Sonntag, 9. August 2020

La Gaffelière

Der 2017er La Gaffelière wurde während der Primeur-Verkostungen vor zwei Jahren recht unterschiedlich beurteilt. Von Begeisterung, etwa in der Revue du vin de France (die den Wein prominent auf dem Titelbild plazierte und ihn gleichauf mit Ausone bewertete) oder bei Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate (95-97+, "electric intensity") bis zu "unter ferner liefen" (Neil Martins 90-92 Punkte, "solid") reichten die Urteile. Eigene Erfahrung mit den Weinen des Gutes hatte ich nicht. Trotzdem habe ich in der Subskription ein paar Flaschen geordert. Und nun wollte ich wissen, was Sache ist.



2017 Chateau La Gaffelière
Mittleres bis dunkles Purpurrot mit Violettschimmer
Intensiver und delikater Duft, florale Noten, rote Früchte (süße Himbeeren)
Am Gaumen ausgesprochen konzentrierte, kompakte Fruchtnoten, rotfruchtig, kräutrige Würze, eher mittlerer Körper, reifes, gut verpacktes Tannin.
Das ist kein Powerhouse (wie etwa der kürzlich probierte 2016er Pavie Macquin, guckstu hier), sondern eher auf der delikaten Seite. Jetzt in der Fruchtphase schön zu trinken, aber da kann natürlich noch eine Verschlußphase kommen.
93-95, bis 2035+

Freitag, 10. Juli 2020

Klamm^2

Bei der Jahrgangspräsentation auf dem Weingut Dönnhoff gab es 2019 eine Neuheit, nämlich einen Kabinett aus der Lage Niederhäuser Klamm. Diese recht kleine Lage liegt direkt neben der Hermannshöhle, der Boden ist mit Porphyr durchsetzt. Sie ist als VDP Große Lage klassifiziert. Das Weingut hat diese Lage schon länger im Portfolio (wie lange weiß ich nicht), aber vor dem Jahrgang 2018 meines Wissens keine Weine unter dem Lagennamen abgefüllt. Der 2018er Kabinett nun gefiel mir bei der Jahrganspräsentation sehr gut, besser sogar als der Kabinett aus dem Oberhäuser Leistenberg.
Auf dem Heimweg von der Jahrgangspräsentation habe ich (wie eigentlich immer) beim Weingut Jakob Schneider in Niederhausen Halt gemacht - ein Familienbetrieb, der sehr gute Weine zu sehr kundenfreundlichen Preisen anbietet und in dem man mit einer heute leider selten gewordenen Herzlichkeit empfangen wird. Dort gab es nun ebenfalls einen Kabinett aus der Lage Klamm, und auch davon habe ich ein paar Flaschen gekauft. Letzten Freitag, etwa ein Jahr nach dem Kauf, stand eine kleine Blindprobe auf dem Programm.





Wein 1: 2018 Jakob Schneider Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Helles Gelb mit grünlichen Reflexen
Zunächst zurückhaltender Duft mit Noten von Apfel und gelben Früchten (Pfirsisch). Mit etwas Luft und steigender Temperatur wird der Duft etwas intensiver und es tritt eine mineralische Note hinzu.
Am Gaumen harmonische Süße-Säure-Balance, wiederum Apfel und dezent gelbfruchtige Noten, nicht sehr langes Finale
85-87, bis 2025


Wein 2: 2018 Dönnhoff Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Ebenfalls helles Gelb mit grünlichen Reflexen, praktisch ununterscheidbar
Etwas ausgeprägterer und deutlicher gelbfruchtiger Duft mit mineralischem Sidekick, der mit Luftzufuhr ausgeprägter wird.
Etwas mehr Restsüße als der erste Wein, aber auch hier ausgewogenes Süße-Säure-Verhältnis, gelbfruchtig mit pikanter Note im Finale, recht langer Abgang.
Insgesamt der komplexere und etwas spannendere Wein.
87-89, bis 2025+

Fazit: Die Klamm von Dönnhoff gefällt mir etwas besser. Der Wein ist aber auch ein Stück teurer (13,50 im Vergleich zu 9 Euro). Auf jeden Fall sind beide Weine ihr Geld wert.

Donnerstag, 2. Juli 2020

La Vie en Rosé

Rosés sind seltene Gäste in unseren Gläsern. Dass es in den letzten Wochen gleich drei waren ist eine echte Ausnahme und in allen drei Fällen meiner Neugier geschuldet. Den "Bone Dry" von Buhl habe ich vor einiger Zeit als "Beifang" bei einer Bestellung mitgeordert. Er wird angeblich aus 100% Spätburgunder hergestellt, was auf dem Etikett allerdings nicht angegeben ist. Den Gran Reserva-Rosé von Lopez de Heredia wollte ich schon länger probieren. Er wird aus roten und weissen Trauben hergestellt und lange im Barrique ausgebaut. Der 2010er ist tatsächlich der aktuell im Verkauf befindliche Jahrgang. Mit einem Preis von über 40 Euro ist das allerdings auch kein ganz preiswertes Vergnügen. Der Spätburgunder Rosé von Keller kostet ab Weingut etwa ein Drittel davon. Er stammt aus der Lage Westhofener Morstein.



2010 Lopez de Heredia Vina Tondonia Rosé Gran Reserva
Kräftiges Rosa mit deutlichem Einschlag Richtung Orange.
In der Nase recht ausgeprägt und ausdrucksvoll, rote Früchte, Hagebutte(?), etwas Erdbeere, leicht oxidative, an Sherry erinnernde Note
Am Gaumen gut proporitoniert, mit recht lebhafter Säure, wieder etwas oxidativer Stil, dezente Tannine im langen Abgang
Das ist ein sehr guter und eigenständiger Rosé, mehr auf der intellektuellen Seite als auf der Easy-Drinking-Seite. Dürfte noch einige Jahre vor sich haben.
90-92, bis 2025+

2018 Bone Dry
Kräftiges Rosarot
Nicht sehr intensive und leicht dropsig wirkender Duft mit Aromen roter Früchte 
Am Gaumen angenehme, aber auch eindimensional wirkende Frucht. Betont trocken, anregender Säurebogen, leicht bittere Note im Finale
83-85, bis 2020

2019 Keller Spätburgunder Rosé
Recht helle, an Zwiebelschale erinnernde Farbe
Duft nach roten Früchten und etwas Zitrus
Am Gaumen ganz trocken, lebhafte Säure, eher zitrusartige Frucht, recht lang, Potential
86-88+, bis 2023+


Donnerstag, 18. Juni 2020

Ohne alles

Den Trollinger überlasse ich normalerweise gerne den Schwaben. Bislang habe ich nur einen im Keller gehabt, und das auch nicht aus eigenem Antrieb (guckstu hier). Aber der "Sine" von Aldinger hat mich dann doch interessiert. Ich weiß zwar schon länger, dass es den gibt, aber getrunken hatte ich ihn bislang noch nicht.
Der Sine ist formal ein Ortswein aus Fellbach und wird, wie der Name andeutet, "ohne alles" hergestellt: keine Entrappung, keine Chaptalisierung, keine Schwefelung, keine Filtration und so weiter. Ob das der Weinqualität zugute kommt oder nur Marketing ist, muss sich im Glas entscheiden.





2018 Aldinger Fellbacher Trollinger "Sine"
Helles bit mittleres Rot, am Rand Rosa
In der Nase leicht rauchig, recht ausgeprägte Noten von Kirsche und etwas Pflaumenkompott
Am Gaumen wieder Kirsche, dazu etwas Bittermandel, eine ausgeprägte Säure läßt den Wein frisch wirken, im Abgang ist dezentes Tannin bemerkbar.
Schöner. sehr trinkanimierender Wein mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt.
86-88, bis 2022

Fazit: Mangels hinreichender Kenntnis anderer Trollinger kann ich den Wein nicht mit anderen Weinen aus der gleichen Rebsorte (seien sie aus Württemberg oder aus Südtirol, wo die Rebsorte Vernatsch heisst) vergleichen. Was ich aber sagen kann ist, dass man hier einen sehr guten, charaktervollen und trinkanimierenden Rotwein bekommt, der einen guten Gegenwert für seinen Preis (14,10 ab Werk) darstellt.

Freitag, 12. Juni 2020

First Encounter

Seit einige Zeit begegnet mir hier und da der Name Saalwächter, ein mir zuvor unbekanntes Weingut im rheinhessischen Ingelheim. Insbesondere der Chardonnay des Gutes wurde sehr gelobt. Über das Weingut etwas herauszufinden ist nicht ganz leicht, denn die Webseite ist, höflich ausgedrückt, derzeit nicht sehr informativ.
Auf der Webseite von einem meiner Stammdealer fand ich dann nicht nur einige Weine des Gutes, sondern auch eine Beschreibung. Demnach hat der junge Winzer, Carsten Saalwächter, sein Handwerk bei renommierten Betrieben in Deutschland und Burgund gelernt und ist seit 2017 für die Weine des heimischen Betriebs verantwortlich. Dieser verfügt über 11,5 Hektar in Rheinhessen und eine gepachtete Fläche in Assmannshausen. Angebaut werden vorwiegend Sorten aus der Burgunderfamilie. Die Weine (jedenfalls die, die ich bislang gesehen habe) werden als "Landwein Rhein" vermarktet. Für meine erste Begegnung hätte ich eigentlich gerne den jeweils preiswertesten Weiß- und Rotwein gehabt. Bei den weißen wäre das aber ein Grauburgunder mit 14% Alkohol gewesen, was mir zuviel war. Daher habe ich einen 2018er Weißburgunder gewählt, der mit 19,80 Euro schon recht ambitioniert bepreist ist (zu Recht allerdings, wie man unten nachlesen kann). Er stammt von einer hochgelegenen und (schmeckbar) kalkhaltigen Parzelle und hat 12,5% Alkohol. Bei den roten habe ich den Basis-Spätburgunder aus 2017 für 13,90 gewählt.



2018 Saalwächter Weißer Burgunder
Recht kräftiges Gelb
In der Nase eher zurückhaltend aber sehr reintönig, kalkige Mineralik, sehr zurückgenommene gelbe Frucht 
Am Gaumen kühle Stilistik, ausgeprägt mineralische Note, eher schlanker Bau, wieder sehr zurückgenommene Frucht, dezente Zitrusnote, elegant, recht lang mit leicht salzigem Finale
Ein sehr schöner und eigenständiger Weißburgunder mit für die Rebsorte (jedenfalls nach meiner Erfahrung) eher untypischer Mineralik. Blind hätte ich wohl auf Chardonnay getippt.
89-91, bis 2025+

2017 Saalwächter Spätburgunder
Helles bis mittleres Rot, am Rand leichte Orange-Noten
In der Nase recht ausgeprägt, eher auf der dunkelfruchtigen Seite, Schwarzkirsche, Trockenkräuter
Am Gaumen schöne Frucht, Kirsche und Kirschkerne, eher kühle Stilistik, dezenter Tannin-Grip und eine belebende Säure, gewisse Länge
Schöner Spätburgunder, dessen Aromatik mich an Rheingauer Spätburgunder erinnert.
87-89, bis 2023+

Fazit: Das war zwar die erste, aber sicher nicht die letzte Begegnung mit dem Weingut Saalwächter. Die beiden Weine waren richtig gut und machen neugierig auf die höherwertigen Spätburgunder und den Chardonnay. Ich werde beizeiten berichten.


Samstag, 30. Mai 2020

Einen kleinen Blick riskieren

Leider fallen ja in diesem Jahr die meisten Jahrgansverkostungen aus, so dass es nicht leicht ist, sich ein Bild von der Qualität des Jahrgangs zu machen. In einem "Paket für Helden", das ich bestellt habe (https://www.heeswein.de/weingut/probierpakete/index.html) befand sich nun (unter anderem) eine Flasche 2019er Roxheimer Höllenpfad von Dönnhoff. Die ist natürlich kein vollwertiger Ersatz für die normalerweise zu dieser Jahreszeit anstehende Verkostung des Gesamtsortiments vor Ort, aber sie erlaubt es jedenfalls, einen kleinen Blick zu riskieren. Und der ist sehr vielversprechend.




2019 Dönnhoff Roxheimer Höllenpfad Riesling Erste Lage
Recht sattes Mittelgelb
In der Nase recht ausgeprägt und vielschichtig, Orangenschale, vor allem aber deutliche Kräuternoten. Am zweite Tag ist die Orangennote intensiver.
Am Gaumen ausgesprochen saftig, gut integrierte Säure, auch hier aromatisch klar auf der kräutrigen Seite, mineralische Noten, im Abgang lang und leicht salzig
Hervorragender Riesling auf dem Niveau vieler Großer Gewächse
90-92, bis 2025+




Mittwoch, 27. Mai 2020

Vor der Haustür

Die Ahr liegt, von Bonn aus gesehen, quasi vor der Haustür. Trotzdem findet sich in unserem Keller mal gerade eine Handvoll Flaschen aus diesem kleinen Anbaugebiet. Das liegt teilweise daran, dass nach meiner (bescheidenen) Erfahrung das Preis-Leistungs-Verhältnis der Spätburgunder anderer Anbaugebiete besser ist. Trotzdem interessierten mich die Weine von Julia Bertram. Sie ist (nach dem Weinbau-Studium in Geisenheim) in den elterlichen Betrieb (das Weingut Sebastian) eingestiegen und hat dort aus dem Jahrgang 2013 die ersten Weine unter eigenem Namen produziert. 2017 hat sie den Betrieb dann ganz übernommen. Angebaut werden nur Früh- und Spätburgunder.

Der Basis-Spätburgunder heisst "Handwerk". Daneben gibt es Ortsweine und Lagenweine. Probiert habe ich zwei Spätburgunder, den 2018er Handwerk und den 2017er Wein aus der Lage Mayschosser Mönchberg.






2018 Julia Bertram Spätburgunder "Handwerk"
Recht helles, leuchtendes Rot mit Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägte, wenn auch nicht sehr komplexe Frucht, etwa Himbeere, Cassis und eine leicht "wacholdrige" Note
Am Gaumen eher leichtgewichtig, wenig Tannin, dafür verleiht eine ausgeprägte Säure Struktur, eher dunkelfruchtige Aromatik, guter Trinkfluß und angenehm leicht im Alkohol (12%).
85-87, wohl eher jung zu trinken

2017 Julia Bertram Mayschosser Mönchberg Spätburgunder
Recht helles Rot mit leichten Orange-Noten am Rand
Die Nase ist intensiv und komplex, mit Noten von Trockenkräutern, dunklen Früchten und etwas Schokolade
Am Gaumen kühle Stilistik, reintönige und wieder eher dunkelfruchtige und kräuterwürzige Aromatik, etwas Milchschokolade, dezentes Tannin und eine feine Säureader verleihen Struktur, guter Trinkfluß, ziemlich lang. Auch dieser Wein ist erfreulich niedrig im Alkohol (12,5%)
90-92, bis 2025+

Fazit: Zwei sehr schöne Weine. Natürlich ist der Mönchberg (auch preislich) eine ganz andere Hausnummer als der Handwerk, aber beide Weine verbindet ein guter Trinkfluß, die prägende Säure und der niedrige Alkoholgehalt.