Samstag, 28. Dezember 2024

Mainqué

Dieser Chardonnay stammt aus Patagonien und damit ziemlich genau vom anderen Ende der Welt. Trotzdem hat er eine europäische Komponente, denn er wird von der Bodega Chacra in Kooperation mit Jean-Marc Roulot von der Domaine Roulot in Burgund vinifiziert. 

 


 

2022 Bodega Chacra Chardonnay "Mainqué"

Helles bis mittleres Gelb
Nicht sehr intensiver, aber feiner Duft nach gelben Früchten, ergänzt durch dezente florale Noten
Auch am Gaumen fruchtbetont, etwas Brotkruste, gut integrierte Säure, mineralisch, sehr elegant wirkend, recht langer Nachhall.
Ein sehr "leiser" und feiner Chardonnay

90-92, bis 2028+ 


Sehr schöner Wein, der aber auch seinen Preis hat (um 50 Euro)



Dienstag, 10. Dezember 2024

Zweimal 22 aus dem Rheingau

Ich trinke Riesling-GGs eigentlich selten sehr jung. Nun bekam ich aber (in einem auch ansonsten spannenden Weihnachtspaket mit insgesamt sechs Flaschen) eine Flasche 2022er Rüdesheimer Berg Rottland von Balthasar Ress. Einzelflaschen lange zu verwahren macht nicht unbedingt Sinn, und so beschloss ich, die Flasche zu öffnen. Dann fiel mir ein, dass ich kürzlich in einem Restaurant den 2022er Mittelheimer Sankt Nikolaus von P.J. Kühn getrunken hatte, und dass der Wein (obwohl nach meinen üblichen Maßstäben zu jung) mir sehr gut gefallen hatte. Also kam der mit auf den Tisch. 

Kühns Sankt Nikolaus ist übrigens gleich in zweierlei Hinsicht ein Leichtwein. Erstens hat er nur 11,5% Alkohol, was für ein Rheingauer GG aus warmem Jahr wenig ist (der Wein von Balthasar Ress hat 13%). Zweitens ist das Weingut P-J. Kühn aus Material- und Transportkostenersparnisgründen dazu übergegangen, seine Weine in leichtere Flaschen zu füllen und auch die sonst vielfach obligatorische Aluminiumkapsel durch eine Papierbanderole zu ersetzen.



2022 Balthasar Ress Rüdesheimer Berg Rottland Riesling GG

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft mit Noten von herben Zitrusfrüchten (Pomelo?) und Kräutern, vielschichtig und spannend. Am zweiten Tag sogar noch etwas ausdrucksvoller. 
Auch am Gaumen herbe Zitrusfrucht (Grapefruit!), wieder herber, mineralisch unterlegter Abgang
Schöner Riesling, der aber vielleicht besser noch ein bis zwei Jahre im Keller bleibt 

91-93, 2026-2035 

 

2022 P.J. Kühn Mittelheimer Sankt Nikolaus Riesling GG 

Kräftiger Duft mit deutlich zitrusfruchtigen Noten. Da sind zuerst Zitronne und Grapefruit, dann kommen kräutrige Noten dazu, mit mehr Luft zudem eine steinige Mineralik
Am Gaumen mit ganz viel Spannung, fast vibrierend. Da ist wieder herbe Zitrusfrucht, darunter auch etwas Blutorange. Dazu wieder dezent kräutrige Noten und eine sehr präzise Säure. Klingt lange nach.
Toller Riesling, der aber auch noch etwas Kellerreife verträgt. 

93-95, 2026-2035+


Fazit: Das sind zwei sehr schöne und auch nicht ganz unähnliche Rieslinge. Der Wein von P.J. Kühn gefällt mir dabei nochmal ein gutes Stück besser als der von Balthasar Ress.

Freitag, 29. November 2024

Zwei "kleine" Bordeaux aus großem Jahr

2005 gilt in Bordeaux erstens als großer Jahrgang und zweitens als Jahrgang, der sehr viel Zeit braucht. "Kleinere" Weine erreichen ihre Trinkreife aber tendentiell früher. Zwei dieser "kleineren" Weine hatten wir heute im Glas. In guten Jahren kann "klein" ziemlich gut sein...

Beide Weingüter sind übrigens meines Wissens mit etwa 70% Merlot bestockt. Bei Chateau Côte de Baleau wird der Merlot durch Cabernet Franc ergänzt, während bei Chateau de Fonbel Cabernet Sauvignon die zweite Geige spielt.



2005 Chateau Côre de Baleau Saint Emilion Grand Cru

Mittleres Rot mir orange-bräunlichen Reifenoten
Feiner Duft nach dunklen Früchten mit einer kräutrigen Komponente. Mit etwas Luft macht sich ein minziger Ton bemerkbar. Insgesamt sehr fein und komplex 
Am Gaumen schöne Reife, neben der Frucht Tertiäraromen wie Waldboden
Sehr schön gereifter Saint Emilion, der bald getrunken werden sollte - besser wird er sicher nicht mehr

90-92, bald trinken 


2005 Chateau de Fonbel Saint Emilion Grand Cru 

Ebenfalls mittleres Rot mit Reifenoten
In der Nase "kühler" und deutlich jünger wirkend, neben Kirschfrucht ist da eine Minznote, die Frische verleiht. Wird mit mehr Luft rotfruchtiger
Auch am Gaumen jünger wirkend, kompakte Frucht mit Kirschnoten und noch präsentem, leicht trocknendem Tannin. Der Wein hat (im Vergleich mit dem Côte de Baleau) noch immer etwas Ungestümes und dürfte langlebiger sein. 

89-91, hat Reserven für einige Jahre


Fazit: Zwei sehr schöne und gut gereifte Saint Emilions. Der Côte de Baleau ist der feinere, der de Fonbel der kräftigere und langlebigere Wein. Ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis haben beide - in der Subskription haben sie damals 13,70 (de Fonbel) und 16,90 (Côte de Baleau) gekostet. Aktuelle Jahrgänge sind etwa 10 Euro teurer. 

Deutsch-französischer Pinot Noir

Auf einer Veranstaltung (ich glaube, auf der Mainzer Weinbörse 2019) konnte ich einige junge 2015er Spätburgunder von Friedrich Becker probieren. Die Weine haben mich damals beeindruckt, und so landeten dann einge Flaschen in unserem Keller. Heute war die erste Flasche des Grossen Gewächses "Kammerberg" an der Reihe. Wobei das mit dem Kammerberg so eine Sache ist. Der liegt nämlich auf französischem Gebiet, so dass der Wein nicht mit der Lagenbezeichnung Kammerberg verkauft werden darf. Daher ist auf dem Etikett die Lagenbezeichnung überklebt. Dem Wein ist es recht egal, ob er nun in Deutschland oder in Franbkreich wächst, hervorragend ist er allemal.


2015 Friedrich Becker Schweigener Sonnenberg "Kammerberg" Spätburgunder GG 

Sehr schönes mittleres bis dunkles Rot
Ausdrucksvoller Duft nach Kirschen und Kräutern (Rosmarin!)
Am Gaumen mit ordentlichem Druck, viel kirschige Frucht, dabei betont trocken und ohne jeden Kitsch, präsentes Tannin.
Ein Klasse-Spätburgunder am Beginn der Trinkreife und mit Potential 

92-94, bis 2030+

Sonntag, 24. November 2024

Neue Chardonnays

In den letzten Wochen haben wir einige Chardonnays getrunken. Teilweise waren das erste Flaschen von Weinen aus unserem Keller, teilweise aus Neugier gekaufte Einzelflaschen.

Vom ersten Wein war ich zunächst etwas enttäuscht. Am Wochenende geöffnet, wirkte er wie ein eher einfacher Basis-Chardonnay. Für einen Chablis aus gutem Hause für 25 Euro auf jeden Fall zu wenig. Also die halbvolle Flasche zurück in den Kühlschrank. Am Mittwoch darauf präsentierte der Wein sich dann deutlich stärker. Die nachfolgende Notiz stammt vom Mittwoch. 



2021 Domaine Bessin-Tremblay Chablis vieilles vignes 

Mittelgelb
Schöner, "ruhiger" Duft mit Noten von Brotkruste, Birne und etwas Zitrus, auch ein Hauch Feuerstein 
Am Gaumen ein harmonisches Paket aus gelber Frucht, einer feinen Säure und dezenter Mineralik. Macht Spaß und hat Potential. 

88-90, bis 2030+ (momentan würde ich dem Wein etwas Luft gönnen)


Auf die Domaine des Malandes bin ich tatsächlich durch Werbung aufmerksam geworden. Gute Bewertungen der Weine und die Tatsache, dass Richard Rottiers (der im Beaujolais ein Weingut betreibt, dessen Weine ich kenne und schätze) das Weingut jetzt mitleitet, haben mich zur Bestellung von zwei Probeflaschen bewogen, einem Basis-Chablis und einem Granf Cru (der kommt weiter unten).

 


2022 Domaine des Malandes Chablis 

Mittelgelb
Schöner und recht kräftiger Duft mit viel gelber Frucht und etwas Zitrus
Auch am Gaumen viel Frucht, recht zurückhaltende Säure, gute Länge.
Schöner Chablis, der unmittelbar Spaß macht 

87-89, würde ich eher jung trinken


Jérémy Arnaud war mir bislang nur vom Hörensagen ein Begriff. Was man hörte, war allerdings positiv, und so habe ich mal drei Probeflaschen bestellt, einen Chablis (der folgt weiter unten), einen Wein mit der Basis-Appelation Bourgogne und einen Bourgogne Tonnerre.

Bourgogne Tonnerre ist eine Regionalappelation in Burgund (nur) für Weißweine aus Chardonnay. Der namensgebende Ort Tonnerre liegt knapp 20 Kilometer östlich von Chablis. 




2022 Jérémy Arnaud Bourgogne Tonnerre "Les Huées"

Mittelgelb
Leicht rauchiger Duft nach Zitrus und dezent nach gelben Früchten, auch etwas Brotkruste
Am Gaumen gut strukturiert mit etwas Grip, verhaltene Frucht, dezenter Holzprägung und ordentlichem Abgang
Hat weniger Frucht als der Chablis von Malandes, packt dafür am Gaumen aber etwas mehr zu. 

87-89, bis 2030


Aus der Lage "Les Veuillots" produziert Jérémy Arnauds mehrere Weine, die unterschiedlich ausgebaut werden. Die Cuvee OVOIDE reift in eiförmigen Betontanks, daher wohl der Name.


2022 Jérémy Arnaud Bourgogne "Les Veuillots" Ovoide

Sattes Gelb mit Goldschimmer
Mittelkräftiger Duft nach Mandeln, etwas gelber Frucht und dezent Zitrus
Am Gaumen schöne Präsenz, Schmelz, Zitrusnoten, guter Nachhall

88-90, bis 2026+


Nun noch einmal Domaine des Malandes und Jérémy Arnau, jetzt aber als Grand bzw. Premier Cru:




2021 Jérémy Arnaud Chablis Premier Cru Vau de Vey "La Grange Chaume"

Goldgelb
Recht kräftiger Duft mit Zitrus, Orange, Haselnuß und Butterscotch
Am Gaumen dezente Holzprägung, wieder Zitrus, nachhaltig und mit ordentlichem Grip, recht langer Nachhall
Sehr schöner Chablis mit Zukunft

90-92, bis 2030 


2022 Domaine des Malandes Chablis Grand Cru Les Clos

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft nach Birne, Zitrus und Brotkruste
Am Gaumen nachhaltig und komplex, Zitrus und verhaltene gelbfruchtige Noten, sehr fein dosiertes Holz
Ein Klassewein, der noch einige Zeit braucht, bis er alles zeigt, was er hat und kann 

92-94, noch zwei bis drei Jahre ruhen lassen und dann sicher bis 2035



Oliver Zeter macht tolle Chardonnays (wer es nicht glaubt probiere den "Herzog"). Aus Neugier habe ich den 2023er Ortswein aus Haardt bestellt.


2023 Oliver Zeter Chardonnay Haardt

Mittelgelb
Im Duft Zitrus, auch etwas Birne, vom Holzeinsatz geprägt
Auch am Gaumen spürbare Holzprägung, wieder Zitrusfrucht lebendige Säure, mineralische Note im recht langen Abgang.
Guter und mit 12,50 fair bepreister Chardonnay, der noch etwas reifen sollte

86-88+, 2025-2030


Vom Wengut Champs de l'Abbaye hatte ich vor einiger Zeit mal einige Weine probiert und den 2020er Rully "Les Cailloux" in guter Erinnerung behalten. Daher wollte ich auch den 2022er probieren.

2022 Champs de l'Abbaye Rully "Les Cailloux"

Sattes Gelb mit Goldschimmer
Duftet nach gelben Früchten, Zitrus; dezente Holzprägung
Am Gaumen mit etwas deutlicherem Holzeinfluß, mineralisch, wieder Zitrus, etwas gebrannte Mandel
Schön, aber bei einem Preis von knapp 40 Euro kein Schnäppchen

88-90, bis 2030+ 


Von Nathalie und Gilles Fevre, einem Familienweingut in Chablis, haben wir nach sehr guten Anfangserfahrungen (guckstu hier) einige Weine im Keller. Diesmal gab es den "einfachen" Chabis aus 2022.

2022  Nathalie et Gilles Fevre Chablis AC 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft mit Noten von gelben Früchten (Pfirsisch)
Auch am Gaumen fruchtbetont, kein spürbarer Holzeinfluß, dezent kräutrig im Abgang
Nicht sonderlich komplex, aber schöner Chardonnay mit guten Trinkfluß 

86-88, eher jung trinken


Donnerstag, 24. Oktober 2024

Der Süßwein der Woche (10)

In dieser Ausgabe gibt es eine Reihe von Weinen, die ihre besten Jahre wohl hinter sich haben. Und zum Abschluß dann eine Spätlese, die ihre große Zeit defintiv noch vor sich hat.

Den Anfang macht eine 1983er Auslese von HaJo Zilliken, die 1984 vom Weingut gekauft wurde und seitdem im gleichen Keller lagerte.

1983 Forstmeister Geltz Zilliken Ockfener Bockstein Riesling Auslese (0,75l mit perfektem Füllstand) 

Reifes Goldgelb mit deutlicher Orange-Note 
Im Duft findet sich noch Frucht (Aprikose) verbunden mit Backgewürzen (Vanille) und einer leichten Firne
Am Gaumen wird die Süße durch herb-gewürzige Noten und die Säure bestens balanciert, sodass ein sehr harmonischer Gesamteindruck entsteht. Wie schon im Duft Reste gelber Frucht und eine leichte Firne. 

87-89, trinken


Die beiden nachfolgenden Weine habe ich in den neunziger Jahren jeweils auf dem Weingut gekauft. Obwohl sie für damalige Verhältnisse teuer waren, haben sie mich nie begeistert, und wohl nur deshalb haben diese beiden Flaschen, jeweils die letzten, überdauert. Sie haben auch die Weingüter überlebt, aus denen sie stammen, denn beide Güter existieren nicht mehr. 




1990 Langwerth von Simmern Erbacher Marcobrunn Riesling Auslese (0,375l) 

Rotbraun
Erstaunlich präsenter Duft mit ausgeprägter Frucht (Quitte und Trockenfrüchte). Mit mehr Luft wird der Duft "ruhiger", bleibt aber sehr sauber
Am Gaumen zunächst bereits leicht gezehrt wirkend mit leichter Bitternote, aber auch hier noch präsente Frucht, dezente Süße. Mit Luft wird der Wein auch am Gaumen ruhiger und harmonischer. 
Gut gereift und mit Genuß trinkbar, ohne zu begeistern. Hält seine Form über mehrere Tage in der geöffneten Flasche.

86-88


1990 Schloß Schönborn Erbacher Marcobrunn Riesling Auslese (0,5l) 

Wieder Rotbraun
In der Nase auch nach längerer Belüftung noch etwas Muff, daneben Trockenfrüchte
Am Gaumen schon mit deutlicher Bitternote, Nüsse, etwas Trockenfrucht, etwas Möbelpolitur
Macht so keinen Spaß mehr.

76-79

 

Der nächste Wein ist eine Einzelflasche, die ich wohl irgendwann auf Ebay ersteigert habe. Die Auslese stammt aus dem sehr guten Jahrgang 1975, und die zwei Sterne deuten darauf hin, dass es sich hier um eine höherwertige Auslese (vielleicht analog zu einer heutigen Goldkapsel) handelt. 




1975 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Kronenberg Riesling Auslese**

Reifes Goldgelb mit deutlichem Orangeschimmer
In der Nase zwar schon weit gereift mit etwas Firne und leichtem Muffton, aber noch deutlich erkennbare Frucht; Quitte, Orangenmarmelade (?)
Am Gaumen fast trocken wirkend mit leichter Karamellnote, dazu etwas Restfrucht (Quitte). Noch gut trinkbar und ohne Bittertöne, eher kurz 

84-86, austrinken 


Der nächste Wein ist, wenn man den Notizen auf Cellartracker Glauben schenkt, in vielen Fällen noch voll "da" und wird hervorragend beurteilt. Auf diese Flasche hier traf beides leider nicht zu.

1990 Domaine Huet Vouvray "Le Haut Lieu" Moelleux

Bernsteinfarben
Im Duft Quitte, Rosinen, aber auch etwas nasser Karton
Am Gaumen ausgeprägte Süsse, noch präsente Säure, aber auch ein vernehmbarer Muffton und ganz leichte Bitternote 

80-83, austrinken


Nach den ganzen alten und zum Teil doch etwas anstrengenden Weinen zum Schluß eine Spätlese, die garantiert noch nicht "über den Punkt ist": 


2023 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Spätlese 

Helles Gelb
Direkt nach dem Öffnen recht zurückhaltender Duft mit Noten exotischer Früchte (Mango)
Am Gaumen deutliche Restsüße, der eine sehr schöne, reife Säure Paroli bietet. Wirkt noch sehr kompakt, aber gibt ein Versprechen auf eine grosse Zukunft ab. Im Moment ist das "Potentialtrinken".

92-94+, braucht noch einige Jahre im Keller

Kabinettstückchen

Kürzlich konnte ich zwei interessante Weine recht günstig erstehen, den 2015er Bernkasteler Doctor Kabinett von Thanisch/Erben Thanisch und den Graacher Domprobst Kabinett von Willi Schäfer aus gleichem Jahr. Das habe ich dann zum Anlaß genommen, über mehrere Tage hinweg sechs Riesling Kabinett (was ist da eigentlich die Mehrzahl - Kabinette?) von der Mosel (bzw. in einem Fall von der Ruwer) zu verkosten und zu vergleichen. Am ersten Abend habe ich blind verkostet, danach offen.


 

2015 Max Ferd. Richter Wehlener Sonnenuhr Riesling Kabinett

Sattes Mittelgelb
Animierunder Duft mit reifer gelber Frucht, mit mehr Luft auch Stachelbeeren
Am Gaumen reife Frucht, sehr animierend mit guter Süße-Säure-Balance, lang.
Insgesamt sehr schön und mit gutem Trinkfluß

89-91, bis 2030+


2015 Willi Schäfer Graacher Domprobst Riesling Kabinett

Goldgelb
Etwas verhaltenerer Duft nach gelben Früchten und Zitrus, am zweiten Tag tritt reifer Apfel hinzu
Am Gaumen recht ausladend, der durchaus ausgeprägten Süße steht eine lebhafte Säure gegenüber. Endet lang auf eine herbe Note, die einen schönen Kontrapunkt setzt. Großartiger Kabinett.

91-93, bis 2030+

 

2015 Wwe. Dr. Thanisch Erben Thanisch Bernkasteler Doctor Riesling Kabinett  

Goldgelb
Zunächst etwas verhaltener und leicht rauchiger Duft mit Noten von gelben Früchten; wird mit Luft intensiver und bekommt eine kräutrige Komponente
Am Gaumen gelbfruchtig, ein Hauch Vanille, ausgeprägte Süße, die Säure ist (noch?) nicht ganz so perfekt integriert wie bei einigen anderen Weinen. Lang. 

88-90, bis 2030+


2015  Julian Haart Piesporter Schubertslay Riesling Kabinett

Am ersten Abend präsentierte sich der Wein schwierig. Verhaltener Duft mit Zitrusnoten, ich habe sogar über einen ganz leichten Korktreffer nachgedacht. Am Gaumen wirkte das eher unharmonisch mit spitzer Säure. Am ersten Abend habe ich keine Bewertung abgegeben, weil ich an eine fehlerhafte Flasche glaubte. Aber dann zwei Tage später, wie der Phönix aus der Asche: 

Mittelgelb
Recht verhaltener Duft mit (teils kandierter) Zitrusfrucht und reifem Apfel 
Am Gaumen fester Bau, zunächst etwas Kandis, dann wieder reifer Apfel, gelbe Früchte. Großartige Süße-Säure-Balance, langer Nachhall. 
Noch nicht auf dem Höhepunkt, sollte besser noch zwei bis drei Jahre liegen. 

90-92, 2026-2035+

2015 J.J. Prüm Bernkasteler Badstube  Riesling Kabinett

Hellgelb, mit Abstand die hellste Farbe aller sechs Weine
Im Duft zunächst verhalten mit Blütenduft, der mit mehr Luft ausgeprägter wird. Daneben gelbe Früchte und etwas Zitrus. Am zweiten Tag auch weisse Johannisbeere
Am Gaumen fester Bau, nur dezente Süße, sehr schöne Balance, gute Substanz und Länge

89-91, bis 2030+ 


2015 Maximin Grünhaus Maximin Grümhäuser Abtsberg Riesling Kabinett

Sattes Mittelgelb
Recht kräftiger Duft nach reifen Gelbfrüchten, mit mehr Luft auch Backgewürze, Vanille
Recht ausladend mit ausgeprägter Süße, wieder Backgewürze neben der Frucht, etwas Kandis, hätte ich blind eher als (gute) Spätlese eingestuft

89-91, bis 2030+

 

Fazit: Sechs tolle Weine - das ist wirklich Champions League in der Kategorie Kabinett. Für mich war im Gesamteindruck über mehrere Tage der Graacher Domprobst von Willi Schäfer knapp vorn. Wer den Piesporter Schubertslay nur am ersten Tag erlebt hätte, wäre wohl sehr enttäuscht gewesen (zumal für die Weine von Julian Haart mittlerweile Phantasiepreise bezahlt werden). Geduld wurde dann aber später mit einem grossartigen Kabinett belohnt. Die Weine von Max Ferd. Richter, J.J. Prüm und Grünhaus fand ich (bei allen stilistischen Unterschieden) qualitativ vergleichbar. Und auch der Bernkasteler Doctor ist für sich allein betrachtet ein hervorragender Wein - nur war hier eben die Konkurrenz noch etwas besser.

Sonntag, 29. September 2024

Drei Premieren

Vor ein paar Wochen habe ich ein Dreier-Paket mit 2020er Bordeaux gekauft, weil ich neugierig war: Alle drei Chateaux waren mir ein Begriff, aber ich hatte noch von keinem der drei etwas im Glas. Da man bei 2020 noch gute Chancen hat, die Weine in der Fructphase zu "erwischen", habe ich die drei Flaschen im Laufe der letzten Woche geöffnet.



 

2020 Chateau Dassault 

Dunkles, jugendliches Rot mit Violettschimmer
Recht intensiver Duft nach vorwiegend roten Früchten (Himbeeren, Kirsche) mit einer floralen Note
Auch am Gaumen intensive und frisch wirkende Frucht, viel samtiges Tannin, gute Länge 

91-93. In der jetzigen Fruchtphase mit Spaß zu trinken und Potential für viele Jahre. Die Frage ist, ob da noch eine Verschlußphase kommt 




2020 Chateau Marojallia

Dunkles Rot mit Violettschimmer und fast schwarzem Kern
Duft von mittlerer Intensität mit roter Frucht und Gewürznoten
Am Gaumen recht ausgeprägte Säure und eine störende Bitternote, die die Frucht dominiert und den Gesanteindruck trübt. Auch Belüftung hilft da nicht. Recht viel und leicht trocknendes Tannin.
Ob das ein Flaschenfehler ist oder etwas, was sich mit weiterer Lagerunf gibt, kann ich nicht sagen. In diesem Zustand macht es jedenfalls keinen Spaß.

Ohne Bewertung


2020 Chateau Boyd-Cantenac 

Dunkles Rot mit ausgeprägtem Violettschimmer
Ausgeprägter Duft mit floralen Noten (Flieder?) und viel Frucht, vor allem Kirsche und Himbeere
Auch am Gaumen viel Frucht, viel Tannin hoher Qualität, fruchtbetontes Finale
Derzeit ein groser Trinkspaß, und (natürlich) viel Potential 

91-93, bis 2040

Mittwoch, 25. September 2024

Zwei Monster

Wer alt genug ist, erinnert sich sicher an den Hitzesommer 2003. Die Rechung "viel Sonne ergibt guten Wein" ging dabei oft nicht auf, zumal die Winzer seinerzeit mit den hohen Temperaturen vielleicht auch weniger gut umgehen konnten, als sie das heute können. 

In dem Teil meiner Weinvorräte, der sich im Keller meiner Eltern befand, fanden sich noch zwei 2003er Spätburgunder. Der "Josef Franz" wurde vom Staatsweingut Assmansshausen für Josef Laufer (Zum Krug, Hattenheim) und Franz Keller (Adlerwirtchaft, ebenfalls Hattenheim) abgefüllt. Soweit ich weiß, ist der Wein nie offiziell verkauft worden, sondern stand in den beiden genannten Restaurants auf der Karte. Man konnte dort aber zu einem zivilen Preis (19 Euro) ein paar Flaschen kaufen. Angeblich stammt der Wein aus dem Assmannshäuser Höllenberg, das steht allerdings nicht auf dem Etikett. Der "Josef Franz" kommt mit dezenten 15% Alkohol daher, ein Wert, den man sonst eher aus südlicheren Gefilden kennt. Der zweite Wein, eine trockene Auslese vom Weingut Hermann Dörflinger im Markgräflerland, kommt mit einem halben Prozent weniger aus.

 


2003 Staatsweingut Assmannshausen Spätburgunder "Josef Franz" 

Mittleres bis dunkles Rot mit Wasserrand und verhaltenen Reifenoten 
In der Nase dunkle Früchte, etwas Espresso, Schokolade, Gewürze (Wacholder?)
Am Gaumen mächtig mit spürbarem Alkohol, der die dunkle Frucht etwas in den Hintergrund drückt. Das Tannin ist weitgehend abgebaut, gibt dem Wein aber noch ausreichend Halt. Recht langer Abgang.
Das ist ein interessanter Wein, der zudem sehr gut gereift ist. Mehr als ein Glas möchte man davon dann aber doch nicht haben. 

84-86, recht bald trinken. 


2003 Hermann Dörflinger Badenweiler Römerberg Spätburgunder Auslese trocken

Mittleres Rot mit Reifenoten
Im Duft (immer noch) deutliche Holzprägung, dunkle Früchte (Cassis, Brombeeren), und irgendwie riecht das auch nach heissen, staubigen Feldwegen
Am Gaumen präsente Frucht und spürbares, leicht trocknendes Tannin, das Holz ist hier weniger evident, der hohe Alkohol ist gut verpackt. 

85-87, recht bald trinken 


Fazit: Der "Josef Franz" hat den interessanteren und vielschichtigeren Duft, ist aber am Gaumen dann doch für meinen Geschmack zu alkoholisch.

Freitag, 20. September 2024

Der Besuch der alten Dame

Der "La Dama" stammt aus einer Einzellage in Navarra mit sehr alten, teilweise über hundertjährigen Grenache-Reben. 2017 habe ich davon sechs Flaschen gekauft, und nun war es mal wieder Zeit, der alten Dame einen Besuch abzustatten.



2013 Domaines Lupier La Dama

Mittleres bis dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Recht ausgeprägter Duft nach hauptsächlich roten Früchten (reife Erdbeeren) und Kräutern (Thymian?)
Auch am Gaumen viel rote Frucht, stützendes Tannin, recht langes Finale.
Jetzt in bester Trinkreife. 

90-92, wird das jetzige Niveau sicher noch einige Jahre halten

Dienstag, 17. September 2024

Gutswein de luxe

Das Pfälzer Weingut Christmann hat sein Lagenportfolio 2022 bereinigt, indem es alles, was nicht mindestens als VdP Erste Lage klassifiziert ist, abgestoßen hat. Das bedeutet, dass die Gutsweine  (die unter dem Namen "Aus den Lagen" vermarktet werden) seitdem vollständig aus ersten Lagen stammen. Damit ist natürlich eine Qualitätserwartung verbunden, die sich durchaus auch im Preis der Weine (Riesling aktuell um 20 Euro, Spätburgunder knapp 30 Euro) widerspiegelt. Das ist für einen nominellen Gutswein viel Geld, aber es kommt natürlich auf die Qualität im Glas an, nicht auf die Bezeichnung auf dem Etikett.  

Auch wenn die hier verkosteten Weine aus Jahrgängen vor 2022 stammen, weiss ich zumindest für den Riesling, dass er vollständig aus Reben aus Grossen und Ersten Lagen stammt.



2019 Christmann Spätburgunder "Aus den Lagen" 

Mittleres Rot
Reintöniger, aber eher verhaltener Duft, dunkle Früchte, Kirschen und Kirschkerne
Am Gaumen mit schöner, wieder eher dunkler Frucht, präsenter Säure und kernigem Tannin
Sehr guter Basis-Spätburgunder mit Charakter 

87-89, bis 2027+ 

 

2021 Christmann Riesling "Aus den Lagen"

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft nach gelben Früchten, einem Hauch Orange, etwas kandierter Zitrusfrucht und Kräutern
Am Gaumen harmonischer Gesamteindruck mit präsenter, aber bestens integrierter Säure, präzisem Fruchtausdruck und guter Länge.
Für einen Gutsriesling wirkt das sehr erwachsen. 

88-90, bis 2026+

Montag, 2. September 2024

Der Einweihungswein

Seit einiger Zeit besitzen wir Zalto Bordeaux-Gläser, die wir aber bislang noch nicht benutzt haben. Heute sollte die Einweihung endlich stattfinden, und zu diesem Zweck sollte ein ordentlicher Bordeaux ins Glas. Da traf es sich gut, dass ich kürzlich zu einem sehr günstigen Preis (so etwa die Hälfte dessen, was üblicherweise dafür aufgerufen wird) drei Flaschen 2000er Rauzan-Ségla erstehen konnte.



2000 Chateau Rauzan-Ségla

Mittleres Rot mit ersten orangefarbenen Reifenoten am Rand
Sehr ausgepräger und vielschichtiger Duft, ein klein wenig Brett zu Beginn, intensive, eher rote Frucht Richtung Cranberries, Edelholz
Am Gaumen sehr nachhaltig, dabei aber elegant, schöne rot- und schwarzbeerige Frucht, seidiges Tannin, sehr langer Nachhall. Jetzt in bester Trinkreife, die der Wein wohl noch einige Jahre halten dürfte. 

93-95, bis 2030+


Samstag, 31. August 2024

Riesling für Steinelutscher

Eine mehr oder weniger ausgeprägte Mineralik zeichnet viele Rieslinge aus. Wer so etwas mag, wird gelegentlich ais "Steinelutscher" bezeichnet. So viel Mineralik wie hier in einem Wein dieser Preisklasse ist allerdings selten.

 


2016 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling trocken 

Mittelgelb
In der Nase sehr deutliche mineralische Prägung (Richtung nasser Kieselstein), daneben gelbe Früchte und ein Hauch Orange(?)
Am Gaumen setzt sich das fort. Der Wein ist auf einem mineralischen Fundament gebaut, das dann gelbfruchtige Noten und eine gut integrierte Säure trägt. Endet pikant und recht lang.
Großer Trinkspaß, ich mag das sehr.

89-91, bis 2030+


Fazit: Was soll man dazusagen? Das ist ein hervorragender Riesling aus einer absoluten Spitzenlage, er ist stilistisch voll auf meiner Wellenlänge und hat ein herausragendes Preis-Leistungsverhältnis (ab Hof seinerzeit 11 Euro). Man könnte sich jetzt darüber wundern, dass es so etwas gibt, aber wenn man das Weingut näher kennt, tut man das nicht mehr. Die machen das nämlich andauernd.

Mittwoch, 28. August 2024

Mutter Anna

Was trinkt man am Ende eines richtig heissen Sommertages? Mir kam erstens "Riesling" in den Sinn und zweitens "Falkenstein". Die Weine des Hofguts Falkenstein zeichnen sich nämlich durch Leichtigkeit und eine kräftige Säure aus, und das schien mir eine angemessene Antwort auf das heutige Wetter zu sein. "Mutter Anna" ist die interne Bezeichnung dieses Weines; zu den Hintergründen guckstu hier.

 


2019 Hofgut Falkenstein Niedermenniger Herrenberg Riesling Kabinett trocken "Mutter Anna" 

Helles bis mittleres Gelb
Sehr animierender Duft nach grünem Apfel und Limette
Am Gaumen eher schlank mit erfrischenden und wieder grünen Fruchtnoten, rassige Säure, trotz der Leichtigkeit recht nachhaltig
Sehr schöner Riesling mit grossem Trinkfluß und genau das richtige an einem heissen Sommertag 

87-89, jetzt in schöner Trinkreife, wird das Niveau aber vermutlich noch einige Jahre halten


Sonntag, 4. August 2024

Sieben Winter

Der "Sieben Winter" ist ein Wein, den es so noch nicht gab. 80% Grauburgunder und 20% Chardonnay aus dem Jahrgang 2016 und den Lagen Kirchberg und Steingrubenberg wurden sieben Jahre lang im grossen Holzfass auf der Hefe belassen und dann 2023 abgefüllt. Angesichts des Ergebnisses wünsche ich mir mehr Experimente dieser Art. 

 


 

2016 Salwey "7 Winter" 

Mittelgelb
Recht ausgeprägter und komplexer, etwa rauchiger Duft mit Kräutern und Kernobst (Birne), Brotrinde
Kleidet den Gaumen sofort aus. Da ist viel Saft, eine hervorragend integrierte, den Wein marmorierende Säure, Mineralik und dezenter Tannin-Grip. Sehr komplex, eigenständig, dabei animierend und richtig gut. 

93-95, sicher bis 2030 und darüber hinaus

Donnerstag, 25. Juli 2024

Der Süßwein der Woche (9)

Diese Ausgabe beginnt mit einer sehr schönen Spätlese aus Piesport:


2009 Reinhold Haart Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
Zunächst eher verhaltener, nach Belüftung intensiverer Duft nach gelbem Steinobst mit etwas Vanille, später auch eine dezent rotfruchtige Komponente.  
Auch am Gaumen viel gelbe Frucht, merkliche Kandisnote, die (analytisch vermutlich hohe) Süße wirkt ausgesprochen unaufdringlich, recht langer Abgang mit wiederum deutlicher Kandisnote.
Sehr schöne Spätlese mit Potential für weiter Lagerung 

91-93, bis 2030+ 

 

Der Jahrgang 2000 war eher schwieirig und kein guter Start ins neue Jahrtausend. Einige restsüße Weine - drei von der Mosel und einer aus dem Rheingau - haben in unserem Keller überlebt und kamen jetzt auf den Prüfstand

 


2000 Dr. Loosen Ürziger Würzgarten Spätlese 

Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Recht intensiver und interessanter Duft mit einer "abgeklärt" wirkenden Mineralik, gelber Frucht und leichter Firne, auch etwas nasser Karton 
Am Gaumen ein Leichtgewicht, noch etwas gelbe Frucht, präsente Säure, sehr unaufdringliche Süße, leichte Bitternote im Abgang. Am zweiten Tag ist der Wein zwar noch "da", aber die Frucht ist verhaltener und der Abgang leicht säuerlich
In Ehren gereift, aber doch auf dem absteigenden Ast. 

84-86, austrinken 


2000 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb mit deutlicher Orangenote
Direkt nach dem Öffnen zurückhaltender, aber sauberer Duft nach gelben Früchten mit einem Hauch Vanille
Auch am Gaumen noch präsente Frucht, eine schöne Balance zwischen Süße und Säure läßt den Wein sehr harmonisch wirken. Wirkt schlank und dürfte im Mostgewicht nicht allzu hoch gewesen sein. 

88-90, recht bald trinken 

 

2000 J.J. Prüm Graacher Himmelreich Riesling Auslese 

Wieder reifes Goldgelb mit deutlicher Orangenote
Im Duft Noten von gelben Früchten (getrocknete Aprikose), etwas Orange, deutliche Mineralik
Auch am Gaumen mineralische Prägung, sehr klar gezeichnet mit reifer Frucht. Die Süße wird von einer ausgeprägten Säure und einer herben Kräuternote bestens balanciert. Sehr fein. 

90-92, in den nächsten Jahren trinken 

 

Den folgenden Wein hatte ich seinerzeit auf einer Veranstaltung (ich weiß nicht mehr, welche) gesehen und probiert und war sehr erstaunt, dass eine Beerenauslese guter Herkunft für € 16,50 pro Flasche (0,5l) zu haben war. Ein paar Flaschen habe ich dann gekauft, und diese hier war die vorletzte.

 


2000 Schloß Schönborn Hattenheimer Pfaffenberg Riesling Beerenauslese 

Bernsteinfarben
Verhaltener Duft mit Noten von Trockenpflaumen, etwas Möbelpolitur
Sehr süßer Gaumenauftakt, Aromen von Trockenfrüchten und Nüssen, lebendige Säure, aber auch eine leichte Bitternote, die die Harmonie stört. 

85-87, würde ich bald trinken

 


Donnerstag, 18. Juli 2024

Spannender Beifang

Diese Flasche war in einem Paket enthalten, das ich wegen seines sonstigen Inhalts gekauft hatte. Von Wein und Weingut hatte ich noch nie etwas gehört, habe es mir dann aber natürlich ergugelt. Fiona Leroy produziert seit 2017 selbst Wein (weiß und rot), arbeitet biodynamisch und verwendet anscheinend kein neues Holz. Sie gilt als Geheimtip (jedenfalls behaupten das Händler, die ihren Wein verkaufen wollen...). 

So eine Einzelflasche lange aufzuheben schien mir nicht sinnvoll zu sein (auch wenn es dem Wein vielleicht gutgetan hätte) und so beschloß ich, gleich zur Probe zu schreiten. 


2021 Fiona Leroy Maranges Premier Cru "Le Clos des Loyères"

Mittleres, jugendlich wirkendes Rot mit leichtem Rosa/Violettschimmer
Recht ausgeprägter, fruchtbetonter Duft nach roten Früchten und Kirsche, etwas Rauch. Mit mehr Luft kommen florale Noten hinzu. Auch am zweiten Tag noch pralle Frucht.
Auch am Gaumen viel Frucht, dabei betont trocken, recht ausgeprägte Säure, präsentes Tannin.
Schöner Pinot Noir mit niedrigem Alkoholgehalt (12% laut Etikett) und einer gewissen Rustikalität, die sich mit etwas Kellerreife legen könnte. Macht jetzt wegen seine ausgeprägten Frucht viel Spaß, hat aber sicher Reifepotential

90-92,  sicher bis 2030 und wahrscheinlich auch darüber hinaus


Fazit: Schöner, spannender Pinot Noir, der allerdings auch seinen Preis hat (um 50 Euro im Handel)

Mittwoch, 3. Juli 2024

Weissburgunder in richtig gut

Weissburgunder gibt es viele, aber bei richtig guten Weissburgundern wird die Luft recht dünn. Dieser hier kann was und hat definitiv das Niveau eines Grossen Gewächses (was er aber schon deshalb nicht sein kann, weil die VdP-Richtlinien in Rheinhessen nur Grosse Gewächse aus Riesling und Spätburgunder vorsehen).

 


 

2020 Wittmann Weisser Burgunder Reserve 

Helles bis mittleres Gelb
Recht ausgeprägter, "ruhiger" Duft mit nussigen und dezent gelbfruchtigen Noten, etwas Zitrus
Am Gaumen recht kratvoll und ausladend, spürbare, aber unaufdringliche Holznote, dazu gelbe Früchte, passende Säure, schöner Schmelz, gute Länge
Sehr schöner Weissburgunder, eher auf der üppigen als auf der mineralisch-kargen Seite. 

90-92, jetzt sehr gut trinkbar, aber mit Reserven für einige Jahre


Fazit: Wir haben nachbestellt

Mittwoch, 12. Juni 2024

Hohes C

Das Chateau Les Carmes Haut-Brion hat in den letzten 10-15 Jahren nach einem Besitzerwechsel einen rasanten Aufstieg hingelegt. Die Weine wurden von Kritikern sehr gelobt. Sie sind stilistisch insofern  eigenständig, als der Anteil an Cabernet Sauvignon gering, der Cabernet Franc-Anteil dagegen hoch ist. Neben dem (mittlerweile teuren) Erstwein gibt es noch den "Le C de Carmes Haut-Brion". Der "Le C" wird oft als Zweitwein bezeichnet, ist es aber nicht. Er stammt von eigenen Rebflächen, die zudem eine andere Rebsortenzusammensetzung (insbesondere einen viel höheren Cabernet Sauvignon-Anteil) aufweisen, als der Les Carmes Haut-Bron. Die Rebfläche des "Le C" ist auch deutlich größer als die des Hauptweins, so dass der "Le C" deutlich preiswerter (um 35 Euro) und leichter erhältlich ist. Und, das hat diese Flasche bewiesen, der "Le C" ist auch jung mit Genuß zu trinken.



2019 Le C des Carmes Haut Brion 

Mittleres bis dunkles Rot ohne Reifenoten
Recht ausgeprägter und sehr reintöniger Duft nach roten Früchten (Himbeere), etwas Paprika und Kräutern (Rosmarin)
Am Gaumen mittelgewichtig, aber sehr elegant mit wieder roter Frucht, wieder einem Hauch Paprika und wohldosiertem, reifem Tannin
Schon sehr gut trinkbar, aber mit Potential für weitere 10 Jahre 

90-92, bis 2034 

Donnerstag, 6. Juni 2024

You want it - you get it

Ab und zu muss es auch mal die volle Breitseite sein. Mit einem australischen Shiraz ist man da in der Regel auf der sicheren Seite. Vor einiger Zeit habe ich in einem sehr gemischten Dreier-Paker (ein Portugiese, ein Chilene und eben dieser Australier) eine Flasche des 2017er "The Dead Arm" von D'Arenberg erstanden. Von dem Weingut hatten wir in der Vergangenheit bereits den ein oder anderen Wein, insbesondere mehrere Jahrgänge des "Laughing Magpie", einer Cuvée aus Shiraz und Viognier. Der "Dead Arm" ist ein reinsortiger Shiraz und preislich etwas über dem Laughing Magpie angesiedelt.

 


2017 D'Arenberg The Dead Arm Shiraz 

Sehr dunkles und noch jugendlich wirkendes Rot
Ausgeprägter, etwas rauchiger Duft nach dunklen Früchten mit pfeffriger Würze
Am Gaumen der Blockbuster, den man erwartet: Kraftvoll und mit viel Druck, viel dunkle Frucht, eine Ladung reifes Tannin und eine feine Säure, durch die der Wein nicht schwerfällig wirkt. Recht langer, fruchtbetonter Abgang.
You want it - you get it

91-93, dürfte sicher bis Ende des Jahrzehnts in guter Form bleiben

Mittwoch, 5. Juni 2024

Der Süßwein der Woche (8)

Wir starten mit einem echten Exoten, einer Eszencia aus Tokaji. Bei dem "normalen" Süßweinen aus Tokaji, dem Aszu, werden dem Grundwein Bütten mit je 25kg (Puttonys) edelfauler Trauben zugegeben. Die Zahl der Puttonys (drei bis sechs) ist auf dem Etikett angegeben und es gilt in der Regel mehr Puttonys gleich süßer und teurer. Die Eszencia nun wird ausschließlich aus edelfaulen Trauben hergestellt und ist damit süßer (und teurer) als alle Aszus. Ich konnte zu einem mir sehr günstig erscheinenden Preis eine Einzelflasche Eszencia erwerben und wurde dann schnell neugierig... 
Interessant ist, dass der Wein nur 2,5% Alkohol hat (ob er damit überhaupt als Wein bezeichnet werden darf, weiß ich nicht - eigentlich liegt die Grenze meines Wissens bei 5,5%).
 


 



2013 Gran Tokaji Eszencia 

Reifes Goldgelb 
Intensiver Duft nach reifen gelben Früchten (Aprikose) und Teeblättern, dazu gesellen sich florale Noten
Am Gaumen sehr dickflüssig, enorme Süße, die aber keinesfalls schwerfällig wirkt, wiederum intensive Aromen von gelben Früchten und einer Spur Zitrus, trotz der Intensität sehr klar gezeichnet, sehr langer Abgang
Ein faszinierendes Elixier 

95-97, dürfte fast ewig halten


Es folgten zwei schöne Auslesen von der Mosel und eine aus Franken.



2013 Max Ferd. Richter Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Auslese (halbe Flasche)

Reifes Goldgelb mit leichtem Orangeschimmer
Animierender Duft mit viel reifer gelber Frucht und etwas Honig
Süßer Antrunk, wieder reife gelbe Frucht, Honig, passende Säure, recht lang
Jetzt in bester Trinkreife

90-92, sicher bis 2030 


2011 Maximin Grünhäuser Herrenberg Riesling Auslese #21 

Reifes Goldgelb, auch hier mit leichtem Orangeschimmer
Duft nach gelben Früchten (Aprikose)
Auch am Gaumen eine volle Ladung gelber Frucht, etwas Backgewürze, recht kräftige Säure, dezent-herbe Kräuternote im langen Finale 

91-93, jetzt und in den nächste drei bis fünf Jahren 



2009 Juliusspital Würzburger Stein Riesling Auslese 

Goldgelb mit deutichem Orangeschimmer
Recht intensiver Duft, viel teil getrocknete Aprikose, etwas Orangenschale
Am Gaumen süßer Antrunk, die Frucht bleibt zunächst etwas im Hintergrund, mit mehr Luft gelbfrichtig, etwas Zitrus. Passende Säure, mittellanges Finale

89-91, jetzt und bis Ende des Jahrzehnts 


Der letzte Wein hat wieder eine Geschichte. In den Neunzigerjahren habe ich bei Müller-Catoir eine großartige Riesling Auslese (1992 Mußbacher Eselshaut) gekauft. Jahre später habe ich dann diese 1997er Auslese aus dem Haardter Bürgergarten gekauft und gehofft, dass sie genau so großartig sein würde. War sie aber nicht, der Wein hat mich immer enttäuscht. Vielleicht lag da auch einfach die Latte zu hoch. Eine letze Flasche der 1997er Auslese befand sich noch im Keller und war jetzt "fällig". 



1997 Müller-Catoir Haardter Bürgergarten Riesling Auslese 

Reifes Goldgelb mit deutlicher Orange-Note
Im Duft eher verhalten, reife Gelbfrüchte mit exotischem Einschlag, aber auch etwas kräutrig-gewürziges 
Am Gaumen mit vergleichsweise moderater Süße, aber auch eher zurückhaltender Frucht. Gut balancierende Säure, ganz leichte Bitternote, recht langer Abgang

88-90, recht bald trinken