Donnerstag, 24. Februar 2022

Starker erster Aufschlag

Das pfälzische Weingut Seckinger war mir aus einigen positiven Erwähnungen ein Begriff, obwohl ich noch nie einen Wein des Gutes getrunken hatte. Die Beschreibung dieses Chardonnays im Prospekt eines Händlers weckte dann aber doch meine Neugier, und so habe ich drei Flaschen bestellt. Nachdem ich die erste davon geöffnet hatte, habe ich gleich überlegt, ob ich noch einmal nachbestellen soll. Der Wein ist nämlich richtig gut.

 


 

2020 Seckinger Chardonnay R Pure 

Recht reif wirkendes Goldgelb
Sehr reintöniger Duft, Birne, vegetabile Noten mit einer mineralischen Komponente
Am Gaumen mit sehr schöner Struktur. Der Wein wird von der Säure durchzogen, schöner Gerbstoff-Grip, praktisch fruchtfrei, eher kräutrige Aromatik. Im recht langen Abgang mineralisch und (dann doch) Zitrusfrucht. 

88-90, bis 2025+

Fazit: Ganz starker Auftritt und sehr gutes Preis-Qualitätsverhältnis (der Wein kostet etwa 15 Euro) )

Mittwoch, 16. Februar 2022

Für Schnäppchenjäger

Dieser Wein ist eine Entdeckung, die ich Markus Hofschuster verdanke. Er hat den Wein für wein.plus verkostet und bewertet - und zwar mit 87 Punkten. Das hört sich zunächst wenig bemerkenswert an. Nun muss man aber zwei Dinge wissen. Erstens bewertet Markus Hofschuster zurückhaltend. Bei ihm sind 87 Punkte die Bewertung für einen wirklich guten Wein. Zweitens kostet dieser Wein ab Werk 7,20. Das hat mich dann doch neugierig gemacht. 

Der Wein ist ein (als Landwein deklarierter) Lemberger des Weinguts Siegloch im württembergischen Winnenden und kommt mit einem angenehm moderaten Alkoholgehalt von 12,5% daher.


2019 Siegloch Lemberger Landwein 

Mittleres Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase zunächst zurückhaltend, mit Belüftung etwas intensiver, Kirsche, Zwetschke und eine pfeffrige Note
Am Gaumen sehr sauber, jugendlich wirkend, mit schöner, klar konturierter Frucht, hier eher Sauerkirsche mit einer ganz leichten Bittermandelnote, präsentes Tannin, belebende Säure
Insgesamt ein sehr stimmiger Wein mit hervorragendem Preis-Qualitätsverhältnis 

86-88, würde ich in den nächsten 2-3 Jahren trinken 

 

Fazit: Sehr viel Wein fürs Geld. Das ist kein Schnäppchen, sondern ein ausgewachsener Schnapp.

Samstag, 5. Februar 2022

Kellerumbau

Wir haben gerade unseren Keller umgebaut. Dazu mussten auch grössere Mengen Wein bewegt werden. Dabei begegnete mir eine Kiste mit dem 2014er Oberrotweiler Kirchberg GG von Franz Keller. Da ich den Wein noch gar nicht probiert habe, war meine Neugier geweckt und der Wein heute "dran".

Meine erste nähere Begegnung mit den Spätburgundern von Franz Keller hatte ich anlässlich eines Weingutsbesuchs 2016. Die seinerzeit im Verkauf befindlichen 2013er Spätburgunder haben mich durch ihre feine, geradezu aristokratisch wirkende Art so überzeugt (guckstu auch hier), dass ich nicht nur davon, sondern später auch von den Folgejahrgängen einige Flaschen gekauft habe. Dabei landete dann eben auch der heute getrunkene 2014er Kirchberg im Keller.

 


 

2014 Franz Keller Oberrotweiler Kirchberg Spätburgunder GG 

Mittleres Rot mit angedeuteter Reife
In der Nase nicht vorlaut, sondern gediegen wirkend mit Noten von roten und dunklen Früchten, Kirsche, dezente Kräuternoten
Auch am Gaumen dunkel- und kirschfruchtig auch hier wieder gediegen wirkend, unaufdringlich-präsentes Tannin und eine recht ausgeprägte, vor allem im Abgang wahrnehmbare Säure verleihen dem Wein Struktur. Gekonnt-dezenter Hozeinsatz 

90-92, Potential für mindestens fünf weitere Jahre 


Fazit: Sehr guter Spätburgunder und zu Recht ein Grosses Gewächs. Jahrgangsbedingt aber vielleicht nicht ganz auf der Höhe der 2013er.

Sonntag, 16. Januar 2022

Ein Margaux auf Drogen

Mit Chateau Durfort-Vivens habe ich wenig Erfahrung. Ich kenne nur den 2014er, und der hat mich nicht sehr beeindruckt (guckstu hier). Das Gut gehört auch zweifellos zu den weniger renommierten deuxième Crus in Bordeaux. 2018 war aber einiges anders. Die Ernte auf dem biologisch arbeitenden Gut war extrem gering, nur etwa ein Viertel der normalen Menge. Ausgebaut wurde die geringe Menge dann in Amphoren und zu 70% in neuem Holz. Herausgekommen ist dabei ein Wein, der in einer ganz anderen Liga spielt als der 2014er. Ein Margaux auf Drogen sozusagen.

 


2018 Chateau Durfort-Vivens 

Dunkles Purpurrot
In der Nase eine wahre Fruchtexplosion mit Noten von süßen Himbeeren und dunklen Früchten, daneben etwas Tabak, Rauch, dezent gewürzige Noten
Am Gaumen ein seidenweiches Kraftpaket. Da ist wieder diese intensive Frucht, begleitet von Tanninen, die so weich sind, dass man sie kaum wahrnimmt. Wirkt bei aller Kraft sehr unangestrengt und nicht sättigend. Langer Abgang mit minutenlangem Nachhall.
Das ist jetzt ein hedonistisches Trinkvergnügen erster Güte und darüber hinaus ein grosser Bordeaux. 

95-97, trinkt sich in der jetzigen Fruchtphase grossartig, wird aber sicher langlebig sein

 

 

 

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Ein großer Riesling zum Jahresausklang

Dieser Wein hat mich bei der ersten Probe (das muss Ende 2012 gewesen sein) sehr beeindruckt, so dass ich nach der Probe sechs Flaschen gekauft habe. Ein paar Jahre später habe ich den Wein dann "vorführen" wollen und groß angekündigt - bin damit aber leider auf dem Bauch gelandet, weil er zu der Zeit verschlossen war und nichts preisgab. Jetzt, zehn Jahre nach der Ernte, zeigt der Wein (wieder), was in ihm steckt. Gehört zu den besten Rieslingen, die ich in diesem Jahr getrunken habe.

 


2011 Bürklin-Wolf Forster Pechstein Riesling GG

Goldgelb
Nase zunächst von mittlerer Intensität, wird mit viel Luft aber intensiver. (Teils kandierte) Zitrusfrucht, Orangenabrieb, Ananas, Wachs(?)
Gaumenfüllend, viel reife Zitrusfrucht, schöne, den Wein quasi marmorierende Säure, langes, mineralisch geprägtes Finale mit langem Nachhall. Großes Riesling-Kino.
Legt in der geöffneten Flasche über Tage zu. 

94-96, bei guter Lagerung sicher bis 2030


Sonntag, 19. Dezember 2021

The Lagrangian

Chateau Lagrange in Saint-Julien ist ein sehr großes Weingut, das als 3ème Grand Cru Classé klassifiziert ist und einen soliden Ruf besitzt, aber von der absoluten Spitze in Saint-Julien doch ein gutes Stück entfernt ist. Ich kenne und schätze den Wein aus verschiedenen Jahren, wobei der 2000er mein bislang ältester Lagrange war. 

Vor ein paar Wochen las ich im Wenforum (www.dasweinforum.de) eine ganz hervorragend klingende Notiz zum 1996er. Wie der Zufall so will wurden kurz darauf zwei Flaschen bei Ebay angeboten und waren zu einem angemessenen Preis zu haben. Ebay ist bei gereiften Weinen immer ein Glücksspiel, und das hier war dann wohl ein Hauptgewinn. 

 


1996 Chateau Lagrange (Saint-Julien) 

Ziemlich dunkles Rot mit ersten bräunlichen Reifenoten am Rand
Die Nase schreit "Bordeaux" bzw. genauer: linkes Ufer, old school. Ein generös wirkendes Potpourri aud dunklen Früchten (Brombeere), einem Anflug von Veilchenpastille, Leder, Johannisbeere, Tabak 
Am Gaumen sehnig, über einem dunkelfruchtigen "Grundton" liegt eine eher rotfruchtige Aromatik mit leicht (und angenehm!) säuerlicher Note. Das durchaus noch präsente Tannin und eine deutlich vernehmbare Säure verleihen dem Weine eine schöne Struktur und begleiten ihn ins lange Finale. Insgesamt sehr stimmig.

92-94, sollte bei guter Lagerung noch 5-10 Jahre Spaß machen.


Fazit: Old-school-Bordeaux im besten Sinne. Der Lagrange "punches above its weight", denn dieser 1996er ist sicher nicht schlechter als die beiden vor einiger Zeit probierten Leovilles aus gleichem Jahr (guckstu hier).

Mittwoch, 1. Dezember 2021

SolidAHRität - mein Paket

Über die Aktion SolidAHRität hatte ich hier im Sommer berichtet (guckstu hier). Zahlreiche Winzer aus dem In- und Ausland hatten Wein gespendet, der dann auf gemischte 6er-Kartons aufgeteilt und für 65 Euro pro Karton verkauft wurde. Der Erlös ging vollständig an die vom Hochwasser betroffenen Winzer an der Ahr. Die Aktion war ein enormer Erfolg. Insgesamt wurden über 200.000 Flaschen Wein gespendet, von über 600 Helfern verpackt und versendet. Der Gesamterlös betrug etwa 2 Millionen Euro (guckstu hier).

Natürlich habe ich auch ein Paket erstanden und erhielt eine interessante und vielversprechende Auswahl deutscher Weine. Von den sechs Erzeugern war mir nur einer (Prinz von Hessen) bekannt. Die Weine habe ich bereits im Sommer verkostet, komme aber erst jetzt dazu, diesen Blog-Beitrag zu erstellen.

 


2020 Weinhaus Hauck "Kunststück" Weißburgunder und Auxerrois trocken 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase nussig, leicht vegetabile Noten, Melone(?)
Am Gaumen saftig, wieder nussig, nicht ganz trocken, prägnante Säure, eher kurz, ganz leichte Bitternote 

83-85, in den nächsten 1-2 Jahren trinken


2019 Full Weißburgunder unfiltriert Rheinischer Landwein

Sattes Mittelgelb
In der Nase etwas "funky" mit Orange-Note, Feuerstein, herb wirkender Duft, grüner Apfel, Birne, Brotkruste
Am Gaumen zupackender Gerbstoff, dadurch betont herb, aber auch krafvoll wirkend, mittlere Länge. 

Das Etikett verrät, dass das zu 50% ein Orange Wine ist, also ein auf der Maische vergorener Weißwein. Danach hat der Wein 10 Monate im Barrique verbracht.
Ist das spannend und interessant? Ja. Macht das auch beim zweiten Glas noch Spaß? (Mir jedenfalls) eher nicht. 

84-86?, würde ich eher jung trinken


2019 Peterhof Biebelnheimer Riesling 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase vor allem gelbe Steinfrüchte, sehr Riesling-typisch
Auch am Gaumen viel gelbe Steinfrucht, saftig und mit Zug, aber die Säure steht etwas neben dem Wein, was die Harmonie ein wenig stört. 

84-86, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken 


2018 Brummund Riesling trocken 

Mittelgelb
Beginnt in der Nase recht verhalten, etwas Rauch, dezent gelbfruchtige Aromen
Das wirkt am Gaumen wie "viel Kraft mit angezogener Handbremse", gelbe Steinfrüchte und Zitrusnoten, die Säure wirkt etwas aufgesetzt, leichte Bitternote im recht langen Finale 

83-85, bis 2023+ 


2017 Vollmer Hohen-Sülzer Domblick Riesling halbtrocken

Recht helles Gelb
In der Nase eher verhalten, neben gelben Steinfrüchten auch vegetabile Noten
Am Gaumen wirkt das recht unharmonisch mit verhaltener gelber Frucht, aufgesetzt wirkender Säure, wieder vegetabil, deutlich wahrnehmbare Restsüße im eher kurzen Abgang.

76-79, trinken 


2017 Prinz von Hessen Winkeler Hasensprung Riesling Spätlese 

Sattes Mittelgelb
In der Nase recht ausdrucksvoll und sehr animierend, weisse Johannisbeeren, Kräuter, süßer Apfel
Recht ausgeprägte Süße, eine ausgeprägte Säure läßt ein intensives Süße-Säure-Spiel entstehen, in der Aromatik traubig, im recht langen Abgang Zitrusnoten
Sehr schöne, wenn auch etwas plakative Spätlese

87-89, macht sicher noch 5 und mehr Jahre Spaß

Fazit: Als Käufer eines solchen Pakets muss man schon fast ein schlechtes Gewissen haben. Natürlich landen die 65 Euro, die man bezahlt, bei den Winzern an der Ahr. Aber man erhält einen sehr ordentlichen Gegenwert für das Geld, so dass man eigentlich nichts gespendet hat. Gespendet haben die teilnehmenden Winzer, und ihnen gebührt daher (neben den Organisatoren natürlich) der Dank.