Donnerstag, 25. Januar 2024

Montrose und Durand

Zwei Gründe führten (im Dezember) zur Wahl dieses Weines. Erstens sollte es die letzte Flasche vor einer längeren Alkoholpause sein - also sollte etwas Besonderes ins Glas. Zweitens hatte ich kurz vorher einen "Durand" erworben. Das ist ein Korkenzieher, der besonders gut geeignet ist, um alte und beschädigte Korken intakt aus der Flasche zu befördern. Um den Durand standesgemäß einzuweihen, musste also ein älterer Wein her. Und in dieser Schnittmenge zwischen "besonders" und "älter" befand sich der 1982er Chateau Montrose. Die ersten beiden von insgesamt sechs Flaschen dieses Weines, getrunken vor Jahrzehnten, habe ich als eher uncharmant und sperrig in Erinnerung. Diese Flasche war sehr viel besser, und ich freue mich, noch drei zu haben :-)


 

1982 Chateau Montrose 

Beim Probeschluck direkt nach dem Öffnen viel Leder und etwas uncharmant. Drei Stunden in der Karaffe taten dem Wein gut: 

Mittleres Rot mit deutlichen orange-braunen Reifenoten
Mittelkräftiger, aber feiner Duft nach dunklen Früchten, Waldboden, etwas Zedernholz
Am Gaumen mit roter und dunkler Frucht, elegant, sehnig und ohne Fett, das Tannin abgeschmolzen bis auf einen Rest, der zusammen mit der Säure dem Wein eine schöne Struktur gibt. Recht lang.
Gemessen an Jahrgang und (heutigem) Status des Weinguts keine Offenbarung, aber ein sehr schöner, hervorragend gereifter Bordeaux. Hat offensichtlich viel Zeit gebraucht, denn der Wein gefällt mir jetzt besser als die ersten beiden Flaschen, die ich in grauer Vorzeit getrunken habe.

91-93, wird sicher nicht mehr besser, dürfte sich aber noch ein paar Jahre auf dem Niveau halten

Freitag, 12. Januar 2024

Ahr-Spätburgunder

Nachdem vor einiger Zeit Rieslinge von der Ahr an der Reihe waren (guckstu hier) nun wieder Spätburgunder. Eine bunte Mischung von Weinen, die im Herbst letzten Jahres bei uns "unter die Räder" kamen.


2018 Julia Bertram Spätburgunder "Handwerk" 

Recht helles, leuchtendes Rot
Im Duft Trockenkräuter, etwas rote Beeren, ein Hauch Schokolade
Wirkt am Gaumen kühl und sehr frisch mit belebender Säure. Rote Frucht (Johannisbeere?), verhaltenes Tannin, guter Trinkfluss, knapp mittellanger Abgang.
Vor über drei Jahren hatte ich "wohl eher jung trinken" geschrieben (guckstu hier), aber der Wein wirkt immer noch jugendlich-frisch.

86-88, bis 2025  


2019 Meyer-Näkel Spätburgunder "Grauwacke" 

Mittleres Rot
Eher zurückhaltender, delikater und primär rotfruchtiger (Erdbeeren!) Duft
Am Gaumen gut strukturiert mit stützendem Tannin und prägnanter Säure; saftige, leicht rauchige Frucht, ein Hauch Schokolade 

87-89, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2018 Bertram-Baltes Ahrweiler Spätburgunder 

Recht helles Rot
Ausgeprägter Duft mit viel (eher roter) Frucht und dezenter Holzwürze
Am Gaumen elegant mit sehr schöner, saftiger Frucht und lebendiger Säure. Reifes Tannin verleiht dem Abgang schönen Biss.
Macht Spaß, und das bei moderatem Alkoholgehalt (12,5%)

88-90, bis 2025+


2018 Bertram-Baltes Dernauer Spätburgunder 

Helles bis mittleres Rot
In der Nase kräftige, aber auch ein wenig rustikal wirkende Frucht. Nach zwei Tagen ist das Rustikale verschwunden, der Duft ist jetzt elegant und rotfruchtig (Erdbeere)
Am Gaumen saftig mit schönem Trinkfluß und lebhafter Säure 

87-89, bis 2025+ 

 

2020 Bertram-Baltes Spätburgunder "Treibgut" 

Helles bis mittleres Rot, am Rand altrosa
Kraftvoller Duft mit grünholzigen Noten, herb wirkender roter Frucht (Kirsche), gewürzigen Noten (Piment?) und einem Hauch Schokolade. Mit mehr Luft bindet sich die grünholzige Note ein und wird zu einer frischen, mentholigen Note, die mit der Frucht bestens harmoniert.
Das erste Wort, dass mir beim Gaumeneindruck einfällt, ist "transparent". Elegant und nachhaltig trotz des ausgesprochen niedrigen Alkoholgehalts (12%). Herb-saftige rote Frucht, lebhafte Säure. Dezente Holzwürze, langer Nachhall.
Ein jetzt schon sehr gut (an)trinkbarer Spätburgunder mit Potential. 

90-92, bis 2030



2021 Sermann Dernauer Pfarrwingert Spätburgunder 

Recht helles Rot
Duft von mittlerer Intensität nach dunklen Früchten (Kirsche) und etwas Schokolade, mit mehr Luft auch Gewürznoten 
Am Gaumen noch etwas ungestüm, wieder dunkle Früchte mit etwas Schokolade, dezente Gewürznote, lebhafte Säure und eher zurückhaltendes Tannin, mineralisch, recht lang, Potential.

89-91+, sollte noch etwas reifen

Freitag, 5. Januar 2024

All that glitters

Im Sommer begegnete mir bemerkenswerte Werbung für einen neuen österreichischen Sauvignon blanc. Bemerkenswert daran war erstens das elitär anmutende Konzept, das sich ausdrücklich an die Spitzengastronomie richtete, und zweitens der Preis - pro Flasche werden Endkunden gegenüber 180 Euro aufgerufen. Für einen Sauvignon, zumal ohne Track Record, ist das eine erstaunliche Summe. 

Vermarktet wird der Wein (gemeinsam mit drei weiteren Weißweinen aus anderen Rebsorten, für die etwas niedrigere, aber ebenfalls dreistellige Preise aufgerufen werden) unter dem Namen "Signum". Der Name des Winzers, Thomas Rothschädel, war mir zuvor unbekannt. Der Wein stammt aus der Ried Kreuzberg in Leutschach in der Südsteiermark. Der Boden dort enthält anscheinend Turmalin. Dem entsprechend trägt der Wein das Wort "Turmalin" im Namen. Ob Turmalin im Boden Einfluß auf Charakter und Qualität des Weins hat, weiß ich nicht; ich habe dergleichen jedenfalls noch nie gehört. 

Mir bot sich die Gelegenheit, eine Flasche des Sauvignon "Turmalin" zu einem Bruchteil des normalen Preises zu erwerben. Die habe ich dann über mehrere Tage hinweg und zusammen mit einem adäquaten "Sparringspartner", dem Sauvignon blanc Zieregg vom Weingut Tement aus gleichem Jahr, verkostet.

 


2018 Signum Blanc Sauvignon Blanc Ried Kreuzberg "Turmalin"

Mittelgelb mit leichtem Grünschimmer
Direkt nach dem Öffnen feiner, recht komplexer und unaufdringlicher Duft nach Holunderblüte und exotischen Früchten, etwas Wachs. Auch am zweiten Tag eher zurückhaltend, aber sehr fein. Am vierten Tag wirkt der Duft intensiver mit sehr feiner Sortencharakteristik
Am Gaumen vergleichsweise schlank, aber nachhaltig, dezente und unaufdringliche Sortencharakteristik, leichte Rauchnote (vom Ausbau in Holz?), noch unentwickelt, betont trocken, langer Nachhall.
Ein "leiser", aber sehr feiner Sauvignon mit Zukunft.

92-94, könnte noch zulegen und hat klares Lagerpotential


2018 Tement Sauvignon Blanc Ried Zieregg 

Mittel- bis Goldgelb
Direkt nach dem Öffnen rauchiger Duft mit Noten exotischer Frucht, etwas frisch geschnittenes Gras, Kräuter. Am zweitenn Tag komplexer und sehr animierend. Am vierten Tag unverändert, vielleicht noch etwas intensiver.
Wirkt am Gaumen sehr konzentriert, dabei aber noch weitgehend unentwickelt, wieder dezente Noten eher exotischer Frucht, leicht rauchig, langes, herb-saftiges Finale.

92-94, sollte noch ein paar Jahre liegen 


Fazit: Der Signum ist ein hervorragender Sauvignon. Er ist ein "leiser" und sehr feiner Wein mit viel Potential. Wer ihn jetzt schon trinken möchte, sollte ihn unbedingt dekantieren und große Gläser nehmen. Der "Zieregg" ist qualiativ auf ähnlichem Niveau, hat aber einen anderen Charakter, so dass er nicht der ideale Partner war. Wäre der Turmalin in der gleichen Preisklasse wie der Zieregg, so wäre er eine gute, stilistisch unterschiedliche Alternative dazu. Tatsächlich kostet er allerdings etwa dreimal so viel, und da bin jedenfalls ich dann raus.