Sonntag, 29. September 2024

Drei Premieren

Vor ein paar Wochen habe ich ein Dreier-Paket mit 2020er Bordeaux gekauft, weil ich neugierig war: Alle drei Chateaux waren mir ein Begriff, aber ich hatte noch von keinem der drei etwas im Glas. Da man bei 2020 noch gute Chancen hat, die Weine in der Fructphase zu "erwischen", habe ich die drei Flaschen im Laufe der letzten Woche geöffnet.



 

2020 Chateau Dassault 

Dunkles, jugendliches Rot mit Violettschimmer
Recht intensiver Duft nach vorwiegend roten Früchten (Himbeeren, Kirsche) mit einer floralen Note
Auch am Gaumen intensive und frisch wirkende Frucht, viel samtiges Tannin, gute Länge 

91-93. In der jetzigen Fruchtphase mit Spaß zu trinken und Potential für viele Jahre. Die Frage ist, ob da noch eine Verschlußphase kommt 




2020 Chateau Marojallia

Dunkles Rot mit Violettschimmer und fast schwarzem Kern
Duft von mittlerer Intensität mit roter Frucht und Gewürznoten
Am Gaumen recht ausgeprägte Säure und eine störende Bitternote, die die Frucht dominiert und den Gesanteindruck trübt. Auch Belüftung hilft da nicht. Recht viel und leicht trocknendes Tannin.
Ob das ein Flaschenfehler ist oder etwas, was sich mit weiterer Lagerunf gibt, kann ich nicht sagen. In diesem Zustand macht es jedenfalls keinen Spaß.

Ohne Bewertung


2020 Chateau Boyd-Cantenac 

Dunkles Rot mit ausgeprägtem Violettschimmer
Ausgeprägter Duft mit floralen Noten (Flieder?) und viel Frucht, vor allem Kirsche und Himbeere
Auch am Gaumen viel Frucht, viel Tannin hoher Qualität, fruchtbetontes Finale
Derzeit ein groser Trinkspaß, und (natürlich) viel Potential 

91-93, bis 2040

Mittwoch, 25. September 2024

Zwei Monster

Wer alt genug ist, erinnert sich sicher an den Hitzesommer 2003. Die Rechung "viel Sonne ergibt guten Wein" ging dabei oft nicht auf, zumal die Winzer seinerzeit mit den hohen Temperaturen vielleicht auch weniger gut umgehen konnten, als sie das heute können. 

In dem Teil meiner Weinvorräte, der sich im Keller meiner Eltern befand, fanden sich noch zwei 2003er Spätburgunder. Der "Josef Franz" wurde vom Staatsweingut Assmansshausen für Josef Laufer (Zum Krug, Hattenheim) und Franz Keller (Adlerwirtchaft, ebenfalls Hattenheim) abgefüllt. Soweit ich weiß, ist der Wein nie offiziell verkauft worden, sondern stand in den beiden genannten Restaurants auf der Karte. Man konnte dort aber zu einem zivilen Preis (19 Euro) ein paar Flaschen kaufen. Angeblich stammt der Wein aus dem Assmannshäuser Höllenberg, das steht allerdings nicht auf dem Etikett. Der "Josef Franz" kommt mit dezenten 15% Alkohol daher, ein Wert, den man sonst eher aus südlicheren Gefilden kennt. Der zweite Wein, eine trockene Auslese vom Weingut Hermann Dörflinger im Markgräflerland, kommt mit einem halben Prozent weniger aus.

 


2003 Staatsweingut Assmannshausen Spätburgunder "Josef Franz" 

Mittleres bis dunkles Rot mit Wasserrand und verhaltenen Reifenoten 
In der Nase dunkle Früchte, etwas Espresso, Schokolade, Gewürze (Wacholder?)
Am Gaumen mächtig mit spürbarem Alkohol, der die dunkle Frucht etwas in den Hintergrund drückt. Das Tannin ist weitgehend abgebaut, gibt dem Wein aber noch ausreichend Halt. Recht langer Abgang.
Das ist ein interessanter Wein, der zudem sehr gut gereift ist. Mehr als ein Glas möchte man davon dann aber doch nicht haben. 

84-86, recht bald trinken. 


2003 Hermann Dörflinger Badenweiler Römerberg Spätburgunder Auslese trocken

Mittleres Rot mit Reifenoten
Im Duft (immer noch) deutliche Holzprägung, dunkle Früchte (Cassis, Brombeeren), und irgendwie riecht das auch nach heissen, staubigen Feldwegen
Am Gaumen präsente Frucht und spürbares, leicht trocknendes Tannin, das Holz ist hier weniger evident, der hohe Alkohol ist gut verpackt. 

85-87, recht bald trinken 


Fazit: Der "Josef Franz" hat den interessanteren und vielschichtigeren Duft, ist aber am Gaumen dann doch für meinen Geschmack zu alkoholisch.

Freitag, 20. September 2024

Der Besuch der alten Dame

Der "La Dama" stammt aus einer Einzellage in Navarra mit sehr alten, teilweise über hundertjährigen Grenache-Reben. 2017 habe ich davon sechs Flaschen gekauft, und nun war es mal wieder Zeit, der alten Dame einen Besuch abzustatten.



2013 Domaines Lupier La Dama

Mittleres bis dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Recht ausgeprägter Duft nach hauptsächlich roten Früchten (reife Erdbeeren) und Kräutern (Thymian?)
Auch am Gaumen viel rote Frucht, stützendes Tannin, recht langes Finale.
Jetzt in bester Trinkreife. 

90-92, wird das jetzige Niveau sicher noch einige Jahre halten

Dienstag, 17. September 2024

Gutswein de luxe

Das Pfälzer Weingut Christmann hat sein Lagenportfolio 2022 bereinigt, indem es alles, was nicht mindestens als VdP Erste Lage klassifiziert ist, abgestoßen hat. Das bedeutet, dass die Gutsweine  (die unter dem Namen "Aus den Lagen" vermarktet werden) seitdem vollständig aus ersten Lagen stammen. Damit ist natürlich eine Qualitätserwartung verbunden, die sich durchaus auch im Preis der Weine (Riesling aktuell um 20 Euro, Spätburgunder knapp 30 Euro) widerspiegelt. Das ist für einen nominellen Gutswein viel Geld, aber es kommt natürlich auf die Qualität im Glas an, nicht auf die Bezeichnung auf dem Etikett.  

Auch wenn die hier verkosteten Weine aus Jahrgängen vor 2022 stammen, weiss ich zumindest für den Riesling, dass er vollständig aus Reben aus Grossen und Ersten Lagen stammt.



2019 Christmann Spätburgunder "Aus den Lagen" 

Mittleres Rot
Reintöniger, aber eher verhaltener Duft, dunkle Früchte, Kirschen und Kirschkerne
Am Gaumen mit schöner, wieder eher dunkler Frucht, präsenter Säure und kernigem Tannin
Sehr guter Basis-Spätburgunder mit Charakter 

87-89, bis 2027+ 

 

2021 Christmann Riesling "Aus den Lagen"

Mittelgelb
Recht ausgeprägter Duft nach gelben Früchten, einem Hauch Orange, etwas kandierter Zitrusfrucht und Kräutern
Am Gaumen harmonischer Gesamteindruck mit präsenter, aber bestens integrierter Säure, präzisem Fruchtausdruck und guter Länge.
Für einen Gutsriesling wirkt das sehr erwachsen. 

88-90, bis 2026+

Montag, 2. September 2024

Der Einweihungswein

Seit einiger Zeit besitzen wir Zalto Bordeaux-Gläser, die wir aber bislang noch nicht benutzt haben. Heute sollte die Einweihung endlich stattfinden, und zu diesem Zweck sollte ein ordentlicher Bordeaux ins Glas. Da traf es sich gut, dass ich kürzlich zu einem sehr günstigen Preis (so etwa die Hälfte dessen, was üblicherweise dafür aufgerufen wird) drei Flaschen 2000er Rauzan-Ségla erstehen konnte.



2000 Chateau Rauzan-Ségla

Mittleres Rot mit ersten orangefarbenen Reifenoten am Rand
Sehr ausgepräger und vielschichtiger Duft, ein klein wenig Brett zu Beginn, intensive, eher rote Frucht Richtung Cranberries, Edelholz
Am Gaumen sehr nachhaltig, dabei aber elegant, schöne rot- und schwarzbeerige Frucht, seidiges Tannin, sehr langer Nachhall. Jetzt in bester Trinkreife, die der Wein wohl noch einige Jahre halten dürfte. 

93-95, bis 2030+