Ich trinke Riesling-GGs eigentlich selten sehr jung. Nun bekam ich aber (in einem auch ansonsten spannenden Weihnachtspaket mit insgesamt sechs Flaschen) eine Flasche 2022er Rüdesheimer Berg Rottland von Balthasar Ress. Einzelflaschen lange zu verwahren macht nicht unbedingt Sinn, und so beschloss ich, die Flasche zu öffnen. Dann fiel mir ein, dass ich kürzlich in einem Restaurant den 2022er Mittelheimer Sankt Nikolaus von P.J. Kühn getrunken hatte, und dass der Wein (obwohl nach meinen üblichen Maßstäben zu jung) mir sehr gut gefallen hatte. Also kam der mit auf den Tisch.
Kühns Sankt Nikolaus ist übrigens gleich in zweierlei Hinsicht ein Leichtwein. Erstens hat er nur 11,5% Alkohol, was für ein Rheingauer GG aus warmem Jahr wenig ist (der Wein von Balthasar Ress hat 13%). Zweitens ist das Weingut P-J. Kühn aus Material- und Transportkostenersparnisgründen dazu übergegangen, seine Weine in leichtere Flaschen zu füllen und auch die sonst vielfach obligatorische Aluminiumkapsel durch eine Papierbanderole zu ersetzen.
2022 Balthasar Ress Rüdesheimer Berg Rottland Riesling GG
Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft mit Noten von herben Zitrusfrüchten (Pomelo?) und Kräutern, vielschichtig und spannend. Am zweiten Tag sogar noch etwas ausdrucksvoller.
Auch am Gaumen herbe Zitrusfrucht (Grapefruit!), wieder herber, mineralisch unterlegter Abgang
Schöner Riesling, der aber vielleicht besser noch ein bis zwei Jahre im Keller bleibt
91-93, 2026-2035
2022 P.J. Kühn Mittelheimer Sankt Nikolaus Riesling GG
Kräftiger Duft mit deutlich zitrusfruchtigen Noten. Da sind zuerst Zitronne und Grapefruit, dann kommen kräutrige Noten dazu, mit mehr Luft zudem eine steinige Mineralik
Am Gaumen mit ganz viel Spannung, fast vibrierend. Da ist wieder herbe Zitrusfrucht, darunter auch etwas Blutorange. Dazu wieder dezent kräutrige Noten und eine sehr präzise Säure. Klingt lange nach.
Toller Riesling, der aber auch noch etwas Kellerreife verträgt.
93-95, 2026-2035+
Fazit: Das sind zwei sehr schöne und auch nicht ganz unähnliche Rieslinge. Der Wein von P.J. Kühn gefällt mir dabei nochmal ein gutes Stück besser als der von Balthasar Ress.