Sonntag, 29. Mai 2022

Geburtstagsweine

Zum (heuer etwas ungewöhnlichen, aber das soll hier mal keine Rolle spielen) Geburtstag wollte ich mal etwas kräftiger in die Tasten hauen. Zur Einstimmung und quasi als Aperitiv wollte ich einen Süßwein aus einer Halbflasche haben. Meine Wahl fiel auf die 2006er Hermannshöhle Auslese von Dönnhoff. Die restsüßen 2006er von Dönnhoff haben zwar einige Zeit gebraucht, um zu sich zu finden, sind aber durch die Bank grandios. Die heutige Auslese war da keine Ausnahme, im Gegenteil. 

Zum Steak sollte es dann später Bordeaux sein. Vor kurzem habe ich bei Ebay auf ein Lot mit vier Flaschen 1998er Pavie Macquin geboten. Mein Gebot war recht niedrig und ich habe nicht damit gerechnet, zum Zug zu kommen. Genau das passierte dann aber doch, und die Flaschen, die ich dann bekam, waren in hervorragendem Zustand. Den Wein selbst kenne (und schätze) ich, weil ich mal drei Halbflaschen davon hatte. Ich hatte daher hohe Erwartungen, die auch locker erfüllt wurden.




 

2006 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese 

Bernsteinfarben
Recht intensiver und reintöniger Duft nach Trockenfrüchten (Aprikose!), auch nussige Noten und etwas Orange. Das fügt sich zu einer sehr schönen Komposition
Am Gaumen ist das pure Harmonie aus Frucht, Süße und einer Säure, die das Ganze perfekt abrundet. Minutenlanger Nachhall.
Das ist eine große Riesling Auslese. Das Spektakuläre daran ist, das nichts daran spektakulär ist. Es gibt nichts Lautes oder gar Vorlautes - aber es ist alles da, in der richtigen Menge, an der richtigen Stelle und perfekt proportioniert. 

95-97 und ein Fall für meine persönliche Riesling Hall of Fame. Sollte m.E. in den nächsten Jahren ausgetrunken werden


1998 Chateau Pavie Macquin  

Schönes, kräftiges Rot mit nur ganz dezenten Reifenoten
Komplexer und "vornehmer" Duft mit Noten von dunklen Früchten, Blut und Gewürzen. Mit mehr Luft dominieren die dunklen Früchte und es komt eine Schokoladennote hinzu 
Auch am Gaumen grosses Kino: Eine köstliche Kombination aus gaumenfüllender Frucht, einem Hauch Schokolade und etwas Teer(?). Noch präsentes Tannin und eine frische Säure geben dem Wein eine sehr schöne Struktur.
Jetzt auf den Punkt gereift. 

95-97, ist jetzt auf dem Höhepunkt und sollte wohl in den nächsten Jahren getrunken werden

Donnerstag, 26. Mai 2022

Ortsweintour

Das Rüdesheimer Weingut Georg Breuer - ohne Zweifel einer der besten Rheingauer Betriebe - bietet drei Ortsweine aus den Gemeinden Lorch (ganz im Nordwesten des Rheingaus und wohl nur deshalb dem Rheingau - und nicht dem Mittelrhein - zugehörig, weil es zu Hessen gehört), Rüdesheim und Rauenthal. Diese drei Weine einmal nebeneinander zu probieren hatte ich mir schon länger vorgenommen. Heute ergab sich die Gelegenheit. Eine ähnliche Weinreise hatte ich vor längerer Zeit übrigens auch schon einmal mit Weinen des Weinguts Balthasar Ress unternommen (guckstu hier): 

 


 

2019 Georg Breuer Riesling Estate Lorch 

Mittelgelb
In der Nase Zitrus, etwas Orange, Kräuter
Am Gaumen sehr präsent mit prägnanter Säure und kräuterwürziger Aromatik

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rüdesheim

Mittelgelb
In der Nase recht verhalten, kräuterwürzig, etwas Limette
Eher verhaltener Auftakt am Gaumen, aber dann baut sich einiges an Druck auf, in der Aromatik wieder Kräuter und Limette, recht lang, gediegen 

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rauenthal

Mittelgelb
In der Nase dezent gelbfruchtig mit deutlicher schiefermineralischer Prägung
Wirkt am Gaumen etwas weicher gezeichnet als die beiden anderen Weine, gelbfruchtige Aromatik, recht lang und mit ganz dezenter Süße im Abgang, sehr stimmig und der charmanteste der drei Weine 

88-90, bis 2025+


Fazit: Das sind drei hervorragende Ortsweine. Auch wenn sie sich erkennbar unterscheiden ist ihnen doch gemeinsam, dass sie sehr geradlinig unf knackig sind. Mit gefällt der Rauenthaler noch etwas besser als die beiden anderen Weine, aber das ist wohl eher eine Frage des Stils als der Qualität. Allerdings würde ich tippen, dass der Rauenthaler der "massentauglichste" der drei Weine ist.

Montag, 2. Mai 2022

Bordeaux 2003 (Teil 1)

Mit dem Jahrgang 2003 habe ich so meine Probleme. Anfangs wurden die Weine aus dem Hitzejahr bejubelt, konnten dann aber nicht immer halten, was sie versprachen. Um unsere 2003er Bordeaux habe ich daher auch lange einen Bogen gemacht (wie auch um manchen Riesling aus dem Jahr, guckstu hier). Nun aber war mal wieder eine "Wasserstandsmeldung" gefragt, und so haben wir in recht kurzer Folge fünf 2003er überprüft. Drei weitere gibt es noch, die kommen dann irgendwann im zweiten Teil zusammen mit dem auf Wiedervorlage gelegten (s.u.) Giscours.



2003 Chateau Charmail 

Recht dunkles Rot mit leichtem bräunlichen Reifeschimmer
In der Nase Cassis, Brombeeren, Leder; wird mit Luft intensiver. Sehr typisch linkes Ufer
Auch am Gaumen sehr typisch, dunkelfruchtig, noch präsentes und leicht trocknendes Tannin
Wirkt angesichts des heißen Jahres durchaus klassisch mit moderatem Alkoholgehalt (13%). Knapp mittellanger Abgang 

87-89, sicher noch weitere 2-3 Jahre in guter Trinkreife

 

2003 Chateau Grand-Puy Ducasse 

Noch recht dunkles Rot mit Reifenoten am Rand
Sehr typische Nase mit Noten von dunklen Früchten und Leder, wird mit Luft vielschichtiger
Wirkt am Gaumen trotz des Hitzejahres klassisch, mit Noten dunkler Früchte, noch sehr präsenten (und leicht trocknenden) Tanninen und einer belebenden Säure.
Sehr schöner Wein, den ich nie im Jahr 2003 verortet hätte. Jetzt in sehr schöner Trinkreife, hält bei guter Lagerung aber sicher noch ein paar Jahre dieses Niveau. 

90-92, bis 2025+


2003 Chateau Moulin Haut Laroque 

Recht dunkles. aber deutlich gereift wirkendes Rot mir Brauntönen
In der Nase von mittlerer Intensität, dunkle Kirsche und Pflaume
Am Gaumen sehr präsent wirkend, noch spürbarer Gerbstoff-Grip, dunkelfruchtig, mittlere Länge, der recht hohe Alkohol ist gut integriert 
Stilistisch natürlich anders, aber im Niveau ähnlich wie der oben beschriebene Charmail. 

87-89, sollte m.E. bald getrunken werden

 

2003 Chateau Giscours 

Auch hier mittleres bis dunkles, deutlich gereift wirkendes Rot mit Brauntönen
In der Nase ein dunkelfruchtiger Grundton, daneben kräutrig-gewürzige Noten
Am Gaumen recht kraftvoll mit noch präsentem feinsandigem Tannin. Wenig Frucht, dafür Noten von Kakao und Schololade, recht lang.
Der Wein ist noch völig intakt mit Potential für weitere Jahre, aber er wirkt bei aller Qualität weniger typisch (oder "klassisch") als der Grand-Puy Duvasse 

88-90, in den nächsten 3-5 Jahren trinken 


2003 Chateau Duhart-Milon

Mittleres bis dunkles, noch recht jung wirkendes Rot
In der Nase recht ausgeprägt, zunächst dominieren ein minzig-mentholischer Ton und grünliche Noten. Mit Luft kommt dann eine sehr schöne dunkle Frucht zum Vorschein, die mit dem minzig-mentholischen Ton gut harmoniert. Daneben etwas Bleistift. Insgesamt sehr stimmig, elegant und durchaus tiefgründig.
Am Gaumen sehr schöne Kombination aus Kraft und Eleganz (die sprichwörtliche Faust im Samthandschuh); dunkle Früchte, etwas Waldboden, stützende und fast seidige Tannine, lang.
Sehr schöner Pauillac mit für das warme Jahr moderatem Alkoholghalt von 13%. 

93-95, derzeit besser dekantieren; wird sicher bis Ende des Jahrzehnts Freude machen 


Fazit: Charmail und Moulin Haut-Laroque liefern etwa auf dem Niveau, das man erwartet. Positiv überrascht hat mich der Grand-Puy Ducasse, der nicht nur sehr schön ist, sondern dem man auch das Hitzejahr nicht anmerkt. Noch besser (aber auch ein gutes Stück teurer) ist der Duhart-Milon. Giscours hat mich etwas enttäuscht. Da aber mein Eindruck deutlich von anderen Beschreibungen dieses Weins abweicht, will ich nicht ausschliessen, dass ich einfach eine schlechte Flasche erwischt habe und werde den Wein daher demnächst noch einmal prüfen.