Mittwoch, 19. Mai 2021

Peter Wagner

Das Weingut Peter Wagner in Oberrotweil am Kaiserstuhl ist einer der Aufsteiger der letzten Jahre. Seit drei Jahren macht Peter Wagner Wein im elterlichen Betrieb, vornehmlich aus Burgundersorten. Der Eichelmann Weinführer 2021 kürte ihn zum Aufsteiger des Jahres. Alles, was ich über seine Weine gelesen habe, machte mich neugierig, und so habe ich drei Einzelflaschen zur Probe gekauft.

 


 

 

2019 Peter Wagner Grauburgunder

Hellgelb
In der Nase eher zurückhaltender, aber sehr sauberer Duft nach gelben Früchten, nussige Untertöne
Am Gaumen klar konturiert, betont trocken, mit lebendiger Säure und dezenter Frucht, herbe Note im recht langen Abgang.
Sehr schöner Grauburgunder, blitzsauber und mit hervorragendem Trinkfluß. Zudem viel Wein fürs Geld (unter 10 Euro) 

86-88, bis 2023 


2018 Peter Wagner Spätburgunder Oberrotweil 

Helles bis mittleres Rot, am Rand in Richtung Rosa auslaufend
In der Nase von mittlerer Intensität, dezente Holzwürze, rote Früchte 
Wirkt am Gaumen sehr zugänglich, sehr dezente, stützende Holznote, die Frucht wirkt auf eine durchaus erfrischende Art etwas säuerlich, feiner Säurenerv.
Ein sehr schöner, in sich ruhender Spätburgunder, der jetzt schon viel Spaß macht, aber Potential für einige Jahre hat. Angenehm moderat im Alkohol mit 12,5%.

87-89, bis 2025+


2019 Peter Wagner Chardonnay Oberrotweil

Mittleres Gelb
In der Nase eher zurückhaltend mit Noten von Zitrusfrüchten
Auch am Gaumen Zitrusfrüchte, hat Substanz und Grip, gewisse kalkige Mineralik, sehr dezenter, stützender Holzeinsatz.

88-90, bis 2025+

Fazit: Drei sehr schöne Weine, die zudem alle ein gutes Preis-Leistungsverhältnis haben (für den Spätburgunder habe ich 16,50 bezahlt, für den Chardonnay 18 Euro). Den Namen Peter Wagner sollte man sich also merken.



Mittwoch, 12. Mai 2021

Teneriffa?

Bei den kanarischen Inseln denke ich nicht zuerst an Wein. Obschon es sicher nicht überraschend ist, dass dort welcher angebaut wird, bin ich damit bislang nicht in Berührung gekommen. Kürzlich habe ich aber aus Neugier zwei Flaschen Weißwein aus Teneriffa gekauft. Sie stammen von Envinate, einem Projekt von vier Studienfreunden, die sich der Konzeption eines "Vino Atlantico" verschrieben haben und in vier spanischen Regionen Wein erzeugen, darunter eben auch Teneriffa. 

Die Weine werden ausschliesslich (Benje) bzw. hauptsächlich (Taganan) aus der Rebsorte Palomino erzeugt (der Hauptrebsorte des Sherry-Gebiets), die auf den kanarischen Inseln als Listan Blanco firmiert. Was zunächst auffällt ist, dass beide Weine einen mit 12% moderaten Alkoholgehalt haben. Und auch der Rest ist durchaus spannend.


 

2019 Envinate Benje Blanco 

Recht dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
Interessanter und eigenständiger Duft, praktisch fruchtfrei (vielleicht etwas Birne), dafür aber Kräuternoten und mineralische Noten, die mich an nasse Kieselsteine erinnern
Am Gaumen fällt zunächst die Textur mit prägnanten Tanninen auf. Hier wurde anscheinend mit längerer Maischestandzeit in Richtung "Orange Wine"gearbeitet. Der Wein ist auch am Gaumen weitgehend fruchtfrei. Neben Kräutern fällt eine leichte Rauchnote auf. Auch wenn es sich vielleicht nicht so liest, ergibt das ein stimmiges Gesamtpaket.

88-90, bis 2023+ (das ist eine konservative Prognose, da ich nicht gut einschätzen kann, wie sich das entwickelt)

Nachtrag: Nachdem ich das obige geschrieben habe, habe ich etwas gegoogelt. Anscheinend wird etwa ein Viertel der Trauben länger auf der Maische belassen, der grössere Rest wird direkt gepresst. Es finden sich auch Beschreibungen des Weins als "fruchtig". Das kann ich allerdings nicht bestätigen.

 

2019 Envinate Taganan

Auch hier Goldgelb mit Orange-Noten
In der Nase zunächst Rauch, Feuerstein, dann auch Kräuter und eine an Birne erinnernde Frucht
Am Gaumen tolle Textur, etwas Gerbstoff, gut integrierte Säure. Eher kräutrig mit leicht oxidativen Noten. Recht langes, salziges Finale.
Spannender Wein, der im übrigen hervorragend zu Spaghetti alla puttanesca passte - der Wein nahm die salzigen Noten der Sardellen auf und kam auch mit der Schärfe bestens zurecht. 

89-91, bis 2023+ (was das Trinkfenster angeht siehe oben)


Fazit: Zwei sehr eigenständige und spannende Weine, die für ihren Preis (um 20 Euro) nicht nur einen "Exotikbonus", sondern auch sehr gute Qualität und neue Geschmackseindrücke bieten. "Crowd Pleaser" sind das allerdings nicht - die beiden Weine dürften nicht jedem gefallen.

Donnerstag, 22. April 2021

Der Wunderwein

Während der Primeurkampagne des Jahrgangs 2018 wurde ein Wein von den professionellen Verkostern ganz hoch gehandelt. Chateau Laroque, ein Grand Cru Classé aus Saint Emilion wurde mit Punkten bis hinauf zu 95-97 (Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate) bedacht. Dabei war der Wein für unter 25 Euro zu haben. Das wäre ein veritables Schnäppchen, wenn der Wein denn wirklich so gut ist, wie die Bewertungen es suggerieren. Nun, ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und ein paar Flaschen gekauft. Gestern und heute war dann Stunde der Wahrheit.

 

 

2018 Chateau Laroque 

Sehr dunkle Farbe mit opakem Kern und Violettschimmer
In der Nase intensiv, florale Noten, dezente Vanillenote vom Barriqueausbau, Rauch, dunkle Früchte, Orangen 
Am Gaumen kraftvoller, gaumenauskleidender Auftakt, dunkelfruchtig, viel reifes und dadurch unaufdringlich wirkendes Tannin. Nach dem Auftakt erwartete ich spürbare Fruchtsüße, aber der Wein ist betont herb, langer Nachhall. Mit (dem sehr warmen Jahr geschuldeten) 14,5% Alkohol ist das kein Leichtgewicht, aber der Alkohol ist hervorragend verpackt. Klares Entwicklungspotential.

91-93+, bis 2035+ 

 

Fazit: Auch wenn ich mit meiner Bewertung etwas unter den "Vorgaben" bleibe: Das ist ein ausgezeichneter Wein mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis. Mit etwas Suchen ist er derzeit noch für Preise um 30 Euro zu bekommen

Donnerstag, 8. April 2021

Hopeless Case

Am letzten Wochenende haben wir eine vergessene 12er-Holzkiste endlich geöffnet, die ich 2003 gemeinsam mit meinem Vater in Subskription gekauft habe. 2002 Château Haut-Bages Libéral, kostete seinerzeit 16 Euro. Nun ist 2002 sicher einer der kleineren Jahrgänge des Jahrzehnts und Château Haut-Bages Libéral ist auch nicht der hellste Stern am Bordeaux-Firmament. Daher waren meine Erwartungen eher gedämpft. Soweit die Theorie. Die Praxis sah dann durchaus erfreulich aus.

 


 

2002 Château Haut-Bages Libéral 

Mittleres Rot mit leichten Reifenoten am Rand
In der Nase mittlere Intensität, dunkle Früchte, etwas Cassis, erdige Noten
Am Gaumen durchaus kraftvoll, wieder dunkelfruchtig, leicht trocknendes Tannin. Baut auch nach einem Tag in der geöffneten Flasche nicht ab.
Wirkt zwar etwas rustikal, ist aber (insbesondere auch angesichts von Jahrgang und Herkunft) überraschend gut und mit Freude trinkbar. Bei guter Lagerung sicher noch Potential für einige Jahre. 

88-90, bis 2025

 

Freitag, 26. März 2021

Durch die Blume

Natürlich weiß ich "im Prinzip", dass man an der Loire hervorragende Süßweine macht. Nur trinke ich die sehr selten. In unserem Keller dominieren Riesling und eine (deutlich kleinere) Auswahl an Sauternes. Kürzlich habe ich aus Neugier eine Flasche Montlouis "Les Lys" von Francois Chidaine gekauft. Grund dafür war erstens die Tatsache, dass mit 2009 ein gereifter Jahrgang verfügbar war und zweitens die sehr positive Bewertung im Wine Advocate (95-96+).

Der "Les Lys" ist eine Pazellenselektion, die nicht in jedem Jahr hergestellt wird. Tatsächlich war 2009 anscheinend der (bislang?) letzte Jahrgang, in dem es sie gab. Der Wein stammt aus biodynamischer Bewirtschaftung, hat 103 g/L Restzucker und trägt stolz die königlichen Lilien auf dem Etikett. Zu Recht.

 

 

2009 Francois Chidaine Montlouis "Les Lys"

Kräftiges Goldgelb mit leichter Tendenz zu Orange
In der Nase ebenso ausgeprägt und tiefgründig wie animierend, da ist zunächst etwas Honig, gefolgt von Kräuternoten und gelben Früchten (Quitte, Aprikose)
Am Gaumen sehr süßer Antrunk, dann kleidet die Frucht den Gaumen aus, gelbe Früchte und Quitte mit einer herben Note, die zusammen mit der Säure einen gelungenen Kontrapunkt zu der Süße setzt. Das Ganze wird umrahmt von einer unauffällig-präsenten Mineralik. Sehr lang.
Großartiger edelsüßer Wein 

94-96, bis 2030+

Fazit: Wunderbarer Süßwein, der mit seinem Alkoholgehalt von 11,5% zwischen den meisten deutschen Süßweinen einerseits und Sauternes & Co andererseits steht - sich dort aber nun wirklich nicht verstecken muß.

Sonntag, 21. März 2021

Heatwave

Wer alt genug ist, wird sich an den Sommer 2003 mit seinen Rekordtemperaturen erinnern. Die Weine des Jahrgangs wurden ob des heißen Wetters mit vielen Vorschußlorbeeren versehen. Allerdings haben sie dieses Versprechen oft nicht einhalten können. Viele Weine des Jahrgangs haben mich enttäuscht, so dass ich um die Restbestände im Keller meistens einen großen Bogen gemacht habe. Gestern hatte ich aber Lust auf etwas Süßes zum Nachtisch und habe ganz bewußt zu einem 2003er gegriffen.

 


2003 Dönnhoff Oberhäuser Brücke Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb
In der Nase intensiv mit Noten von frischen und getrockneten Aprikosen und Nüssen, etwas Honig , schwarze Teeblätter
Am Gaumen ausgeprägte Süße, aber auch viel Frucht (wieder Aprikose), sehr lang. Hält seine Form über drei Tage in der geöffneten Flasche.
Sehr schöne Auslese aus heißem Jahr, die (bei guter Lagerung) noch lange Freude machen wird.

90-92, bis 2030

Fazit: Sehr schöne Auslese. Gut, dass ich bislang einen Bogen darum gemacht habe, sonst hätte ich jetzt nichts mehr davon im Keller

Samstag, 20. März 2021

Die Mosel sieht doch besser Riesling

Kürzlich war hier die Rede (oder eigentlich ja die Schreibe) von Spätburgunder von der Mosel (guckstu hier). Die Weine waren gut, aber es stellt sich (mir jedenfalls) trotzdem die Frage, ob man mit Riesling an der Mosel nicht besser fährt. Gestern und heute kamen drei trockene 2019er des Weinguts Fritz Haag ins Glas und punkteten pro Riesling. Unter den Weinen befand sich der im Wine Advocate mit 94(!) Punkten geadelte trockene Gutsriesling und ausserdem der Brauneberger Ortsriesling "J" und das Grosse Gewächs aus der Juffer-Sonnenuhr. 



 

2019 Fritz Haag Riesling

Schöne, ausgeprägte und frische Rieslingnase mit deutlich mineralischer Prägung, gelbfruchtig (Pfirsisch)
Auch am Gaumen mineralisch geprägt, lebhafte Säure, gelbfruchtige Aromatik, sehr klar und transparent, gute Länge 

87-89, bis 2025


2019 Fritz Haag Brauneberger Riesling "J"

In der Nase recht ausgeprägt, gelbfruchtig, etwas süße Ananas
Am Gaumen noch etwas verschlossen, herb, gelbfruchtig-kräutrige Aromatik, präsente, aber gut integrierte Säure, recht kraftvolles Finale 

89-91, bis 2025+


2019 Fritz Haag Brauneberger Juffer- Sonnenuhr Riesling GG

In der Nase etwas rauchig, komplex, ausgeprägt gelbfruchtig, tief
Baut am Gaumen viel Druck auf, wieder gelbfruchtige Armomatik, sehr präzise, ausgeprägte und salzig wirkende Mineralik. Sehr nachhaltig und lang.
Schöner Wein mit großem Potential. 

92-94, bis 2030+ 


Fazit: Das sind drei in ihrer jeweiligen Klasse hervorragende Rieslinge. Der Gutsriesling bietet in seiner Kategorie (und damit ist ausdrücklich auch die Preiskategorie gemeint - der Wein kostet knapp 10 Euro) ungewöhnlich viel. Die 94 Punkte im Wine Advocat sind dabei möglicherweise eher belastend, denn sie wecken meiner Meinung nach Erwartungen, die der Wein weder erfüllen kann noch (vermutlich) will. Der Ortswein (€ 15,50) legt da nochmal eine Schippe drauf. Das Große Gewächs macht seinem Namen alle Ehre und ist ein hervorragender Riesling mit großem Potential. 

Das Weingut Fritz Haag spielt IMHO in der Champions League des Rieslings, und entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Weine. Schön zu sehen, dass diese hohen Erwartungen dann (anscheinend mühelos) erfüllt werden.