Freitag, 5. Januar 2024

All that glitters

Im Sommer begegnete mir bemerkenswerte Werbung für einen neuen österreichischen Sauvignon blanc. Bemerkenswert daran war erstens das elitär anmutende Konzept, das sich ausdrücklich an die Spitzengastronomie richtete, und zweitens der Preis - pro Flasche werden Endkunden gegenüber 180 Euro aufgerufen. Für einen Sauvignon, zumal ohne Track Record, ist das eine erstaunliche Summe. 

Vermarktet wird der Wein (gemeinsam mit drei weiteren Weißweinen aus anderen Rebsorten, für die etwas niedrigere, aber ebenfalls dreistellige Preise aufgerufen werden) unter dem Namen "Signum". Der Name des Winzers, Thomas Rothschädel, war mir zuvor unbekannt. Der Wein stammt aus der Ried Kreuzberg in Leutschach in der Südsteiermark. Der Boden dort enthält anscheinend Turmalin. Dem entsprechend trägt der Wein das Wort "Turmalin" im Namen. Ob Turmalin im Boden Einfluß auf Charakter und Qualität des Weins hat, weiß ich nicht; ich habe dergleichen jedenfalls noch nie gehört. 

Mir bot sich die Gelegenheit, eine Flasche des Sauvignon "Turmalin" zu einem Bruchteil des normalen Preises zu erwerben. Die habe ich dann über mehrere Tage hinweg und zusammen mit einem adäquaten "Sparringspartner", dem Sauvignon blanc Zieregg vom Weingut Tement aus gleichem Jahr, verkostet.

 


2018 Signum Blanc Sauvignon Blanc Ried Kreuzberg "Turmalin"

Mittelgelb mit leichtem Grünschimmer
Direkt nach dem Öffnen feiner, recht komplexer und unaufdringlicher Duft nach Holunderblüte und exotischen Früchten, etwas Wachs. Auch am zweiten Tag eher zurückhaltend, aber sehr fein. Am vierten Tag wirkt der Duft intensiver mit sehr feiner Sortencharakteristik
Am Gaumen vergleichsweise schlank, aber nachhaltig, dezente und unaufdringliche Sortencharakteristik, leichte Rauchnote (vom Ausbau in Holz?), noch unentwickelt, betont trocken, langer Nachhall.
Ein "leiser", aber sehr feiner Sauvignon mit Zukunft.

92-94, könnte noch zulegen und hat klares Lagerpotential


2018 Tement Sauvignon Blanc Ried Zieregg 

Mittel- bis Goldgelb
Direkt nach dem Öffnen rauchiger Duft mit Noten exotischer Frucht, etwas frisch geschnittenes Gras, Kräuter. Am zweitenn Tag komplexer und sehr animierend. Am vierten Tag unverändert, vielleicht noch etwas intensiver.
Wirkt am Gaumen sehr konzentriert, dabei aber noch weitgehend unentwickelt, wieder dezente Noten eher exotischer Frucht, leicht rauchig, langes, herb-saftiges Finale.

92-94, sollte noch ein paar Jahre liegen 


Fazit: Der Signum ist ein hervorragender Sauvignon. Er ist ein "leiser" und sehr feiner Wein mit viel Potential. Wer ihn jetzt schon trinken möchte, sollte ihn unbedingt dekantieren und große Gläser nehmen. Der "Zieregg" ist qualiativ auf ähnlichem Niveau, hat aber einen anderen Charakter, so dass er nicht der ideale Partner war. Wäre der Turmalin in der gleichen Preisklasse wie der Zieregg, so wäre er eine gute, stilistisch unterschiedliche Alternative dazu. Tatsächlich kostet er allerdings etwa dreimal so viel, und da bin jedenfalls ich dann raus.



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