Donnerstag, 31. Januar 2019

Rudis Resterampe

Wahrscheinlich gibt es in vielen Weinkellern eine Schmuddelecke. Da stehen bzw. liegen die Weine, auf die man eigentlich keine Lust hat. Weine die in der Vergangenheit nicht überzeugt haben, Weine, die ihren Zenit überschritten haben, und sicher oft auch geschenkte Flaschen. Aber irgendwann muss man da mal ran. Dabei werden dann manchmal Vorurteile bestätigt, aber es gibt auch positive Überraschungen. Drei Flaschen aus unserer Schmuddelecke mussten gestern und heute dran glauben. Ein Geschenk, ein Wichtelwein und ein Kellerrest.





2014 Winzer Wartenburg Spätburgunder "Barrique"
Mittleres Rot
In der Nase recht ausgeprägt, spürbare Holznote, rotfruchtig, Erdbeeren
Am Gaumen holzwürzig, "gekocht" wirkende Frucht, wenig Tannin, recht kurz.
Ein (im neutralen Sinne des Wortes) typischer deutscher Spätburgunder ohne Ecken und Kanten, aber auch beliebig.
83-85, bis 2020

2013 Winzergenossenschaft Mayschoss/Altenahr Frühburgunder trocken
Mittleres Rot, am Rand ganz leicht bräunlich
In der Nase rotfruchtig, aber auch mit einer etwas störenden gemüsigen(?) Note. Am ersten Tag meinte ich sogar, etwas Liebstöckel zu riechen, aber der war am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar.
Am Gaumen wenig Frucht und Ausdruck, recht kurz.
75-79, besser gar nicht

2006 Bertrand Stehelin Gigondas
Mittleres Rot mit deutlichen Reifenoten 
In der Nase mittlere Intensität, Leder, Erdbeeren, Gewürze, recht komplex
Auch am Gaumen Erdbeeren, schöne Reife, mürbes, aber noch präsentes Tannin, dezente Fruchtsüße, mittlere Länge
86-88, bis 2020+

Fazit: Der Gigondas von Stehelin war der Kellerrest. Davon habe ich vor 10 Jahren 6 Flaschen gekauft, aber der Wein hat mich irgendwie nie vom Hocker gehauen. Die heutige Flasche war die letzte. Den Wein habe ich vielleicht unterschätzt, denn es ist ein schöner und gut trinkbarer Wein. Der Spätburgunder der Winzer Wartenburg (das Geschenk) ist recht beliebig, aber unfallfrei trinkbar. Der Frühburgunder von der Ahr dagegen ist ziemlich schlimm. Da kann man nur hoffen, dass das ein Flaschenfehler war.

Mittwoch, 30. Januar 2019

Twenty Fourteen

Habe ich schon erwähnt, dass ich 2014er Bordeaux mag? Ich denke, ich habe mittlerweile genug davon probiert, um mir dieses Urteil erlauben zu können. Heute habe ich meine "Sammlung" um Chateau Meyney bereichert.



2014 Chateau Meyney
Sehr dunkles, undurchsichtiges Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, rauchige Noten (Lagerfeuer) und ein massiver, noch nicht ausdifferenzierter Kern vorwiegend dunkler Früchte. Nach drei Tagen (den Rest der Flasche gab es nach zwei Tagen Pause) etwas entwickelter mit Noten von Brombeeren und Gewürzen.
Auch am Gaumen ausgeprägte, aber noch nicht entfaltete Frucht, monolithisch wirkend, massives Tannin hoher Qualität, mittlere Länge, betont herber Abgang.
Vielversprechend, aber der Wein braucht noch Zeit - besser noch drei oder mehr Jahre liegenlassen.
89-91, 2022-2030+

Fazit: Sehr schöner Wein mit Potential, wenn er auch IMHO nicht an meinen 2014er Cru-Bourgeois-Favoriten Chateau Labegorce heranreicht.

Sonntag, 27. Januar 2019

Ein Pfälzer Exot


Über das Pfälzer Weingut Anselmann wusste ich bislang nur, dass die Weine oft im Duty-Free-Shop angeboten werden. Dabei ist es, wie ich mir mittlerweile ergugelt habe, mit 130 Hektar Rebfläche sehr gross und hat ein enorm breites Sortiment. Getrunken habe ich noch keinen Wein des Gutes. Das hat sich nun geändert, denn ich habe eine Flasche geschenkt bekommen. Das war eine Premiere gleich in doppelter Hinsicht. Mein erster Anselmann, und mein erster weiß gekelterter Cabernet Sauvignon. "Blanc de Noirs" ist in den letzten Jahren in Deutschland auch bei Stillweinen recht populär geworden, wird aber in der Regel aus Pinot Noir hergestellt. Prinzipiell geht das natürlich auch mit anderen Rebsorten (das Weingut Anselmann hat Blanc de Noirs aus vier verschiedenen Rebsorten im Angebot), aber ich laufe da dem Trend wohl etwas hinterher (oder präziser: ich lasse den Trend an mir vorbeiziehen). Ich war jedenfalls etwas skeptisch, aber wie heisst es so schön: The proof of the cake is in the eating.



2017 Edesheimer Ordensgut Cabernet Sauvignon Blanc de Noirs
Helles Gelb mit grünen Reflexen
In der Nase von mittlerer Intensität, interessante Aromatik mit Noten von Paprika, aber auch Banane und Kiwi
Am Gaumen dann mit ordentlichem Volumen (die 13,5% "schieben" etwas), aber auch recht lebhafter Säure. Hier eher an Stachelbeere und exotische Früchte erinnernd, recht kurz.
Sauberer, mit Vergnügen (und wohl besser jung) trinkbarer Wein.
83-85, bis 2019

Fazit: Durchaus interessanter Wein. Wenn man mir das blind serviert hätte, hätte ich vermutlich auf Sauvignon Blanc getippt. Ich muss mir davon nichts in den Keller legen, aber für €5,60 bekommt man hier einen orderntlichen Gegenwert für sein Geld.

Donnerstag, 10. Januar 2019

Shiraz unplugged


Wir haben während unseres Urlaubs ein Appartement in Bangkok gemietet, das wir als "Basislager" nutzen. Als wir heute dorthin zurückkamen, war der Strom ausgefallen. Allerdings nur bei uns, nicht bei den Nachbarn. Eine kurze Recherche führte zu der Erkenntnis, dass die Vermieterin die Stromrechnung nicht bezahlt hatte. Das hat sie dann zwar schnell nachgeholt, aber den Abend und die Nacht mussten wir trotzdem ohne Strom verbringen. Das geht, ist aber mit Weißwein und Bier bei den ortsüblichen Temperaturen nicht ohne weiteres kompatibel. Also Rotwein. Aus dem Supermarktsortiment, denn eine Weinhandlung war gerade nicht in der Nähe (die sind auch selten in Bangkok). Hinsichtlich Auswahl und Preis kommen da hauptsächlich Australier in Frage, da die mit geringeren Zöllen belastet sind als Weine aus anderen Ländern. Immerhin gab es den Basis-Shiraz von d'Arenberg. Deren "Laughing Magpie" (ein Shiraz mit geringem Viognier-Anteil) kenne und schätze ich aus mehreren Jahrgängen. Den "The Stump Jump" genannten Basis-Shiraz hatte ich heute zum ersten Mal im Glas. Und wahrscheinlich auch zum letzen Mal.



2015 d'Arenberg "The Stump Jump" Shiraz, McLaren Vale
Mittleres Rot mit deutlichem Wasserrand
In der Nase etwas diffus wirkende Frucht, ein wenig Pfeffer und etwas Eukalyptus
Am Gaumen dunkelfruchtig, wieder etwas Eukalyptus, eher einfach, leichte Bitternote und recht kurz.
Man kann das unfallfrei trinken, aber wirklich brauchen tue ich das nicht.
83-85, bis 2020

Montag, 24. Dezember 2018

Bescherung von der Saar

Seit über acht Jahren schlummerte diese Auslese im Keller und immer wieder habe ich das Öffnen der ersten Flasche vor mir hergeschoben. Heute war es nun endlich soweit, und der Wein erwies sich als absolut weihnachtstauglich.

Der Niedermenniger Herrenberg gehört zum Bereich Saar. Niedermennig selbst gehört zu Konz und liegt etwas östlich des Hauportes, etwa 3 Kilometer von der Saar entfernt. Das Weingut führt die Lage offensichtlich nicht mehr im Portfolio - der jüngste Wein aus der Lage, den ich ergugeln konnte, stammt aus dem Jahr 2010.




2007 Markus Molitor Nierdermenniger Herrenberg Riesling Auslese**
Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Großartige Nase: Ein ganzer Korb voller Früchte, viel Aprikose, etwas (kandierte) Orange und eine feine mineralische Note
Auch am Gaumen sehr intensiv, ausgeprägte Süße, die von einer feinen Säure gebändigt wird, fast viskose Textur. Hervorragende Fruchtkonzentration, sehr lang.
Eine hervorragende und hervorragend gereifte Auslese
92-94, bis 2030+


Donnerstag, 22. November 2018

Heute Rosé?

Nein, Fake News. Das sieht zwar aus wie ein Rosé, aber es ist Grauburgunder. Natürlich wusste ich, dass Grauburgundertrauben eine rötliche Farbe aufweisen, und dass daher auch der Wein eine leichte Rottönung aufweisen kann. Aber so extrem habe ich das noch nie gesehen. Dieser Wein ist aber nicht nur durch seine Färbung aussergewöhnlich.




2017 Friedrich Becker Grauburgunder Kalkmergel
Kupferfarben, das hätte ich definitiv für einen Rosé gehalten
In der Nase eher zurückhaltend, Feuerstein (?), rotfruchtige Noten
Am Gaumen durch recht ausgeprägten Gerbstoff geprägt, viel Grip, betont trocken, schöner Schmelz, wieder dezent rotfruchtig, recht lang. Außergewöhnliche Grauburgunder-Interpretation
86-88, bis 2020+


Sonntag, 28. Oktober 2018

9 mal 14

Der Jahrgang 2014 steht in Bordeaux etwas im Schatten der beiden Folgejahrgänge 2015 und 2016. Andererseits habe ich schon sehr schöne 2014er getrunken. Daher war es an der Zeit, den Jahrgang einer etwas umfassenderen Prüfung zu unterziehen, bevor die Weine sich nach der anfänglichen Fruchtphase verschließen. Und so kamen denn gestern neun 2014er auf den Tisch, alle vom linken Ufer. Die folgenden Notizen sind von der heutigen Nachprobe, so dass alle Weine genug Luft bekommen haben sollten. Der Jahrgang 2014 hat seine Chance genutzt und sich sehr gut präsentiert (besser zum Beispiel als einige 2012er, die demnächst hier präsentiert werden).



2014 Clos Floridene
Recht dunkles, jugendlich wirkendes Rot
In der Nase eher verhalten mit Noten von dunklen Früchten aber auch etwas Johannisbeere und einem erdigen Ton
Am Gaumen eher rotfruchtig (Johannisbeere, Cassis), recht ausgeprägte Säure, insgesamt etwas rustikal wirkend
86-88, bis 2023+

2014 Domaine de Chevalier
Sehr dunkler Rot
In der Nase recht intensiv, Tabak, dunkle Früchte, Graphit, das Ganze sehr distinguiert wirkend
Am Gaumen elegant wirkend, hohe Tanninqualität, dunkelfruchtig, auch wieder etwas Tabak, stützende Säure, recht lang.
89-91+, 2020-2025+

2014 Chateau Grand Puy Lacoste
Sehr schöne Nase, rauchig, Himbeeren, das hat etwas Aristokratisches
Am Gaumen kraftvoll, rote Früchte, geröstete Paprika, exzellente Tanninqualität.
Schöner, eleganter Wein, aber eine ganz leichte grüne Note steht einer höheren Bewertung im Weg
89-91+, 2020-2035+

2014 Chateau Charmail
Recht intensive Nase, dunkle Früchte (Heidelbeeren), ein klein wenig grobschlächtig vielleicht
Schöne Frucht, aber recht ausgeprägtes und etwas trocknendes Tannin
86-88+, 2020-2025+

2014 Chateau Labergorce
Intensive Nase, dunkelfruchtig, sehr Margaux-typisch, mit einer dezent mineralischen Note
Am Gaumen dunkelfruchtig, auch etwas Himbeere, sehr elegant, nachhaltig.
Toller Margaux mit herausragendem Preis-Leistungsverhätlnis, trinkt sich bereits sehr gut.
92-94, bis 2025+

2014 Chateau Rauzan Segla
In der Nase distinguiert, dunkelfruchtig (Heidelbeere), ganz dezenter Rumtopf
Am Gaumen sehr elegant, dunkelfruchtig, nachhaltig, hervorragende Tanninqualität, in der Entwicklung noch etwas weniger weit als der Labegorce
92-94, 2020-2030+

2014 Chateau Langoa-Barton
Sehr schöne, intensive Nase mit ausgeprägter Frucht, Himbeeren, dunkle Früchte
Auch am Gaumen sehr schöne Frucht, leicht säuerlich wirkend (was nicht negative gemeint ist), sehr gute Tanninqualität
Macht jetzt schon Spaß, hat aber klar erkennbares Potential und dürfte noch zulegen. Exzellent.
92-94, 2020-2030+

2014 Chateau Leoville-Barton
Auch hier tolle, intensive Nase, eher dunkelfruchtig, etwas Leder, komplex
Noch unentwickelt, aber angedeutete Tiefe und Intensität, violette Früchte, wieder etwas Leder, viel Tannin hoher Qualität, braucht Zeit. Großes Kino.
92-94+, 2023-2035+

2014 Chateau Leoville Poyferre
In der Nase noch sehr unentwickelt, aber angedeutete Tiefe und Fruchtintensität, eher rotfruchtig, mit mehr Zeit im Glas aber auch dunkle Früchte (Heidelbeeren)
Am Gaumen ebenfalls verschlossen, dunkelfruchtig, leicht salzige Mineralität, komplex, grosses Potential.
92-94, 2023-2035+

Fazit: Ein sehr schönes Line-up, das die Qualität des 2014er Jahrgangs unter Beweis stellt. Bei den preiswerteren Weinen hat Charmail die Nase vorn vor dem Clos Floridene. Der dritte Cru Bourgeois, Labergorce, spielt eine Liga höher (ist aber auch 10 Euro teurer) und hält im Feld der Cru Classes locker mit. Unbedingte Kaufempfehlung (ca. 25 Euro).
Die drei St Juliens sind großartig - der Langoa Barton macht mit seiner expressiven Frucht jetzt viel Spaß und "punches above its weight". Mit etwas Suchen ist er für unter 50 Euro noch zu finden. Kaufempfehlung. Der Leoville-Barton braucht noch Zeit, dürfte aber am Ende der (noch) bessere Wein sein. Es lohnt sich, danach zu suchen und Preise zu vergleichen (die reichen derzeit von knapp 70 bis über 90 Euro). Der Leoville-Poyferre wirkt derzeit unnahbarer; vielleicht ist der Wein bereits auf dem Weg in die Verschlußphase. Vom Potential her ist er aber auf Augenhöhe mit dem Leoville-Barton.