Im Laufe der letzten ein bis zwei Jahre habe ich einiges an Bordeaux getrunken und mir zwar Notizen gemacht, aber das jeweilige Datum nicht notiert (und auch nicht immer Fotos gemacht). Diese Notizen habe ich jetzt in diesem Post gesammelt. Die Reihenfolge der einzelnen Weine ist mehr oder weniger zufällig. Einige der Weine sind auch schon in anderen Posts aufgetaucht, aber das waren dann andere Flaschen.
Es geht los mit (mal wieder) einem Calon-Segur. Für dieses Weingut habe ich ja eine (mir selbst schwer erklärliche) Schwäche, guckstu hier.
2017 Chateau Calon-Segur
Mittleres bis dunkles Rot
Recht
ausgeprägter und gut entwickelter Duft nach dunklen Beeren und
Gewürzen, etwas Kaffeepulver. Am zweiten Tag wirkt der Duft "heller" und
mit einer zusätzlichen floralen Komponente
Am Gaumen mittelgewichtig mit Aromen dunkler Beeren, spürbares, aber doch eher zurückhaltendes Tannin, mittlere Länge.
Das
ist ein sehr schöner Wein, aber man merkt ihm doch an, dass er nicht
aus einem grossen Jahr stammt. Schon gut trinkbar, aber wohl auch nicht
mit dem Reifepotential grosser Jahrgänge.
91-93, bis 2030+
Weiter geht es mit einem 2011er, einem Jahrgang, der nicht den besten Ruf hat.
2011 Chateau Smith Haut Lafitte
Dunkles Rot fast ohne Reifenoten
Herb wirkender Duft nach roten und schwarzen Beeren (Cranberries), etwas gegrillte Paprika, Tabak. Nach zwei Tagen dominieren die dunklen Früchte, es kommt aber (etwas überraschend) eine an Orangenschale erinnernde Note hinzu.
Am Gaumen kraftvoll und auch hier betont herb mit noch deutlich spürbarem Tannin, dunkle Frucht. Der Wein hat gute Anlagen, wirkt aber noch immer recht zugeknöpft und
bewegt sich sicher nicht auf der charmanten Seite des
Bordeaux-Spektrums. Nach zwei Tagen etwas gemäßigter mit weniger ruppigem Tannin und auch am Gaumen eher dunkelfruchtiger Aromatik. Mittleres bis langes Finale. Insgesamt eindrucksvoll, ohne charmant zu sein. Da brauchts ein Steak dazu.
90-92+, würde ich eher noch etwas liegen lassen
Als nächstes ein deutlich preiswerterer Wein aus einem deutlich besseren Jahr.
2009 Chateau Fontenil
Kräftiges Rot mit leichter Reife am Rand
Intensiver Duft nach roten (Himbeere) und schwarzen Früchten, etwas Heftpflaster (ohne negative Konnotation), am zweiten Tag auch etwas Cassis
Am Gaumen viel Kraft, reifes Tannin, belebende Säure, auch viel Frucht, die aber bis in den mittellangen und ganz leicht bitteren Abgang etwas säuerlich wirkt. Am zweiten Tag wirkt das harmonischer, wenn auch eine ganz leichte Bitternote bleibt.
88-90, dürfte noch ein paar Jahre auf diesem Niveau vor sich haben
Der nächste Wein ist ein Klassiker, den ich sehr gerne mag (guckstu auch hier)
1998 Chateau Pavie Macquin
Dunkles Rot mit leichten Reifenoten am Rand
Intensiver und vielschichtiger Duft nach dunklen Früchten, Pflaumen, Gewürzen, Blut und einem Hauch Tabak
Kraftvoller Auftritt mit gaumenfüllender Frucht, fleischige Noten, noch präsentes, reifes Tannin, kreidige Mineralik, sehr lang.
95-97, grosses Bordeaux-Kino und noch Potential für ein paar Jahre
Ein Jahr jünger ist der nachfolgende Pauillac.
1999 Chateau d'Armailhac
Recht dunkles Rot mit deutlichen Reifenoten
Sehr
typischer Duft mit (nur anfänglich) ein bisschen Funk, roter und
dunkler Frucht und etwas Zedernholz. Wird mit mehr Luft runder, jetzt
eher dunkelfruchtig mit etwas Graphit
Am Gaumen gute Präsenz, eher rote Frucht, spürbares und leicht trocknendes Tannin
89-91, bald trinken
Weiter geht es ans rechte Ufer, zu den Cötes de Castillon. Dort produziert das Chateau d'Aiguilhe in guten Jahren mit schöner Regelmäßigkeit Weine mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis.
(zu dem auf dem Bild gezeigten 2000er gibt es leider keine Notizen)
2015 Chateau d'Aiguilhe
Dunkles Rot mit erster angedeuteter Reife
In der Nase viel Frucht, zuerst Kirsche, mit mehr Luft auch dunkle Fruchtnoten und eine dezente Würze
Am
Gaumen dann kraftvoll mit gaumenauskleidender und (auch durch eine
passende Säure) frisch wirkender Frucht, aber auch recht präsentes
Tannin, das dem Wein Struktur gibt. Im ordentlichen Abgang findet sich
dann auch die Würze aus dem Duft wieder.
Ein schöner Spaß-Bordeaux, der jetzt in bester Trinkreife ist.
89-91, hält sich sicher noch einige Jahre auf diesem Niveau, aber warum warten?
Den 2004er Leoville Barton habe ich erst kürzlich über den grünen Klee gelobt (guckstu hier). Diese Notiz hier ist älter.
2004 Chateau Leoville Barton
Sehr dunkles Rot mit nur ganz leicht angedeuteter Reife
Der
Duft schreit förmlich "Bordeaux". Kraftvoll, tiefgründig mit roten und
dunklen Früchten, etwas gerösteter Paprika, etwa Edelholz und ein wenig
Menthol. Anfangs mit leichten Stallnoten, die sich mit Luft verziehen.
Jetzt
in bester Trinkreife mit noch präsentem Tannin, einer recht lebhaften
Säure. Dunkelfruchtig und herb mit leichter Mentholnote, recht langes
dunkelfruchtiges Finale. Dicht, sehnig und ohne jede Süße.
Ganz
klassischer linksufriger Bordeaux, dem niemad erzählt hat, dass er aus
einem (angeblich) eher kleinen Jahrgang stammt. Ein dickes "like".
92-94, in dieser Verfassung und bei guter Lagerung sicher bis 2030
Nicht alle 2004er sind so gut gelungen, das beweist der nächste Wein (der aber zugegebenermaßen auch nur etwas mehr als die Hälfte gekostet hat).
2004 Chateau Phelan Segur
Dunkles Rot mit nur ganz leichten Reifenoten
Verhaltener Duft nach vorwiegend dunklen Früchten (Heidelbeeren)
Auch
am Gaumen recht zurückhaltend mit dunkelfruchtiger Aromatik. Während
das im Antrunk durchaus gediegen wirkt, macht sich dann eine gewisse
Rustikalität mit einer leichten Bitternote bemerkbar, die den Wein in
den eher knappen Abgang geleitet. Insgesamt etwas freudlos.
85-87, wohl eher bald trinken
Als nächstes ein Wein aus Pessac-Leognan, der in den letzten Jahren eine gewisse Aufmerksamkeit (sprich: gute Kritikerbewertungen) erfahren hat. Soweit ich mich erinnern kann war das meine erste Begegnung mit Malartic-Lagraviere.
2015 Chateau Malartic Lagraviere
Dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Im Duft noch vom Holzausbau geprägt, noch nicht voll entfaltete Frucht
Wirkt
am Gaumen rund mit leichter alkoholischer Wärme, sehr präsentem Tannin
und einer recht ausgeprägten Säure. Das ist gut, noch nicht bei seiner
endgültigen Trinkreife angekommen, aber auch etwas mainstreamig.
89-91+, eher noch einige Jahre liegenlassen
Der nächste Wein ist ein schönes Beispiel dafür, dass Bordeaux auch Trinkspaß zu kleinen Preisen (13,50 in diesem Fall) bieten kann.
2009 Chateau Cap de Faugeres
Sehr dunkles, noch fast jugendlich wirkendes Rot
Recht intensiver Duft mit Noten von eher roten als dunklen Früchten, etwas Kreide, insgesamt frisch und animierend
Am
Gaumen voll entwickelt mit schöner Frucht, noch durchaus präsentem,
strukturgebendem und auch leicht trocknendem Tannin und recht langem,
fruchtbetonten Finale
Sehr schön - nicht sehr komplex, aber ein grosser Trinkspaß
88-90, in den nächsten Jahren trinken - wird sicher nicht mehr besser
Als nächstes ein kleiner Wein aus grossem Jahr. Auch den gab es hier schon einmal (guckstu hier).
2005 Chateau de Fonbel
Recht kräftiges Rot mit deutlichen orange-braunen Reifenoten
Mittelkräftiger
Duft nach Kirschen und Gewürzen sowie etwas Waldboden. Nach Belüftung
wird der Duft kräftiger und es tritt eine leichte Mentholnote hinzu.
Am Gaumen recht verhaltene Frucht, noch deutlich vernehmbares Tannin, wirkt überraschend frisch.
Ist die Frucht hier auf dem Rückzug? Auch wenn der Wein ansonsten noch sehr vital wirkt, würde ich ihn eher bald trinken.
87-89, bald trinken
Chateau Lagrange mag ich eigentlich (guckstu zum Beispiel hier), und so habe ich mich gefreut, kürzlich ein paar Flaschen 2005er zu einem guten Preis kaufen zu können. Sooo gut war er dann aber leider doch nicht.
2005 Chateau Lagrange Saint Julien
Dunkles Rot mit leichten Reifenoten
Im Duft nach ausreichender Belüftung viel dunkle Frucht (Blaubeeren), etwas Tabak, Teer
Am
Gaumen noch viel Tannin, das aber von guter Qualität ist, nichts
hartes. Zusammen mit einer prägnanten Säure bildet das einen festen
Rahmen, der die dunkle Frucht in den recht langen Abgang trägt.
Insgesamt ein schöner Bordeaux, aber die Struktur dominiert doch etwas.
89-91, bis 2035+
Von Chateau Charmail aus dem Haut-Médoc habe ich einige Jahrgänge gehabt, bin mit dem Wein aber nie so recht warm geworden. Das galt leider auch für diesen 2009er.
2009 Chateau Charmail
Kräftiges Rot mit Reifenoten
Recht kräftiger, rauchiger Duft nach roten und dunklen Früchten sowie Gewürzen
Da
hält der Wein am Gaumen nicht ganz mit: Kraftvoller Auftritt zwar, aber
mit nur verhaltener Frucht und noch recht präsentem, etwas trocknendem
Tannin, mittlere Länge. Die 14% Alkohol machen sich bemerkbar, wenn der
Wein im Glas wärmer wird.
86-88, eher bald trinken
Der nächste Wein ist einer von denen, bei denen ich nicht weiß, warum ich sie eigentlich gekauft habe. Vermutlich bin ich da auf die Anpreisungen des Händlers hereingefallen.
2015 Chateau Lafon la Tuilerie Saint Emilion Grand Cru
Sehr dunkles Rot
Mittelkräftiger
Duft, in dem sich pflaumige Frucht mit einer vanilligen Holzprägung und
Kräuternoten verbindet. Ungewöhnlich, aber nicht schlecht.
Am
Gaumen "dick", wieder leicht pflaumige Frucht, viel reifes Tannin, aber
auch eine störende Bitternote und deutlicher Alkoholeindruck (die 15%
lassen grüssen...).
Das macht mir so keinen richigen Spaß
83-85, hat sicher noch Potential