Freitag, 19. Mai 2017

Alt und grau?

Heute gab es zwei Weine, die ich im Keller vergessen hatte. Beide habe ich im Jahr nach der Ernte gekauft und die jeweils letzte Flasche dann nie aufgemacht. Nun endlich waren beide fällig.




2008 Clemens Busch Vom grauen Schiefer Riesling trocken
Reifes Goldgelb
In der Nase recht ausgeprägt, deutlich auf der kräutrigen Seite, dazu Bienenwachs
Am Gaumen ein etwas karger, wieder kräuterbetonter Stil, kleidet den Gaumen trotzdem vollständig aus, gute Länge
Spannender, durchaus eigenständiger Wein.
86-88, bis 2018

2009 Clemens Busch Vom grauen Schiefer Riesling trocken
Ebenfalls reifes Goldgelb, in der Farbe fast kein Unterschied zum 2008er 
In der Nase etwas leiser, deutlich fruchtbetonter, Orangenschale, Zitrus
Auch am Gaumen Orangennoten, deutlich reifere und cremigere Stilistik als der 2009er, spürbarer Restzucker, wirkt insgesamt ein bischen langweilig und ist wohl auch schon etwas über den Punkt.
83-85, trinken

Fazit: Man kann darüber streiten, ob nun 2008 oder 2009 das "eigentlich" bessere Jahr ist. Am Anfang wurden die 2009er sicher höher eingeschätzt, aber mittlerweilse bevorzugt so mancher die 2008er. Wie dem auch sei: Hier ist der 2008er der eindeutig spannendere Wein.

Donnerstag, 4. Mai 2017

Hattenheim

Spontane Ausflüge sind doch meistens die schönsten. Am Sonntag sind wir kurz entschlossen mit dem Zug in den Rheingau nach Hattenheim gefahren, um den einen Tag mit schönem Wetter zu geniessen (vorher und nachher war das Wetter ja eher gräuslich). Zur Einstimmung gab es erstmal Riesling-Sekt (den extra brut) beim Weingut Barth.

Anschliessend sind wir runter zu den Fässern am Rhein gegangen, dem Hattenheimer Weinprobierstand. Der wird abwechselnd von verschiedenen Winzern betrieben, so dass man mit der Qualität des gebotenen Weines Glück oder Pech haben kann. Wir waren aber gar nicht des Weines wegen gekommen, sondern weil angeblich der Spundekäs dort sehr gut sein soll. Überprüfen konnten wir das nicht, denn er war schon ausverkauft. Während wir dort sassen, begann ein Pärchen, dort Musik zu machen, englische Titel, vor allem aber französische Chansons. Mit Livemusik und Riesling am Rhein in der Sonne zu sitzen, hat schon was.




Zum Abendessen ging es in den Krug, wo es unter anderem eine hervorragende "Boston Fish Chowder" gab. Zum Hauptgericht haben wir dann den 2013 er "Josef-Franz"-Spätburgunder getrunken. Jedes Jahr lassen sich Franz Keller von der Adlerwirtschaft und Josef Laufer vom Krug einen selektionierten Rheingauer Spätburgunder exklusiv abfüllen. Der 2013er stammt von August Kessler und ist sehr gut, aristokratisch fast (habe keine detaillierten Notizen gemacht).

Der "Boston Fish Chowder" im Krug

Auf dem kurzen Weg zum Bahnhof haben wir dann noch die Abendstimmung geniessen können. Und da die Rückfahrt lang ist, hatten wir uns dafür noch eine Flasche Spätburgunder besorgt. Ich wußte ehrlich gesagt gar nicht, daß Johannes Leitz auch Spätburgunder macht. Und guten dazu:

2013 Leitz Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder
Mittleres Rot, am Rand rosa
In der recht ausgeprägten Nase dominieren kräutrige Noten, dahinter dezente Kirschfrucht, mineralische Noten
Auch am Gaumen kirschfruchtig, die Kräuter hier nur noch im Hintergrund. Schön, wenn auch vielleicht ein klein wenig vordergründig.
86-88, bis 2020+

Abendhimmel über Hattenheim

In vollen Zügen...



Montag, 1. Mai 2017

II, I, 500

Das Weingut Von Winning produziert jedes Jahr drei Sauvignons. In einer etwas unorthodoxen Zählweise heißen die II, I und 500. Sauvignon II und I stammen teilweise aus zugekauften Trauben; der Sauvignon I wird im Holz ausgebaut, der Sauvignon II nicht. Der Sauvignon 500 ist das Spitzenprodukt aus dieser Rebsorte. Die Trauben stammen aus eigenen Weinbergen und werden in 500-Liter-Fäassern ausgebaut. Das Ergebnis ist dann auch ambitioniert bepreist (der aktuelle Jahrgang kostet ab Weingut 38 Euro).

Vom Sauvignon II des Jahrgangs 2012 hatten wir 2013 sechs Flaschen gekauft. Eine Flasche davon hatten wir im Keller vergessen (den Wein sollte man vermutlich nicht vier Jahre einkellern). Da wir auch die beiden anderen Weine aus gleichem Jahrgang haben, lag es nahe, sie nebeneinander zu probieren.



2012 Von Winning Sauvignon II
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase zurückhaltend, etwas verwaschene Zitrusfrucht, Kräuter
Am Gaumen vordergründige Säure, wieder verwaschen wirkende Frucht.
Das war im ersten und zweiten Jahr nach der Ernte ein schöner Wein, aber er hat deutlich abgebaut. Das soll kein Vorwurf sein, denn das ist sicher kein Wein, der für längere Lagerung gemacht oder gedacht ist.
75-79, austrinken.

2012 Von Winning Sauvignon I
Kräftiges Gelb
In der Nase deutlich vom Holz geprägt,
Auch am Gaumen deutliche Holzprägung, viel (etwas süßlich wirkender) Schmelz, eher dezente Frucht, passende Säure, ordentliche Länge.
86-88, bis 2017

2012 Von Winning Sauvignon 500
Reifes Gelb
In der Nase recht zurückhaltend, deutliche Holzprügung, gelbfruchtig, Zitronenmelisse, dezente Holundernote.
Am Gaumen ziemlich kraftvoll und nachhaltig, viel Schmelz (aber ohne die süßliche Note des Sauvignon I), stützende Holznote, lang.Wird wohl nicht mehr besser, dürfte sich aber auf diesem Niveau noch etwas halten.
89-91, bis 2020


Samstag, 8. April 2017

Pfälzer Dreigestirn


Heute sollte es ein 2015er Pfälzer sein. Da gibt es im Keller durchaus Auswahl und ich konnte mich nicht recht entscheiden. Daher kamen gleich drei Flaschenauf den Tisch - alle aus gutem Haus und alle aus der Kategorie "Erste Lage".

Die Weine von Buhl hatten mich im September auf einer Probe auf dem Weingut wegen ihrer kompromißlosen Art fasziniert. Von den Erste-Lage-Weinen gefiel mir seinerzeit die Mäushöhle am besten. Bei von Winning fand ich die besten der Erste-Lage-Weine (Reiterpfad und Ölberg) so nah an den Grossen Gewächsen, dass ich nur diesen beiden und keine Grossen Gewächse gekauft habe. Die Rieslinge von Rings hatte ich letzten Sommer auf einer Händler-Probe für gut befunden.

Verkostet habe ich die drei Weine blind, aber die Zuordnung war recht einfach. Die Mäushöhle fällt sofort durch ihre kompromißlose Art auf. Der Reiterpfad (der übrigens bis auf einen kurzzeitigen Eindruck von Kokos in der Nase keine für mich wahrnehmnbare Holznote aufweist) ist der "erwachsenste" Wein und bestätigt den Eindruck vom letzten September, dass hier annähernd GG-Niveau im Glas ist.





2015 Von Buhl Deidesheimer Mäushöhle Riesling
Mittleres Gelb
In der Nase zurückhaltend, aber sehr sauber, etwas Limette
Am Gaumen kompromißlos trocken, wenig Frucht, knackige Säure, schöner Trinkfluß.
Hier werden keine Gefangenen gemacht. Das schmeckt nach Buhl. 
86-88+, bis 2020+

2015 Von Winning Ruppertsberger Reiterpfad Riesling
Mittleres Gelb
In der Nase ausgeprägter, deutlich gelbfruchtig; am Anfang meinte ich einen Hauch Kokos zu riechen (Holz?).
Der Wein wird von schöner, reifer Frucht getragen. Stützende, gut integrierte Säure, recht lang.
Ein sehr schöner, erwachsen wirkender Wein. Das hat echte Klasse. Von Winning?
89-91, bis 2020+

2015 Rings Ungsteiner Nussriegel Riesling
Mittleres Gelb; eine Nuance dunkler als die beiden anderen Weine
Ebenfalls recht ausgeprägte Nase, Zitrus, Orange. Erinnert aromatisch fast ein wenig an die Terrassenmosel.
Auch am Gaumen Zitrus- und Orangennoten, etwas vordergründig wirkende Säure.
Auch ein schöner Wein, aber heute nur dritter Sieger. Müßte dann Rings sein.
86-88, bis 2020

Fazit: wer es straight und kompromißlos mag, wird an der Buhlschen Mäushöhle viel Freude haben. Der Reiterpfad bietet annähernd GG-Niveau für den halben Preis - ein schlauer Kauf (ab Weingut noch erhältlich). Der Nussriegel ist ein schöner Wein, aber heute war das Bessere einfach der Feind des "nur" Guten.


Samstag, 18. März 2017

Ost-West-Konflikt

Vor einigen Wochen bekam ich eine Flasche russischen Rotweins geschenkt. Ehrlich gesagt wußte ich gar nicht, dass dort Rotwein angebaut wird (obwohl - wenn man darüber nachdenkt, ist es natürlich nicht überraschend). Ein wenig gugeln brachte dann ans Tageslicht, dass das Anbaugebiet in der Region Krasnodar in Südrussland liegt, und dass das Weingut einen guten Ruf genießt. Hergestellt wird der Wein aus Syrah, Mourvedre, Grenache und Malbec.

Um den Wein richtig einordnen zu können, habe ich ihm die Cuvée Persia der Domaine de Fondrèche (Syrah mit etwas Mourvedre) aus gleichem Jahr zur Seite gestellt. Damit liegt die Latte schon recht hoch.

Die Konfliktbeteiligten



2015 Terroir de Gai-Kodzor
Mittleres Rot mit Wasserrand
Nase recht ausgeprägt, Kräuter, dunkle Früchte, aber auch ganz leicht grün.Wirkt am zweiten Tag generöser und irgendwie "weicher", aber die leicht grüne Note bleibt.
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne Fruchtsüße, kräuterwürzig, im Abgang spürbare Säure und eine leichte Bitternote. Mittlere Länge.
86-88, bis 2022

2015 Domaine de Fondrèche Cuvée Persia
Dunkles Violett-Rot
In der Nase intensiv, druckvoll; Syrah-geprägt, "speckig", Tapenade, dunkle Früchte
Am Gaumen viel Druck, intensive Aromen von dunklen Früchten. Das (reife) Tannin ist noch hinter der Frucht versteckt.
Macht jetzt in der Fruchtphase viel Spaß, hat aber Potential.
89-91, bis 2025 

Fazit: Der Terroir de Gai-Kodzor ist ein guter Rotwein. Wo ich ihn in einer Blindprobe verortet hätte, kann ich nicht sagen. Gegen den "Persia" kommt er nicht an, aber das ist nun auch anerkanntermassen ein Wein mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis.


Sonntag, 12. März 2017

Gipfeltreffen

Klassische Riojas sind großartige Weine, und einige von ihnen bieten ein Preis-Leistungsverhältnis, das weltweit ziemlich einmalig ist. Paradebeispiel war (und ist) für mich die Bodega La Rioja Alta. Dort gibt es verschiedene Linien, wobei es mir die "Vina Ardanza"-Weine und die Gran Reserva 904 besonders angetan haben. Das Spitzenprodukt, die Gran Reserva 890, hat leider noch nicht den Weg in mein Glas gefunden. Alle diese Weine kommen erst 8-12 Jahre nach der Ernte in den Verkauf.

Nun gibt es ein Weingut, das vielleicht noch klassischer ist als La Rioja Alta, nämlich Lopez der Heredia. Von diesem Weingut noch nie etwas getrunken zu haben schien mir eine Bildungslücke zu sein, die geschlossen werden mußte. Legendär sind die 10 Jahre im Barrique ausgebauten weißen Gran Reservas, die in dieser Form wohl nirgends sonst mehr produziert werden, die allerdings auch nicht ganz billig sind. Derzeit ist da der 1996er im Verkauf. Hier geht es aber um die Rotweine. Da wird derzeit der 2004er Vina Tondonia Reserva angeboten.

An diesem Wochenende war es dann soweit - der 2004er "904" von La Rioja Alta und der 2004er Tondonia kamen in die Gläser. Beides übrigens Weine, die recht moderat im Alkohol sind - jeweils 13% laut Etikett. Da ich nicht das Gefühl hatte, irgendwie voreingenommen zu sein, kamen die Weine offen ins Glas.

Die Teilnehmer des Gipfeltreffens

2004 Lopez de Heredia Vina Tondonia Reserva
Mittleres Rot mit einem leicht dunkleren Kern als beim 904, am Rand orange 
In der Nase nicht "laut", aber komplex und vielschichtig; ein Hauch Orange, Gewürze, Tabak, Am zweiten Tag auch deutlich balsamische Noten. Am dritten Tag stehen die Gewürznoten im Vordergrund, auch Zitrusnoten sind deutlich wahrnehmbar.
Am Gaumen noch unnahbar, mittelgewichtig mit recht kräftiger Säure, nachhaltig und lang. Wirkt am zweiten und dritten Tag etwas zugänglicher, die Säure ist weniger ausgeprägt, dafür rücken zupackende Tannine in den Vordergrund.
Braucht definitiv noch Zeit.
92-94+, nicht vor 2022

2004 La Rioja Alta Gran Reserva 904
Mittleres Rot mit orange-bräunlichem Rand
In der Nase intensiver als der Tondonia, Gewürze, Fleisch, balsamische Note. Das Fleischige tritt am zweiten und dritten Tag etwas in den Hintergrund, dafür sind die balsamischen Noten noch ausgeprägter.  
Deutlich zugänglicher als der Tondonia. Sehr eleganter Wein mit spürbarem, aber sanftem Tannin. Fleischig, wieder balsamische Noten, lang. Am zweiten Tag noch etwas zugänglicher.
Auch der 904 ist noch nicht ganz auf dem Höhepunkt - besser noch zwei bis drei Jahre weglegen und in der Zwischenzeit den 2001er trinken :-)
92-94, 2020-2030+

Fazit: Der 904 ist definitiv derzeit der zugänglichere Wein und macht jetzt mehr Spaß. Der Tondonia ist ein Langstreckenläufer und gehört in die hinterste Ecke des Kellers. Beides sind großartige klassische Riojas - und beide sind bezahlbar. Ob der Tondonia mit mehr Reife "nur" genauso gut wird wie der 904 oder sogar besser, klären wir dann in fünf oder zehn Jahren. Bei dieser Probe wird dann auch ein 2004er Ygay dabei sein, von dem ich extra für diese Gelegenheit eine Flasche gekauft habe (der Wein ist kaum noch zu bekommen, aber ich habe einen Händler in Österreich gefunden, der noch exakt eine Flasche hatte...).

Freitag, 10. März 2017

Am Limit

Einen Pfälzer Geheimtip bekam ich neulich geschenkt, von einem Weingut (Schäfer in Neustadt), von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Dort hat der Junior des Hauses seine eigene, mit "Limit" bezeichnete Premium-Linie. Diese Weine werden in geringer Auflage hergestellt. Vom "meinem" 2013er Spätburgunder Limit gibt es gerade einmal 500 Flaschen. Das ist alles, was ich von diesem Wein wußte, als ich ihn probiert habe.

Zum Vergleich habe ich einen 2013er von Salwey aus dem Keller geholt. Es stellte sich dann allerdings heraus, dass das doch ein sehr anderer Pinot ist und daher als Vergleich nicht sehr gut geeignet. 



2013 Salwey Oberrottweiler Käsleberg Spätburgunder
Mittleres Rot mit erster Reife am Rand.
In der Nase recht ausgeprägt, rotfruchtig, ein Hauch Gummi. Am zweiten Tag ist der Gummi verschwunden, es bleibt eine ziemlich klassische rotfruchtige Pinot-Nase. 
Mittelgewichtig, recht ausgeprägte Frucht, spürbare Säure, leicht rustikal. In seiner Preisklasse (12 Euro ab Werk) ein schöner Spätburgunder.
86-88, -2020

2013 Schäfer Gimmeldinger Mandelgarten Spätburgunder "Am Limit" - eine von 500
Ebenfalls mittleres Rot, aber etwas dunkler als der Käsleberg
Nase recht stark vom Holz geprägt, Vanille, würzige und pfeffrige Noten und sogar etwas Eukalyptus.
Am Gaumen voluminös, auch hier mit deutlicher Holzprägung, würzig. Kommt mir durch die Holzdominanz etwas beliebig vor und macht auch schnell satt. Hat nicht allzuviel Frucht um das Holz zu balancieren. Ich weiß nicht wie (und wie lange) sich das entwickelt.
83-85, -2018?

Fazit: Wenn man sich am Limit bewegt, kann das auch mal schiefgehen. Für mich "too much" - der Wein verträgt das viele Holz nicht gut. Der Käsleberg, vom Charakter her natürlich ein ganz anderer Wein, macht für deutlich weniger Geld mehr Spaß.