Samstag, 28. Januar 2023

Urlaubserinnerung

Im Toskanaurlaub im Juni wurde uns dieser Wein als Einstiegswein in einer Probe mit (ansonsten) Rotweinen aus Montalcino serviert. Ich hatte keine Ahnung, was das war, fand den Wein aber sehr gut - und das, wo ich ja durchaus meine Vorurteile gegenüber italienischen Weissweinen habe (guckstu hier).

Später habe ich dann nach dem Wein gesucht und ihn gefunden. Er kostet regulär um die 20 Euro, war aber (und ist noch immer) auch für gut 15 Euro zu haben. Er wächst in etwa 700 Meter Höhe und wird aus je 50% Chardonnay und Sauvignon vinifiziert, was ich allerdings niemals erraten hätte.



2019 Fattoria di Lamole "le Stinche" Bianco di Toskana IGT

Goldgelb
Im Duft recht ausgeprägt, primär Kräuter, etwas Birne
Auch am Gaumen dominieren kräutrige Aromen. Das Highlight hier ist das Mundgefühl mit hervorragend integrierter Säure und deutlichem Gerbstoff-Gripp (Maischevergärung?). Endet lang wieder auf kräutrigen und leicht zitrischen Noten.
Spannender und eigenständiger Wein, der viel Spaß macht und für seinen Preis viel bietet. Moderater Alkoholgehalt (12,5% laut Etikett).

89-91, jetzt in guter Trinkreife, die Lagerfähigkeit kann ich nicht gut einschätzen 


Das mit der Maischevergärung scheint übrigens zu stimmen, denn laut Angaben auf der Weingutsseite wird der Wein mit 48-stündiger Kaltmazeration hergestellt.


Sonntag, 22. Januar 2023

Nahe (Riesling 2014 Teil 3)

Und weiter geht die "Erkundung" des Riesling-Jahrgangs 2014. Nach Mosel (guckstu hier) und der Pfalz (guckstu hier) war jetzt die Nahe dran. Die verkosteten Weine stellen natürlich keinen repräsentativen Querschnitt des Gebiets dar, sondern höchstens einen repräsentativen Querschnitt unseres Einkäufe...

 


2014 Dönnhoff Riesling Tonschiefer 

Goldgelb
In der Nase von mittlerer Intensität, (teils kandierte) gelbe Früchte, etwas Petrol
Am Gaumen verhalten gelbfruchtig, präsente Säure, auf Zitrusnoten endend
Sehr sauberer, geradliniger Wein, der mit Freude zu trinken ist. 

85-87, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken


2014 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling trocken 

Goldgelb
Duftet nach Kräutern und dezenten Noten gelber Früchte
Am Gaumen dominieren die gelbfruchtigen Aromen in einem sehr präzisen Wein mit lebhafter, gut integrierter Säure. Saftig und animierend.
Sehr schöner Riesling mit Potential für weitere Jahre und herausragendem Preis-Leistungsverhältnis (seinerzeit 9,50 ab Hof!). 

88-90, hat bei guter Lagerung sicher noch Potential für weitere fünf Jahre 


2014 Dönnhoff Roxheimer Höllenpfad Riesling trocken

Goldgelb
In der Nase zunächst Kräuter und eine Ahnung von gelber Frucht, mit mehr Luft wird die Frucht intensiver und es kommen rotfruchtige Noten hinzu 
Reife Noten von (teils roten) Früchten, Kräuter, sehr pikant. Der Wein wird von einer kräftigen Säure und einer mineralischen Note in den langen Abgang begleitet. 

89-91, dürfte ebenfalls noch Potential für weitere drei bis fünf Jahre haben


2014 Emrich-Schönleber Monzinger Frühlingsplätzchen Riesling GG 

Reifes Goldgelb
Kräftiger Duft nach kandierten Zitrusfrüchten, daneben dezente Noten tropischer Früchte
Kraftvoller Gaumenauftritt trotz sehr moderater 12% Alohol, auch hier wieder kandierte Zitrusfrucht, etwas Wachs, gut integrierte Säure, recht lang 

89-91, Potential bis mindestens 2025

2014 Dönnhoff Norheimer Dellchen Riesling GG

Reifes Goldgelb
Duft von mittlerer Intensität mit Noten von kandierten Zitrusfrüchten, etwas Orangenschale, am zweiten Tag auch Ananas
Am Gaumen reife Zitrusfrucht, leicht malzig, prägnante Säure, ganz dezenter Süßeeindruck im langen Abgang 

90-92, auch hier bis 2025+


2014 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG

Ebenfalls reifes Goldgelb
Wirkt in der Nase zurückhaltend mit leichtem Muffton; Korkverdacht
Auch am Gaumen sehr zurückhaltend
Was man hier trotz des Korkverdachts festhalten kann ist, dass der Wein erstens eine brillante Säure hat, die den Wein quasi marmoriert, und dass er zweitens lang und auf herbe Zitrusnoten endet.

ohne Bewertung


2014 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG (zweiter Versuch)

Ebenfalls reifes Goldgelb, ein wenig dunkler noch als beim Dellchen
In der Nase zunächst verhalten, mit Luft dann gelbfruchtig aber noch nicht ganz ausdifferenziert. Am zweiten Tag treten Zitrusnoten in den Vordergrund 
Am Gaumen tatsächlich noch etwas unnahbar wirkend: betont herb, kräutrige Aromen und eine tolle, den Wein marmorierende Säure. Langer, kräutriger und zitrusfruchtiger Abgang 

93-95, sicher bis 2030 und darüber hinaus


2014 Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg Riesling GG

Reifes Goldgelb
Schon unmittelbar nach dem Öffnen sehr schöne und animierende Nase mit Noten von gelben Früchten (Pfirsisch!); mit mehr Luft wird das intensiver und wirkt tiefgründiger
Am Gaumen zunächst verhalten, wieder gelbfruchtig, von Säure geprägt. Mit mehr Luft und etwas höherer Temperatur tritt die Säure in den Hintergrund und macht Platz für eine Kombination aus Mineralik und gelbfruchtiger Aromatik, sehr langer, salzig-mineralischer Abgang. Wirkt frisch und ohne Alterungsnoten.

92-94; ebenfalls bis 2030 und darüber hinaus


2014 Schäfer-Fröhlich Bockenauer Felseneck Riesling GG

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
Mittelkräftiger, pikanter Duft mit Noten von Äpfeln, Kräutern und exotischen Früchten (Ananas, Mango) 
Wirkt am Gaumen sehr frisch und präzise, deutliche Mineralik, Zitrus und wieder etwas Apfel, lang

91-93+, braucht vielleicht sogar noch ein paar Jahre bis zum Höhepunkt und dürfte bis deutlich ins nächste Jahrzehnt hinein Spaß machen


2014 Dönnhoff Schlossböckelheimer Felseneck Riesling GG

Wieder reifes Goldgelb
Unmittelbar nach dem Öffnen entströmt dem Glas ein mittelkräftiger, rauchiger und mineralisch geprägter Duft nach gelben und angedeutet roten Früchten
Am Gaumen straff, mundwässernd mit schöner gelber Frucht und prägender Mineralik, im langen Abgang salzig-mineralisch

92-94, auch hier Potential bis ins nächste Jahrzehnt


2014 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
In der Nase recht ausgeprägte und reife Frucht, tendenziell gelbfruchtig mit einem Hauch Zitrus
Auch am Gaumen mit reifer Frucht, wieder eher gelbfruchtig, die recht ausgeprägte Säure sorgt für gute Balance, im recht langen Abgang spürbare Mineralik

89-91, dürfte jetzt sein optimales "Trinkfenster" erreicht haben und sollte sicher bis Ende des Jahrzehnts Spaß machen


Fazit: Der Tonschiefer ist ein schöner und mit Freude zu trinkender Riesling. Noch beser gefällt mir Jakob Schneiders Hermannshöhle - das ist richtig gut und sehr, sehr viel Wein für das Geld. Der Höllenpfad gefällt mir noch einen Tick besser. Das Frühlingsplätzchen für mich dann auf ähnlichem Niveau wie letzterer. Der Halenberg gefällt mir deutlich besser und ist auf ähnlichem Niveau wie der Felsenberg von Dönnhoff und das Felseneck von Schäfer-Fröhlich (wobei ich letzterem noch Potential für eine weitere Verbesserung zutraue). Dönnhoffs Dellchen ist ein sehr schöner Wein, zieht aber gegen den Felsenberg und vor allem die Hermannshöhle aus gleichem Haus den kürzeren. Letztere zählt für mich klar zu den besten Weinen des Jahrgangs.  Die restsüße Spätlese aus gleicher Lage ist zwar auch sehr schön, kann da aber nicht mithalten.

Insgesamt hat die Nahe im Jahrgang 2014 (jedenfalls auf Basis meiner Stichprobe) deutlich besser abgeliefert als die Pfalz und die Mosel.

Samstag, 14. Januar 2023

Les Impénitents

 "Les Impénitents" ist der Spitzenwein von Louis Claude Desvignes in Morgon. Mit seinen Weinen bin ich zum ersten mal anlässlich einer Beaujolais-Probe vor mehr als fünf Jahren in Berührung gekommen (guckstu hier). Danach habe ich von den Impénitents ab Jahrgang 2016 jedes Jahr ein paar Flaschen gekauft, aber bislang noch keine geöffnet. Insofern war also heute Premiere. Der "Les Impénitents" stammt von uralten, über 100-jährigen Reben der Lage Javernières. Wiliam Kelley bewertet diesen Wein im Wine Advocate regelmässig mit 95 bis 96 Punkten und damit als einen der absoluten Spitzenweine des Beaujolais.

Was der Name genau bedeutet, ist mir nicht ganz klar. "Impénitent" wird mit "unbußfertig" oder "unverbesserlich" (im Sinne z.B. eines unverbesserlichen Weintrinkers, der nicht von seinem Laster lassen will) gebraucht. Ich vermute mal, dass der Begriff sich auf die alten Rebstöcke bezieht. Ich war kurz versucht, dem Weingut zu schreiben, habe es dann aber ob meines eingerosteten Französisch gelassen und mich lieber auf den Wein konzentriert.



2016 Louis Claude Desvignes Morgon Javernières "Les Impénitents" 

Mittleres Rot mit angedeuteter Reife am Rand
Braucht viel Luft, um seinen Duft zu entfalten. Dann: Ausgeprägte Kirschfrucht, erdige Noten und eine leicht pfeffrige Würze, das Ganze fein verwoben und elegant
Am Gaumen die sprichwörtliche Faust in Samthandschuhen: Da ist viel Kraft, aber sie ist so elegant verpackt, dass man sie kaum bemerkt. Kirschfruchtig mit seidenweichem Tannin und perfekt proportionierter Säure, dabei sehr lang.
Das ist ein Wein, der sich nicht sofort erschliesst (und wohl auch nicht jedem so gut gefallen wird wie mir), der aber einmal mehr zeigt, dass es im Beaujolais grossartige und lagerfähige Rotweine gibt. 

92-94, derzeit unbedingt dekantieren, wird den Beginn des nächsten Jahrzehnts in bester Verfassung erleben

Donnerstag, 29. Dezember 2022

Wichtelweine

Seit 2014 gibt es das Weinwichteln (guckstu hier). Es wird von Enthusiasten (nichtkommerziell) mit viel Aufwand (mittlerweile über 2000 Teilnehmer) in der Vorweihnachtszeit organisiert und ist genau das, was man unter dem Bewgriff erwarten würde. Wer teilnimmt, bekommt eine Adresse zugeteilt, an die sie bzw. er eine Flasche Wein schickt und erhält dafür eine Flasche von jemand anderem. Die Anforderungen an den Wein werden wie folgt beschrieben: "Es gibt keine preisliche Vorgabe. Aber ab 10€ pro Flasche beginnt es Sinn zu machen. Es geht um handwerklich erzeugte Weine von echten Winzern, die ihre Leidenschaft – die Hege und Pflege der Weingärten, den Herbst, die Weinentstehung – mit Passion leben. Keine anonyme Industrieware."

Ich habe von Beginn an mit einer Ausnahme (2020, weil ich da den ganzen Dezember über im  Ausland war) in jedem Jahr teilgenommen. Mit dem Wichtelwein kann man mehr oder weniger Glück haben. Bei meiner ersten Teilnahme 2014 habe ich gleich eine Hauptgewinn gezogen. Vom Weingut Meierer an der Mosel (guckstu hier) erhielt ich nicht nur gleich zwei Flaschen sehr guten Rieslings, sondern darüber hinaus eine Rieslingrebe. Die wächst und gedeiht seitdem in unserem Garten und produziert regelmäßig erstens sehr viel Laub und zweitens eine ordentliche Menge Trauben. 

In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal dreifach teilgenommen und dem entsprechend auch drei Flaschen Wein bekommen. Die erste Flasche, die ankam, war ein Ingelheimer Sptäburgunder des Weinguts Knewitz. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Knewitz ist ein hervorragender Betrieb, von dem ich bislang aber nur Weißweine (Riesling und Chardonnay) kannte. Auf einen Spätburgunder des Gutes war ich daher sehr gespannt. Der zweite Wein kam vom (mit völlig unbekannten) Weingut Blees-Wallich, ebenfalls in Rheinhessen. Einen restsüßen Kabinett aus Kerner und Ortega hätte ich mir selbst wohl eher nicht gekauft. Insofern war das also eine Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern. Nicht vorenthalten möchte ich den Lesern das Frontetikett des Weines (das große Bild zeigt das Rückenetikett). Der letzte Wein kam kurz vor Weihnachten (begleitet von einem netten Begleittext und weihnachtlichen Süßigkeiten) und war ein Weissburgunder des Thüringer Weinguts Bad Sulza im Anbaugebiet Saale-Unstrut. Dieses Gebiet ist für mich bislang weitgehend Terra Incognita. Insofern bekam also der weisse Fleck auf meiner Weinlandkarte ausgerechnet durch einen Weissburgunder etwas Farbe :-) 

Getrunken haben wir die Weine dann in der umgekehrten Reihenfolge, also den Weissburgunder zuerst und den Spätburgunder (nomen est omen) zuletzt.

 
 
 
2022 Thüringer Weingut Bad Sulza Weissburgunder 

Recht helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase recht ausgeprägter und sortentypischer nussig-würziger und hellfruchtiger (Birne?) Duft, der allerdings etwas parfümiert und dadurch leicht aufdringlich wirkt
Das setzt sich am Gaumen fort: ausgeprägte, aber eben auch wieder etwas parfümiert-dropsig wirkende Aromatik, dezente Zitrusnote im Abgang
Insgesamt ein von Primäraromen (Aromahefen?) geprägter Wein mit klar erkennbarem Rebsortencharakter. 

82-84, würde ich jung (bis Ende 2023) trinken



2021 Blees-Wallich Jugenheimer Kerner und Ortega Kabinett 

Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase sehr verhalten, Anklänge an exotische Früchte
Auch am Gaumen sehr zurückhaltend; "aus der Ferne" wahrnehmbare exotische Fruchtnoten, leichter (aber nicht störender) Bitterton, spürbare, aber unaufdringliche Süße.
Insgesamt ein, um es höflich auszudrücken, sehr neutraler Wein. Da passiert aromatisch nicht viel, es fehlt an Säure und der Wein endet kurz. 

76-79, jung trinken (if at all) 


2019 Knewitz Ingelheimer Spätburgunder

Mittleres Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase noch etwas ungestüm, dezente Holzwürze, Kirschen, Himbeeren,
Am Gaumen holzwürziger Auftakt, viel reifes Tannin, eher dunkelfruchtig-trockenkräutrige Art, mittlere Länge, schöne Säure.
Guter Spätburgunder, dem ich aber noch ein bis zwei Jahre Flaschenreife gönnen würde. 

86-88, 2024-2027+


Samstag, 17. Dezember 2022

Schwäbische Reste

Im Jahr 2015 waren wir zum ersten und bislang einzigen Mal in Württemberg und haben dort bei dem ein oder anderen Winzer eingekauft. Die meisten dieser Weine sind zwischenzeitlich den Weg alles Irdischen gegangen. Von drei Rotweinen war jedoch noch jeweils eine Flasche (beim Ypsilon zwei) übrig. Die kamen in der vorigen Woche an die Reihe.



2011 Dautel Zweigelt "S" 

Mittleres Rot mit nur ganz dezenten Reifenoten
In der Nase recht wenig (an Pflaumen erinnernde) Frucht, eher Trockenkräuter, eine Spur Tabak, etwas Gummi
Das setzt sich am Gaumen fort: Wenig Frucht und auch ansonsten wenig Ausdruck (vor allem die Gaumenmitte schwächelt), recht wenig Tannin, mittlere Länge.
Insgesamt enttäuschend, insbesondere auch angesichts des Preises (23,90 in 2015)

83-85, bald trinken 

Man mag einwenden, dass der Wein zu lange gelagert worden sei, aber erstens schmeckt er nicht überlagert und zweitens waren die schon vor Jahren getrunkenen anderen Flaschen auch nicht besser. 


2011 Dautel Bönnigheimer Sonnenberg Spätburgunder GG "Kalkschupen"

Mittleres bis helles Rot mit leicht bräunlichen Reifenoten am Rand
In der Nase recht verhalten, rote Früchte (Erdbeeren) und eine leicht pfeffrige Note
Am Gaumen verhaltene Aromatik mit wenig Frucht. Das ist schade, denn die sehr feinen Tannine, die dezente Säure und der recht lange Nachhall hätten den passenden Rahmen für einen grösseren Auftritt im eleganten Stil geboten. 

85-87, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken

Auch hier ist anzumerken, dass die beiden vorherigen Flaschen dieses Weines nicht besser waren


2012 Karl Haidle Cuvée "Ypsilon" (Lemberger , Cabernet Franc , Cabernet Sauvignon)

Dunkles Rot mit jugendlich wirkendem Violettschimmer
In der Nase recht kompakt wirkend mit viel dunkler Frucht, etwas Schokolade und ein Eindruck von Lakritze
Am Gaumen recht kraftvoll, viel dunkle Frucht, verhaltenes Tannin und eine recht ausgeprägte Säure geben dem Wein Struktur, mittlere Länge
Schöner Wein, allerdings wirkt die Frucht etwas monolithisch und wenig ausdifferenziert, was einer besseren Bewertung entgegensteht. 

87-89, dürfte sicher noch einige Jahre in Form bleiben 


Fazit: Insgesamt doch eher enttäuschend. Der Ypsilon ist zwear ein guter Rotwein, aber bei einem (damaligen) Ab-Hof-Preis von 29,90 ist das sicher kein Schnäppchen. Die beiden Rotweine von Dautel enttäuschen auf ganzer Linie. Und bevor hier jetzt ein Verdacht aufkommt: Nein, ich habe nichts gegen das Weingut. Ich habe schon ganz hervorragende Weine des Gutes getrunken, aber diese beiden hier zählen definitiv nicht dazu.

Freitag, 4. November 2022

"Arschjahr" reloaded - Was kann 2010?

Am Jahrgang 2010 scheiden sich die Geister. Wegen heftiger Regenfälle vor allem im September und hoher Säurewerte wurde er teilweise als schlechter Jahrgang bezeichnet (etwa hier) oder gar zum "Arschjahr" herabgewürdigt. Andere sprechen von grossen Weinen mit langer Zukunft (etwa hier). Wie bringt man das unter einen Hut? Es kommt sicher (auch) darauf an, was man probiert - einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Weine oder die Spitze, im trockenen Bereich repräsentiert durch die Großen Gewächse der Winzerelite. 

Auch was die Lagerfähigkeit angeht gab und gibt es unterschiedliche Meinungen. Teilweise wird die Ansicht vertereten, hohe Säurewerte bedeuteten quasi automatisch lange Lagerfähugkeit. Andere sprachen zumindest den einfacheren Weinen des Jahrgangs langes Lagerpotential ab. Am Ende gilt natürlich: The proof of the wine is in the glass. Und so versammelte sich im September die Kölner Seilschaft in den sehr schönen Räumlichkeiten der Winebank Köln, um den Jahrgang 2010 auf die Probe zu stellen. Das Augenmerk galt dabei eher der Spitze als dem Durchschnitt des Jahrgangs.

 

 

Dönnhoff Tonschiefer

Noch in bester Verfassung, schön gereift, hat die im Jahr nach der Ernte veröffentlichten Trinkreifeangaben (WeinPlus bis 2012, Wine Advocate bis 2016) Lügen gestraft. 

87 [Spannweite der Bewertungen aller 12 Probenteilnehmer: 85-89]


Karthäuserhof "Alte Reben"

In der Nase durchaus noch frisch wirkend, am Gaumen "weich" wirkend mit spürbarem Süßeeindruck. Noch sehr gut zu trinen, war aber vermutlich vor ein paar Jahren noch besser. 

87


Köhler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Kabinett trocken

Für mich deutlich auf dem absteigenden Ast, viel Kraft aber auch malzige Noten. Mach mir keinen rechten Spaß mehr. 

75-79 (es gab in der Gruppe aber deutlich positivere Bewertungen)


Köhler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Spätlese trocken

Deutlich frischer und besser als der Kabinett, schöne, volle Frucht, das sprichwörtliche "Maul voll Wein". 

89


Dönnhoff Schoßböckelheimer Felsenberg 

Sehr schöner Wein, straff und schlank, mit schöner Frucht und prägnanter Säure

91 [91-94] 

(Hinweis: das ist nicht das GG; bis einschliesslichen 2010 gab es neben dem als "Felsentürmchen" bezeichneten GG noch einen weiteren trockenen Riesling aus der Lage)

 

Keller Von der Fels

Leider ein leichter Korktreffer. Dahinter ein mineralisch unterlegter Wein mit schön entwickelter Frucht Mineralik und einem Hauch Restsüße. Bei der Bewertung habe ich versucht, den Kork "wegzudenken"

90? [87-90]


Vam Volxem Scharzhofberger "P"

Sehr reife Nase, etwas gezehrt wirkende apfelige Frucht, recht deutlicher Süßeeindruck. Vielleicht eine schwache oder schlecht gelagerte Flasche? Ich hatte mir jedenfalls mehr versprochen. 

88 [85-88]

 

Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg GG

Mineralisch, schöne Frucht, viel Säure, hervorragend

93 [92-95]


Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle "Magnus" 

Sehr schöne gelbfruchtige Aromatik, wirkt aber im direkten Vergleich mit Halenberg und Hermannshöhle (auf sehr hohem Niveau) etwas behäbig. Trotzdem ein sehr schöner Wein mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis 

91 [91-94]


Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle GG 

Sehr mineralisch, tief. gelbfruchtig 

93 [92-94]

 

August Eser Oestricher Lenchen Erstes Gewächs

Gelbfruchtige Aromatik, wirkt (auch hier: auf hohem Niveau) etwas unharmonisch 

89 [87-90]


P.J. Kühn Mittelheimer St. Nikoloaus "Drei Trauben"

Schwierig. Es wurde Korkverdacht geäussert, aber ich denke nicht, dass es Kork war. Trotzdem war irgend etwas mit der Flasche. Zwar schöne Kräuteraromatik, aber auch etwas gezehrt. 

90?


Battenfeld-Spanier Mölsheimer Zellerweg am schwarzen Herrgott

Dunkles Goldgelb, kräutrig-nussig, macht auf mich einen leicht gezehrten Eindruck 

90

 

Kühling-Gillot Niersteiner Pettenthal GG

Ebenfalls dunkles Goldgelb, zwar sehr reif, aber in sich ruhend und mit schöner Frucht, aber etwas dominanter Säure 

91

 

Wittmann Westhofener Morstein GG

Tolle, etwas rauchige gelbfruchtige Nase, auch etwas Karamell, am Gaumen ebenfalls tolle Frucht, ganz leicht hervorstechende Säure (die einer noch höheren Bewertung entgegensteht)

94 [93-96]


Keller Westhofener Kirchspiel GG 

Gelbfruchtig, tief und mineralisch, spürbarer Süßeeindruck 

92 [92-95]


Kranz Ilbesheimer Kalmit Terrassen

Sehr schöner, noch sehr frisch wirkender Wein mit schöner gelbfruchtiger Aromatik, ein echter Spaßwein 

92 [92-95]


Christmann Königsbacher Idig GG

Eher zurückhaltend und in sich ruhend wirkender Wein mit toller Frucht und Balance

94


Prager Smaragd Wachstum Bodenstein 

Rauchig und verhalten gelbfruchtig, opulenter Stil, spürbare Süße, die aber gut mit Frucht und Säure harmoniert. 

92


Nachdem die Probe durchaus Lust auf 2010 gemacht hat, habe ich am Abend danach noch das hier aus dem Keller geholt:

Dönnhof Niederhäuser Hermannshöhle Spätlese 

Reifes Goldgelb
Ausgeprägter, sehr schöner und mineralisch unterlegter Duft nach (teils exotischen) gelben Früchten (Aprikose, Mango)
Auch am Gaumen viel gelbe Frucht, sehr schöne Süße-Säure-Balance, langes Finale mit deutlicher Mineralik 

93 


Mein Fazit läßt sich in vier Punkten zusammenfassen: 

Alle Weine der Probe stammen von hervorragenden Weingütern, die gerade in schwierigen Jahren einen hohen Selektionsaufwand betreiben. Daher zeichnet die Probe womöglich ein zu gutes Bild des Jahrgangs.

2010 ist ein in der Spitze sehr guter, aber nicht großer Jahrgang. In einem großen Jahr hätte man bei diesem Line-up doch den ein oder anderen Wein erwartet, der die 95-Punkte-Marke knackt. 

Meine Favoriten waren Christmanns Idig und Wittmanns Morstein, gefolgt von Dönnhoffs Hermannshöhle und Emrich-Schönlebers Halenberg 

Auch einige Weine, die ich nicht auf der Rechnung hatte, präsentierten sich hervorragend, so etwa die Kalmit Terrassen von Kranz und Dönnhoffs Nicht-GG Felsenberg 



Montag, 31. Oktober 2022

Eine Sensation?

Im Oktoberheft von Vinum gab es einen grossen Bericht über Chablis. Aus der Reihe der dort vorgestellten Weine erregte einer meine besondere Aufmerksamkeit, der 2020er Premier Cru "Fourchaume" von Nathalie und Gilles Fèvre. Von diesem Haus (das man nicht mit dem sehr viel grösseren und bekannteren Haus William Fèvre verwechsaeln sollte), hatte ich noch nie etwas gehört. Die Beschreibung hatte es aber in sich: "... erreicht das Niveau eines Grand Cru. ... Eine echte Sensation!" 

Nach kurzem Gugeln fand sich ein Händler, der nicht nur den 2020er, sondern auch den 2018er und 2019er (letztere in probierfreundlichen halben Flaschen) führte.


 

2018 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume 

Mittelgelb
In der Nase von mittlerer Intensität, weniger Zitrus als mehr gelbfruchtige Aromen,
Am Gaumen schlank mit wenig Frucht, präsente, aber unaufdringliche Mineralik, pikantes, mittellanges Finale 

88-90+, wird wohl noch etwas zulegen, bis 2030 

 

2019 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase recht zurückhaltend, reintönig, nussig, dezente Zitrusnoten, die aber mit mehr Luft (und etwas höherer Temperatur) deutlich intensiver werden
Am Gaumen eher schlank, mineralisch mit gut integrierter, pikanter Säure und schönem Schmelz, lang.
Derzeit wenig Frucht, aber nachhaltig mit sehr schöner Struktur und Länge. Da dürfte mit weiterer Lagerung noch mehr kommen. 

89-91+, sollte wohl eher noch zwei bis drei Jahre im Keller ruhen, dann sicher bis 2030


2020 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume 

Mittelgelb
In der Nase zunächst verhalten mit nussigen Noten. Mit mehr Luft auch dezent gelbfruchtig. Die Frucht wirkt am zweiten Tag deutlich präsenter.
Der Gaumen wird sofort von unaufdringlich-gelbfruchtigen Aromen ausgekleidet. Sie werden begleitet von einer lebhaften reifen Säure und einer unaufdringlich-präsenten Mineralik. Am zweiten Tag tritt die Mineralik etwas stärker in den Vordergrund. Sehr nachhaltig und endet lang und pikant. Macht Lust auf den nächsten Schluck.
Der Wein läßt sich schon sehr gut trinken, wird aber mit weiterer Lagerung sicher noch zulegen. Das ist richtig gut und legt auf die (ja nicht schlechten) 2018er und 2019er eine ordentliche Schippe drauf. 

92-94, idealerweise wohl 2025-2030+

Fazit: Sehr schöne Chablis, vor allem natürlich der 2020er. Als "Sensation" würde ich den nicht bezeichnen, aber als ganz hervorragenden Chardonnay, der zudem ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis aufweist - ich habe unter 30 Euro bezahlt. Von der Art her sind die Weine charmanter und weniger bissig-mineralisch als die Weine des Chateau de Béru (guckstu hier).