Donnerstag, 10. September 2020

Closer Encounter

Kürzlich hatte ich hier über meine erste Begegnung mit den Weinen von Carsten Saalwächter geschrieben (guckstu hier) und dabei eine eingehendere Beschäftigung mit seinen Weinen angekündigt. Zwischenzeitlich habe ich vier weitere Weine probiern können, einen Chardonnay und drei Spätburgunder. Bei letzteren handelt es sich zum einen um den Wein, den das Gut auf der anderen Rheinseite in Assmannshausen erzeugt, zum anderen um die Alten Reben und den "R" aus den rheinhessischen Stammlanden des Ingelheimer Gutes.




 

 

2018 Saalwächter Chardonnay
Strohgelb
In der Nase etwas Zitrus, Haselnuß, dezenter Holzeinfluss
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder nussig, Zitrus, hervorragend eingesetztes Holz. Ein Tick mehr Säure hätte gutgetan. Schöner Wein, aber es fehlt die Mineralik und Spannung des Weissburgunders.
87-89. bis 2023+

2017 Saalwächter Assmanshausen Pinot Noir La Premiere
Mittleres Rot, zum Rand hin Rosa
In der Nase mittlere Intensität mit Aromen von vor allem Kirschen und Kirschkernen, etwas Lakritz, dezente Holzprägung
Auch am Gaumen kirschfruchtig, ein Hauch Bittermandel, auch hier wahrnehmbarer Holzeinfluss. Die Frucht wird von einer gut portionierten Dosis Tannin und feiner Säure in der Spur gehalten. Sehr feiner Spätburgunder mit Potential für einige Jahre.
89-91, bis 2025

2017 Saalwächter Spätburgunder Alte Reben
Mittleres Rot, am Rand ins Rosa übergehend
In der Nase recht ausgeprägt, Trockenkräuter, etwas Kirsche, Wacholder und eine dezent etherische Note. Spürbare, aber dezente Holznote (Kokos?)
Am Gaumen holz- und kräuterwürzig, noch leicht bitter, dahinter fleischig und mit guter Länge.
Gut, deutlich weniger kirschfruchtig als der "einfache" Spätburgunder und der Assmannshäuser, braucht aber noch etwas Zeit um das Holz besser einzubinden.
87-89+, 2022-2026+

2017 Saalwächre Spätburgunder "R"
Mittleres Rot, am Rand rosa
In der Nase recht intensiv und komplex, Sauerkirsche, dunkle Fruchtnoten, ein Hauch Lakritz
Am Gaumen klar strukturiert, Melange von roten und dunklen Früchten, zurückhaltendes aber strukturgebendes Tannin, passende Säure. Perfekt dosierter Holzeinsatz, lang. Im übrigen mit 12,5% auch wohltuend moderat im Alkohol.
91-93, bis 2027+

Fazit: Bei den Weißweinen gefiel mir der Weißburgunder aus meiner ersten Begegnung mit den Weinen des Gutes besser als der Chardonnay. Die Spätburgunder sind durch die Bank gut, wobei der im Juni verkostete "einfache" Spätburgunder das vielleicht beste Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Auf jeden Fall sollte man das Gut im Auge behalten.



Freitag, 14. August 2020

Gereifter Veltliner

Der Grüne Veltliner ist eine echte österreichische Spezialität. Hier ist sie die mit weitem Abstand wichtigste Rebsorte. Aus ihr werden (auch) Spitzenweine gekeltert, denen man grosses Reifepotential nachsagt. Zwei 10 Jahre alte Vertreter der Rebsorte kamen in den letzten Tagen auf den Prüfstand.



2010 Emmerich Knoll Grüner Veltliner Smaragd Loibner Schütt
Goldgelb
In der Nase recht zurückhaltend, etwas Bienenwachs, Apfel, Aprikose
Am Gaumen recht voluminös, viel Schmelz, aber auch kräftige Säure. Eher zurückhaltende und schwer identifizierbare Aromatik, herbe Note im recht langen Abgang.
87-89, bis 2022+


2010 Rudi Pichler Grüner Veltliner Smaragd Wosendorfer Kollmütz
Reifes Goldgelb
In der Nase mittlere Intensität, Noten von gelben Früchten (Marille aka Aprikose)
Am Gaumen recht ausladend mit leicht viskoser Textur, Schmelz, im Abgang wird der recht hohe Alkohol (14%) spürbar. Recht lang. nach zwei Tagen entwickelt sich ein deutlich wahrnehmbares Pfefferl, die leichte alkoholische Bitternote bleibt leider.
86-88, trinken

Fazit: Von beiden Weinen hatte ich mir mehr versprochen. Der Kollmütz ist vielleicht schon etwas "über den Punkt" gereift. Aromatisch ist das ein schöner Wein, aber der hohe Alkohol macht sich mittlerweile störend bemerkbar. Das Problem hat der Schütt nicht, aber da fehlt es mir an aromatischer Intensität.

Mittwoch, 12. August 2020

Leo will Barton

Kurz vor Beginn des Corona-Lockdowns konnte ich zu einem sehr fairen Preis zwei Jahrgänge von Leoville-Barton kaufen. Den 2002er (ein eher kleiner Jahrgang, in dem Leoville-Barton nach verbreiteter Kritiker-Meinung aber sehr gut "abgeliefert" hat) hatte ich noch gar nicht, vom 2005er (einem grossen Jahr, dessen Weine aber Zeit brauchen) hatte ich vorher bereits ein paar Flaschen, aber hatte den Wein bis dahin noch nicht getrunken.




2002 Chateau Léoville Barton
Mittleres bis dunkles Rot mit Andeuting von Reifenoten am Rand
In der Nase im besten Sinne klassisch, Zedernholz, rote Früchte.
Am zweiten Tag eher intensiver, es kommen Noten von Waldboden hinzu.
Am Gaumen recht ausladend mit dezenter Fruchtsüße, noch leicht wahrnehmbare Holznote (die am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar ist). Der Wein wirkt insgesamt noch recht jung, mit strukturgebenden Tanninen und einer frischen Säureader. Mittlere Länge mit einer leicht salzigen Note im Abgang. Das ist ein schöner, klassischer Saint Julien, der aber nicht die Intensität und Komplexität der grossen Jahrgänge erreicht. Sehr schöner Wein aus eher kleinem Jahrgang.
91-93, bis 2025


2005 Chateau Léoville Barton
Dunkles Rot mit ganz leichter Reifenote am Rand.
Unmittelbar nach dem Öffnen intensive Cassisfrucht, die von einer dezenten Holznote begleitet wird. Das wirkt bei aller Intensität noch kompakt und eher unentwickelt. Mit mehr Luft wird der Duft intensiver, es kommen dunkle Kirschen hinzu. Am zweiten Tag dann eine recht druckvolle Nase mit dunklen Früchten und einer dezenten Gewürznote.
Am Gaumen ebenfalls noch spürbarer (aber nicht störender) Holzeinfluß, dunkelfruchtig und mit einer Wagenladung reifen Tannins. Der Wein läßt sich zwar jetzt schon gut antrinken, wirkt aber selbst am zweiten Tag noch eher monolithisch und ist definitiv für die Langstrecke gebaut.
93-95+, 2025-2035+


Sonntag, 9. August 2020

La Gaffelière

Der 2017er La Gaffelière wurde während der Primeur-Verkostungen vor zwei Jahren recht unterschiedlich beurteilt. Von Begeisterung, etwa in der Revue du vin de France (die den Wein prominent auf dem Titelbild plazierte und ihn gleichauf mit Ausone bewertete) oder bei Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate (95-97+, "electric intensity") bis zu "unter ferner liefen" (Neil Martins 90-92 Punkte, "solid") reichten die Urteile. Eigene Erfahrung mit den Weinen des Gutes hatte ich nicht. Trotzdem habe ich in der Subskription ein paar Flaschen geordert. Und nun wollte ich wissen, was Sache ist.



2017 Chateau La Gaffelière
Mittleres bis dunkles Purpurrot mit Violettschimmer
Intensiver und delikater Duft, florale Noten, rote Früchte (süße Himbeeren)
Am Gaumen ausgesprochen konzentrierte, kompakte Fruchtnoten, rotfruchtig, kräutrige Würze, eher mittlerer Körper, reifes, gut verpacktes Tannin.
Das ist kein Powerhouse (wie etwa der kürzlich probierte 2016er Pavie Macquin, guckstu hier), sondern eher auf der delikaten Seite. Jetzt in der Fruchtphase schön zu trinken, aber da kann natürlich noch eine Verschlußphase kommen.
93-95, bis 2035+

Freitag, 10. Juli 2020

Klamm^2

Bei der Jahrgangspräsentation auf dem Weingut Dönnhoff gab es 2019 eine Neuheit, nämlich einen Kabinett aus der Lage Niederhäuser Klamm. Diese recht kleine Lage liegt direkt neben der Hermannshöhle, der Boden ist mit Porphyr durchsetzt. Sie ist als VDP Große Lage klassifiziert. Das Weingut hat diese Lage schon länger im Portfolio (wie lange weiß ich nicht), aber vor dem Jahrgang 2018 meines Wissens keine Weine unter dem Lagennamen abgefüllt. Der 2018er Kabinett nun gefiel mir bei der Jahrganspräsentation sehr gut, besser sogar als der Kabinett aus dem Oberhäuser Leistenberg.
Auf dem Heimweg von der Jahrgangspräsentation habe ich (wie eigentlich immer) beim Weingut Jakob Schneider in Niederhausen Halt gemacht - ein Familienbetrieb, der sehr gute Weine zu sehr kundenfreundlichen Preisen anbietet und in dem man mit einer heute leider selten gewordenen Herzlichkeit empfangen wird. Dort gab es nun ebenfalls einen Kabinett aus der Lage Klamm, und auch davon habe ich ein paar Flaschen gekauft. Letzten Freitag, etwa ein Jahr nach dem Kauf, stand eine kleine Blindprobe auf dem Programm.





Wein 1: 2018 Jakob Schneider Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Helles Gelb mit grünlichen Reflexen
Zunächst zurückhaltender Duft mit Noten von Apfel und gelben Früchten (Pfirsisch). Mit etwas Luft und steigender Temperatur wird der Duft etwas intensiver und es tritt eine mineralische Note hinzu.
Am Gaumen harmonische Süße-Säure-Balance, wiederum Apfel und dezent gelbfruchtige Noten, nicht sehr langes Finale
85-87, bis 2025


Wein 2: 2018 Dönnhoff Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Ebenfalls helles Gelb mit grünlichen Reflexen, praktisch ununterscheidbar
Etwas ausgeprägterer und deutlicher gelbfruchtiger Duft mit mineralischem Sidekick, der mit Luftzufuhr ausgeprägter wird.
Etwas mehr Restsüße als der erste Wein, aber auch hier ausgewogenes Süße-Säure-Verhältnis, gelbfruchtig mit pikanter Note im Finale, recht langer Abgang.
Insgesamt der komplexere und etwas spannendere Wein.
87-89, bis 2025+

Fazit: Die Klamm von Dönnhoff gefällt mir etwas besser. Der Wein ist aber auch ein Stück teurer (13,50 im Vergleich zu 9 Euro). Auf jeden Fall sind beide Weine ihr Geld wert.

Donnerstag, 2. Juli 2020

La Vie en Rosé

Rosés sind seltene Gäste in unseren Gläsern. Dass es in den letzten Wochen gleich drei waren ist eine echte Ausnahme und in allen drei Fällen meiner Neugier geschuldet. Den "Bone Dry" von Buhl habe ich vor einiger Zeit als "Beifang" bei einer Bestellung mitgeordert. Er wird angeblich aus 100% Spätburgunder hergestellt, was auf dem Etikett allerdings nicht angegeben ist. Den Gran Reserva-Rosé von Lopez de Heredia wollte ich schon länger probieren. Er wird aus roten und weissen Trauben hergestellt und lange im Barrique ausgebaut. Der 2010er ist tatsächlich der aktuell im Verkauf befindliche Jahrgang. Mit einem Preis von über 40 Euro ist das allerdings auch kein ganz preiswertes Vergnügen. Der Spätburgunder Rosé von Keller kostet ab Weingut etwa ein Drittel davon. Er stammt aus der Lage Westhofener Morstein.



2010 Lopez de Heredia Vina Tondonia Rosé Gran Reserva
Kräftiges Rosa mit deutlichem Einschlag Richtung Orange.
In der Nase recht ausgeprägt und ausdrucksvoll, rote Früchte, Hagebutte(?), etwas Erdbeere, leicht oxidative, an Sherry erinnernde Note
Am Gaumen gut proporitoniert, mit recht lebhafter Säure, wieder etwas oxidativer Stil, dezente Tannine im langen Abgang
Das ist ein sehr guter und eigenständiger Rosé, mehr auf der intellektuellen Seite als auf der Easy-Drinking-Seite. Dürfte noch einige Jahre vor sich haben.
90-92, bis 2025+

2018 Bone Dry
Kräftiges Rosarot
Nicht sehr intensive und leicht dropsig wirkender Duft mit Aromen roter Früchte 
Am Gaumen angenehme, aber auch eindimensional wirkende Frucht. Betont trocken, anregender Säurebogen, leicht bittere Note im Finale
83-85, bis 2020

2019 Keller Spätburgunder Rosé
Recht helle, an Zwiebelschale erinnernde Farbe
Duft nach roten Früchten und etwas Zitrus
Am Gaumen ganz trocken, lebhafte Säure, eher zitrusartige Frucht, recht lang, Potential
86-88+, bis 2023+


Donnerstag, 18. Juni 2020

Ohne alles

Den Trollinger überlasse ich normalerweise gerne den Schwaben. Bislang habe ich nur einen im Keller gehabt, und das auch nicht aus eigenem Antrieb (guckstu hier). Aber der "Sine" von Aldinger hat mich dann doch interessiert. Ich weiß zwar schon länger, dass es den gibt, aber getrunken hatte ich ihn bislang noch nicht.
Der Sine ist formal ein Ortswein aus Fellbach und wird, wie der Name andeutet, "ohne alles" hergestellt: keine Entrappung, keine Chaptalisierung, keine Schwefelung, keine Filtration und so weiter. Ob das der Weinqualität zugute kommt oder nur Marketing ist, muss sich im Glas entscheiden.





2018 Aldinger Fellbacher Trollinger "Sine"
Helles bit mittleres Rot, am Rand Rosa
In der Nase leicht rauchig, recht ausgeprägte Noten von Kirsche und etwas Pflaumenkompott
Am Gaumen wieder Kirsche, dazu etwas Bittermandel, eine ausgeprägte Säure läßt den Wein frisch wirken, im Abgang ist dezentes Tannin bemerkbar.
Schöner. sehr trinkanimierender Wein mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt.
86-88, bis 2022

Fazit: Mangels hinreichender Kenntnis anderer Trollinger kann ich den Wein nicht mit anderen Weinen aus der gleichen Rebsorte (seien sie aus Württemberg oder aus Südtirol, wo die Rebsorte Vernatsch heisst) vergleichen. Was ich aber sagen kann ist, dass man hier einen sehr guten, charaktervollen und trinkanimierenden Rotwein bekommt, der einen guten Gegenwert für seinen Preis (14,10 ab Werk) darstellt.