Samstag, 10. Oktober 2020

Der nächste 15er

Weine von Balthasasr Ress stehen nicht auf meiner jährlichen Einkaufsliste. Nicht, weil sie schlecht wären, sondern weil Budget und Lagerkapazität nun mal nicht unbegrenzt sind. Das 2015er GG aus dem Hattenheimer Nussbrunnen bekam nun aber so positive Resonanz (zum Beispiel 98 Punkte bei Wein Plus), dass ich dann doch drei Flaschen davon gekauft habe.  Nach der positiven Erfahrung mit dem 2015er Morstein von Wittmann vor Kurzem (guckstu hier) hoffte ich auf einen ähnlich grossartigen Riesling - und wurde nicht enttäuscht.


 

 2015 Balthasar Ress Hattenheimer Nussbrunnen Riesling GG 

Reifes Goldgelb
Am ersten Tag sehr ausgeprägte und vor alllem von Kräutern geprägte Nase; am zweiten Tag kommt kandierte Zitrusfrucht hinzu
Am Gaumen ein perfekt balancierter Wein mit hervorragend integrierter Säure, Schmelz und mineralischem Fundament, aromatisch auch hier eher kräutrig als fruchtig. Bei cellartracker hat jemand über diesen Wein geschrieben "power without weight", und das trifft es sehr gut.
93-95, bis 2030 

Fazit: Grosses Riesling-Kino abseits des Rheingauer Mainstreams mit Potential für viele weitere Jahre. Ich habe tatsächlich gegoogelt und einen Händler gefunden, bei dem ich noch drei Flaschen nachbestellen konnte. Wenn ich eine Probe mit 2015er Riesling GGs organisieren würde, würde ich diesen Wein in einen Flight mit Peter Jakob Kühns "Nikolaus" packen.

 

Montag, 5. Oktober 2020

Gelungener Nachkauf

Ich hatte seinerzeit (also 2016) keinen Morstein gekauft und mir später mit Mühe eine Flasche für die Vertikale besorgt - der Wein war quasi vom Markt verschwunden. Vor etwa einem Jahr habe ich den 2015er Morstein dann aber zufällig auf der Webseite eines grossen Händlers entdeckt und gleich "zugeschlagen". Nachdem nun sieben Flaschen im Keller lagen, war die Zeit zum Test gekommen - und der Test wurde mit Bravour bestanden.

 


2015 Wittmann Westhofener Morstein Riesling GG
Reif wirkendes Goldgelb
In der Nase ausgeprägte Frucht, zunächst Mirabelle und gelbe Steinfrüchte. Anfangs eine leicht medizinal wirkende Note, die aber mit mehr Luft verschwindet und kräutrigen Noten weicht
Entwickelt am Gaumen viel Zug, wieder gelbe Früchte, etwas Zitrus, im langen Abgang eine deutliche, kalkige Mineralität, hervorragend integrierte Säure.
93-95, bis 2025+

 

 

Sonntag, 13. September 2020

Der Lack ist ab?

Vor den Weinen von Schloß Johannisberg habe ich immer großen Respekt gehabt, zum einen wegen der großartigen Lage des Gutes, zum anderen, weil ich in den ersten Jahren meiner Weintrinkerkarriere sehr gute Weine von hier getrunken habe (guckstu hier).

Die Weine unterschiedlicher Qualitätsstufen sind an Kapseln unterschiedlicher Farbe erkennbar. Der Qualitätswein etwa wird als "Gelblack" bezeichnet, der Kabinett als "Rotlack" und so weiter. Das seit 2012 nach VdP-Regeln produzierte Große Gewächs (zuvor gab es ein "Erstes Gewächs" nach den Regeln des Rheingauer Weinbauverbands) trägt die Bezeichnung "Silberlack". Davon habe ich mir vor einiger Zeit je eine Flasche 2014er und 2015er gekauft, um die Weine in Ruhe zu probieren.

 


2014 Schloß Johannisberg Riesling GG 

Goldgelb
In der Nase recht ausgeprägt mit Noten von Kräutern (Thymian?) und kandierten Zitrusfrüchten
Am Gaumen recht ausladend, auch hier wieder kandierte Zitrusfrüchte, lebhafte Säure gepaart mit dezentem Schmelz, harmonisch und recht lang.
Schöner Riesling, der sich jetzt sehr gut trinkt.

90-92, bis 2023+

 

2015 Schloß Johannisberg Riesling GG 

Recht reif wirkendes Goldgelb
In der Nase sehr verhalten mit Noten reifer gelber Früchte
Auch am Gaumen eher unauffällig. Da ist zwar ein solider Rohbau mit gut abgestimmter Säure und dezenter Phenolik, aber es fehlt völlig an Frucht. Das macht so keinen Spaß und man kann nur hoffen, dass das ein Flaschenfehler war, vielleicht ein "Korkschleicher". 

80-82???, wegen der Möglichkeit eines Flaschenfehlers aber mit Vorsicht zu interpretieren


Fazit: Der 2014er ist ein schöner Wein und wird seinem Status als Großes Gewächs ohne Zweifel gerecht. Der 2015er ist in dieser Verfassung eine ziemliche Katastrophe. Normalerweise würde man in einer solchen Situation eine zweite Flasche öffnen um zu prüfen, ob ein Flaschenfehler vorlag. Da das beides Einzelflaschen waren, ging das leider nicht.

 

Donnerstag, 10. September 2020

Closer Encounter

Kürzlich hatte ich hier über meine erste Begegnung mit den Weinen von Carsten Saalwächter geschrieben (guckstu hier) und dabei eine eingehendere Beschäftigung mit seinen Weinen angekündigt. Zwischenzeitlich habe ich vier weitere Weine probiern können, einen Chardonnay und drei Spätburgunder. Bei letzteren handelt es sich zum einen um den Wein, den das Gut auf der anderen Rheinseite in Assmannshausen erzeugt, zum anderen um die Alten Reben und den "R" aus den rheinhessischen Stammlanden des Ingelheimer Gutes.




 

 

2018 Saalwächter Chardonnay
Strohgelb
In der Nase etwas Zitrus, Haselnuß, dezenter Holzeinfluss
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder nussig, Zitrus, hervorragend eingesetztes Holz. Ein Tick mehr Säure hätte gutgetan. Schöner Wein, aber es fehlt die Mineralik und Spannung des Weissburgunders.
87-89. bis 2023+

2017 Saalwächter Assmanshausen Pinot Noir La Premiere
Mittleres Rot, zum Rand hin Rosa
In der Nase mittlere Intensität mit Aromen von vor allem Kirschen und Kirschkernen, etwas Lakritz, dezente Holzprägung
Auch am Gaumen kirschfruchtig, ein Hauch Bittermandel, auch hier wahrnehmbarer Holzeinfluss. Die Frucht wird von einer gut portionierten Dosis Tannin und feiner Säure in der Spur gehalten. Sehr feiner Spätburgunder mit Potential für einige Jahre.
89-91, bis 2025

2017 Saalwächter Spätburgunder Alte Reben
Mittleres Rot, am Rand ins Rosa übergehend
In der Nase recht ausgeprägt, Trockenkräuter, etwas Kirsche, Wacholder und eine dezent etherische Note. Spürbare, aber dezente Holznote (Kokos?)
Am Gaumen holz- und kräuterwürzig, noch leicht bitter, dahinter fleischig und mit guter Länge.
Gut, deutlich weniger kirschfruchtig als der "einfache" Spätburgunder und der Assmannshäuser, braucht aber noch etwas Zeit um das Holz besser einzubinden.
87-89+, 2022-2026+

2017 Saalwächre Spätburgunder "R"
Mittleres Rot, am Rand rosa
In der Nase recht intensiv und komplex, Sauerkirsche, dunkle Fruchtnoten, ein Hauch Lakritz
Am Gaumen klar strukturiert, Melange von roten und dunklen Früchten, zurückhaltendes aber strukturgebendes Tannin, passende Säure. Perfekt dosierter Holzeinsatz, lang. Im übrigen mit 12,5% auch wohltuend moderat im Alkohol.
91-93, bis 2027+

Fazit: Bei den Weißweinen gefiel mir der Weißburgunder aus meiner ersten Begegnung mit den Weinen des Gutes besser als der Chardonnay. Die Spätburgunder sind durch die Bank gut, wobei der im Juni verkostete "einfache" Spätburgunder das vielleicht beste Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Auf jeden Fall sollte man das Gut im Auge behalten.



Freitag, 14. August 2020

Gereifter Veltliner

Der Grüne Veltliner ist eine echte österreichische Spezialität. Hier ist sie die mit weitem Abstand wichtigste Rebsorte. Aus ihr werden (auch) Spitzenweine gekeltert, denen man grosses Reifepotential nachsagt. Zwei 10 Jahre alte Vertreter der Rebsorte kamen in den letzten Tagen auf den Prüfstand.



2010 Emmerich Knoll Grüner Veltliner Smaragd Loibner Schütt
Goldgelb
In der Nase recht zurückhaltend, etwas Bienenwachs, Apfel, Aprikose
Am Gaumen recht voluminös, viel Schmelz, aber auch kräftige Säure. Eher zurückhaltende und schwer identifizierbare Aromatik, herbe Note im recht langen Abgang.
87-89, bis 2022+


2010 Rudi Pichler Grüner Veltliner Smaragd Wosendorfer Kollmütz
Reifes Goldgelb
In der Nase mittlere Intensität, Noten von gelben Früchten (Marille aka Aprikose)
Am Gaumen recht ausladend mit leicht viskoser Textur, Schmelz, im Abgang wird der recht hohe Alkohol (14%) spürbar. Recht lang. nach zwei Tagen entwickelt sich ein deutlich wahrnehmbares Pfefferl, die leichte alkoholische Bitternote bleibt leider.
86-88, trinken

Fazit: Von beiden Weinen hatte ich mir mehr versprochen. Der Kollmütz ist vielleicht schon etwas "über den Punkt" gereift. Aromatisch ist das ein schöner Wein, aber der hohe Alkohol macht sich mittlerweile störend bemerkbar. Das Problem hat der Schütt nicht, aber da fehlt es mir an aromatischer Intensität.

Mittwoch, 12. August 2020

Leo will Barton

Kurz vor Beginn des Corona-Lockdowns konnte ich zu einem sehr fairen Preis zwei Jahrgänge von Leoville-Barton kaufen. Den 2002er (ein eher kleiner Jahrgang, in dem Leoville-Barton nach verbreiteter Kritiker-Meinung aber sehr gut "abgeliefert" hat) hatte ich noch gar nicht, vom 2005er (einem grossen Jahr, dessen Weine aber Zeit brauchen) hatte ich vorher bereits ein paar Flaschen, aber hatte den Wein bis dahin noch nicht getrunken.




2002 Chateau Léoville Barton
Mittleres bis dunkles Rot mit Andeuting von Reifenoten am Rand
In der Nase im besten Sinne klassisch, Zedernholz, rote Früchte.
Am zweiten Tag eher intensiver, es kommen Noten von Waldboden hinzu.
Am Gaumen recht ausladend mit dezenter Fruchtsüße, noch leicht wahrnehmbare Holznote (die am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar ist). Der Wein wirkt insgesamt noch recht jung, mit strukturgebenden Tanninen und einer frischen Säureader. Mittlere Länge mit einer leicht salzigen Note im Abgang. Das ist ein schöner, klassischer Saint Julien, der aber nicht die Intensität und Komplexität der grossen Jahrgänge erreicht. Sehr schöner Wein aus eher kleinem Jahrgang.
91-93, bis 2025


2005 Chateau Léoville Barton
Dunkles Rot mit ganz leichter Reifenote am Rand.
Unmittelbar nach dem Öffnen intensive Cassisfrucht, die von einer dezenten Holznote begleitet wird. Das wirkt bei aller Intensität noch kompakt und eher unentwickelt. Mit mehr Luft wird der Duft intensiver, es kommen dunkle Kirschen hinzu. Am zweiten Tag dann eine recht druckvolle Nase mit dunklen Früchten und einer dezenten Gewürznote.
Am Gaumen ebenfalls noch spürbarer (aber nicht störender) Holzeinfluß, dunkelfruchtig und mit einer Wagenladung reifen Tannins. Der Wein läßt sich zwar jetzt schon gut antrinken, wirkt aber selbst am zweiten Tag noch eher monolithisch und ist definitiv für die Langstrecke gebaut.
93-95+, 2025-2035+


Sonntag, 9. August 2020

La Gaffelière

Der 2017er La Gaffelière wurde während der Primeur-Verkostungen vor zwei Jahren recht unterschiedlich beurteilt. Von Begeisterung, etwa in der Revue du vin de France (die den Wein prominent auf dem Titelbild plazierte und ihn gleichauf mit Ausone bewertete) oder bei Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate (95-97+, "electric intensity") bis zu "unter ferner liefen" (Neil Martins 90-92 Punkte, "solid") reichten die Urteile. Eigene Erfahrung mit den Weinen des Gutes hatte ich nicht. Trotzdem habe ich in der Subskription ein paar Flaschen geordert. Und nun wollte ich wissen, was Sache ist.



2017 Chateau La Gaffelière
Mittleres bis dunkles Purpurrot mit Violettschimmer
Intensiver und delikater Duft, florale Noten, rote Früchte (süße Himbeeren)
Am Gaumen ausgesprochen konzentrierte, kompakte Fruchtnoten, rotfruchtig, kräutrige Würze, eher mittlerer Körper, reifes, gut verpacktes Tannin.
Das ist kein Powerhouse (wie etwa der kürzlich probierte 2016er Pavie Macquin, guckstu hier), sondern eher auf der delikaten Seite. Jetzt in der Fruchtphase schön zu trinken, aber da kann natürlich noch eine Verschlußphase kommen.
93-95, bis 2035+