Freitag, 25. Februar 2022

Noch ein Preis-Leistungswunder?

Noch ein Wein, der sehr gute Kritiken bekommen hat (unter anderem 18,5 im Januar/Februarheft von Vinum) und dabei sehr preiswert (um 10 Euro) ist. Die Domaine des Aires Hautes ist ein bekannter Erzeuger im Languedoc und der Wein eine Cuvée aus Syrah, Mourvèdre, Grenache und Carignan. Ganz so begeistert wie andere war ich nicht. 

 


 

2018 Domaine des Aires Hautes Minervois La Livinière Reserve 

Dunkles Rot
Recht ausgeprägter Duft nach Kirschen, dunklen Früchten und Gewürzen
Drückt am Gaumen kräftig aufs Gaspedal. Viel Frucht (dunkle Beeren), eine ordentliche Ladung sehr reifes Tannin und deutlich wahrnehmbarer Alkohol.
Das ist irgendwie eindrucksvoll und wird sicher viele Anhänger haben, aber es ist auch ein wenig beliebig und die Alkoholwahrnehmung (laut Etikett 14,5%) stört mich. Trotzdem ist das für etwa 10 Euro ein sehr guter Wert.

86-88, sollte sich in den nächsten drei bis fünf Jahren gut trinken 

 


Donnerstag, 24. Februar 2022

Starker erster Aufschlag

Das pfälzische Weingut Seckinger war mir aus einigen positiven Erwähnungen ein Begriff, obwohl ich noch nie einen Wein des Gutes getrunken hatte. Die Beschreibung dieses Chardonnays im Prospekt eines Händlers weckte dann aber doch meine Neugier, und so habe ich drei Flaschen bestellt. Nachdem ich die erste davon geöffnet hatte, habe ich gleich überlegt, ob ich noch einmal nachbestellen soll. Der Wein ist nämlich richtig gut.

 


 

2020 Seckinger Chardonnay R Pure 

Recht reif wirkendes Goldgelb
Sehr reintöniger Duft, Birne, vegetabile Noten mit einer mineralischen Komponente
Am Gaumen mit sehr schöner Struktur. Der Wein wird von der Säure durchzogen, schöner Gerbstoff-Grip, praktisch fruchtfrei, eher kräutrige Aromatik. Im recht langen Abgang mineralisch und (dann doch) Zitrusfrucht. 

88-90, bis 2025+

Fazit: Ganz starker Auftritt und sehr gutes Preis-Qualitätsverhältnis (der Wein kostet etwa 15 Euro) )

Mittwoch, 16. Februar 2022

Für Schnäppchenjäger

Dieser Wein ist eine Entdeckung, die ich Markus Hofschuster verdanke. Er hat den Wein für wein.plus verkostet und bewertet - und zwar mit 87 Punkten. Das hört sich zunächst wenig bemerkenswert an. Nun muss man aber zwei Dinge wissen. Erstens bewertet Markus Hofschuster zurückhaltend. Bei ihm sind 87 Punkte die Bewertung für einen wirklich guten Wein. Zweitens kostet dieser Wein ab Werk 7,20. Das hat mich dann doch neugierig gemacht. 

Der Wein ist ein (als Landwein deklarierter) Lemberger des Weinguts Siegloch im württembergischen Winnenden und kommt mit einem angenehm moderaten Alkoholgehalt von 12,5% daher.


2019 Siegloch Lemberger Landwein 

Mittleres Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase zunächst zurückhaltend, mit Belüftung etwas intensiver, Kirsche, Zwetschke und eine pfeffrige Note
Am Gaumen sehr sauber, jugendlich wirkend, mit schöner, klar konturierter Frucht, hier eher Sauerkirsche mit einer ganz leichten Bittermandelnote, präsentes Tannin, belebende Säure
Insgesamt ein sehr stimmiger Wein mit hervorragendem Preis-Qualitätsverhältnis 

86-88, würde ich in den nächsten 2-3 Jahren trinken 

 

Fazit: Sehr viel Wein fürs Geld. Das ist kein Schnäppchen, sondern ein ausgewachsener Schnapp.

Samstag, 5. Februar 2022

Kellerumbau

Wir haben gerade unseren Keller umgebaut. Dazu mussten auch grössere Mengen Wein bewegt werden. Dabei begegnete mir eine Kiste mit dem 2014er Oberrotweiler Kirchberg GG von Franz Keller. Da ich den Wein noch gar nicht probiert habe, war meine Neugier geweckt und der Wein heute "dran".

Meine erste nähere Begegnung mit den Spätburgundern von Franz Keller hatte ich anlässlich eines Weingutsbesuchs 2016. Die seinerzeit im Verkauf befindlichen 2013er Spätburgunder haben mich durch ihre feine, geradezu aristokratisch wirkende Art so überzeugt (guckstu auch hier), dass ich nicht nur davon, sondern später auch von den Folgejahrgängen einige Flaschen gekauft habe. Dabei landete dann eben auch der heute getrunkene 2014er Kirchberg im Keller.

 


 

2014 Franz Keller Oberrotweiler Kirchberg Spätburgunder GG 

Mittleres Rot mit angedeuteter Reife
In der Nase nicht vorlaut, sondern gediegen wirkend mit Noten von roten und dunklen Früchten, Kirsche, dezente Kräuternoten
Auch am Gaumen dunkel- und kirschfruchtig auch hier wieder gediegen wirkend, unaufdringlich-präsentes Tannin und eine recht ausgeprägte, vor allem im Abgang wahrnehmbare Säure verleihen dem Wein Struktur. Gekonnt-dezenter Hozeinsatz 

90-92, Potential für mindestens fünf weitere Jahre 


Fazit: Sehr guter Spätburgunder und zu Recht ein Grosses Gewächs. Jahrgangsbedingt aber vielleicht nicht ganz auf der Höhe der 2013er.

Sonntag, 16. Januar 2022

Ein Margaux auf Drogen

Mit Chateau Durfort-Vivens habe ich wenig Erfahrung. Ich kenne nur den 2014er, und der hat mich nicht sehr beeindruckt (guckstu hier). Das Gut gehört auch zweifellos zu den weniger renommierten deuxième Crus in Bordeaux. 2018 war aber einiges anders. Die Ernte auf dem biologisch arbeitenden Gut war extrem gering, nur etwa ein Viertel der normalen Menge. Ausgebaut wurde die geringe Menge dann in Amphoren und zu 70% in neuem Holz. Herausgekommen ist dabei ein Wein, der in einer ganz anderen Liga spielt als der 2014er. Ein Margaux auf Drogen sozusagen.

 


2018 Chateau Durfort-Vivens 

Dunkles Purpurrot
In der Nase eine wahre Fruchtexplosion mit Noten von süßen Himbeeren und dunklen Früchten, daneben etwas Tabak, Rauch, dezent gewürzige Noten
Am Gaumen ein seidenweiches Kraftpaket. Da ist wieder diese intensive Frucht, begleitet von Tanninen, die so weich sind, dass man sie kaum wahrnimmt. Wirkt bei aller Kraft sehr unangestrengt und nicht sättigend. Langer Abgang mit minutenlangem Nachhall.
Das ist jetzt ein hedonistisches Trinkvergnügen erster Güte und darüber hinaus ein grosser Bordeaux. 

95-97, trinkt sich in der jetzigen Fruchtphase grossartig, wird aber sicher langlebig sein

 

 

 

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Ein großer Riesling zum Jahresausklang

Dieser Wein hat mich bei der ersten Probe (das muss Ende 2012 gewesen sein) sehr beeindruckt, so dass ich nach der Probe sechs Flaschen gekauft habe. Ein paar Jahre später habe ich den Wein dann "vorführen" wollen und groß angekündigt - bin damit aber leider auf dem Bauch gelandet, weil er zu der Zeit verschlossen war und nichts preisgab. Jetzt, zehn Jahre nach der Ernte, zeigt der Wein (wieder), was in ihm steckt. Gehört zu den besten Rieslingen, die ich in diesem Jahr getrunken habe.

 


2011 Bürklin-Wolf Forster Pechstein Riesling GG

Goldgelb
Nase zunächst von mittlerer Intensität, wird mit viel Luft aber intensiver. (Teils kandierte) Zitrusfrucht, Orangenabrieb, Ananas, Wachs(?)
Gaumenfüllend, viel reife Zitrusfrucht, schöne, den Wein quasi marmorierende Säure, langes, mineralisch geprägtes Finale mit langem Nachhall. Großes Riesling-Kino.
Legt in der geöffneten Flasche über Tage zu. 

94-96, bei guter Lagerung sicher bis 2030


Sonntag, 19. Dezember 2021

The Lagrangian

Chateau Lagrange in Saint-Julien ist ein sehr großes Weingut, das als 3ème Grand Cru Classé klassifiziert ist und einen soliden Ruf besitzt, aber von der absoluten Spitze in Saint-Julien doch ein gutes Stück entfernt ist. Ich kenne und schätze den Wein aus verschiedenen Jahren, wobei der 2000er mein bislang ältester Lagrange war. 

Vor ein paar Wochen las ich im Wenforum (www.dasweinforum.de) eine ganz hervorragend klingende Notiz zum 1996er. Wie der Zufall so will wurden kurz darauf zwei Flaschen bei Ebay angeboten und waren zu einem angemessenen Preis zu haben. Ebay ist bei gereiften Weinen immer ein Glücksspiel, und das hier war dann wohl ein Hauptgewinn. 

 


1996 Chateau Lagrange (Saint-Julien) 

Ziemlich dunkles Rot mit ersten bräunlichen Reifenoten am Rand
Die Nase schreit "Bordeaux" bzw. genauer: linkes Ufer, old school. Ein generös wirkendes Potpourri aud dunklen Früchten (Brombeere), einem Anflug von Veilchenpastille, Leder, Johannisbeere, Tabak 
Am Gaumen sehnig, über einem dunkelfruchtigen "Grundton" liegt eine eher rotfruchtige Aromatik mit leicht (und angenehm!) säuerlicher Note. Das durchaus noch präsente Tannin und eine deutlich vernehmbare Säure verleihen dem Weine eine schöne Struktur und begleiten ihn ins lange Finale. Insgesamt sehr stimmig.

92-94, sollte bei guter Lagerung noch 5-10 Jahre Spaß machen.


Fazit: Old-school-Bordeaux im besten Sinne. Der Lagrange "punches above its weight", denn dieser 1996er ist sicher nicht schlechter als die beiden vor einiger Zeit probierten Leovilles aus gleichem Jahr (guckstu hier).