Sonntag, 24. November 2019

Salwey hoch drei

Gestern gabe es beim Abendessen im Kreise der Familie drei GGs von Salwey. Da in allen Flaschen noch ein Rest übrig war, habe ich mich heute mit etwas mehr Ruhe an die Nachverkostung gemacht.




2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb
In der Nase zurückhaltend, aber sehr fein, Steinfrüchte und vegetabile Noten
Auch am Gaumen eher schlank, trotzdem nachhaltig mit gut integrierter Säure, wieder vegetabile Aromatik, recht lang.
88-90, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Kirchberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase ebenfalls eher zurückhaltend, animierend, reife Frucht (Melone!)
Am Gaumen nachhaltiger als der Henkenberg, mit mehr fruchtiger als vegetabiler Aromatik, animierend, lang.
90-92, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Gauburgunder GG
Mittleres Gelb mit leichtem Orangeschimmer
Auch hier ist die Nase delikat, aber eher zurückhaltend, mit gelbfruchtigen Noten und einem leicht vegetabilen Einschlag
Am Gaumen sehr animierend mit schöner und gut integrierter Säure. Dezente Fruchtnoten, aber der Wein wird mehr von seiner Struktur als von der Frucht geprägt.
89-91, bis 2021+

Fazit: Drei sehr schöne Weine, eher schlank und mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt von jeweils 12%. Der Weißburgunder vom Kirchberg sticht sein Pendant aus dem Henkenberg klar aus und ich sehe ihn auch leicht vor dem Grauburgunder.


Und weil es gerade passt: Vor einigen Wochen habe ich das 2013er Pendant des Grauburgunders getrunken. Dazu wiederum hatte mich ein Restaurantbesuch inspiriert, bei dem wir den 2015er hatten (davon gibt es leider keine ausführlichen Notizen, aber mir gefiel der 2015er klar besser als die beiden Vorgängerjahrgänge).


2013 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Graubugunder GG
Kräftiges Gelb mit leichten Orangeschimmer
In der Nase recht verhalten, wenig Frucht, Feuerstein
Am Gaunen recht schlank, nussig, animierend, bestens integrierte Säure, noch sehr frisch wirkend, etwas Gerbstoff, im Abgang leicht salzig. Das ist ein Wein, der weitgehend fruchtfrei daherkommt und auf alles Barocke verzichtet. Sehr guter Essensbegleiter.
88-90, bis 2022+

Fazit: Der 2013er ist ein schöner Wein, aber er kommt nicht an den einen Tag zuvor im Restaurant getrunkenen 2015er heran, bei dem zu ähnlichern Strukturelementen eine sehr feine Frucht hinzukam.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Gelblack einst und jetzt

Im Frühjahr 1990, zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, war ich zum allerersten Mal auf Weintour im Rheingau. Unter anderem haben wir Allendorf, Langwerth von Simmern und Schloß Johannisberg besucht. Die 1988er von Langwerth waren mit der stolzen Zusatzangabe "525. Jahrgang" versehen. Leider existiert dieses Gut ja nicht mehr (guckstu auch hier).

Bei den Preisen auf Schloß Johannisberg habe ich damals einen leisen Schreck bekommen. Der Qualitätswein (damals wie heute als "Gelblack" bezeichnet) kostete DM 13,90. Für einen Studenten war das viel Geld. Ich habe aber trotzdem 6 Flaschen 1988er "halbtrocken" gekauft (die Bezeichnung feinherb gab es noch nicht). Diesen Wein habe ich in sehr guter Erinnerung. Insbesondere ist mir eine sehr schöne Säure im Gedächtnis geblieben, die ich als "feingliedrig" abgespeichert habe.

Kürzlich habe ich aus einer Mischung aus Neugier und Sentimentalität ein paar Flaschen des (für etwa 15 € erhältlichen) 2018er Nachfolgers gekauft und kurz darauf die erste Flasche geköpft.




2018 Schloß Johannisberger Riesling Gelblack feinherb
Recht helles Gelb mit grünlichen Reflexen
In der Nase frischer, animierender Duft mit Noten von Äpfeln, etwas Birne
Auch am Gaumen geht die Frucht in Richtung Apfel, sehr dezente Süße, im Abgang leicht zitronig-spitze Säure, ordentliche Länge 
85-87, bis 2023+ 

Fazit: In meiner Erinnerung war der 1988er damals besser als der 2018er heute. Allerdings trinke ich heute hochwertigere Weine als damals, so dass die "Konkurrenz" für den 1988er damals nicht so gross war. Ich würde gerne eine Zeitreise unternehmen und beide Weine, 1988 und 2018, im gleichen Alter nebeneinander trinken.


Montag, 7. Oktober 2019

Gut Ding braucht Weile

Aus ebenso bedeutsamem wie erfreulichem Anlass wollte ich mir einen "Killer-Riesling" gönnen. Nach einiger Überlegung viel meine Wahl auf eine der drei verbliebenen Flaschen von Dönnhoffs 2004er Hermannshöhle. Von diesem Wein hatte ich 2005 drei Flaschen gekauft, die ich allesamt zu früh getrunken habe, die letzte 2011. Der Wein hat in seiner Jugend nicht gezeigt, was er wirklich kann. Ich konnte dann 2017 drei Flaschen nachkaufen. Davon kam heute die erste unter den Korkenzieher. 





2004 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG
Goldgelb
In der Nase ausgeprägt und vielschichtig mit Noten von frischen und kandierten Zitrusfrüchten
Am Gaumen wiederum kandierte Zitrusfrüchte, betont trocken wirkend, leichter Schmelz, im Abgang spürbare Mineralik, sehr lang.
Großartiger Riesling, dem man sein Alter beim besten Willen nicht anmerkt. 
93-95, bis 2022+ 





Montag, 30. September 2019

Sweet sixteen


So langsam trudeln die subskribierten 2016er Bordeaux ein. Neben einigen klassifizierten Gewächsen haben wir uns eine Kiste Chateau Lanessan bestellt. In grossen Jahrgängen können kleine Weine oft grosses Trinkvergnügen zu einem sehr günstigen Preis bieten. Insbesondere sind solche Weine oft besser und preiswerter als klassifizierte Gewächse aus kleinen Jahren (guckstu zum Beispiel hier).






2016 Chateau Lanessan
Dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, etwas Basilikum(?), Himbeeren, dunkle Früchte, leichte Rauchnote
Am Gaumen viel saftige dunkle Frucht (Brombeeren), eine geballte Ladung reifes Tannin, mittlere Länge. Trinkt sich jetzt sehr gut; ob der Wein sich verschliessen wird, vermag ich nicht zu sagen. 
90-92, bis 2030+ 

Fazit: Das ist sehr viel Wein fürs Geld (€13,30 in der Subskription, derzeit für 15,90 erhältlich). Bordeaux muss nicht teuer sein.



Freitag, 13. September 2019

Pittermännchen

Für den Kölner ist klar, was ein Pittermännchen ist - ein 10-Liter-Fass Kölsch natürlich. Der Rieslingfan denkt vielleicht eher an die Nahe, wo es in Dorsheim eine Lage mit dem Namen Pittermännchen gibt. Wir haben nur einen Wein aus dieser Lage im Keller, ein Grosses Gewächs von Diel, gekauft 2013. Von den drei Flaschen musste heute die erste dran glauben. Das schien mir der angemessene Abschluss eines anstrengenden Freitags zu sein. Fazit? Für dieses Pittermännchen lasse ich jedes Kölsch stehen.




2012 Diel Dorsheimer Pittermännchen Riesling GG
Kräftiges Gelb
Komplexer, tiefer, aber ganz unaufgeregter und in sich ruhender Duft, Noten von gelben Früchten, Orangen, Olivenöl(?), mit mehr Luft ind Kräutrige wechselnd
Auch am Gaumen ein in sich ruhender Wein, sehr harmonisch mit perfekt integrierter Säure, dabei ganz trocken wirkend, hat im Abgang etwas ganz leicht Öliges.
Sehr schöner Riesling, jetzt im "Trinkfenster" aber mit Potential für weitere Jahre.

93-95, bis 2023+




Mittwoch, 28. August 2019

Stehaufmännchen

Diesem Wein bin ich zum ersten Mal 2015 auf einer Probe mit Weinen aus dem Veneto begegnet. Ich fand ihn sehr gut, so dass ich 6 Flaschen gekauft habe. Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass das Weingut Quintarelli einen legendären Ruf besitzt, vor allem für seinen Amarone (der ist aber preislich deutlich jenseits meines Beuteschemas angesiedelt). Das Six-Pack hat mir ein Bekannter eigens vom Weingut mitgebracht.

Der Primofiore ist der kleinste Rotwein des Gutes, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Corvina und Corvinone.  Derzeit werden für erhältliche Jahrgänge Preise von knapp unter 50 Euro aufgerufen. Das ist meiner bescheidenen Meinung nach absurd. Für den ab Weingut bezogenen 2011er habe ich 23 Euro bezahlt.

Leider hat der Wein dann allerdings das nicht gehalten, was er bei der ersten Begegnung versprach. Einige Flaschen waren sogar regelrecht fehlerhaft. Auch auf einer weiteren Veneto-Probe Ende 2018 notierte der Wein (nicht nur meiner Meinung nach) schlecht, mit oxidativen Noten und gezehrt wirkend. Ich war daher durchaus froh, als die letzte Flasche weg war. Oder genauer gesagt, als ich dachte die letzte Flasche sei weg. Denn vor einigen Tagen fand ich beim Aufräumen im Keller doch noch eine Flasche. Die habe ich dann heute geöffnet, naheliegenderweise ohne grosse Erwartungen. Aber erstens kommt es anders...




2011 Giuseppe Quintarelli "Primofiore"
Mittleres Rot mir orange Reifenoten
In der Nase ziemlich intensiv, mit pflaumiger Frucht, etwas Tabak und Kräutern
Am Gaumen druckvoll, reife Frucht (wieder Pflaume und Kräuter), Tannin weitgehend abgeschmolzen, wärmender Alkohol, mittlere Länge, ganz leichte Bitternote im Abgang. Wirkt etwas eindimensional und hält dadurch nicht ganz, was die Nase verspricht.
86-88, bis 2020

Das ist ordentlich, aber nicht weltbewegend. Es ist nicht schlimm, dass das jetzt endgültig die letzte Flasche war. Die Elogen, die auf Cellartracker über diesen Wein teilweise geschrieben werden (guckstu hier) kann ich nicht nachvollziehen.


Donnerstag, 15. August 2019

Leo will

Léoville Barton gehört seit den Anfängen meiner Bordeaux-Karriere zu meinen Favoriten. Schon in den 90ern habe ich eine Reihe von Jahrgängen subskribiert, grosse (1990) wie kleine (1992-94). Von einigen Jahrgängen habe ich noch keine Flasche geöffnet, darunter auch der ja als lagerfähiger Jahrgang geltende 1996er. Kürzlich konnte ich bei Ebay zwei Flaschen 1996er Léoville Poyferré erstehen. Ebay ist oft ein Glücksspiel, gerade bei älteren Weinen, aber in diesem Fall war mir die Verkäuferin aus zahlreichen Transaktionen bekannt und ich wusste, dass ich top-gelagerte Weine bekommen würde.

Und wenn man Barton und Poyferré im Keller hat, dann will man wissen, was Leo will. Daher habe ich vor einigen Tagen einen kleinen Vergleich auf die Tagesordnung gesetzt.




1996 Chateau Léoville Barton
Mitleres Rot, am Rand dezente Reifenoten
In der Nase klassischer Oldschool-Bordeaux, Leder, dunkle Früchte, auch etwas Fleisch. Mit Luft kommt eine etherische Note hinzu. Nach zwei Stunden auch etwas Tabak und rote Früchte.
Kommt am Gaumen immer noch recht kernig rüber, mit präsenter Säure und intaktem Tanningerüst. In der Aromatik dezent dunkelfruchtig. 
91-93, bis 2025+

1996 Chateau Léoville Poyferré
In der Farbe sehr ähnlich, vielleicht einen Hauch dunkler
Wirkt in der Nase etwas weiter entwickelt, im Vordergrund stehen hier gewürzige Noten, mit mehr Luft aber auch hier Leder und dunkle Früchte (reife Brombeeren)
Am Gaumen im Vergleich zum Barton etwas runder, aber auch hier noch präsentes Tannin, dunkelfruchtig, schöne Komplexität und Länge. Hinterläßt einen Eindrick von Harmonie und Eleganz.
92-94, bis 2023+

Fazit: Léoville Barton ist Oldschool-Bordeaux ohne Kompromisse. Ein Klassiker, der ein Steak braucht. Der Poyferré kommt runder daher, und um ein Glas solo zu trinken, wäre er meine erste Wahl.