Donnerstag, 28. Februar 2019

Wo ist Becker?

In Margaux gibt es eine ganze Menge klassifizierter Gewächse, an der Spitze natürlich Chateau Margaux, gefolgt von Palmer, Rauzan-Ségla und anderen. Neben diesen (und weiteren, hier nicht genannten) zuverlässigen und bekannten Gütern gibt es aber auch einige eher unbekannte, um nicht zu sagen obskure, Cru Classés in Margaux. Eines davon war (in meiner Wahrnehmung jedenfalls) Chateau Marquis d'Alesme-Becker. 1855 als drittes Gewächs klassifiziert, habe ich doch eher selten etwas davon gehört (und noch nie etwas getrunken).

Das Chateau gehörte bis 2006 der Famile Zuger, der auch Malescot St. Exupery in Margaux gehört. 2006 wurde es an die Familie Perrodo verkauft. Der wiederum gehört auch das Cru Bourgeois Chateau Labegorce, dessen 2014er ich sehr schätze. Ab dem Jahrgang 2009 wurde ein neues Etikett verwendet, auf dem der Name "Becker" nicht mehr erscheint (auf dem Rückenetikett taucht er aber nach wie vor auf). Einen vollständigeren Überblick über die Geschichte des Chateaus gibt es hier.

Die Weine sind, wenn man den Kritikern glauben darf, in letzter Zeit besser geworden. Im Wine Advocate etwa haben die Weine in der Vergangenheit selbst in grossen Jahren wie 2005, 2009 oder 2010 nie die 90-Punkte-Grenze geknackt. Der 2015er hat dagegen (verkostet nach der Abfüllung) 94 Punkte bekommen. Von eben diesem 2015er hatte ich in der Subskription bei einem Händler die letzten zwei Flaschen bestellt. Ich wollte nun wissen, ob ein Nachkauf angebracht ist und habe daher eine Flasche geöffnet.




2015 Chateau Marquis d'Alesme
Sehr dunkles Purpurrot
Der erste Eindruck unmittelbar nach dem Öffnen der Flasche sind intensive Noten roter und violetter Früchte. Die Intensität bleibt, mit ein wenig Luft sind dann Himbeeren identifizierbar. Am zweiten Tag wenig verändert, Himbeeren, etwas Cassis.
Am Gaumen sehr kraftvoll, dunkelfruchtig, eine geballte Ladung sehr reifes Tannin, auch der hohe Alkohol (14,5%) ist durchaus spürbar. Am zweiten Tag weitgehend unverändert.
Einerseits eindrucksvoll, durch den hohen Alkohol fehlt allerdings etwas an Harmonie.
89-91, 2022-2030+ 

Und - wie sieht es jetzt mit dem Nachkauf aus? Ich werde es wohl lassen. Wenn überhaupt, dann würde ich lieber den kürzlich probierten (guckstu hier) und etwa gleich teuren 2015er Chateau Lagrange aus Saint Julien kaufen. Der gefiel mir insgesamt besser und wirkte harmonischer.


Sonntag, 17. Februar 2019

Versuchskaninchen

Ein kleiner Vergleich der Bordeaux-Jahrgänge 2014 und 2015 über zwei Tage. Versuchskaninchen war Chateau Lagrange aus Saint-Julien. Die beiden Flaschen waren Einzelflaschen, die ich extra für diesen Vergleich gekauft hatte. Chateau Lagrange ist in meiner Wahrnehmung ein zuverlässiges Gut (aber ein gutes Stück von der Spitze in Saint-Julien entfernt), dessen Weine realistisch bepreist sind. Erinnern kann ich mich an einen sehr schönen 2000er und auch der kürzlich getrunkene 2008er war sehr ordentlich.



2014
Dunkles Rot mit ganz leichtem Violettschimmer am Rand
Schöne Nase mit Noten von dunklen Früchten, etwas Lakritz und auch etwas Rauch, mit mehr Luft auch eine an Steinmehl erinnernde mineralische Note 
Am Gaumen wirkt der Wein wie in sich zurückgezogen. Säure ist deutlich spürbar, die Frucht verhalten. Wirkt etwas abweisend. Am zweiten Tag wirkt der Wein viel zugänglicher, die Frucht kommt deutlicher hervor, Himbeeren, dunkle Früchte, leicht trochnendes Tannin.
Schöner Wein, aber sollte wohl besser noch etwas liegen.
89-91+, 2022-2030+

2015
Mittleres bis dunkles, jugendliches Rot, nicht ganz so dunkel wie der 2014er
Auch hier schöne Nase, dunkle Früchte, der (gelungene) Holzeinsatz ist wahrnehmbar und rundet den Gesamteindruck ab. Am zweiten Tag ist die Frucht noch intensiver mit deutlichen Cassis-Noten, etwas Schokolade.
Am Gaumen wirkt der Wein am ersten Tag weniger zugänglich, die Frucht ist verhalten. Am zweiten Tag dann ein deutlich verändertes Bild. Präzise, saftige Frucht, sehr reifes Tannin, hervorragend integriertes Holz. Macht momentan viel Spaß (sollte allerdings länger karaffiert werden), hat aber (natürlich) Potential für viele Jahre.  
92-94, 2020-2035+

Fazit: Der 2014er wirkt im Duft herber, maskuliner, während der 2015er  etwas runder wirkt. Am Gaumen hat der 2015er im direkten Vergleich die Nase vorn. Er wirkt generöser und hat auch mehr Frucht, reiferes Tannin und wohl insgesamt die besseren Anlagen. Beide Weine sind gute Werte, aber bei den derzeit aufgerufenen Preisen (den 2014er gibt es ab 36 Euro, den 2015er beim gleichen Händler für 43,50) würde ich dem 2015er den Vorzug geben.

Donnerstag, 7. Februar 2019

Tu Felix Austria (3/3)

Heute also der dritte Österreicher. Mit dem Weingut Alzinger habe ich wenig Erfahrung. Diesen Riesling hier hatte ich vor zwei Jahren wegen sehr guter Beurteilungen gekauft, aber bislang noch nicht probiert. Heute war die erste Flasche "dran". Für den damals bezahlten Preis von 20 Euro kommt hier viel Wein ins Glas (der aktuelle Jahrgang liegt im Handel bei knapp über 25 Euro).





2015 Alzinger Riesling Smaragd Loibenberg
Mittleres Gelb
Nach Belüftung eher verhaltene, aber sehr interessante Nase; gelbe Früchte (Aprikose), etwas Pop Corn. Am zweiten Tag kommen die gelben Früchte deutlicher zum Vorschein.
Am Gaumen durchaus kraftvoll wirkend, aber aromatisch noch eher verhalten. Wieder gelbe Früchte, dezenter Schmelz und angedeutete Fruchtsüße.
89-91+, bis 2022+


Dienstag, 5. Februar 2019

Tu Felix Austria (2/3)

Diesen Wein gabe es hier schon einmal - vor ziemlich genau drei Jahren und am gleichen Ort getrunken (guckstu hier). Er war damals schon gut (so gut, dass wir diesen Wein mittlerweile auch aus einigen der Nachfolgejahrgänge im Keller haben), und er ist es auch heute noch.




2009 Ernst Triebaumer Blaufränkisch Ried Oberer Wald
Mittleres bis dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Entwickelte Nase mit Noten von Sauerkirschen, Heidelbeeren und etwas Leder, am zweiten Tag auch Gewürznoten, das ganze wirkt sehr distinguiert 
Am Gaumen sehr schöne Kombination aus Frucht (dunkle Beeren), noch präsentem Tannin und stützender Säure, elegant. Jetzt in hervorragender Trinkreife.
92-94, bis 2021+

Fazit: Nach wie vor ein hervorragender Blaufränkisch, der sich auch solo sehr gut trinken läßt. Für damals knapp 20 Euro (aktuelle Jahrgänge sind eher bei gut 25 Euro) auch ein sehr guter Wert.


Sonntag, 3. Februar 2019

Tu Felix Austria (1/3)

Es steht mal wieder eine Woche Österreich auf dem Programm, da sollen dann auch die Weine passen. Das Weingut Prager steht auf meiner Einkaufsliste, seitdem ich Anfang des Jahrzehnts an einer kleinen, privat organisierten Probe teilgenommen habe. Dort gab es 12 Wachauer Weine des Jahrgangs 2010, sowohl Riesling als auch Grüner Veltliner und alle aus gutem Haus. Verkostet von 10 Personen. Niemand am Tisch hat irgendeinem der Weine weniger als 90 Punkte gegeben. Das war schon eine bemerkenswerte Performance. Bei dieser Probe haben mich die Weine von Prager so beeindruckt, das ich seitdem aus vielen Jahrgängen jeweils ein paar Flaschen der Top-Weine "Stockkultur Achleiten" (Grüner Veltliner) und Riesling Wachstum Bodenstein in den Keller gelegt habe. Heute war die erste Flasche 2013er "dran".




2013 Prager Riesling Smaragd Wachstum Bodenstein
Reifes, sattes Gelb
In der Nase recht intensiv, reif wirkende Frucht, Aprikose, aber auch tropische Früchte (Papaya), etwas grüner Apfel
Am Gaumen sehr kraftvoller Auftakt, fast viskose Textur mit durchaus spürbarem Alkohol (13,5% laut Etikett), aber auch präsente Säure, die einen Kontrapunkt setzt. Gelbe Früchte mit leicht exotischem Einschlag, recht lang.
89-91, bis 2022+

Fazit: Das ist ein schöner Riesling, aber mir fehlt ein wenig die Leichtfüßigkeit. Das ist aber eine Geschmacks- bzw. Stilfrage und keine Qualitätsfrage.




Donnerstag, 31. Januar 2019

Rudis Resterampe

Wahrscheinlich gibt es in vielen Weinkellern eine Schmuddelecke. Da stehen bzw. liegen die Weine, auf die man eigentlich keine Lust hat. Weine die in der Vergangenheit nicht überzeugt haben, Weine, die ihren Zenit überschritten haben, und sicher oft auch geschenkte Flaschen. Aber irgendwann muss man da mal ran. Dabei werden dann manchmal Vorurteile bestätigt, aber es gibt auch positive Überraschungen. Drei Flaschen aus unserer Schmuddelecke mussten gestern und heute dran glauben. Ein Geschenk, ein Wichtelwein und ein Kellerrest.





2014 Winzer Wartenburg Spätburgunder "Barrique"
Mittleres Rot
In der Nase recht ausgeprägt, spürbare Holznote, rotfruchtig, Erdbeeren
Am Gaumen holzwürzig, "gekocht" wirkende Frucht, wenig Tannin, recht kurz.
Ein (im neutralen Sinne des Wortes) typischer deutscher Spätburgunder ohne Ecken und Kanten, aber auch beliebig.
83-85, bis 2020

2013 Winzergenossenschaft Mayschoss/Altenahr Frühburgunder trocken
Mittleres Rot, am Rand ganz leicht bräunlich
In der Nase rotfruchtig, aber auch mit einer etwas störenden gemüsigen(?) Note. Am ersten Tag meinte ich sogar, etwas Liebstöckel zu riechen, aber der war am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar.
Am Gaumen wenig Frucht und Ausdruck, recht kurz.
75-79, besser gar nicht

2006 Bertrand Stehelin Gigondas
Mittleres Rot mit deutlichen Reifenoten 
In der Nase mittlere Intensität, Leder, Erdbeeren, Gewürze, recht komplex
Auch am Gaumen Erdbeeren, schöne Reife, mürbes, aber noch präsentes Tannin, dezente Fruchtsüße, mittlere Länge
86-88, bis 2020+

Fazit: Der Gigondas von Stehelin war der Kellerrest. Davon habe ich vor 10 Jahren 6 Flaschen gekauft, aber der Wein hat mich irgendwie nie vom Hocker gehauen. Die heutige Flasche war die letzte. Den Wein habe ich vielleicht unterschätzt, denn es ist ein schöner und gut trinkbarer Wein. Der Spätburgunder der Winzer Wartenburg (das Geschenk) ist recht beliebig, aber unfallfrei trinkbar. Der Frühburgunder von der Ahr dagegen ist ziemlich schlimm. Da kann man nur hoffen, dass das ein Flaschenfehler war.

Mittwoch, 30. Januar 2019

Twenty Fourteen

Habe ich schon erwähnt, dass ich 2014er Bordeaux mag? Ich denke, ich habe mittlerweile genug davon probiert, um mir dieses Urteil erlauben zu können. Heute habe ich meine "Sammlung" um Chateau Meyney bereichert.



2014 Chateau Meyney
Sehr dunkles, undurchsichtiges Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, rauchige Noten (Lagerfeuer) und ein massiver, noch nicht ausdifferenzierter Kern vorwiegend dunkler Früchte. Nach drei Tagen (den Rest der Flasche gab es nach zwei Tagen Pause) etwas entwickelter mit Noten von Brombeeren und Gewürzen.
Auch am Gaumen ausgeprägte, aber noch nicht entfaltete Frucht, monolithisch wirkend, massives Tannin hoher Qualität, mittlere Länge, betont herber Abgang.
Vielversprechend, aber der Wein braucht noch Zeit - besser noch drei oder mehr Jahre liegenlassen.
89-91, 2022-2030+

Fazit: Sehr schöner Wein mit Potential, wenn er auch IMHO nicht an meinen 2014er Cru-Bourgeois-Favoriten Chateau Labegorce heranreicht.