Mittwoch, 29. Januar 2020

Manchmal darf es auch Burgund sein

Das Burgund ist nicht meine Baustelle. Nicht, dass ich keinen Pinot Noir mögen würde, aber ich bin irgendwie im Bordelais hängengeblieben. Für Burgund fehlte dann das nötige Kleingeld und der Platz im Keller. Ab und an kaufe ich dann aber doch ein paar Flaschen. Vor nun auch schon wieder sechseinhalb Jahren gab es in einer Sonderaktion eines Händlers den 2010er Chambertin vieilles vignes von Rossignol-Trapet für 22,40 Euro. Das schien mir ein gutes Angebot zu sein, und so wanderten ein paar Flaschen in den Keller. Vor einiger Zeit nun war die erste Flasche "dran".



2010 Domaine Rossignol-Trapet Gevrey-Chambertin
Helles bis mittleres Rot mit leichten Reifenoten
In der Nase eher zurückhaltend, aber sehr delikat mit Noten von roten Früchten, Gewürzen, etwas Pfeffer(?)
Am Gaumen sehr elegant, wieder rotfruchtig, samtiges Tannin, recht lang. Sehr schöner, eleganter Pinot.
90-92, bis 2022+

Fazit: Das war in der Tat ein sehr gutes Angebot. Aktuelle Jahrgänge kosten um die 40 Euro.

Einem geschenkten Gaul...

Das ist mal wieder ein Wein, zu dem ich gekommen bin wie die Jungfrau zum Kind. Ich hatte (bei Silkes Weinkeller, das darf man in diesem Fall wohl sagen) unter anderem drei Flaschen des 2010er Rioja Gran Reserva 904 von La Rioja Alta bestellt. Geliefert wurden statt dessen drei Flaschen 2018er Rosado von Baron de Ley. Nachdem ich darauf per Email hingewiesen hatte, wurden die drei Flaschen Rioja Alta umgehend nachgeliefert, zusammen mit dem Hinweis, ich dürfe die drei Flaschen Rosado behalten. Da das eher kein Wein für die Ewigkeit ist, habe ich gleich mal eine aufgemacht.





2018 Baron de Ley Rosado
Recht intensives Rosarot
In der Nase ausgeprägt rotfruchtig, vor allem Himbeeren und Erdbeeren
Am Gaumen dann recht kräftig und mit spürbarem Alkohol, wiederum ausgeprägt fruchtige Art, lebendige Säure, leichte und nicht unangenehme Bitternote, eher kurz.
Das ist ein ordentlicher Wein mit etwas plakativer Frucht, der sich als Essensbegleiter in geselliger Runde sicher gut macht. Für einen Listenpreis von 5,90 gibt es hier einen anständigen Gegenwert. Wo der Winespectator 90 Punkte hernimmt, erschließt sich mir allerdings nicht.
84-86, bis 2020


Mittwoch, 22. Januar 2020

Gut diversifizierter Jahresauftakt

Zum Jahresauftakt am 1. Januar gab es Reste der an den beiden vorherigen Tagen geöffneten Flaschen. Alles musste raus, da es am 2. Januar in einen (fast) weinfreien Urlaub ging.



2015 Stephane Ogier Syrah La Rosine (aus am Vortag geöffneter Flasche)
Sehr dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, fleischig, Oliven, Noten von roten und dunklen Früchten
Am Gaumen kraftvoll mit schöner Präsenz, dunkelfruchtig, wieder eine fleischige Note, Kaffee(?), eine Portion Tannin verleiht ihm Grip.
Sehr schöner Syrah, der (wenn man ihm etwas Zeit in der Karaffe gibt) jetzt gut trinkbar ist, aber noch einige Jahre vor sich hat. Macht Spaß. Erfreulich niedriger Alkoholgehalt (12,5% laut Etikett)
89-91, bis 2025

2018 Dautel "Wald vor lauter Bäumen" Lemberger (aus einer zwei Tage zuvor geöffneten Flasche)
Dunkles Violettrot
In der Nase auf eine unaufdringliche Weise intensiv, gut integriertes Holz, dunkelfruchtig, etwas Nadelwald und eine leicht harzige(?) Note
Kraftvoller Gaumenauftritt, viel sehr reifes Tannin, kompakte dunkelfruchtige Aromatik, recht ausgeprägte Säure, bestens integriertes Holz
Unmittelbar nach dem Öffnen hatte der Wein eine recht harte, fast bittere Note (vom Holz, vermue ich), die aber nun, nach zwei Tagen, verschwunden ist. Sollte m.E. noch 2-3 Jahre im Keller ruhen.
88-90+, 2022-2025+

Der "Wald vor lauter Bäumen" ist der 2019er Wein der deutschen Weinentdeckungsgesellschaft. Der Lemberger wurde in der Lage Bönnigheimer Sonnenberg (einer ersten Lage nach VdP-Regeln) geerntet und in einem großen Akazienholzfaß ausgebaut (für mehr Informationen guckstu hier).




2012 Becker-Steinhauer Veldenzer Carlsberg Riesling Auslese** (aus am Vortag geöffneter Flasche)
Reifes Goldgelb
In der Nase ausgeprägt, gelbe Frucht (Aprikose, Pfirsisch) und eine dezent kräutrige Note
Am Gaumen zunächst eine süße Attacke, wieder ausgeprägt gelbfruchtige Aromatik, kräftige Säure, die einen Kontrapunkt zu der Süße setzt. Recht lang.
Schöne, gut gereifte und für Mosel-Verhältnisse recht "dicke" Auslese
89-91, bis 2030

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Les Meysonniers reloaded

Vor ziemlich genau 2 Jahren habe ich während eines Konferenzbesuchs in Paris den 2015er Crozes Hermitage "Les Meysonniers" von Chapoutier getestet und für gut befunden (guckstu hier). Heute nun bin ich auf der gleichen Konferenz und habe mir, da der Mensch ja nun mal ein Gewohnheitstier ist, den aktuellen Jahrgang des gleichen Weins besorgt.



2017 Chapoutier Crozes Hermitage "Les Meysonniers"
Sehr dunkles, blickdichtes Violett-Rot
In der Nase recht ausgeprägt, Gewürznoten, Himbeeren, Oliven
Am Gaumes recht plakative Frucht, ausgeprägte Säure, wenig Tannin.
Das ist ein sehr ordentlicher Wein, aber deutlich hinter dem 2015er, der komplexer, durch sein Tanningerüst strukturierter und auch lagerfähiger wirkte. Während der 2015er Ein- bzw. Nachkaufreflexe auslöste, ist das hier nicht der Fall.
86-88, bis 2022


Freitag, 29. November 2019

Bordeaux-Zeit

Vor kurzem konnte ich noch einige 2009er Bordeaux zu fairen Preisen nachkaufen. Da mir heute nach Bordeaux zumute war, wurde gleich einer davon ausprobiert, nämlich der 2009er Branaire Ducru. Dieser Wein geht mit einigen Vorschusslorbeeren (etwa 96 Punkten von Robert Parker, vergeben nach Abfüllung 2011) ins Rennen. Ich selbst habe nicht viel Erfahrung mit Branaire Ducru. Ein kürzlich getrunkener 2000er war etwas enttäuschend, aber das könnte an schlechter Lagerung der Flasche gelegen haben (guckstu hier).




2009 Chateau Branaire Ducru
Sehr dunkles Rot mit leichtem Purpurschimmer, keine Reifenoten
In der Nase intensiv, viel Cassis, dunkle Früchte
Am Gaumen dunkelfruchtig, nachhaltig, noch eine geballte Ladung reifes, nicht trocknendes Tannin. Unmittelbar nach dem Öffnen ist eine an Vanille erinnernde Holznote wahrnehmbar, die aber mit Belüftung verschwindet.
Schöner St. Julien, der am Anfang seiner Trinkreife steht, aber bis zum Höhepunkt wohl noch einige Jahre vor sich hat.
91-93+, bis 2030+



Sonntag, 24. November 2019

Salwey hoch drei

Gestern gabe es beim Abendessen im Kreise der Familie drei GGs von Salwey. Da in allen Flaschen noch ein Rest übrig war, habe ich mich heute mit etwas mehr Ruhe an die Nachverkostung gemacht.




2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb
In der Nase zurückhaltend, aber sehr fein, Steinfrüchte und vegetabile Noten
Auch am Gaumen eher schlank, trotzdem nachhaltig mit gut integrierter Säure, wieder vegetabile Aromatik, recht lang.
88-90, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Kirchberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase ebenfalls eher zurückhaltend, animierend, reife Frucht (Melone!)
Am Gaumen nachhaltiger als der Henkenberg, mit mehr fruchtiger als vegetabiler Aromatik, animierend, lang.
90-92, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Gauburgunder GG
Mittleres Gelb mit leichtem Orangeschimmer
Auch hier ist die Nase delikat, aber eher zurückhaltend, mit gelbfruchtigen Noten und einem leicht vegetabilen Einschlag
Am Gaumen sehr animierend mit schöner und gut integrierter Säure. Dezente Fruchtnoten, aber der Wein wird mehr von seiner Struktur als von der Frucht geprägt.
89-91, bis 2021+

Fazit: Drei sehr schöne Weine, eher schlank und mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt von jeweils 12%. Der Weißburgunder vom Kirchberg sticht sein Pendant aus dem Henkenberg klar aus und ich sehe ihn auch leicht vor dem Grauburgunder.


Und weil es gerade passt: Vor einigen Wochen habe ich das 2013er Pendant des Grauburgunders getrunken. Dazu wiederum hatte mich ein Restaurantbesuch inspiriert, bei dem wir den 2015er hatten (davon gibt es leider keine ausführlichen Notizen, aber mir gefiel der 2015er klar besser als die beiden Vorgängerjahrgänge).


2013 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Graubugunder GG
Kräftiges Gelb mit leichten Orangeschimmer
In der Nase recht verhalten, wenig Frucht, Feuerstein
Am Gaunen recht schlank, nussig, animierend, bestens integrierte Säure, noch sehr frisch wirkend, etwas Gerbstoff, im Abgang leicht salzig. Das ist ein Wein, der weitgehend fruchtfrei daherkommt und auf alles Barocke verzichtet. Sehr guter Essensbegleiter.
88-90, bis 2022+

Fazit: Der 2013er ist ein schöner Wein, aber er kommt nicht an den einen Tag zuvor im Restaurant getrunkenen 2015er heran, bei dem zu ähnlichern Strukturelementen eine sehr feine Frucht hinzukam.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Gelblack einst und jetzt

Im Frühjahr 1990, zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, war ich zum allerersten Mal auf Weintour im Rheingau. Unter anderem haben wir Allendorf, Langwerth von Simmern und Schloß Johannisberg besucht. Die 1988er von Langwerth waren mit der stolzen Zusatzangabe "525. Jahrgang" versehen. Leider existiert dieses Gut ja nicht mehr (guckstu auch hier).

Bei den Preisen auf Schloß Johannisberg habe ich damals einen leisen Schreck bekommen. Der Qualitätswein (damals wie heute als "Gelblack" bezeichnet) kostete DM 13,90. Für einen Studenten war das viel Geld. Ich habe aber trotzdem 6 Flaschen 1988er "halbtrocken" gekauft (die Bezeichnung feinherb gab es noch nicht). Diesen Wein habe ich in sehr guter Erinnerung. Insbesondere ist mir eine sehr schöne Säure im Gedächtnis geblieben, die ich als "feingliedrig" abgespeichert habe.

Kürzlich habe ich aus einer Mischung aus Neugier und Sentimentalität ein paar Flaschen des (für etwa 15 € erhältlichen) 2018er Nachfolgers gekauft und kurz darauf die erste Flasche geköpft.




2018 Schloß Johannisberger Riesling Gelblack feinherb
Recht helles Gelb mit grünlichen Reflexen
In der Nase frischer, animierender Duft mit Noten von Äpfeln, etwas Birne
Auch am Gaumen geht die Frucht in Richtung Apfel, sehr dezente Süße, im Abgang leicht zitronig-spitze Säure, ordentliche Länge 
85-87, bis 2023+ 

Fazit: In meiner Erinnerung war der 1988er damals besser als der 2018er heute. Allerdings trinke ich heute hochwertigere Weine als damals, so dass die "Konkurrenz" für den 1988er damals nicht so gross war. Ich würde gerne eine Zeitreise unternehmen und beide Weine, 1988 und 2018, im gleichen Alter nebeneinander trinken.