2008 gilt in Bordeaux als "solider" Jahrgang; im Fußball würde man sagen er befinde sich "im Niemandsland der Tabelle". Eine etwas ausführlichere Darstellung findet man hier. Wir haben den ein oder anderen Wein aus dem Jahrgang und haben uns da mal ein wenig durchprobiert.
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Abschiedsbild am Altglascontainer :-) |
2008 La Fleur de Boüard
Mittleres bis dunkles Rot mit orange Reifenoten
Recht ausgeprägter Duft mit an Pflaume erinnernder Frucht und Gewürzanklängen, etwas Tabak(?)
Wirkt am Gaumen schon ein wenig ausgetrocknet mit eher wenig Frucht und trocknendem Tannin.
Selbst schuld, denn das ist eigentlich kein Wein, den man 17 Jahre liegen lassen sollte...
80-82, austrinken
2008 Chateau d'Aiguilhe
Noch ziemlich dunkles Rot mit nur leichter Reifenote
Aus dem Glas springt einen direkt eine ziemlich intensive Frucht (Zwetschke, Kirsche) an, dann Lakritz und auch etwas Jod. Mit mehr Luft kommt eine recht deutliche etherische Note hinzu. Das ist schon ein recht vielschichtiger Duft
Am Gaumen dann ziemlich konzentriert, viel reifes, nur leicht trocknendes Tannin, fast viskose Textur, wieder die Zwetschke. Das ist recht mächtig, aber für Eleganztrinker ist das nichts. Macht auch schnell satt.
88-90, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken
2008 Chateau Phelan Segur
Mittleres Rot mit ganz leichten Reifenoten
Im Duft klassisch mit Cassis, dunklen Früchten, etwas Leder, wirkt herb
Mittelgewichtig, "transparent" wirkende Frucht, unaufdringliches, aber trotzdem präsentes Tannin. Der durchschnittliche Jahrgang macht sich in der (nicht sehr ausgeprägten) Gaumenmitte und dem recht knappen Abgang bemerkbar
Als Essensbegleiter sicher gut geeignet, als Solist etwas uncharmant.
88-90, Reserven sicher bis 2030
2008 Chateau Lagrange
Recht dunkles Rot ohne Reifenoten
Schöner Duft nach roten und dunklen Früchten, etwas Graphit
Am Gaumen ist ein leichter Korkschmecker wahrnehmbar (was insofern überrascht, als in der Nase davon nichts zu spüren war). Daher
ohne Bewertung
2008 Chateau Calon Segur
Dunkles Rot ohne Reifenoten
Sofort nach dem Öffnen eher verhaltener Duft nach dunklen Früchten, etwas Vanille vom Holzausbau, Graphit. Mit mehr Luft etwas intensiver und fokussierter, Rauch, dunkle Frucht, Kirschwasser
Am Gaumen mächtig, aber zunächst noch monolithisch wirkend mit viel Tannin, dann dunkle Frucht.
Den Wein würde ich eher noch liegenlassen. Ich denke, da ist genug Substanz und Frucht für eine positive weitere Entwicklung
90-92+, 2028-2040
2008 Chateau Leoville Barton
Dunkles Rot ohne Reifenoten
Im Duft zunächst zurückhaltend, mit mehr Luft und etwas höherer Temperatur etwas kräftiger, Kirsche, rote Früchte, etwas Asche, Andeutung von Waldboden
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne, transparent wirkende Frucht, zurückhaltenderes Tannin als beim Calon-Segur, endet kirschfruchtig und recht lang, aber auch mit einem leicht trocknenden Eindruck
Schöner Wein, der jetzt in der Trinkreife angekommen ist
91-93, Reserven für mindestens 10 Jahre
2008 Clos Fourtet
Recht dunkles Rot mit erster Reife am Rand
Eher zurückhaltender, aber feiner Duft nach roten und dunklen Früchten
Auch am Gaumen zunächst recht verhalten, mit mehr Luft dreht die Frucht etwas auf, begleitet von ausgeprägtem Tannin, das im recht langen, kirschfruchtigen Finale dann etwas trocknet.
Das ist schon ein schöner Wein, er bleibt aber doch etwas hinter den Erwartungen zurück, die der Status weckt.
89-91
2008 Chateau Haut Bailly
Dunkles Rot mit ganz leichten Reifenoten
Sehr intensiver und vielschichtiger Duft nach Cassis, Pflaume, Tabak, etwas Gewürz und einer mentholischen Note, die Frische verleiht
Am Gaumen erinnert die Frucht eher an Pflaume, die mentholische Note findet sich hier wieder. Das Tannin wirkt zunächst weich, aber zum (ansonsten überzeugenden und langen) Abgang hin macht sich doch eine gewisse Härte bemerkbar.
Für den Duft alleine hätte ich mindestens 95 Punkte vergeben, aber am Gaumen hält der Wein dann leider nicht ganz das, was der Duft verspricht.
92-94, Reserven für 5 bis 10 Jahre
Fazit: Da sind schöne Weine dabei, aber die ganz große Begeisterung kommt nicht auf. Phelan-Segur und Leoville-Barton sind vom Stil her eher klassisch, d'Aiguilhe und Calon-Segur (jeweils auf ihre eigene Art) dagegen eher mächtig. Der Clos Fourtet fliegt etwas unter dem Radar, und beim Haut Bailly blitzt echte Größe zumindest im Duft auf.
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