Samstag, 31. August 2024

Riesling für Steinelutscher

Eine mehr oder weniger ausgeprägte Mineralik zeichnet viele Rieslinge aus. Wer so etwas mag, wird gelegentlich ais "Steinelutscher" bezeichnet. So viel Mineralik wie hier in einem Wein dieser Preisklasse ist allerdings selten.

 


2016 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling trocken 

Mittelgelb
In der Nase sehr deutliche mineralische Prägung (Richtung nasser Kieselstein), daneben gelbe Früchte und ein Hauch Orange(?)
Am Gaumen setzt sich das fort. Der Wein ist auf einem mineralischen Fundament gebaut, das dann gelbfruchtige Noten und eine gut integrierte Säure trägt. Endet pikant und recht lang.
Großer Trinkspaß, ich mag das sehr.

89-91, bis 2030+


Fazit: Was soll man dazusagen? Das ist ein hervorragender Riesling aus einer absoluten Spitzenlage, er ist stilistisch voll auf meiner Wellenlänge und hat ein herausragendes Preis-Leistungsverhältnis (ab Hof seinerzeit 11 Euro). Man könnte sich jetzt darüber wundern, dass es so etwas gibt, aber wenn man das Weingut näher kennt, tut man das nicht mehr. Die machen das nämlich andauernd.

Mittwoch, 28. August 2024

Mutter Anna

Was trinkt man am Ende eines richtig heissen Sommertages? Mir kam erstens "Riesling" in den Sinn und zweitens "Falkenstein". Die Weine des Hofguts Falkenstein zeichnen sich nämlich durch Leichtigkeit und eine kräftige Säure aus, und das schien mir eine angemessene Antwort auf das heutige Wetter zu sein. "Mutter Anna" ist die interne Bezeichnung dieses Weines; zu den Hintergründen guckstu hier.

 


2019 Hofgut Falkenstein Niedermenniger Herrenberg Riesling Kabinett trocken "Mutter Anna" 

Helles bis mittleres Gelb
Sehr animierender Duft nach grünem Apfel und Limette
Am Gaumen eher schlank mit erfrischenden und wieder grünen Fruchtnoten, rassige Säure, trotz der Leichtigkeit recht nachhaltig
Sehr schöner Riesling mit grossem Trinkfluß und genau das richtige an einem heissen Sommertag 

87-89, jetzt in schöner Trinkreife, wird das Niveau aber vermutlich noch einige Jahre halten


Sonntag, 4. August 2024

Sieben Winter

Der "Sieben Winter" ist ein Wein, den es so noch nicht gab. 80% Grauburgunder und 20% Chardonnay aus dem Jahrgang 2016 und den Lagen Kirchberg und Steingrubenberg wurden sieben Jahre lang im grossen Holzfass auf der Hefe belassen und dann 2023 abgefüllt. Angesichts des Ergebnisses wünsche ich mir mehr Experimente dieser Art. 

 


 

2016 Salwey "7 Winter" 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter und komplexer, etwa rauchiger Duft mit Kräutern und Kernobst (Birne), Brotrinde
Kleidet den Gaumen sofort aus. Da ist viel Saft, eine hervorragend integrierte, den Wein marmorierende Säure, Mineralik und dezenter Tannin-Grip. Sehr komplex, eigenständig, dabei animierend und richtig gut. 

93-95, sicher bis 2030 und darüber hinaus

Donnerstag, 25. Juli 2024

Der Süßwein der Woche (9)

Diese Ausgabe beginnt mit einer sehr schönen Spätlese aus Piesport:


2009 Reinhold Haart Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
Zunächst eher verhaltener, nach Belüftung intensiverer Duft nach gelbem Steinobst mit etwas Vanille, später auch eine dezent rotfruchtige Komponente.  
Auch am Gaumen viel gelbe Frucht, merkliche Kandisnote, die (analytisch vermutlich hohe) Süße wirkt ausgesprochen unaufdringlich, recht langer Abgang mit wiederum deutlicher Kandisnote.
Sehr schöne Spätlese mit Potential für weiter Lagerung 

91-93, bis 2030+ 

 

Der Jahrgang 2000 war eher schwieirig und kein guter Start ins neue Jahrtausend. Einige restsüße Weine - drei von der Mosel und einer aus dem Rheingau - haben in unserem Keller überlebt und kamen jetzt auf den Prüfstand

 


2000 Dr. Loosen Ürziger Würzgarten Spätlese 

Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Recht intensiver und interessanter Duft mit einer "abgeklärt" wirkenden Mineralik, gelber Frucht und leichter Firne, auch etwas nasser Karton 
Am Gaumen ein Leichtgewicht, noch etwas gelbe Frucht, präsente Säure, sehr unaufdringliche Süße, leichte Bitternote im Abgang. Am zweiten Tag ist der Wein zwar noch "da", aber die Frucht ist verhaltener und der Abgang leicht säuerlich
In Ehren gereift, aber doch auf dem absteigenden Ast. 

84-86, austrinken 


2000 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb mit deutlicher Orangenote
Direkt nach dem Öffnen zurückhaltender, aber sauberer Duft nach gelben Früchten mit einem Hauch Vanille
Auch am Gaumen noch präsente Frucht, eine schöne Balance zwischen Süße und Säure läßt den Wein sehr harmonisch wirken. Wirkt schlank und dürfte im Mostgewicht nicht allzu hoch gewesen sein. 

88-90, recht bald trinken 

 

2000 J.J. Prüm Graacher Himmelreich Riesling Auslese 

Wieder reifes Goldgelb mit deutlicher Orangenote
Im Duft Noten von gelben Früchten (getrocknete Aprikose), etwas Orange, deutliche Mineralik
Auch am Gaumen mineralische Prägung, sehr klar gezeichnet mit reifer Frucht. Die Süße wird von einer ausgeprägten Säure und einer herben Kräuternote bestens balanciert. Sehr fein. 

90-92, in den nächsten Jahren trinken 

 

Den folgenden Wein hatte ich seinerzeit auf einer Veranstaltung (ich weiß nicht mehr, welche) gesehen und probiert und war sehr erstaunt, dass eine Beerenauslese guter Herkunft für € 16,50 pro Flasche (0,5l) zu haben war. Ein paar Flaschen habe ich dann gekauft, und diese hier war die vorletzte.

 


2000 Schloß Schönborn Hattenheimer Pfaffenberg Riesling Beerenauslese 

Bernsteinfarben
Verhaltener Duft mit Noten von Trockenpflaumen, etwas Möbelpolitur
Sehr süßer Gaumenauftakt, Aromen von Trockenfrüchten und Nüssen, lebendige Säure, aber auch eine leichte Bitternote, die die Harmonie stört. 

85-87, würde ich bald trinken

 


Donnerstag, 18. Juli 2024

Spannender Beifang

Diese Flasche war in einem Paket enthalten, das ich wegen seines sonstigen Inhalts gekauft hatte. Von Wein und Weingut hatte ich noch nie etwas gehört, habe es mir dann aber natürlich ergugelt. Fiona Leroy produziert seit 2017 selbst Wein (weiß und rot), arbeitet biodynamisch und verwendet anscheinend kein neues Holz. Sie gilt als Geheimtip (jedenfalls behaupten das Händler, die ihren Wein verkaufen wollen...). 

So eine Einzelflasche lange aufzuheben schien mir nicht sinnvoll zu sein (auch wenn es dem Wein vielleicht gutgetan hätte) und so beschloß ich, gleich zur Probe zu schreiten. 


2021 Fiona Leroy Maranges Premier Cru "Le Clos des Loyères"

Mittleres, jugendlich wirkendes Rot mit leichtem Rosa/Violettschimmer
Recht ausgeprägter, fruchtbetonter Duft nach roten Früchten und Kirsche, etwas Rauch. Mit mehr Luft kommen florale Noten hinzu. Auch am zweiten Tag noch pralle Frucht.
Auch am Gaumen viel Frucht, dabei betont trocken, recht ausgeprägte Säure, präsentes Tannin.
Schöner Pinot Noir mit niedrigem Alkoholgehalt (12% laut Etikett) und einer gewissen Rustikalität, die sich mit etwas Kellerreife legen könnte. Macht jetzt wegen seine ausgeprägten Frucht viel Spaß, hat aber sicher Reifepotential

90-92,  sicher bis 2030 und wahrscheinlich auch darüber hinaus


Fazit: Schöner, spannender Pinot Noir, der allerdings auch seinen Preis hat (um 50 Euro im Handel)

Mittwoch, 3. Juli 2024

Weissburgunder in richtig gut

Weissburgunder gibt es viele, aber bei richtig guten Weissburgundern wird die Luft recht dünn. Dieser hier kann was und hat definitiv das Niveau eines Grossen Gewächses (was er aber schon deshalb nicht sein kann, weil die VdP-Richtlinien in Rheinhessen nur Grosse Gewächse aus Riesling und Spätburgunder vorsehen).

 


 

2020 Wittmann Weisser Burgunder Reserve 

Helles bis mittleres Gelb
Recht ausgeprägter, "ruhiger" Duft mit nussigen und dezent gelbfruchtigen Noten, etwas Zitrus
Am Gaumen recht kratvoll und ausladend, spürbare, aber unaufdringliche Holznote, dazu gelbe Früchte, passende Säure, schöner Schmelz, gute Länge
Sehr schöner Weissburgunder, eher auf der üppigen als auf der mineralisch-kargen Seite. 

90-92, jetzt sehr gut trinkbar, aber mit Reserven für einige Jahre


Fazit: Wir haben nachbestellt

Mittwoch, 12. Juni 2024

Hohes C

Das Chateau Les Carmes Haut-Brion hat in den letzten 10-15 Jahren nach einem Besitzerwechsel einen rasanten Aufstieg hingelegt. Die Weine wurden von Kritikern sehr gelobt. Sie sind stilistisch insofern  eigenständig, als der Anteil an Cabernet Sauvignon gering, der Cabernet Franc-Anteil dagegen hoch ist. Neben dem (mittlerweile teuren) Erstwein gibt es noch den "Le C de Carmes Haut-Brion". Der "Le C" wird oft als Zweitwein bezeichnet, ist es aber nicht. Er stammt von eigenen Rebflächen, die zudem eine andere Rebsortenzusammensetzung (insbesondere einen viel höheren Cabernet Sauvignon-Anteil) aufweisen, als der Les Carmes Haut-Bron. Die Rebfläche des "Le C" ist auch deutlich größer als die des Hauptweins, so dass der "Le C" deutlich preiswerter (um 35 Euro) und leichter erhältlich ist. Und, das hat diese Flasche bewiesen, der "Le C" ist auch jung mit Genuß zu trinken.



2019 Le C des Carmes Haut Brion 

Mittleres bis dunkles Rot ohne Reifenoten
Recht ausgeprägter und sehr reintöniger Duft nach roten Früchten (Himbeere), etwas Paprika und Kräutern (Rosmarin)
Am Gaumen mittelgewichtig, aber sehr elegant mit wieder roter Frucht, wieder einem Hauch Paprika und wohldosiertem, reifem Tannin
Schon sehr gut trinkbar, aber mit Potential für weitere 10 Jahre 

90-92, bis 2034