018 Van Volxem Wiltinger Riesling 

Mittelgelb
Recht zurückhaltender Duft mit Noten von Stachelbeere, auch ein ganz leicht rotfruchtiger Eindruck
Wirkt am Gaumen reif, mit Zug, aber da ist auch eine leichte Bitternote, die sich in den Abgang hineinzieht.

84-86, recht bald trinken


2019 Van Volxem Wiltinger Riesling

Mittelgelb
Der intensivste Duft der vier Weine, pikant und animierend, gelbe Frucht mit leicht exotischem Einschlag
Am Gaumen sehr "erwachsen", Steinobst, herbe Mineralik, reife Säure. Recht langer und herber Nachhall.
Der Klare Gewinner in diesem Vergleich. 

88-90, trinkt sich jetzt ganz hervorragend, hat aber noch einige Jahre vor sich 


Fazit: Offenbar sollte man den Wiltinger vorzugsweise aus ungeraden Jahren kaufen, denn der 2017er und der 2019er gefallen mir besser als der 2016er und 2018er. Klarer Gewinner ist für mich der 2019er, der im übrigen auch ein sehr gutes Preis-Qualitätsverhältnis aufweist.  Eine andere mögliche Schlußfolgerung aus dem Vergleich ist, dass die älteren Weine ihren Zenit bereits etwas überschritten haben könnten. Ich habe jedenfalls unsere restlichen Flaschen zum baldigen Konsum vorgemerkt. 

Donnerstag, 5. Juni 2025

Ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk

Prädikate von J.J. Prüm jenseits der Auslese stehen normalerweise nicht auf meinem Einkaufszettel, weil ihr Preis in der Regel weit nördlich meines Budgets liegt. Diese Beerenauslese konnte ich aber sehr günstig (ein zweistelliger Preis für eine ganze Flasche) ersteigern. Eigentlich wollte ich sie an meinem Geburtstag öffnen, aber dazu kam es dann nicht. Daher habe ich mich nun ein paar Tage später beschenkt. 



2006 J.J. Prüm Bernkasteler Badstube Riesling Beerenauslese 

Reifes Goldgelb
Zunächst verhaltener, mit mehr Luft intensiverer Duft nach gelben Früchten (Aprikose), Nüssen und einem Hauch Zitrus
Am Gaumen viskose Textur, sauber gezeichnet mit satter gelber Frucht, kräftiger aber harmonisch eingebundener Süße und langem, fruchtbetontem Abgang 

92-94, bis 2040+


Fazit: Auch wenn das ein sehr schöner Wein ist, hatte ich mir doch mehr versprochen. So, wie er sich hier darstellt, würde ich zum Beispiel die vor einige Zeit getrunkene 2017er Graacher Himmelreich Auslese (guckstu hier) vorziehen, da ist einfach mehr Zzzing.

Sonntag, 1. Juni 2025

Ein ungleiches Paar

Diese beiden Weine haben auf den ersten, zweiten und dritten Blick nichts miteinander zu tun. Nur wenn man noch genauer hinschaut, erkennt man eine Gemeinsamkeit: den Preis. Beide Weine haben knapp 20 Euro gekostet. Allerdings hat der Graacher die knapp 20 Euro Anfang des Monats gekostet, der Montrose dagegen 1991 in der Subskription. Will man ihn heute kaufen, so zahlt man einen Preis, für den man mindestens vier Sechser-Kisten des Graacher Rieslings bekäme. Was besser ist, muss wohl jede/r für sich entscheiden...


 

 

2024 Willi Schäfer Graacher Riesling feinherb 

Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
Ausgeprägter Duft mit deutlicher Pfirsischnote und floralen Elementen, das wirkt fast schon ein wenig parfümiert 
Auch am Gaumen viel Frucht, wieder Pfirsisch, der deutlich wahrnehmbare Restzucker wird durch die prägnante, reife Säure gut balanciert. Im Abgang spielt dann der Pfirsisch wieder die erste Geige. 

88-90, wird sicher bis ins nächste Jahrzehnt Freude machen 


1990 Chateau Montrose 

Mittleres Rot, am Rand orange Reifenoten
Ausgeprägter Duft nach roten Früchten, Leder. Mit sehr viel Luft (5 bis 6 Stunden in der Karaffe) wird der Duft "ruhiger" und dunkle Früchte dominieren jetzt, begleitet von Eisen und getrockneten Kräutern
Baut am Gaumen sofort Druck auf, da ist wieder etwas rote Frucht, viel Leder, Waldboden, schöne Fruchtsüße, durchaus noch präsentes Tannin, langes Finale. Auch am Gaumen ändert sich das Bild nach ein paar Stunden Luftkontakt deutlich. Der Wein wird dunkelfruchtig, sehr harmonisch mit einem Hauch mentholischer Frische und feinsandigem Tannin.
Erinnert etwas an den vor etwa anderthalb Jahren getrunkenen 1982er Montrose - auch der veränderte sich mit längerer Luftzufuhr sehr deutlich (guckstu hier).
Das ist ein sehr schöner Bordeaux, aber bei 100 Punkten sehe ich ihn dann doch nicht. 

94-96, dürfte seinen 40. Geburtstag noch in guter Verfassug erleben 

Samstag, 31. Mai 2025

Ein Klassiker

Von keinem anderen Bordeaux haben wir so viele Jahrgänge im Keller wie von Leoville Barton. Das heißt nun allerdings (leider) nicht, dass jeder Wein des Gutes uns begeistert (guckstu zum Beispiel hier). Heute gab es den 2004er. In pauschalen Jahrgangsbewertungen wird der Jahrgang nicht sehr gut beurteilt, er landet eher im hinteren Mittelfeld seines Jahrzehnts. Das hat den Verantwortlichen bei Leoville Barton aber zum Glück niemand erzählt, denn die haben einen Volltreffer gelandet.



2004 Chateau Leoville Barton 

Dunkles Rot mir nur sehr leichter Reifenote am Rand
Ganz klassischer und gediegen wirkender Duft nach roten und dunklen Früchten und einem Hauch Leder. Mit mehr Luft wird der Duft dunkelfruchtiger, es kommt etwas Süßholz und eine ganz dezente mentholische Note hinzu
Am Gaumen ungemein präzise wirkend mit klarem Fruchtausdruck, belebender Säure und spürbarem Tannin. Das ist sehnig, ohne ein Gramm Fett. Ein Klassiker eben. 

93-95, bis 2030+

Donnerstag, 29. Mai 2025

It's weird being the same age as old people

Alle Zahlen und Fakten sprechen dafür, dass ich alt werde. Und es hilft nicht, darüber zu jammern - eine gute Alternative zum Altwerden gibt es nicht. Man kann sich damit trösten, dass es Dinge gibt, die schlechter altern als man selbst. Wein zum Beispiel. Und Wein aus dem Jahrgang 1965 ganz besonders, denn der Jahrgang war legendär schlecht. 

Zwei Flaschen 65er hatten wir im Keller. Den Hochheimer habe ich 1993 vom damaligen Domänenrat von Schloß Schönborn, Robert Englert, bekommen. Für 11,50 DM (10 plus Mehrwertsteuer, die lag damals bei 15%). Den Eiswein habe ich irgendwann mal bei Ebay ersteigert.

 


1965 Schloß Schönborn Hochheimer Kirchenstück Riesling 

Goldgelb
In der Nase deutliche Firne und auch etwas nasser Pappkarton (aber der verschwindet mit etwas Luft); mit viel Phantasie Andeutung von gelber Frucht
Am Gaumen trocken wirkend (obwohl der Wein vermutlich ursprünglich restsüß war), wieder Firne, auch hier kann man sich mit viel Phantasie noch etwas Aprikosenfrucht hinzudenken
Man kann das trinken, aber Freude kommt nicht dabei auf - es ist eher denkwürdig als schön 

Mit Punkten bewerten mag ich das nicht 



 

 



 

1965 Heinreich Braun Niersteiner Unter der Bergkirche Eiswein 

Goldgelb
Im Duft intensiver als der Rheingauer, aber auch hier Firne und nasser Pappkarton
Am Gaumen ist da noch eine "warm" wirkende Süße, die aber von etwas muffigen Noten eingerahmt wird. Etwas bitter im Abgang. Auf die Idee, dass das ein Eiswein ist, wäre ich nie im Leben gekommen. 

Auch hier keine Bewertung 


Fazit: Ich denke, da habe ich mich dann doch besser gehalten als die beiden Weine :-)

Heydenreich

Das Weingut Friedrich Becker aus der Südpfalz gehört, wie ich auch aus eigener Erfahrung (guckstu zum Beispiel hier) weiß, zu den führenden Spätburgunder-Erzeugern in Deutschland. 

Der "Heydenreich" wächst in einer kleinen Parzelle im Schweigener Sonnenberg und ist ein gutes Stück teurer als die offiziellen Grossen Gewächse (KB und Sankt Paul) des Weinguts. Bislang hatte ich den Wein nur auf grösseren Verkostungen und in kleinen Mengen ins Glas bekommen. Heute ging es der ersten eigenen Flasche an den Korken.

 


2017 Friedrich Becker Schweigener Sonnenberg Spätburgunder "Heydenreich"

Mittleres, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Kräftiger und vielschichtiger Duft nach dunklen Früchten mit floralen Akzenten, Fleisch, Kaffeebohnen
Am Gaumen sehr konzentriert, der Ausbau im Holz ist noch spürbar, viel dunkle Frucht, Kirsche, etwas Kaffee, das ganze untermalt von hochfeinem Tannin und lebendiger Säure. Der Wein hat Biss und Spannung bis in den sehr langen Abgang.
Läßt erahnen, was in ihm steckt, ist aber noch nicht in der optimalen Trinkreife angekommen

93-95+, 2027-2035+

Mittwoch, 7. Mai 2025

Hab Acht

2008 gilt in Bordeaux als "solider" Jahrgang; im Fußball würde man sagen er befinde sich "im Niemandsland der Tabelle". Eine etwas ausführlichere Darstellung findet man hier. Wir haben den ein oder anderen Wein aus dem Jahrgang und haben uns da mal ein wenig durchprobiert.


Abschiedsbild am Altglascontainer :-)

2008 La Fleur de Boüard 

Mittleres bis dunkles Rot mit orange Reifenoten
Recht ausgeprägter Duft mit an Pflaume erinnernder Frucht und Gewürzanklängen, etwas Tabak(?)
Wirkt am Gaumen schon ein wenig ausgetrocknet mit eher wenig Frucht und trocknendem Tannin.
Selbst schuld, denn das ist eigentlich kein Wein, den man 17 Jahre liegen lassen sollte...

80-82, austrinken


2008 Chateau d'Aiguilhe 

Noch ziemlich dunkles Rot mit nur leichter Reifenote
Aus dem Glas springt einen direkt eine ziemlich intensive Frucht (Zwetschke, Kirsche) an, dann Lakritz und auch etwas Jod. Mit mehr Luft kommt eine recht deutliche etherische Note hinzu. Das ist schon ein recht vielschichtiger Duft
Am Gaumen dann ziemlich konzentriert, viel reifes, nur leicht trocknendes Tannin, fast viskose Textur, wieder die Zwetschke. Das ist recht mächtig, aber für Eleganztrinker ist das nichts. Macht auch schnell satt. 

88-90, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2008 Chateau Phelan Segur 

Mittleres Rot mit ganz leichten Reifenoten
Im Duft klassisch mit Cassis, dunklen Früchten, etwas Leder, wirkt herb
Mittelgewichtig, "transparent" wirkende Frucht, unaufdringliches, aber trotzdem präsentes Tannin. Der durchschnittliche Jahrgang macht sich in der (nicht sehr ausgeprägten) Gaumenmitte und dem recht knappen Abgang bemerkbar
Als Essensbegleiter sicher gut geeignet, als Solist etwas uncharmant. 

88-90, Reserven sicher bis 2030


2008 Chateau Lagrange 

Recht dunkles Rot ohne Reifenoten
Schöner Duft nach roten und dunklen Früchten, etwas Graphit
Am Gaumen ist ein leichter Korkschmecker wahrnehmbar (was insofern überrascht, als in der Nase davon nichts zu spüren war). Daher

ohne Bewertung


2008 Chateau Calon Segur 

Dunkles Rot ohne Reifenoten
Sofort nach dem Öffnen eher verhaltener Duft nach dunklen Früchten, etwas Vanille vom Holzausbau, Graphit. Mit mehr Luft etwas intensiver und fokussierter, Rauch, dunkle Frucht, Kirschwasser
Am Gaumen mächtig, aber zunächst noch monolithisch wirkend mit viel Tannin, dann dunkle Frucht.
Den Wein würde ich eher noch liegenlassen. Ich denke, da ist genug Substanz und Frucht für eine positive weitere Entwicklung

90-92+, 2028-2040 


2008 Chateau Leoville Barton 

Dunkles Rot ohne Reifenoten
Im Duft zunächst zurückhaltend, mit mehr Luft und etwas höherer Temperatur etwas kräftiger, Kirsche, rote Früchte, etwas Asche, Andeutung von Waldboden
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne, transparent wirkende Frucht, zurückhaltenderes Tannin als beim Calon-Segur, endet kirschfruchtig und recht lang, aber auch mit einem leicht trocknenden Eindruck 
Schöner Wein, der jetzt in der Trinkreife angekommen ist 

91-93, Reserven für mindestens 10 Jahre 

 

2008 Clos Fourtet 

Recht dunkles Rot mit erster Reife am Rand
Eher zurückhaltender, aber feiner Duft nach roten und dunklen Früchten
Auch am Gaumen zunächst recht verhalten, mit mehr Luft dreht die Frucht etwas auf, begleitet von ausgeprägtem Tannin, das im recht langen, kirschfruchtigen Finale dann etwas trocknet.
Das ist schon ein schöner Wein, er bleibt aber doch etwas hinter den Erwartungen zurück, die der Status weckt.

89-91  

 

2008 Chateau Haut Bailly 

Dunkles Rot mit ganz leichten Reifenoten
Sehr intensiver und vielschichtiger Duft nach Cassis, Pflaume, Tabak, etwas Gewürz und einer mentholischen Note, die Frische verleiht
Am Gaumen erinnert die Frucht eher an Pflaume, die mentholische Note findet sich hier wieder. Das Tannin wirkt zunächst weich, aber zum (ansonsten überzeugenden und langen) Abgang hin macht sich doch eine gewisse Härte bemerkbar.
Für den Duft alleine hätte ich mindestens 95 Punkte vergeben, aber am Gaumen hält der Wein dann leider nicht ganz das, was der Duft verspricht.

92-94, Reserven für 5 bis 10 Jahre


Fazit: Da sind schöne Weine dabei, aber die ganz große Begeisterung kommt nicht auf. Phelan-Segur und Leoville-Barton sind vom Stil her eher klassisch, d'Aiguilhe und Calon-Segur (jeweils auf ihre eigene Art) dagegen eher mächtig. Der Clos Fourtet fliegt etwas unter dem Radar, und beim Haut Bailly blitzt echte Größe zumindest im Duft auf.

Montag, 5. Mai 2025

Der Süßwein der Woche (13)

Nachdem es in der letzten Ausgabe des Süßweins der Woche eine ziemlich wilde Mischung verschiedenster Weine gab (guckstu hier), war es diesmal sehr fokussiert: Alles aus 2002 und alles weniger als 100 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt. 

Den Anfang machte eine Wehlener Sonnenuhr Spätlese von J.J. Prüm.



2002 J.J. Prüm Wehlener Sonnenuhr Riesling Spätlese 

Goldgelb
Sehr präziser Duft nach gelben Früchten mit etwas Vanille und Schiefermineralik
Auch am Gaumen finden sich gelbe Früchte, daneben etwas Tee. Sehr schöne Süße-Säure-Balance.
Sehr schönes Beispiel für eine gereifte Mosel-Spätlese. 

90-92, dürfte sich noch einige Zeit auf diesem Niveau halten 


Es folgte ein Abstecher an die Ruwer, wo 2002 unter anderem diese wunderbare goldverkapselte Auslese entstand.


2002 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Auslese Goldkapsel Nr. 53 (aus halber Flasche)

Reifes Goldgelb mit leichtem Rotschimmer
Nach etwas Belüftung ausgeprägter und sehr sauberer Duft nach gelben Früchten (Aprikose, Quitte) und etwas Vanille
Auch am Gaumen sehr präziser Fruchtausdruck, hervorragende Süße-Säure-Balance, sehr langes, fruchtbetontes Finale 
Hervorragende Auslese - leider die letzte Flasche 

94-96, würde ich wohl zum baldigen Trinken vormerken, wenn ich noch welche hätte 


Dann gab es einen kleinen Abstecher an die Nahe und zum Abschluß ging es nochmal zurück an die Mittelmosel mit zwei Auslesen vom Weingut Fritz Haag,


2002 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese  (aus halber Flasche)

Bernsteinfarben
Im Duft Karamell, Butter, daneben getrocknete Aprikose
Am Gaumen unaufdringliche, harmonische Süße, recht zurückhaltende Frucht (wieder Richtung Aprikose), die im Finale dann noch einmal etwas aufdreht
Schöne Auslese, aber vielleicht doch schon etwas "past its prime" 

89-91, recht bald trinken 

 

2002 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese #10 (aus halber Flasche)

Goldgelb
Reintöniger, allerdings nicht sehr intensiver Duft nach reifen gelben Früchten
Am Gaumen wunderbare Harmonie zwischen unaufdringlicher Süße und Säure, wieder gelbe Früchte, sehr saftig und trinkanimierend, lang
Sehr schöne Auslese in hervorragendem Zustand.

92-94, bis 2030 

 

2002 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese Goldkapsel #12 (aus halber Flasche)

Goldgelb
Im Duft reife gelbe Früchte (Aprikose, Pfirsisch)
Am Gaumen wieder gelbe Früchte, saftig, aber mit weniger Spiel und Spannung als bei der Auslese #10
Vielleicht keine optimale Flasche (der Korken war etwas aus der Flasche herausgedrückt und der Füllstand weniger gut als bei der #10). Allerdings wurden beide Flaschen 2003 beim gleichen Händler gekauft und seitdem identisch gelagert. 

90-92, bis 2030





Dienstag, 22. April 2025

O Zahir

"O Zahir" ist ein Roman von Paulo Coelho. Bei Oliver Zeter wird der Name der Romanfigur für die Bordeaux-Blends des Hauses verwendet. Den roten Zahir, gekeltert aus Cabernot Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc, gibt es schon länger (bei cellartracker.com finden sich Verkostungsnotizen zurück bis 2012). 2021 gabe es erstmals auch einen weißen Zahir, gekeltert aus 85% Sauvignon Blanc, 12% Sauvignon Gris und 3% Semillon. Mit einem Sauvignon Blanc-Anteil von 85% hätte man den übrigens auch als "reinsortigen" Sauvignon Blanc etikettieren dürfen. 

Vom weißen Zahir haben wir vor ein paar Monaten sechs Flaschen gekauft. Der rote (aus 2019) war eine Einzelflasche.

 


2021 Zahir weiß

Mittelgelb
Duftet nach Holunder und exotischen Früchten (Maracuja) - nicht vorlaut, sondern sehr gediegen (fast möchte ich "aristokratisch" schreiben)
Am Gaumen harmoniert die Frucht prächtig mit einer lebhaften Säure, das wirkt delikat und gleichzeitig sehr lebhaft, hallt lange nach.

91-93, bis 2030 mindestens, wahrscheinlich länger 


Fazit: Das ist für mich der beste deutsche Sauvignon bisher. Bleibt zu hoffen, dass es davon weitere Jahrgänge geben wird.



2019 Zahir rot 

Recht dunkles, noch eher jugendlich wirkendes Rot
Im Duft Cassis, dunkle Frucht, Rauch, auch etwas Paprika
Am Gaumen recht ausgeprägte Frucht, wieder etwas Paprika, herber Saft, reifes Tannin
Schöner Pfälzer Bordeaux-Blend.

89-91, bis 2030+ 


Nachdem wir den Zahir im Glas hatten tauchte die Frage auf, was denn ein Bordeaux vergleichbarer Preisklasse kann. Also kurz in den Keller und einen 2019er Bordeaux hervorgekramt. La Croix Ducru-Beaucaillou wird oft als Zweitwein von Chateau Ducru-Beaucaillou in Saint-Julien bezeichnet, stammt aber tatsächlich von eigenen Rebflächen (wie z.B. auch der "Le C des Carmes Haut-Brion", guckstu hier). Der 2019er wird sehr gelobt, insofern haben wir die Latte für den Zahir wohl ziemlich hoch gelegt. Wir haben für den La Croix Ducru-Beaucaillou 37,50 bezahlt, derzeit ist er noch für um die 45 Euro im Handel erhältlich.


2019 La Croix Ducru-Beaucaillou 

Dunkles, jugendliches Rot
Recht ausgeprägter Duft nach dunklen Früchten, überlagert von Gewürzaromen und einer an Kokos erinnernden Note vom Holzausbau 
Am Gaumen ein "Vorrat" an noch nicht voll entfalteter Frucht, sehr feines Tannin, recht langes Finale. Wirkt insgesamt sehr gediegen, braucht aber noch ein paar Jahre um zu zeigen, was wirklich in ihm steckt. 

91-93+, noch zwei bis drei Jahre warten und dann sicher bis 2040


Fazit: So schön der Zahir ist - der La Croix Ducru-Beaucaillou legt noch eine ordentliche Schippe drauf.





Montag, 7. April 2025

Der letzte Auftritt der Dulucs

Chateau Branaire Ducru ging im 17. Jahrhundert aus dem (damals sehr großen) Besitz von Chateau Beychevelle hervor. Es wurde von einem Herrn Braneyre (Schreibweise später in Branaire geändert) gegründet. Später heiratete eine Nachfahrin einen Herrn Du Luc (Schreibweise später in Duluc geändert). In die Klassifikation von 1855 wurde das Gut als 4ème Grand Cru Classé unter dem Namen Chateau Duluc aufgenommen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbte Gustave Ducru zusammen mit seiner Schwester das Weingut und fügte seinen Namen dem des Chateaus hinzu.

Auf Grund dieser Geschichte firmierte das Weingut bis einschließlich 2001 als Chateau Branaire mit dem Klammerzusatz "(Duluc Ducru)". Ab dem Jahrgang 2002 wurde der Name dann (aus mir nicht bekannten Gründen) in Branaire Ducru geändert. Insofern sind die Jahrgänge 2000 und 2001 die letzen Auftritte der Dulucs. Jedenfalls auf dem Etikett des Erstweins des Gutes. Der Zweitwein (den ich allerdings noch nie im Glas hatte) heißt auch heute noch "Duluc de Branaire Ducru".


2001 Chateau Branaire (Duluc-Ducru)

Mittleres bis dunkles Rot mit Reifenoten 
Recht verhaltener Duft nach vorwiegend dunklen Früchten, Rauch, auch etwas Waldboden
Am Gaumen wieder dunkle Frucht, gut gereift, noch ein wenig (leicht trocknendes) Tannin, mineralischer Touch, ordentliche Länge
In Ehren gereifter Wein aus kleinerem Jahr, sollte aber bald getrunken werden 

88-90, bald trinken 


2000 Chateau Branaire (Duluc-Ducru) 

Mittleres bis dunkles Rot mit orange-bräunlicher Reifenote 
Schöner Duft, geprägt von dunkler Frucht (Richtung Heidelbeeren und Brombeeren) und einer floralen Note
Auch am Gaumen dunkelfruchtig, nachhaltiger und etwas generöser als der 2001er und mit längerem Abgang. Ebenfalls noch leicht trocknendes Tannin.

90-92, bis 2030

Dienstag, 1. April 2025

Schnäppchenalarm?

Ende Februar bewarb Silkes Weinkeller ein Überraschungspaket, das für 47,90 Euro sechs Flaschen enthielt, deren Warenwert laut Werbung sonst über 115 Euro liege. Angesichts von 60% Rabatt haben sich offenbar wichtige Teile meines Hirns abgeschaltet und ich habe ein Paket bestellt. Vielleicht aus einer Motivation heraus wie: Wenn ich mir aus dem Sortiment sechs Weine mit Listenpreis 115 Euro aussuchen und die dann für 47,90 kaufen kann, wäre das ein ziemlich guter Deal. Da wäre vielleicht sogar der größte Dealmaker aller Zeiten ein bisschen neidisch geworden. Der Denkfehler dabei ist natürlich, dass nicht ich die Weine aussuche. And here we go...



2019 Pendio Antico Primitivo die Manduria Riserva 

Dunkles Rot mit erster Reife
Duftet recht intensiv nach Pflaume, frisch gemahlenem Kaffee, hat aber auch eine portige Note, die die Erwartung von Süße weckt
Am Gaumen druckvoll mit deutlich spürbarem Alkohol; die 15% machen sich deutlich bemerkbar. Wirkt etwas strukturlos. Würzig, pflaumige Frucht, leicht salzig, im Finale dann auch spürbares und etwas trocknendes Tannin
Es gibt sicher Leute die das mögen, aber mich stören die labbrige Struktur und der alkoholische Eindruck. Mehr als ein Glas kann ich davon nicht trinken. 

82-84, eher bald tinken


Ohne Jahrgang Tre Zone Vini Rossi d'Italia (eine Cuvée aus Primitivo aus Apulien, Nero d'Avola aus Kalabrien und Syrah aus Sizilien)

Dunkles, noch eher jugendlich wirkendes Rot
Im Duft zunächst eher verhalten, mit Luft intensiver mit viel eher roter Frucht (Himbeeren)
Am Gaumen dann ebenfalls sehr fruchtbetont, deutlicher Süßeeindruck, reifes, "weiches" Tannin, mittellanger und wieder rotfruchtiger Abgang.
Eine etwas vordergündige und gefällige Fruchtbombe. Der ebenfalls recht hohe Alkohol (14,5%) ist hier deutlich besser verpackt als bei dem Primitivo. Das ist kein Wein, den ich mag oder im Keller haben wollte, aber auf seine Art ist er gut gemacht und wird seine Liebhaber finden. 

85-87, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken

 

2021 Poggetto di Toscana

Dunkles Rot
Im Duft fruchtbetont, rote Frucht mit (wirklich!) leichter Zitruskomponente, etwas parfumiert wirkend
Am Gaumen etwas strukturlos daherkommend, wieder ausgeprägte Frucht mit leichter Zitrusnote, im ordentlichen Abgang leicht trocknendes Tannin.
Wird nach dem ersten Glas etwas anstrengend

84-86, eher jung trinken


2022 Ruppertsberger Weinkeller Hoheburg Riesling

Helles bis mittleres Gelb
Verhaltener Duft nach Zitrusfrüchten
Auch am Gaumen zitrusfruchtig, sauberer, einfacher Riesling 

83-85, in den nächsten ein bis zwei Jahren trinken

 

2023 Cantina Tollo Tanica No. Uno Cerasuolo Rosato

Lachsfarben
Etwas dropsiger Duft nach roten Früchten mit floralen Noten
Am Gaumen undifferenziert mit etwas diffuser roter Frucht, kurz

76-79, bald trinken


2018 Bodegas Olarra Caballero del Rey Rioja Gran Reserva 

Sehr dunkles Rot mit leichten Reifenoten
Im Duft dunkle Frucht, die von (für gereiften Rioja typischen) balsamischen Noten etwa überlagert wird
Am Gaumen an Pflaume erinnernde Frucht, wieder dezent balsamische Noten und eine etherische Note, die dem Wein eine gewisse Frische verleiht. Im Finale eine an Suppenkräuter erinnernde Note, leicht salzig 

87-89, bis 2030