Sonntag, 24. September 2023

Sauvignon 2.0

Vor etwa zwei Monaten habe ich, mehr aus einer Laune heraus, zwei Flaschen der "Utopie Creative" von Nicolas Barbou gekauft. Der hat in Neuseeland und bei besten Adressen in Burgund gearbeitet, bevor in seine Heimatregion an der Loire zurückgekehrt ist.

Zum Wein: 100% Sauvignon aus der Touraine (Oisly), etwa 50 Jahre alte Reben. Ausgebaut in gebrauchten Barriques bester burgundischer Provenienz. Und das merkt man dem Wein tatsächlich an. Bei der heutigen Recherche habe ich festgestellt, dass der Wein rar und gesucht ist und am Sekundärmarkt anscheinend mittlerweilse dreistellige Preise erzielt. Man darf also gespannt sein und durchaus hohe Erwartungen haben...

 


2021 Nicolas Barbou Utopie Creative 

Mittelgelb
Sehr schöner Duft nach gelben Früchten mit leicht exotischem Einschlag, daneben eine sehr dezente grasig-grüne Note, das gane fein verwoben und animierend.
Am Gaumen dann eine erkennbare Holzprägung, und zwar nicht rauchig wie bei vielen Sauvignon fumées, sondern nobel wie bei guten Chardonnays aus Burgund. Wieder gelbfruchtig, wobei die Frucht zunächst eher zurückhaltend ist, mit mehr Luft und bei etwas höherer Temperatur aber deutlich intensiver wird. Gleichzeitig tritt die Holzprägung in den Hintergrund. Nachhaltig mit sehr langem Finale, in dem sich eine minzig-frische Note zeigt.
Sauvignon mal anders, aber sehr, sehr gut. Nicht vorlaut, sondern gediegen und geradezu aristokratisch. Je länger ich das trinke, desto besser finde ich den Wein. Das ist in dem mir bekannten Teil des Sauvignon-Universums ziemlich weit vorne. Die zweite Flasche lasse ich erstmal liegen.

93-95, könnte sogar noch etwas zulegen


Freitag, 22. September 2023

Der Süßwein der Woche (3)

Nun also die dritte Auflage des Süßweins der Woche. Den ersten Wein habe ich 1998 auf dem Weingut gekauft.  




1997 Karthäuserhof Eitelsbacher Karthäuserhofberg Riesling Auslese (aus halber Flasche mit perfektem Füllstand)

Rotgold
Der Duft ist sauber, aber recht zurückhaltend mit dezenten Noten von Trockenfrüchten
Am Gaumen vollkommen intakt mit sehr schöner Süße-Säure-Balance, recht langer Abgang mit ganz leichter Bitternote.
Eine schön gereifte Auslese. Man muss kein Altweinfreak sein, um das mit Genuss zu trinken. Aber das sollte man wohl (zumindest bei halben Flaschen) auch recht bald tun.

86-88, bald trinken


Als nächstes die erste TBA, die ich je gekauft habe. Es gibt sogar noch zwei weitere Flaschen davon im Keller.

1976 Gräflich Wolff-Metternich'sches Weingut Durbacher Schloß Grohl Gewürztraminer Trockenbeerenauslese (aus 0,5-Liter-Flasche mit perfektem Füllstand)

Rotbraun
Nach etwas Belüftung entströmt dem Glas ein zwar zurückhaltender, aber sehr sauberer Duft, in dem typische Aromen der Rebsorte (Lychees) noch klar erkennbar sind.
Am Gaumen dann (natürluch) sehr süß. Obwohl der Süße nicht viel Säure entgegensteht, wirkt sie nicht klebrig. Aromatisch geht das in Richtung Dörrobst und Früchtebrot. 

90-92, dürfte bei guter Lagerung noch das ein oder andere Jahrzehnt überdauern

 

Als nächstes einen der ersten Weine von Klaus Peter Keller, die ich gekauft habe (der allererste war der 2001er von der Fels).


2002 Keller Dalsheimer Hubacker Riesling Auslese

Dunkles Goldgelb mit Rotschimmer
Feiner Duft mit präsenter Frucht (Aprikose), angedeutet Trockenfrüchten und Noten von Teeblättern
Der erste Eindruck am Gaumen ist sehr ausgeprägte Süße, die von einer kräftigen Säure sofort gebändigt wird, erst danach kleidet die noch sehr frisch wirkende Frucht (gelbe Steinfrüchte, vor allem Aprikose) den Gaumen aus. Im langen Finale dann auch wieder Tee und eine leicht herbe Note.
Hervorragende Auslese ohne jede Ermüdungserscheinung 

92-94, dürfte bei guter Lagerung noch einige Jahre in Form bleiben 


Dann aus dem gleichen Jahrgang eine Auslese von der Mittelmosel:


2002 Joh. Jos. Christoffel Erben Ürziger Würzgarten Riesling Auslese***

Rotgold
Schöner Duft nach Nüssen, Trockenfrüchten (Aprikose, Datteln?) und Vanille 
Am Gaumen sofort präsent mit schöner Süße-Säure-Balance, Aromen von Trockenfrüchten und Backgewürzen, lang.
Tolle Auslese, die nach 20 Jahren noch frisch wirkt 

92-94, hat bei guter Lagerung noch einige Jahre vor sich 


Zur Abwechslung mal wieder ein echter Oldtimer. Vor vielen Jahren als Einzelflasche bei Ebay ersteigert. Der Wein stammt noch aus der Ära des Grafen Matuschka-Greiffenclau, der sich 1997 das Leben nahm.

 

1989 Schloss Vollrads Riesling Auslese "weißgold" (0,75 mit sehr gutem Füllstand)

Rotgold
In der Nase etwas nasser Karton und leichte Firne, daneben aber auch noch durchaus ausgeprägte Frucht (Aprikose)
Am Gaumen noch präsent, dezente Süße, gelbfruchtig (wie Aprikosenmarmelade), recht ausgeprägte Bitternote im mittellangen Abgang
Der Wein ist noch gut trinkbar, aber deutlich "past its prime"

85-87, trinken


Nocmal Klaus Peter Keller, diesmal aber 10 Jahre jünger:

2012 Keller Rieslaner Auslese (0,375l) 

Goldgelb
Eher "leiser", aber sehr feiner Duft nach Blüten, exotischen Früchten und einem Hauch Vanile
Am Gaumen ausgeprägte Süße, wieder exotische Fruchtnoten, präsente Säure, gewisse Mineralik, gut mittellanger Abgang. 

89-91, sicher bis 2030 


Und als Abschluß der dritten Ausgabe eine Auslese von der Nahe aus dem Hitzejahr 2003:



2003 Dr. Crusius Traiser Rotenfels Riesling Auslese

Reifes Goldgelb
Recht dezenter, sauberer Duft nach gelben Früchten (Aprikose) und etwas Vanille
Ziemlich süß im Antrunk, dann wieder gelbe Früchte, wirkt einerseits recht jung, andererseits aber auch ein wenig schwerfällig durch die eher zurückhaltende Säure 

89-91, dürfte bei guter Lagerung bis Ende des Jahrzehnts und darüber hinaus in Form bleiben.

Mittwoch, 20. September 2023

Out of the Dark

Mehr als ein Drittel der Grand Cru Classés der Klassifikation von 1855 stammt aus der Appelation Margaux. Darunter sind einige Chateaus, die mir immer etwas "obskur" vorgekommen sind. Eines davon ist Chateau Dauzac, ein fünftes Gewächs, das ich noch nie im Glas hatte. Kürzlich konnte ich bei einer Versteigerung eine Einzelflasche Dauzac aus dem großen Jahr 2009 für vergleichsweise bescheidene 35 Euro ersteigern (im Handel findet man den Wein - wenn überhaupt - eher für 60 Euro und mehr). Da der 2009er jetzt trinkreif sein sollte, habe ich nicht lange gefackelt und ihn heute entkorkt.

 

2009 Chateau Dauzac 

Sehr dunkles Rot ohne Reifenoten
Schöner und sehr "charmanter" Duft nach dunklen Früchten und Cassis mit floralen Noten und einer Spur Waldboden, leichte Röstaromen
Am Gaumen wird die Charmeoffensive fortgesetzt: Der Wein fliesst seidenweich über den Gaumen mit viel dunkler Frucht und einer Mentholnote, die eine gewisse Frische verleiht. 
Sehr guter Margaux aus großem Jahrgang. Das ist kein Wein mit Ecken und Kanten, man kann ihm "Gefälligkeit" vorwerfen - aber am Ende ist das ein großer Trinkspaß, und das sollte doch sein, was zählt. 

90-92, ist wohl jetzt auf dem Höhepunkt und sollte sich da noch ein paar Jahre halten