Freitag, 10. Februar 2017

Beaujolais Nouveau

Kaum eine Weinregion hat ihr Image so heruntergewirtschaftet wie das Beaujolais. Die Mode des Beaujolais Primeur und Beaujolais Nouveau und das damit schnell verdiente Geld haben den Ruf gründlich ruiniert. Wenn jemand nach den großen Rotweinregionen der Welt fragt - wer sagt denn da Beaujolais?

Aber es gibt auch einen anderen Beaujolais Nouveau - von Winzern, die mit hohem Aufwand Spitzenweine produzieren. Einer davon ist Jules Desjourneys. Seine Weine werden in Deutschland von einem wortgewaltigen Händler aus dem Saarländischen vertrieben, zu Preisen, die für Beaujolais durchaus ambitioniert sind. Vor nun auch schon mehr als drei Jahren habe ich dort ein paar Flaschen erstanden, und heute wurde die erste davon geöffnet. Um ein paar Fragen zu beantworten. Schmeckt ein sechs Jahre alter Beaujolais? Darf ein Beaujolais 40 Euro kosten? Ja.


2010 Desjourneys Fleurie La Chapelle des Bois
Recht dunkles und noch fast jugendlich wirkendes Rot
Sehr feine, tiefe, aristokratisch wirkende Nase mit intensiver Kirschfrucht, Veilchen und Marzipan
Auch am Gaumen wieder ausgeprägte Kirschfrucht, sehr elegant, fließt seidenweich über den Gaumen. Dicht, mit perfektem Tannin.
Das ist ohne Wenn und Aber das beste, was ich je aus dem Beaujolais getrunken habe und hat noch einiges an Potential.
92-94, bis 2022+

Samstag, 4. Februar 2017

Xino - was?

Ich habe mal wieder meinen vinophilen Horizont erweitert, mit einem (meinem ersten) reinsortigen Xinomavro. Und das kam so: In Graz gibt es (am Lendplatz) einen netten griechischen Laden namens Bakaliko, eine Mischung aus Feinkostgeschäft (viele Produkte aus handwerklicher Produktion, griechische Weine) und Restaurant (vorne stehen ein paar Tische). Die Gerichte wirken auf mich (ich bin kein Griechenland-Kenner) authentisch. Nein, es gibt kein Gyros, dafür aber Salat mit Graviera-Käse und gebackenen Hartkäse mit Nüssen und Honig; alles zu zivilen Preisen übrigens.



Ich wollte dazu einen bestimmten Wein trinken, den Duo Elyes von Kir-Yianni. Ich habe mal sechs Flaschen eines älteren Jahrgangs gehabt und kenne den Wein als guten, aber international (zum Teil auch aus internationalen Rebsorten - es ist eine Cuvée aus Syrah, Merlot und Xinomavro) gemachten Wein. Mir wurde dann aber ein anderer Wein aus gleichem Haus empfohlen, der Ramnista. Das ist ein reinsortiger Xinomavro, und das wiederum ist eine in Nordgriechenland verbreitete rote Rebsorte (wer mehr darüber wissen möchte: das Glossar bei Wein-Plus hilft weiter).




2013 Kir-Yianni "Ramnista", Xinomavro
Mittleres Rot (überraschend hellfarbig, denn eigentlich sagt man der Rebsorte dunkelfarbige Weine nach)
In der Nase recht ausgeprägt, rotfruchtig (Erdbeeren), aber auch Tomate (?) und kräutrige Noten (Thymian?)
Am Gaumen kraftvoll, wieder rotfruchtig, mit einer leicht salzigen Note; Tannin und eine feine Säure verleihen Struktur.
Das ist ein schöner und vor allem eigenständiger Wein mit Charakter. Mark Squires bewertet ihn im Wine Advocate mit 92 Punkten, aber ganz so hoch möchte ich nicht greifen. Trotzdem für seinen Preis (für um die 15 Euro erhältlich) ein guter Wert.
86-88+, bis 2021+

Dienstag, 31. Januar 2017

Tri, tra, Trollinger

Noch nie hat sich ein Trollinger in unseren Keller verirrt, und es sprach wenig dafür, dass sich das ändern sollte. Und nun das. Sechs Flaschen auf einmal. Und nur, weil die Deutsche Weinentdeckungsgesellschaft den besten Trollinger aller Zeiten produzieren wollte. Um zu zeigen, was die Rebsorte kann. Gemeinsam mit dem Weingut Aldinger (das mit dem Trollinger "Sine" hier ja durchaus schon Vorarbeit geleistet hat) wurde daher aus der Lage Fellbacher Lämmler ein Trollinger produziert, dem deutlich mehr Aufmerksamkeit und Aufwand geschenkt wurde, als gemeinhin bei dieser Rebsorte üblich. Das Resultat, bescheiden "Gipfelstürmer" getauft, war dann der 2016er Wein der Weinentdeckungsgesellschaft.




2015 Aldinger "Gipfelstürmer" Fellbacher Lämmler Trollinger
Mittleres Rot, am Rand rosa-violett
In der Nase recht ausdrucksvoll, Bittermandel, Kirsche, Pflaume, florale Noten
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne Harmonie zwischen Frucht und dezentem Gerbstoff, feiner Säureschleier, mittellang.
86-88, bis 2020

Und was ist nun davon zu halten? Der Wein ist gut, keine Frage. Er zeigt, dass man aus Trollinger mehr machen kann als das Viertele der Schwaben. Aber man muß auch einen erheblichen Aufwand dafür treiben. Und da stellt sich mir dann doch die Frage, ob dieser Aufwand nicht ein besseres Ergebnis zeitigen würde, wenn man ihn anderen Rebsorten widmen würde (Lemberger fiele mir da sofort ein, wenn wir bei Rot bleiben wollen). Insgesamt ist das ein interessantes und spannendes Experiment, an dem ich als Abonnent der Weinentdeckungsgesellschaft gerne teilnehme. Ein zukunftsweisendes Konzept dürfte es aber eher nicht sein.

Samstag, 21. Januar 2017

Dinner for One

Eigentlich ist das ja hier kein Food-Blog, aber ganz unter den Tisch fallen lassen wollte ich dieses denkwürdige Abendessen auch nicht. Und Wein gabe es natürlich auch dazu.

Bangkok am Samstagnachmittag. Mehr aus Neugier habe ich mal gegugelt, wo man in der Stadt richtig gut Essen gehen kann. Dabei bin ich hier auf das"J'aime" von Jean-Michel Lorain gestossen. Lorain ist nun nicht irgendwer, sondern der jüngste Koch, der je mit drei Sternen ausgezeichnet wurde. Da das Restaurant zudem ganz in der Nähe des Appartements ist, in dem ich ein gutes halbes Jahr gewohnt habe, kam der Nostalgieeffekt hinzu, so dass ich beschloss, dort anzurufen. Hoffnungslose Idee eigentlich - am Samstag um 18 Uhr anrufen und nach einem Tisch für den gleichen Abend fragen. Ich erwartete, dass man mich am Telefon auslachen würde. Aber nein, es gab tatsächlich einen Tisch. Also schick gemacht und mit dem Taxi ab zum Restaurant.

Das J'aime befindet sich im ersten OG des U Sathorn-Hotels, einem sehr neuen und aufwendig gestalteten Hotelkomplex.  Das Restaurant ist sehr großzügig, als Blickfang dient eine Deckenlampe in der Form eines Konzertflügels. Was mich allerdings noch mehr beeindruckt hat als das Ambiente war die Tatsache, dass der Raum leer war. Komplett leer. Kein einziger Gast, am Samstagabend um 8 Uhr. Und es sollte auch niemand mehr kommen. Ich hatte das ganze Restaurant für mich, und die Brigade hat nur für mich gekocht. Ob sie mich deswegen verflucht haben, weiß ich nicht; sie haben es sich jedenfalls nicht anmerken lassen. Später sprach ich dann kurz mit der Tochter von Jean-Michel Lorain, die das Restaurant leitet. Sie hat mir glaubwürdig versichert, dass erstens ein leeres Restaurant eine absolute Ausnahme sei und zweitens das Publikum in Bangkok ziemlich unberechenbar sei.



Nach dieser Überraschung wurde ich zu meinem Platz geleitet. Eher eine kleine Bank als ein Stuhl, mit großen Kissen auf beiden Seiten. Man könnte darin versinken. Nach kurzem Studium der Karte habe ich mich für das 7-Gang-Tasting-Menu (plus Knoblauchbrot, dazu später mehr) mit Weinbegleitung entschieden.


Der Gruß aus der Küche: Wenn ich den Kellner richtig verstanden habe war das Tofu-Essenz mit Rinder-Gelee. Gut, schönes Spiel mit den Konsistenzen der Essenz und des Gelees.



Danach die ersten beiden Gänge des Tasting-Menus, die zusammen serviert wurden. Der Thunfisch-Tatar gut, aber nicht aussergewöhnlich, das gelierte Entenkonfit spannend und intensiv. Der dazu gereichte Elsässer Riesling wirkte auf mich etwas uncharmant.


Der nächste Gang: Flußkrebs. Bereits optisch eine Augenweide, die einzelnen Komponenten harmonierten hervorragend.


Dann ein echtes Highlight: Jakobsmuscheln mit Lomo Iberico. Groß. Dazu gab es einen sehr schönen Saint Veran mit gut integriertem Holz.


Der Black Pudding ist offenbar eine Spezialität von Lorain. Da ich kein Blutwurst-Fan bin (und etwas anderes ist das ja am Ende nicht) konnte mich dieser Gang nicht so begeistern. Der dazu (und zum nächsten Gang) gereichte rote Burgunder gefiel mir gut.


Als nächstes wurde eine Art edler Coq-au-Vin gereicht, der mir sehr gut gefallen hat.


Dann, vor dem Dessert, ein weiteres Highlight. Man konnte zu dem Menu wahlweise einen sehr bescheiden mit "Knoblauchbrot" beschriebenen Gang für 200 Baht zusätzlich ordern. Wer die Gelegenheit hat: unbedingt machen. Das ist eine großartige Geschmachsmelange aus dem Knoblauchbrot und Käse.


Das Dessert war dann für meinen Geschmack nicht auf dem Niveau der besten Gänge des Menus; zum Teil zu süß. Sehr gut gefallen hat mir der dazu gereichte Muscat de Baumes de Venise.

Fazit: So ein Dinner for One ist schon ein atmosphärisches Erlebnis. Die Qualität des Menus schwankte zwischen "nur" gut und groß. Einen Guide Michelin für Thailand gibt es derzeit nicht; für mich wäre das J'aime ein Kandidat für einen Stern.




Freitag, 9. Dezember 2016

Zähflüssig, vollfett

Ich bin ja eigentlich kein Fan von marmeladigen Alkoholmonstern. Und australischer Shiraz ist oft genau das (das ist jedenfalls eines meiner Vorurteile). Aber ab und an muß es dann doch mal sein. Heute war mal wieder so ein Tag. Dazu haben wir die letzte Flasche 2003 Kalleske Greenock Shiraz aus dem Keller geholt. Davon hatte ich vor ziemlich genau 10 Jahren mal 5 gekauft. Gut war der immer, aber wohl erst jetzt wirklich auf dem Höhepunkt. Ja, das ist ein Monster (mit 15,5% Alkohol), zähflüssig-vollfett eben. Aber es ist auch ein großer Wein. Ich hätte gerne ein großes Steak dazu gehabt.



2003 Kalleske Greenock Shiraz, Barossa Vale
Dunkles, undurchdringliches Rot, am Rand Andeutung orange-bräunlicher Reifenoten.
In der Nase sehr intensiv und ausladend, würzig, dunkle Früchte, aber auch etwas Pfeffer, ätherische Noten.
Am Gaumen enormes Volumen und viel Druck, viskose Textur, süß wirkende Frucht, noch genug Tannin um den nötigen Grip zu haben, sehr lang. Der hohe Alkohol ist sehr gut integriert.
Man will das nicht jeden Tag trinken und man will auch keine ganze Flasche davon trinken - aber großartig ist es doch.
95-97, bis 2020+

Samstag, 5. November 2016

Giro d'Italia

In den letzten Wochen haben wir eine kleine vinologische Italienreise unternommen. Und schuld daran ist Schnutentunker Felix Bodman. Felix hat nämlich vor einiger Zeit einen (absolut lesenswerten: guckstu hier) Artikel über eine Freisa-Probe geschrieben, an der er im Piemont teilgenommen hat. Freisa ist eine hauptsächlich im Piemont angebaute und anscheinend eher zickige Rebsorte. In Felix' Bericht geht es unter anderem um den Wein von Herrn Peyrani, der nicht nur sehr guten Freisa macht, sondern vor allem auch als Geheimtip für Barbera gilt. So geheim übrigens, dass ich vorher noch nie etwas von seinem Weingut gehört hatte. Meine Neugier war geweckt, und so habe ich im Internet recherchiert und einen Weinhändler gefunden, der nicht nur den Freisa von Peyrani im Sortiment hat, sondern ausserdem noch zwei 2007er Barbera. Beim Stöbern im Katalog entdeckte ich dann noch den ein oder anderen spannend klingenden Wein, und so kam dann einige Tage darauf ein Paket mit neun verschiedenen Italienern bei uns an, drei Weiße und sechs Rote. .

2015 A.A. Caravaglio Antonio Malfa Malvasia Bianco Secco Salina IGP
Mittleres Gelb
In der Nase duftig, Aprikose
Am Gaumen zurückhaltende Aromatik, frisch, leichtes Muskataroma
83-85, -2018

2010 San Paolo Castelli di Jesi Verdicchio Riserva Classico
Strohgelb
In der Nase eher zurückhaltend, nussige Aromen, vegetabil. 
Auch am Gaumen vegetabil, wenig Frucht, leichte Bitternote.
80-82, -2018

2014 A.A. Fiorano Offida DOCG Pecorino "Donna Orgilla"
Aus der Rebsorte Pecorino 
Zitronengelb
In der Nase nussig, mit etwas Luft dezenter Zitrusduft
Am Gaumen recht neutral, aber sauber und durch anregende Säure frisch wirkend.
83-85, -2019
















2012 A.A. Santa Lucia Castel del Monte "il Melograno" Nero di Troia
Mittleres Rot mit ersten Reifenoten am Rand
In der Nase recht ausgeprägte Frucht, Kirschen, Pflaumen, leicht portig
Am Gaumen würzig, rund, wirkt leicht süßlich, auch hier wieder eine portige Note, spürbarer Alkohol. Auf Dauer etwas anstrengend.
83-85, -2018

2013 San Marcello Lacrima di Morro d'Alba "Bastaro"
Mittleres bis dunkles, noch jugendliches Rot
In der Nase recht intensiv, würzig
Am Gaumen eher einfach gestrickt, aber angenehm würzig, leicht süßlich wirkend, trinkig.
Ordentlicher Pasta-Wein.
83-85, -2017 

2010 Casal Thaulero Montepulciano d'Abruzzo Riserva "Duca Thaulero"
Dunkelrot
Direkt nach dem Öffnen in der Nase uncharmant, Gummi. Mit Luft verfliegt dieser Ton; dann recht tiefer, tabakiger Duft
Auch am Gaumen tief, noch recht verschlossen, aber klares Potential. Wirklich guter Wein, deutlich besser als die beiden Vorgänger.
86-88+, 2018-2025



2007 Peyrani Barbera d'Alba Bric Ravizza
Tiefdunkles Rot, am Rand noch violett schimmernd
Sehr intensive Nase, Kirsche und Pflaume mit leichter Tendenz zur Überreife
Viel Druck am Gaumen, eher an Pflaume erinnernde Frucht, leicht marmeladig, lang und nachhaltig, ganz leichte Bitternote im Abgang.
86-88, bis 2020

2007 Peyrani Barbera d'Alba Bric Piovà
Ebenfalls sehr dunles Rot, aber im Kern nicht ganz so dunkel wie der Bric Ravizza
In der Nase sehr intensiv, viel Kirsche, etwas Kokos
Entwickelt am Gaumen viel Druck, voluminös, Herzkirschen, noch deutlich spürbares Tannin, lang.
Hervorragender Barbera, der locker noch Potential für mindestens fünf Jahre hat. Gefällt mir besser als der Bric Ravizza und dürfte auch etwas langlebiger sein.
89-91, bis 2021+

2010 Peyrani Freisa d'Asti
Recht dunkles Rot
Sehr schöne Nase, intensiv rotfruchtig, Johannisbeere, etwas Pfeffer
Auch am Gaumen schöne, saubere Frucht, etwas Gerbstoff-Grip.
Nicht sonderlich komplex und lang, aber mit gutem Trinkfluß. Macht Spaß.
86-88, bis 2018+


Mittwoch, 12. Oktober 2016

Zeitreise

Das ist auch wieder so eine letzte Flasche, um die ich ewig lang herumgeschlichen bin und mich nicht dazu durchringen konnte, sie zu öffnen. Gekauft bei meinem ersten Besuch auf dem Weingut 1994. Das war seinerzeit dort trotz des wunderbaren Ambientes immer eine etwas unentspannte und steife Angelegenheit - die Dame, die die Kunden bediente (ich bin mir nicht sicher, ob das Wort "dienen" hier paßt...), bewachte die Weine mehr, als dass sie sie anbot. Aber die Weine waren halt sehr, sehr gut, und so kam man dann doch immer wieder. Einiges an Süßweinen aus den Jahren 1992 bis 2001 befindet sich noch im Keller. Heute, viele Jahre nach der vorletzten Flasche, nun also die letzte Flasche der 92er Auslese aus der Mußbacher Eselshaut.







1992 Müller-Catoir Mußbacher Eselshaut Riesling Auslese
Rotgoldene bis bräunliche Farbe
In der Nase immer noch recht ausgeprägte Frucht, Aprikose, Trockenfrüchte, nussige Noten
Am Gaumen nach wie vor ausgeprägte Süße, wieder Aprikosen und Trockenfrüchte. Leider ist aber auch der recht hohe Alkohol (11,5%) jetzt spürbar und verleiht dem Wein eine nicht ganz harmonische Bitternote. Ich würde ihn daher auch nicht weiter lagern (wenn ich denn noch welchen hätte).
Fairerweise sollte ich erwähnen, dass das in seiner besten Trinkphase eine ganz großartige Auslese war, die ohne weiteres 92-94 Punkte "wert" war. In einer alten Notiz, die ich noch gefunden habe, notierte ich "bis 2010", und das wäre wohl auch besser gewesen.

86-88 austrinken