Donnerstag, 29. Dezember 2022

Wichtelweine

Seit 2014 gibt es das Weinwichteln (guckstu hier). Es wird von Enthusiasten (nichtkommerziell) mit viel Aufwand (mittlerweile über 2000 Teilnehmer) in der Vorweihnachtszeit organisiert und ist genau das, was man unter dem Bewgriff erwarten würde. Wer teilnimmt, bekommt eine Adresse zugeteilt, an die sie bzw. er eine Flasche Wein schickt und erhält dafür eine Flasche von jemand anderem. Die Anforderungen an den Wein werden wie folgt beschrieben: "Es gibt keine preisliche Vorgabe. Aber ab 10€ pro Flasche beginnt es Sinn zu machen. Es geht um handwerklich erzeugte Weine von echten Winzern, die ihre Leidenschaft – die Hege und Pflege der Weingärten, den Herbst, die Weinentstehung – mit Passion leben. Keine anonyme Industrieware."

Ich habe von Beginn an mit einer Ausnahme (2020, weil ich da den ganzen Dezember über im  Ausland war) in jedem Jahr teilgenommen. Mit dem Wichtelwein kann man mehr oder weniger Glück haben. Bei meiner ersten Teilnahme 2014 habe ich gleich eine Hauptgewinn gezogen. Vom Weingut Meierer an der Mosel (guckstu hier) erhielt ich nicht nur gleich zwei Flaschen sehr guten Rieslings, sondern darüber hinaus eine Rieslingrebe. Die wächst und gedeiht seitdem in unserem Garten und produziert regelmäßig erstens sehr viel Laub und zweitens eine ordentliche Menge Trauben. 

In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal dreifach teilgenommen und dem entsprechend auch drei Flaschen Wein bekommen. Die erste Flasche, die ankam, war ein Ingelheimer Sptäburgunder des Weinguts Knewitz. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Knewitz ist ein hervorragender Betrieb, von dem ich bislang aber nur Weißweine (Riesling und Chardonnay) kannte. Auf einen Spätburgunder des Gutes war ich daher sehr gespannt. Der zweite Wein kam vom (mit völlig unbekannten) Weingut Blees-Wallich, ebenfalls in Rheinhessen. Einen restsüßen Kabinett aus Kerner und Ortega hätte ich mir selbst wohl eher nicht gekauft. Insofern war das also eine Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern. Nicht vorenthalten möchte ich den Lesern das Frontetikett des Weines (das große Bild zeigt das Rückenetikett). Der letzte Wein kam kurz vor Weihnachten (begleitet von einem netten Begleittext und weihnachtlichen Süßigkeiten) und war ein Weissburgunder des Thüringer Weinguts Bad Sulza im Anbaugebiet Saale-Unstrut. Dieses Gebiet ist für mich bislang weitgehend Terra Incognita. Insofern bekam also der weisse Fleck auf meiner Weinlandkarte ausgerechnet durch einen Weissburgunder etwas Farbe :-) 

Getrunken haben wir die Weine dann in der umgekehrten Reihenfolge, also den Weissburgunder zuerst und den Spätburgunder (nomen est omen) zuletzt.

 
 
 
2022 Thüringer Weingut Bad Sulza Weissburgunder 

Recht helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase recht ausgeprägter und sortentypischer nussig-würziger und hellfruchtiger (Birne?) Duft, der allerdings etwas parfümiert und dadurch leicht aufdringlich wirkt
Das setzt sich am Gaumen fort: ausgeprägte, aber eben auch wieder etwas parfümiert-dropsig wirkende Aromatik, dezente Zitrusnote im Abgang
Insgesamt ein von Primäraromen (Aromahefen?) geprägter Wein mit klar erkennbarem Rebsortencharakter. 

82-84, würde ich jung (bis Ende 2023) trinken



2021 Blees-Wallich Jugenheimer Kerner und Ortega Kabinett 

Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase sehr verhalten, Anklänge an exotische Früchte
Auch am Gaumen sehr zurückhaltend; "aus der Ferne" wahrnehmbare exotische Fruchtnoten, leichter (aber nicht störender) Bitterton, spürbare, aber unaufdringliche Süße.
Insgesamt ein, um es höflich auszudrücken, sehr neutraler Wein. Da passiert aromatisch nicht viel, es fehlt an Säure und der Wein endet kurz. 

76-79, jung trinken (if at all) 


2019 Knewitz Ingelheimer Spätburgunder

Mittleres Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase noch etwas ungestüm, dezente Holzwürze, Kirschen, Himbeeren,
Am Gaumen holzwürziger Auftakt, viel reifes Tannin, eher dunkelfruchtig-trockenkräutrige Art, mittlere Länge, schöne Säure.
Guter Spätburgunder, dem ich aber noch ein bis zwei Jahre Flaschenreife gönnen würde. 

86-88, 2024-2027+


Samstag, 17. Dezember 2022

Schwäbische Reste

Im Jahr 2015 waren wir zum ersten und bislang einzigen Mal in Württemberg und haben dort bei dem ein oder anderen Winzer eingekauft. Die meisten dieser Weine sind zwischenzeitlich den Weg alles Irdischen gegangen. Von drei Rotweinen war jedoch noch jeweils eine Flasche (beim Ypsilon zwei) übrig. Die kamen in der vorigen Woche an die Reihe.



2011 Dautel Zweigelt "S" 

Mittleres Rot mit nur ganz dezenten Reifenoten
In der Nase recht wenig (an Pflaumen erinnernde) Frucht, eher Trockenkräuter, eine Spur Tabak, etwas Gummi
Das setzt sich am Gaumen fort: Wenig Frucht und auch ansonsten wenig Ausdruck (vor allem die Gaumenmitte schwächelt), recht wenig Tannin, mittlere Länge.
Insgesamt enttäuschend, insbesondere auch angesichts des Preises (23,90 in 2015)

83-85, bald trinken 

Man mag einwenden, dass der Wein zu lange gelagert worden sei, aber erstens schmeckt er nicht überlagert und zweitens waren die schon vor Jahren getrunkenen anderen Flaschen auch nicht besser. 


2011 Dautel Bönnigheimer Sonnenberg Spätburgunder GG "Kalkschupen"

Mittleres bis helles Rot mit leicht bräunlichen Reifenoten am Rand
In der Nase recht verhalten, rote Früchte (Erdbeeren) und eine leicht pfeffrige Note
Am Gaumen verhaltene Aromatik mit wenig Frucht. Das ist schade, denn die sehr feinen Tannine, die dezente Säure und der recht lange Nachhall hätten den passenden Rahmen für einen grösseren Auftritt im eleganten Stil geboten. 

85-87, in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken

Auch hier ist anzumerken, dass die beiden vorherigen Flaschen dieses Weines nicht besser waren


2012 Karl Haidle Cuvée "Ypsilon" (Lemberger , Cabernet Franc , Cabernet Sauvignon)

Dunkles Rot mit jugendlich wirkendem Violettschimmer
In der Nase recht kompakt wirkend mit viel dunkler Frucht, etwas Schokolade und ein Eindruck von Lakritze
Am Gaumen recht kraftvoll, viel dunkle Frucht, verhaltenes Tannin und eine recht ausgeprägte Säure geben dem Wein Struktur, mittlere Länge
Schöner Wein, allerdings wirkt die Frucht etwas monolithisch und wenig ausdifferenziert, was einer besseren Bewertung entgegensteht. 

87-89, dürfte sicher noch einige Jahre in Form bleiben 


Fazit: Insgesamt doch eher enttäuschend. Der Ypsilon ist zwear ein guter Rotwein, aber bei einem (damaligen) Ab-Hof-Preis von 29,90 ist das sicher kein Schnäppchen. Die beiden Rotweine von Dautel enttäuschen auf ganzer Linie. Und bevor hier jetzt ein Verdacht aufkommt: Nein, ich habe nichts gegen das Weingut. Ich habe schon ganz hervorragende Weine des Gutes getrunken, aber diese beiden hier zählen definitiv nicht dazu.

Freitag, 4. November 2022

"Arschjahr" reloaded - Was kann 2010?

Am Jahrgang 2010 scheiden sich die Geister. Wegen heftiger Regenfälle vor allem im September und hoher Säurewerte wurde er teilweise als schlechter Jahrgang bezeichnet (etwa hier) oder gar zum "Arschjahr" herabgewürdigt. Andere sprechen von grossen Weinen mit langer Zukunft (etwa hier). Wie bringt man das unter einen Hut? Es kommt sicher (auch) darauf an, was man probiert - einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Weine oder die Spitze, im trockenen Bereich repräsentiert durch die Großen Gewächse der Winzerelite. 

Auch was die Lagerfähigkeit angeht gab und gibt es unterschiedliche Meinungen. Teilweise wird die Ansicht vertereten, hohe Säurewerte bedeuteten quasi automatisch lange Lagerfähugkeit. Andere sprachen zumindest den einfacheren Weinen des Jahrgangs langes Lagerpotential ab. Am Ende gilt natürlich: The proof of the wine is in the glass. Und so versammelte sich im September die Kölner Seilschaft in den sehr schönen Räumlichkeiten der Winebank Köln, um den Jahrgang 2010 auf die Probe zu stellen. Das Augenmerk galt dabei eher der Spitze als dem Durchschnitt des Jahrgangs.

 

 

Dönnhoff Tonschiefer

Noch in bester Verfassung, schön gereift, hat die im Jahr nach der Ernte veröffentlichten Trinkreifeangaben (WeinPlus bis 2012, Wine Advocate bis 2016) Lügen gestraft. 

87 [Spannweite der Bewertungen aller 12 Probenteilnehmer: 85-89]


Karthäuserhof "Alte Reben"

In der Nase durchaus noch frisch wirkend, am Gaumen "weich" wirkend mit spürbarem Süßeeindruck. Noch sehr gut zu trinen, war aber vermutlich vor ein paar Jahren noch besser. 

87


Köhler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Kabinett trocken

Für mich deutlich auf dem absteigenden Ast, viel Kraft aber auch malzige Noten. Mach mir keinen rechten Spaß mehr. 

75-79 (es gab in der Gruppe aber deutlich positivere Bewertungen)


Köhler-Ruprecht Kallstadter Saumagen Spätlese trocken

Deutlich frischer und besser als der Kabinett, schöne, volle Frucht, das sprichwörtliche "Maul voll Wein". 

89


Dönnhoff Schoßböckelheimer Felsenberg 

Sehr schöner Wein, straff und schlank, mit schöner Frucht und prägnanter Säure

91 [91-94] 

(Hinweis: das ist nicht das GG; bis einschliesslichen 2010 gab es neben dem als "Felsentürmchen" bezeichneten GG noch einen weiteren trockenen Riesling aus der Lage)

 

Keller Von der Fels

Leider ein leichter Korktreffer. Dahinter ein mineralisch unterlegter Wein mit schön entwickelter Frucht Mineralik und einem Hauch Restsüße. Bei der Bewertung habe ich versucht, den Kork "wegzudenken"

90? [87-90]


Vam Volxem Scharzhofberger "P"

Sehr reife Nase, etwas gezehrt wirkende apfelige Frucht, recht deutlicher Süßeeindruck. Vielleicht eine schwache oder schlecht gelagerte Flasche? Ich hatte mir jedenfalls mehr versprochen. 

88 [85-88]

 

Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg GG

Mineralisch, schöne Frucht, viel Säure, hervorragend

93 [92-95]


Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle "Magnus" 

Sehr schöne gelbfruchtige Aromatik, wirkt aber im direkten Vergleich mit Halenberg und Hermannshöhle (auf sehr hohem Niveau) etwas behäbig. Trotzdem ein sehr schöner Wein mit sehr gutem Preis-Leistungsverhältnis 

91 [91-94]


Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle GG 

Sehr mineralisch, tief. gelbfruchtig 

93 [92-94]

 

August Eser Oestricher Lenchen Erstes Gewächs

Gelbfruchtige Aromatik, wirkt (auch hier: auf hohem Niveau) etwas unharmonisch 

89 [87-90]


P.J. Kühn Mittelheimer St. Nikoloaus "Drei Trauben"

Schwierig. Es wurde Korkverdacht geäussert, aber ich denke nicht, dass es Kork war. Trotzdem war irgend etwas mit der Flasche. Zwar schöne Kräuteraromatik, aber auch etwas gezehrt. 

90?


Battenfeld-Spanier Mölsheimer Zellerweg am schwarzen Herrgott

Dunkles Goldgelb, kräutrig-nussig, macht auf mich einen leicht gezehrten Eindruck 

90

 

Kühling-Gillot Niersteiner Pettenthal GG

Ebenfalls dunkles Goldgelb, zwar sehr reif, aber in sich ruhend und mit schöner Frucht, aber etwas dominanter Säure 

91

 

Wittmann Westhofener Morstein GG

Tolle, etwas rauchige gelbfruchtige Nase, auch etwas Karamell, am Gaumen ebenfalls tolle Frucht, ganz leicht hervorstechende Säure (die einer noch höheren Bewertung entgegensteht)

94 [93-96]


Keller Westhofener Kirchspiel GG 

Gelbfruchtig, tief und mineralisch, spürbarer Süßeeindruck 

92 [92-95]


Kranz Ilbesheimer Kalmit Terrassen

Sehr schöner, noch sehr frisch wirkender Wein mit schöner gelbfruchtiger Aromatik, ein echter Spaßwein 

92 [92-95]


Christmann Königsbacher Idig GG

Eher zurückhaltend und in sich ruhend wirkender Wein mit toller Frucht und Balance

94


Prager Smaragd Wachstum Bodenstein 

Rauchig und verhalten gelbfruchtig, opulenter Stil, spürbare Süße, die aber gut mit Frucht und Säure harmoniert. 

92


Nachdem die Probe durchaus Lust auf 2010 gemacht hat, habe ich am Abend danach noch das hier aus dem Keller geholt:

Dönnhof Niederhäuser Hermannshöhle Spätlese 

Reifes Goldgelb
Ausgeprägter, sehr schöner und mineralisch unterlegter Duft nach (teils exotischen) gelben Früchten (Aprikose, Mango)
Auch am Gaumen viel gelbe Frucht, sehr schöne Süße-Säure-Balance, langes Finale mit deutlicher Mineralik 

93 


Mein Fazit läßt sich in vier Punkten zusammenfassen: 

Alle Weine der Probe stammen von hervorragenden Weingütern, die gerade in schwierigen Jahren einen hohen Selektionsaufwand betreiben. Daher zeichnet die Probe womöglich ein zu gutes Bild des Jahrgangs.

2010 ist ein in der Spitze sehr guter, aber nicht großer Jahrgang. In einem großen Jahr hätte man bei diesem Line-up doch den ein oder anderen Wein erwartet, der die 95-Punkte-Marke knackt. 

Meine Favoriten waren Christmanns Idig und Wittmanns Morstein, gefolgt von Dönnhoffs Hermannshöhle und Emrich-Schönlebers Halenberg 

Auch einige Weine, die ich nicht auf der Rechnung hatte, präsentierten sich hervorragend, so etwa die Kalmit Terrassen von Kranz und Dönnhoffs Nicht-GG Felsenberg 



Montag, 31. Oktober 2022

Eine Sensation?

Im Oktoberheft von Vinum gab es einen grossen Bericht über Chablis. Aus der Reihe der dort vorgestellten Weine erregte einer meine besondere Aufmerksamkeit, der 2020er Premier Cru "Fourchaume" von Nathalie und Gilles Fèvre. Von diesem Haus (das man nicht mit dem sehr viel grösseren und bekannteren Haus William Fèvre verwechsaeln sollte), hatte ich noch nie etwas gehört. Die Beschreibung hatte es aber in sich: "... erreicht das Niveau eines Grand Cru. ... Eine echte Sensation!" 

Nach kurzem Gugeln fand sich ein Händler, der nicht nur den 2020er, sondern auch den 2018er und 2019er (letztere in probierfreundlichen halben Flaschen) führte.


 

2018 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume 

Mittelgelb
In der Nase von mittlerer Intensität, weniger Zitrus als mehr gelbfruchtige Aromen,
Am Gaumen schlank mit wenig Frucht, präsente, aber unaufdringliche Mineralik, pikantes, mittellanges Finale 

88-90+, wird wohl noch etwas zulegen, bis 2030 

 

2019 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase recht zurückhaltend, reintönig, nussig, dezente Zitrusnoten, die aber mit mehr Luft (und etwas höherer Temperatur) deutlich intensiver werden
Am Gaumen eher schlank, mineralisch mit gut integrierter, pikanter Säure und schönem Schmelz, lang.
Derzeit wenig Frucht, aber nachhaltig mit sehr schöner Struktur und Länge. Da dürfte mit weiterer Lagerung noch mehr kommen. 

89-91+, sollte wohl eher noch zwei bis drei Jahre im Keller ruhen, dann sicher bis 2030


2020 Nathalie & Gilles Fèvre Chablis Premier Cru Fourchaume 

Mittelgelb
In der Nase zunächst verhalten mit nussigen Noten. Mit mehr Luft auch dezent gelbfruchtig. Die Frucht wirkt am zweiten Tag deutlich präsenter.
Der Gaumen wird sofort von unaufdringlich-gelbfruchtigen Aromen ausgekleidet. Sie werden begleitet von einer lebhaften reifen Säure und einer unaufdringlich-präsenten Mineralik. Am zweiten Tag tritt die Mineralik etwas stärker in den Vordergrund. Sehr nachhaltig und endet lang und pikant. Macht Lust auf den nächsten Schluck.
Der Wein läßt sich schon sehr gut trinken, wird aber mit weiterer Lagerung sicher noch zulegen. Das ist richtig gut und legt auf die (ja nicht schlechten) 2018er und 2019er eine ordentliche Schippe drauf. 

92-94, idealerweise wohl 2025-2030+

Fazit: Sehr schöne Chablis, vor allem natürlich der 2020er. Als "Sensation" würde ich den nicht bezeichnen, aber als ganz hervorragenden Chardonnay, der zudem ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis aufweist - ich habe unter 30 Euro bezahlt. Von der Art her sind die Weine charmanter und weniger bissig-mineralisch als die Weine des Chateau de Béru (guckstu hier).

 

Samstag, 29. Oktober 2022

Nomen est omen

Vor ein paar Monaten bekam ich zwei Flaschen Chateau Montus Cuvée Prestige geschenkt. Sie befanden sich als kostenlose Beigabe bei einer Sendung von vier Flaschen Bordeaux, die ich bei Ebay ersteigert hatte. Es handelte sich um einen 1995er und einen 1997er. Die passten prima zum 1996er, den ich selber noch im Keller hatte - gekauft vor langen Jahren in einer Phase, in der es um die Weine von Alain Brumont (Chateau Bouscassé und eben Chateau Montus) einen kleinen Hype gab.

Der Montus wird aus der Rebsorte Tannat gekeltert, aus der - wie der Name bereits andeutet - sehr tanninreiche und langlebige Rotweine  erzeugt werden. Daher hatte ich mir auch um die Trinkbarkeit der drei Oldies wenig Sorgen gemacht.

 


 

1997 Chateau Montus Cuvée Prestige 

Mittleres bis dunkles Rot mit leichten Reifenoten
Herb wirkender Duft nach dunklen Früchten, ganz dezent (und nicht unangenehm) Pferdestall und überlagert von einer floralen Note (Veilchen?). Am zweiten Tag wirkt das etwas karger mit einer prägnanten Kräuternote. 
Am Gaumen immer noch ein ganzer Teppich von (leicht trocknendem) Tannin, daneben dunkle Früchte und eine belebende Säure, recht lang. Auch hier am zweiten Tag  Kräuter.
Spannender Wein, der durchaus gewisse Ähnlichkeiten zu Old-School Bordeaux aufweist. In seiner Jugend muss das ein regelrechtes Tannin-Monster gewesen sein. 

87-89, hat bei guter Lagerung Reserven bis Ende des Jahrzehnts 


1996 Chateau Montus Cuvée Prestige 

Mittleres Rot mit recht deutlichen Reifenoten
Auch hier Duft nach dunklen Früchten, Cassis, wirkt eine Spur generöser und auch nachhaltiger als beim 1997er. Am zweiten Tag kommen Trockenkräuter hinzu.
Auch hier noch massive Tanninpräsenz am Gaumen, das Tannin dabei wieder leicht trocknend. Daneben konzentrierte dunkle Frucht, recht langes, leicht salziges Finale. Am zweiten Tag wiederum Kräuternoten.
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, der Wein brauche noch Zeit... 

88-90, sicher noch Reserven für fünf und mehr Jahre


1995 Chateau Montus Cuvée Prestige 

Mittlere bis dunkles Rot mit nur ganz leichten Reifenoten
In der Nase viel und recht kompakt und konzentriert wirkende dunkle Frucht, etwas Jod, auch wieder etwas Pferdestall, komplexer und tiefgründiger als bei den bei den anderen Weinen
Wieder viel Tannin, das aber etwas reifer und weniger trocknend wirkt als bei den anderen Weinen, konzentriert wirkende und herbe dunkle Frucht, lang
Für meinen Geschmack der beste der drei Weine 

90-92, ebenfalls Potential bis sicher Ende des Jahrzehnts 


Fazit: Die Rebsorte Tannat macht ihrem Namen alle Ehre. Drei gute und spannende Weine, die auch nach 25 Jahren noch mit massiven Tanninen aufwarten und nach einem Steak als Begleitung verlangen. Der 1995er kann am meisten Frucht gegen das Tannin setzen und ist IMHO der klar beste Wein der Serie.





Sonntag, 16. Oktober 2022

Riesling by the glass

Kürzlich las ich über einen Test, bei dem mehrere Weine aus jeweils verschiedenen Gläsern verkostet wurden. Die Probanden trugen blickdichte Brillen und unförmige Gummihandschuhe, damit sie die Gläser weder sehen noch "erfühlen" konnten. Auf dem Prüfstand standen 10 verschiedene Gläser, darunter auch das von mir gern benutzte Gabriel Gold-Glas und das Zalto Universal, das ich ebenfalls gerne mag. Den Vergleichstest gewonnen hat allerdings ein Glas von Riedel (das Veloce Riesling), das insofern ein "Pirat" war, als es das einzige Maschinenglas unter mundgeblasenen Gläsern war. Da es zudem (jedenfalls im Vergleich zu den anderen Gläsern) nicht sehr teuer ist, habe ich mir zwei davon gekauft und habe es einem Vergleichstest unterzogen (allerdings ohne Brille und Handschuh). Konkurrenten waren das Gabriel Gold (siehe Bild) und das Zalto Burgunderglas, das ich sehr gerne verwende, um wirklich gute trockene Rieslinge zu trinken. Ein Wein musste auch noch in die Gläser, und im Kühlschrank fand sich ein 2015er Pfälzer Riesling.

 



 

2015 Reichsrat von Buhl Deidesheimer Mäushöhle Riesling

Gabriel Gold

Goldgelb
In der Nase von mittlerer Intensität, animierende Noten von gelben Früchten (Pfirsisch und Aprikose, aber auch exotische Früchte wie Ananas)
Wirkt am Gaumen zunächst säurebetont, dann spielt sich die Frucht in den Vordergrund: gelbfruchtig, saftig, mittlere Länge, kompromisslos trocken
Das ist Riesling für Fortgeschritene und definitiv kein Crowd Pleaser

 

Riedel Velocity Riesling 

Goldgelb
Wirkt in der Nase etwas intensiver, auch hier primär gelbfruchtig mit vielleicht etwas stärkerer Betonung der exotischen Früchte (Mango, Ananas), leicht rauchig
Der Gaumeneindruck ist sehr ähnlich, auch hier zunächst viel Säure und dann zunehmend gelbe Frucht, vielleicht ein klein wenig fokussierter wirkend als im Gabriel-Glas 


Zalto Burgund 

Goldgelb
In der Nase etwas inensiver wirkend als aus den beiden anderen Gläsern, mineralisch unterlegte gelbe Frucht, die mir hier wieder etwas weniger exotisch erscheint, zudem meinte ich, eine sehr dezente rotfruchtige Note wahrzunehmen
Der Gaumeneindruck ist zunächst ähnlich, aber die Säure steht länger im Vordergrund und wirkt ausgeprägter 

 

Gesamtbewertung:
86-88, hat noch Reserven für einige Jahre


Fazit: Ich kann Unterschiede zwischen den Gläsern erkennen, aber die sind nicht dramatisch. Das Nasenbild gefällt mir tatsächlich im Zalto Burgund am besten, und daher werde ich Große Gewächse und Rieslinge vergleichbarer Qualität wohl weiter aus diesem Glas trinken. Es scheint allerdings auch die Säure am Gaumen etwas stärker zu betonen. Das Riedel Veloce Riesling gefällt mir sehr gut, vielleicht sogar ein klein wenig besser als das Gabriel Gold. Da es zudem etwas preiswerter ist, macht man mit dem Kauf bestimmt nichts falsch. Dass das Riesel Veloce ein Maschinenglas ist, merkt man ihm im übrigen nicht an. Es wirkt leicht und filigran.


Sonntag, 9. Oktober 2022

Bordeaux 2003 (Teil 2)

Im Frühjahr gab es hier einen Post mit einer Verkostung von eingen 2003er Bordeaux. Hier folgt nun der angekündigte zweite Teil, bei dem auch der seinerzeit "auf dem falschen Fuß" erwische Giscours noch einmal in die Gläser kam, daneben Sociando-Mallet aus dem Haut-Médoc und das Pärchen Langoa-Barton und Leoville-Barton aus Saint-Julien. 

Bemerkenswert ist, dass trotz des sehr heissen Jahres die Alkoholwerte (zumindest die auf dem Etikett angegebenen) bei allen vier Weinen bei moderaten 13% liegen.

 


2003 Chateau Giscours 

Noch recht dunkles Rot mit deutlichen Reifenoten am Rand
Nach Belüftung sehr schöner und präsenter Duft nach dunklen Früchnte, Leder und Gewürzen
Zeigt am Gaumen schöne Intensität, ausgeprägte Frucht mit Noten sowohl dunkler als auch roter (Himbeere) Früchte.  Präsente, etwas körnig wirkende Tannine geben dem Wein Struktur. Das Tannin ist allerdings merklich trocknend. Mittellanger Abgang. 

90-92, bei guter Lagerung hat der Wein noch ein paar Jahre vor sich, wird aber sicher nicht mehr besser 

Bei der Nachverkostung am nächsten Tag leider nur noch ein Schatten seiner selbst; der Wein hat extrem stark abgebaut und macht keine Freude mehr.  


2003 Chateau Sociando-Mallet 

Dunkles Rot mit leichten Reifenoten am Rand
Unmittelbar nach dem Öffnen schöner und überraschend jugendlich wirkender Duft nach vor allem dunklen Früchten (Brombeere, Cassis).
Am Gaumen ist die Frucht etwas weniger ausgeprägt und wird ergänzt durch eine schokoladig-holzwürzige Note. Das ganze wirkt kompakt, so, als ob der Wein noch gar nicht voll entfaltet wäre. Noch viel reifes, nur leicht trocknendes Tannin.
Dem Wein merkt man weder seine fast 20 Jahre noch den extrem heißen Jahrgnag an. Starker Auftritt. 

91-93, dürfte bei guter Lagerung das nächste Jahrzehnt noch in guter Verfassung erreichen

Bei der Nachverkostung am zweiten Tag etwas schwächer, baut aber bei weitem nicht so dramatisch ab wie der Giscours


2003 Chateau Langoa-Barton 

Recht dunkles Rot mit Reifenoten am Rand
In der Nase recht ausgeprägt und gut entwickelt, dunkle und rote Früchte (Cassis, Himbeere), florale Noten, Milchschokolade
Auch am Gaumen gut entfaltet, fleischig mit viel dunkler Frucht, ein Hauch Tabak. Noch präsentes, leicht trocknendes Tannin, recht langes, salziges Finale
Schöner Saint Julien, der aber wohl jetzt auf dem Höhepunkt ist und nicht mehr zu lange gelagert werden sollte 

90-92, in den nächsten Jahren trinken

2003 Chateau Leoville-Barton

Recht dunkles Rot mit leichten Reifetönen
Duftet direkt nach dem Öffnen noch etwas monolithisch nach dunklen Früchten (Cassis). Mit etwas Luft wird das tiefer und vielschichtiger und sehr fein; nach wie vor Cassis, aber auch Brombeeren, Holzkohle und eine dezent florale Note. Am zweiten Tag wirkt der Duft reifer und ähnlicher dem des Langoa-Barton
Am Gaumen sehr konzentriert, noch nicht voll entfaltete Frucht. Noch sehr präsentes Tannin und deutliche Mineralik. Lang. Am zweiten Tag auch am Gaumen reifer wirkend, generös, sehr lang, mit feiner (Extrakt)Süße und langem Abgang. 
Hervoragender Wein, der am ersten Tag den Eindruck machte, eigentlich noch gar nicht bei seiner optimalen Trinkreife angekommen zu sein. 

93-95, bei guter Lagerung sicher bis 2040 


Fazit: Im Vergleich zur ersten Verkostung hat der Giscours sich etwas rehabilitiert. Das ist ein sehr guter Bordeaux mit präsenter Frucht. Die trocknenden Tannine stehen einer besseren Bewertung dann aber doch im Weg. Die sehr schlechte Performance am zweiten Tag floss nicht mit in die Bewertung ein, ist aber ebenso bedenklich wie ungewöhnlich. Der Sociando-Mallet ist dem Giscours qualitativ leicht überlegen und dürfte zudem klar der langlebigere Wein sein. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der Sociando-Mallet, obschon kein Grand Cru Classé, seinerzeit in der Subskription soger etwas teurer war als der Giscours. Zu Recht, wie ich jetzt weiß. Der Langoa-Barton (über dessen Subsktiptionspreis ich nichts weiss, weil ich den Wein erst viel später gekauft habe) ist qualitativ auf vergleichbarem Niveau, aber weiter entwickelt und macht jetzt viel Spaß. Der "grosse Bruder" Leoville-Barton legt qualitativ noch eine gute Schippe drauf, ist weniger weit entwickelt und voraussichtlich langlebiger.

Sonntag, 18. September 2022

Vier Pfälzer und ein Franke (Riesling 2014 Teil 2)

Kürzlich begegnete mir im Keller eine Kiste mit der Aufschrift "Pfalz GG 2014". Aus der Begegnung erwuchs der spontane Entschluß, die mal zu probieren - mit nur einer Ausnahme war das nämlich jeweils die erste Flasche, die ich davon geöffnet habe. Im Kühlschrank lag noch ein fränkischer 2014er, den habe ich dann mit einbezogen. 

Ausserdem habe ich beschlossen, eine Serie daraus zu machen. Nach dem Überblick über 2014er Rieslinge von der Mosel (guckstu hier) werden noch Nahe, Rheingau und Rheinhessen folgen.

 


 

2014 Horst Sauer Escherndorf Am Lumpen 1655 Riesling GG

Reifes Goldgelb
Recht ausladender Duft nach gelben Früchten (Pfirsisch), einem Hauch Kokos und auch exotischen Fruchtnoten (Mango?) 
Das setzt sich am Gaumen fort mit einer etwas ins Barocke gehenden Stilistik, wieder gelbe Früchte mit exotischen Einschlag. Wirkt insgesamt sauber, aber auch (auf hohem Niveau) etwas behäbig mit nicht ganz perfekt integrierter Säure und einer ganz dezenten (und (noch) nicht unangenehmen) Bitternote im recht langen Finale. Auch nach einer ganzen Woche in der geöffneten Flasche noch in guter Verfassung. 

88-90, sollte m.E. in den nächsten zwei bis drei Jahren getrunken werden


2014 Ökonomierat Rebholz Siebeldinger im Sonnenschein Ganz Horn Riesling GG 

Reifes Goldgelb
Mittelkräftiger und reif wirkender Duft nach tropischen Früchten; Mango, Ananas; mit mehr Luft auch Teeblätter. Nach drei Tagen deutliche Aprikosennoten. 
Am Gaumen eher verhalten, wiederum reife und eher exotische Frucht, die von einer kräftigen Säure begleitet wird, mittellanger Abgang. Angenehm niedrig im Alkohol (12%).
Das ist sauber und stimmig, aber doch etwas unterhalb dessen, was ich mir von einem GG der gehobenen Preisklasse (38 Euro in 2015) erwarte. 

87-89, solte m.E. recht bald getrnken werden


2014 Reichsrat von Buhl Forster Jesuitengarten Riesling GG 

Einmal mehr reifes Goldgelb
In der Nase zunächst verhalten, überraschend frisch wirkend, Zitrus, etwas Wachs. Mit mehr Luft etwas intensiver und mit exotischen Fruchtnoten
Am Gaumen praktisch fruchtfrei (etwas Zitrus vielleicht), aber mit großartiger Struktur: Druckvoll und mit hervorragend integrierter Säure. Sehr langes und ausgeprägt salzig-mineralisches Finale mit minutenlangem Nachhall. Die 13,5% Alkohol sind nicht spürbar.

90-92, jetzt und in den nächsten drei bis fünf Jahren 


2014 von Winning Forster Ungeheuer Riesling GG

Goldgelb
In der Nase auch nach Belüftung recht verhalten, kandierte Zitrusfrucht, etwas süßer Apfel
Am Gaumen wenig Frucht, dafür schöner Schmelz und sehr gut integrierte Säure, recht langer Abgang
Ich vermute, dass der Wein in seiner Jugend eine deutliche Holzprägung hatte. Das Holz ist jetzt sehr gut integriert. Insgesamt schöner, präziser Riesling. 

89-91, zunächst hatte ich auch an "Trinken in drei bis fünf Jahren" gedacht, aber nach zwei Tagen in der offenen Flasche hatte der Wein stark abgebaut - vielleicht sollte man sich doch etwas damit beeilen. 


2014 Christmann Königsbacher Idig Riesling GG 

Reifes Goldgelb
Recht intensiver Duft nach gelben, auch exotischen Früchten (Mango), Petrol
Am Gaumen schön gereift, schöner Schmelz, wieder gelbfruchtig und mit feiner, den Wein marmorierender Säure, langer, mineralisch unterlegter Abgang.

91-93, jetzt in schöner Trinkreife; würde ich in den nächsten drei bis fünf Jahren trinken


Fazit: Im Vergleich zum "Lumpen" ist der Ganz Horn zurückhaltender, dafür ist die Säure besser integriert. Trotzdem sehe ich den Lumpen knapp vorne. Interessant ist, dass der Wein mir nach einer Woche in der geöffneten Flasche fast besser gefällt, als am ersten Tag. Der Jesuitengarten ist "a different animal". Der Wein lebt von seiner Struktur, das aber ganz hervorragend. Leider zeigt der Wein in der Nase weniger als am Gaumen, was einer noch höheren Bewertung entgegensteht. Das ist bei von Winnings Ungeheuer ähnlich, auch da ist der Duft verhalten, der Wein am Gaumen aber sehr schön. Allerdings fehlt ihm die packende Mineralik des Jesuitengartens und er läßt nach zwei Tagen in der geöffneten Flasche sehr stark nach. Der Idig ist der insgesamt für mich beste Wein. Zwar hat auch er nicht die packende Mineralik des Jesuitengartens, kann das aber durch den sehr schönen Duft, die präzise Frucht und die gut eingebundene Säure mehr als kompensieren. 


Nachtrag: Im Mai und Juni 2023 habe ich dann diese beiden hier noch im Keller wiederentdeckt und probiert: 

2014 Daniel Aßmuth Dürkheimer Fuchsmantel Riesling Alte Reben 

Goldgelb
Duft zunächst verhalten, nach etwas Belüftung reife gelbe Früchte, auch etwas nasser Kieselstein
Am Gaumen mineralisch, gelbe Früchte und rote Beeren, betont herb und trotzdem saftig, lang.
Starker Auftritt; bräuchte sich im Konzert der Pfälzer Großen Gewächse des Jahrgangs nicht zu verstecken. Mit seinerzeit €13,90 unter Wert verkauft. 

88-90, hat noch Reserven für sicher weitere drei bis fünf Jahre


2014 von Winning Ruppertsberger Reiterpfad Riesling

Nach etwas Belüftung schöner und recht kraftvoller Duft nach süßen gelben Früchten
Am Gaumen dann ebenfalls gelbfruchtig, auch etwas kandierte Zitrusfrucht, aber insgesamt etwas diffus wirkend. Gewisser Süßeeindruck, herbe Note im Finale. 

84-86, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken


Nach-Nachtrag: Im Herbst habe ich im Rahmen eines Pakets eine Flasche 2014er Kalmit von Kranz gekauft, einem Wein, den ich aus anderen Jahrgängen kenne und schätze (guckstu hier):  

 

2014 Kranz Ilbesheimer Kalmit Riesling GG

Reifes Goldgelb 
Recht ausgeprägter und ausladender Duft nach exotischen Früchten (reife Ananas) und einem Hauch Karamell
Das setzt sich am Gaumen fort: Ausladend mit ausgeprägter Frucht, recht langes und leicht salziges Finale, endet auf eine dezente Bitternote
Das erinnert mich stilistisch eher an den Escherndorfer Lump als an die anderen Pfälzer Rieslinge

90-92, bald trinken

Samstag, 10. September 2022

Hundert

Nun ist es also passiert. Ein trockener deutscher Riesling ist im Wine Advocate mit 100 Punkten ausgezeichnet worden. Obwohl der Wine Advocate viel von seinem Nimbus eingebüsst hat, seit Robert Parker nicht mehr selbst verkostet und das Unternehmen von Michelin übernommen wurde, ist er (in meiner Wahrnehmung zumindest) doch noch diejenige Publikation, die insgesamt die grösste Aufmerksamkeit auf sich zieht. 100 "Parker-Punkte" (die natürlich gar keine Parker-Punkte mehr sind, aber von Händlern weiter gerne so bezeichnet werden) sind ein Wort.

Tatsächlich ist es gar nicht das erste Mal, dass ein trockener deutscher Riesling 100 Punkte erhält. Bereits voriges Jahr wurde der 2019er G-Max des Weinguts Keller mit der Höchstnote ausgezeichnet. Der G-Max ist aber ab Weingut nur in der streng limitierten "Keller-Kiste" erhältlich, und wer ihn am Sekundärmarkt kaufen will, muss einen vierstelligen Betrag hinlegen. So ein Wein kann 100 Punkte bekommen, ohne dass das grosses Aufsehen erregt oder viel Widerspruch herausfordert. Jetzt aber das 2021er Dellchen von Dönnhoff. Dieser Wein ist (bzw.: war) mit 54 Euro ab Weingut nicht direkt billig, aber doch in einer Preisklasse, die für viele Weinfreunde erschwinglich ist. Also ging der Run sofort los und der Wein war binnen kürzester Zeit überall ausverkauft (oder vielleich auch nur ausgelistet, um dann irgendwann mit einem dreistelligen Preis wieder im Angebot zu sein). Was auch sofort losging, war die Diskussion. Einige freuten sich einfach, dass ein trockener deutscher Riesling mit 100 Punkten geadelt und damit quasi in den Weinolymp aufgenommen wurde. Andere verwiesen auf die "Punkteinflation". Tatsächlich ist die Zahl der Weine, die von professionellen Verkostern mit sehr hohen Punktzahlen bedacht werden, in den letzten Jahren deutlich angestiegen. 

Am Ende geht Probieren über Studieren, und da wir in der glücklichen Lage sind, ein paar Flaschen des 2021er Dellchens zu besitzen, haben wir eine aufgemacht und (über vier Tage aus Burgundergläsern) geprüft.

 


2021 Dönnhoff Norheimer Dellchen Riesling GG 

Kräftiges Strohgelb
Zwar noch etwas monolithisch wirkender, aber intensiver und sehr reintöniger Duft mit deutlich wahrnehmbaren Noten von Zitrus und gelben Früchten (Pfirsisch), daneben auch Gewürznoten (Kurkuma?). Mit etwas mehr Luft kommen frische Pflaumen hinzu.  Der Duft wird intensiver und bekommt eine strahlende Anmutung. Am zweiten und dritten Tag weitgehend unverändert; ich bildete mir ein, einen Hauch Kokos wahrgenommen zu haben.
Am Gaumen wirkt der Wein noch sehr unfertig. Er baut sofort Druck am Gaumen auf, die Frucht ist aber noch nicht entfaltet. Hervorragend intrgrierte reife Säure, unaufdringlich-präsente Mineralik, sehr langes Finale. Am zweiten und dritten Tag sind klare gelbfruchtige Noten wahrnehmbar.
Ohne Zweifel ein großer Riesling, der, wenn man ihm Zeit und Luft gibt, jetzt schon andeutet, was er kann, der aber eigentlich noch reifen muss. Und ausserdem ein klarer Fall für meine Riesling Hall of Fame

95-97, die restlichen Flaschen sollten noch drei bis fünf Jahre im Keller ruhen und werden danach bis weit ins nächste Jahrzehnt Freude bereiten.



Freitag, 2. September 2022

Zweimal Beaujolais

Wir brauchten einen Wein zum Kochen, für ein Schmorgericht. Da er wenig Tannin haben sollte, fiel meine Wahl auf einen Beaujolais, den 2018er Fleurie vom Clos de la Roilette. 

Zum Essen sind wir dann bei Beaujolais geblieben, allerdings ein paar Jahre zurückgegangen. Den 2009er Clos de Rochegrès hatte ich 2014 bei einer Beaujolais-Probe (wo er der für mich beste Wein war) kennengelernt und danach sechs Flaschen gekauft.


 

2018 Clos de la Roilette Fleurie

Recht dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
Schöner Duft mit Noten von Veilchenpastillen und Kirschen
Am Gaumen schöner, fruchbetonter und lebhafter Wein mit zurückhaltendem, dezent stützendem Tannin
Das ist ein schöner, wenn auch irgendwie harmloser Wein, der für seinen moderaten Preis (ca. 14 Euro) einen guten Gegenwert bietet. Bewertungen von 94 Punkten wie im Wine Advocate kann ich allerdings nicht nachvollziehen.

86-88, sollte m.E. in den nächsten zwei bis drei Jahren getrunken werden


2009 Chateau des Jacques Clos Rochegrès Moulin-à-Vent

Dunkles Rot mit bräunlichen Reifenoten
Recht intensiver und komplexer Duft mit Schwarzkirsche, einer an Fleisch oder Blut erinnernden Note, die an Syrahs von der Nordrhone erinnert, und einem mentholartigen Oberton
Sehr kraftvoller Gaumenauftakt, das ist ein schwer zu entwirrendes Aromengeflecht, in dem auf jeden Fall Kirsche und Trockenkräuter eine Rolle spielen, stützendes Tannin und etwas Säure geben dem Wein ein gutes Gerüst, im recht langen Finale wiederum eine mentholartige Note, die einen frischen Eindruck hinterläßt
Das ist ein bemerkenswert guter Wein, komplex und durchaus mit Potential für weitere Jahre Lagerung. Und ich habe keine Ahnung, wo ich das einsortiert hätte, wenn man mir das blind vorgesetzt hätte. 

92-94, bis 2025+


Was haben wir hier gelernt?
Erstens, traue keinen Bewertungen ausser Deinen eigenen. Der Clos de la Roilette ist ein schöner Wein, der für seinen Preis einen guten Gegenwert bietet. Aber 94 Punkte? Nie im Leben.
Zweitens, Beaujolais kann komplex und Beaujolais kann reifen. Der Clos Rochegrès ist ein hervorragender Rotwein, der auch nach 13 Jahren noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist. Für 25 Euro (aktuelle Jahrgänge eher um 30) bekommt man hier einen hervorragenden Rotwein.

Sonntag, 28. August 2022

¡Que Sorpresa!

Beim Streunen im Keller "entdeckte" ich eine vergessene Flasche - einen 2016er Albarino aus Rias Baixas, von dem ich 2017 für knapp 11 Euro einige Flaschen gekauft hatte. Die übrigen Flaschen haben wir jung getrunken, diese letzte geriet in Vergessenheit. Ich weiß zugegebenermaßen nicht viel über die Lagerfähigkeit von Albarino, aber jedenfalls hatte ich keine großen Erwartungen, als ich die Flasche dann am Abend geöffnet habe. Aber ich wurde sehr angenehm überrascht. 

 


2016 Altos de Torona Albarino "Sobre Lias"

Goldgelb
Recht ausgeprägter gelbfruchtiger Duft, vor allem Quitte, daneben Gewürznoten (Safran?)
Am Gaumen wieder gelbfruchtig, mineralisch unterlegt, mit schönem Schmelz und feiner Säure, eine leichte und nicht störende (tatsächlich dem Wein sogar Halt gebende) Bitternote, recht langer Nachhall. 

87-89, würde ich dann doch bald trinken - man soll sein Glück ja nicht überstrapazieren


Fazit: Der Wein ist nicht nur "in Würde gereift", sondern macht richtig Spaß, und das für kleines Geld.

Donnerstag, 18. August 2022

Pinot Noir Day

Hättet Ihr's gewusst? Am 18. August ist dieses Jahr Pinot Noir Day. Na ja, ich habe es auch nicht gewusst, wurde aber durch einen Facebook-Beitrag darauf aufmerksam gemacht. Und da das Wetter heute, anders als in den letzten Tagen und Wochen, durchaus rotweintauglich war, habe ich mich im Keller auf die Suche nach einem Pinot Noir gemacht. Etwas nicht alltägliches sollte es sein. Meine Wahl viel auf einen Sancerre der Domaine Vacheron. Davon hatte ich vor vier Jahren nach einer hervorragenden Bewertung auf WeinPlus (guckstu hier) drei Flaschen gekauft. Heute war die zweite Flasche "dran".

 

2014 Domaine Vacheron Sancerre "Belle Dame"

Recht helles Rot mir orange-bräunlichen Reifenoten
In der Nase vergleichsweise "leise", entwickelt aber eine unaufdringliche Intensität, dabei sehr delikat, sauber und vielschichtig: Vor allem rote Früchte, Rhabarber (?), mit Luft zunehmend Kirsche, etwas weißer Pfeffer
Auch am Gaumen unaufdringlich, hochelegant, wieder mit Noten roter Früchte, Kirschen, feiner Säurebiß, seidenweiches Tannin geleitet den Wein in den erstaunlich langen Abgang.
Ein ganz auf Eleganz gebauter, sehr feiner Pinot Noir, der seine ganze Schönheit erst zeigt, wenn man sich auf ihn einläßt.

91-93, wird sein Niveau sicher noch zwei bis drei Jahre halten

Freitag, 5. August 2022

Wenn Mr. Spock Wein trinken würde...

...dann vielleicht diesen hier, denn das ist wirklich faszinierend

Die Rotweine von Lopez de Heredia kenne und schätze ich bereits länger (guckstu hier und hier) und auch den Gran Reserva-Rosé hatte ich bereits im Glas (guckstu hier). Die Weissweine, die ebenfalls einen hervorragenden Ruf geniessen, standen dagegen bislang noch auf meiner to-do-Liste. Um diesen Punkt "abzuhaken", habe ich zwei Flaschen besorgt, den 2014er Vina Gravonia (zu 100% aus Viura bereitet) und die 2011er Vina Tondonia Bianco Reserva (Viura und Malvasia).

 


 

2014 Vina Gravonia 

Goldgelb
In der Nase recht intensiv und vielschichtig, leicht oxidativ. Das ist ein schwer entwirrbares Aromengeflecht mit Frucht (reifer Apfel), aber auch Noten von getrockneten Kräutern und Wachs.
Am Gaumen betont trocken, wieder vielschichtige Aromatik, endet lang und leicht salzig auf Zitrusnoten
Spannender und eigenständiger Wein, der ein hervorragender Speisenbegleiter sein dürfte. Nach einer kompletten Woche (!) in der geöffneten Flasche wirkt der Wein weitgehend unverändert.

91-93, ich traue dem Wein Potential bis sicher zum Ende des Jahrzehnts zu 


2011 Vina Tondonia 

Goldgelb mit ganz leichtem Orangeschimmer
In der Nase etwas zurückhaltender als der Vina Gravonia, aber ebenfalls komplex und tief. Da ist Frucht (Orange), aber dann auch Honig, Nüsse und Nougat.
Am zweiten Tag eher noch vielschichtiger; jetzt auch Noten von Bienenwachs
Am Gaumen abgeklärt und in sich ruhend, trotzdem mit ungeheurer Präsenz. Wieder sehr komplex und erstaunlich frisch wirkend. Endet extrem lang auf zitrische Noten mit einem deutlich salzigen Eindruck. 

93-95, auch hier sehe ich locker Potential bis Ende des Jahrzehnts 


Fazit: Grosses Kino aus Spanien. Zwei faszinierende Weine - sehr eigenständig und komplex. Schon der Vina Gravonia ist grosse Klasse. Der Vina Tondonis macht dann klar, warum die Weißweine von Lopez de Heredia Kultstatus geniessen.


Plötzlich Klamm

Diese Woche kam eine Sendung des Weinguts Jakob Schneider an. Jakob Schneider macht hervorragende Rieslinge und verkauft sie zu sehr kundenfreundlichen Preisen. Neben Riesling kaufen wir dort aber auch jedes Jahr einen grösseren Posten Traubensaft. Der ist, zu Schorle verarbeitet, unser Durstlöscher im Sommer. Eine solche Schorle wollte meiner Frau unserer knapp dreijährigen Tochter machen, griff daher in den Karton, entnahm und öffnete eine Flasche. Zum Glück (und bevor unsere Tochter trinken konnte) bemerkte Sie das Missgeschick - sie hatte keinen Traubensaft erwischt, sondern eine Flasche 2021er Niederhäuser Klamm. Damit war dann geklärt, was es heute Abend zu trinken gab :-)






2021 Jakob Schneider Niederhäuser Klamm Riesling trocken 

Mittleres Gelb
Gelbfruchtier Duft (Pfirsisch), mineralisch unterlegt, daneben dezent kräutrige Noten
Auch am Gaumen gelbfruchtig, prägende reife Säure, mineralischer Nachhall im langen Abgang
Der Wein wirkt derzeit noch etwas unsortiert, hat aber sehr gute Anlagen. 

90-92+, sollte noch 1-2 Jahre reifen und macht dann sicher bis mindestens Ende des Jahrzehnts Freude

Dienstag, 26. Juli 2022

Laufke

Da komme ich nun seit sieben Jahren regelmässig nach Graz und brauche dann doch einen Tip aus Düsseldorf (danke Rainer!) um auf das Laufke aufmerksam zu werden. Das Laufke bezeichnet sich selbst als Wirtshaus und bietet zwei Menus sowie eine Wirtshauskarte mit klassischen Gerichten. Aus dieser Karte habe ich mich dann bedient und als Aperitiv sowie zu jedem meiner zwei Gänge ein Glas Wein bestellt. Normalerweise würde ich dazu nichts schreiben (und zu dem Aperitivwein, einem sehr schönen trockenen Muskateller, habe ich mir auch keine Notizen gemacht). Der zweite Wein war aber dann so bemerkenswert, dass ich Papier und Stift gezückt habe. Von dem Weingut Schöneberger in Mörbisch (Neusiedlersee-Hügelland im Burgenland) hatte ich noch nie etwas gehört. Um so (positiv) überraschter war ich dann angesichts dieses sehr eigenständigen Sauvignons, zumal das im Burgenland ja eine eher exotische Rebsorte ist. Und weil ich gerade mal dabei war, habe ich mir dann auch zu dem anschliessenden Zweigelt Notizen gemacht.

 


2018 Schönberger Sauvignon Blanc Kräften 

Goldgelb
In der Nase ausgesprochen spannend: rauchig, kräutrig
Am Gaumen dominiert ebenfalls eine kräutrige Aromatik (Kamille?), sehr harmonisch und in sich ruhend, recht lang
Ganz hervorragender und eigenständiger Sauvignon Blanc - auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn blind als Sauvignon Blanc identifiziert hätte 

89-91, sollte m.E. in den nächsten zwei bis drei Jahren getrunken werden



2021 Preisinger Zweigelt "Kieselstein" 

Dunkles, jugendliches Violettrot
In der Nase zunächst floral, dann eine an Pflaumenkompott erinnernde Frucht
Recht leichtgewichtig mit wenig Tannin, schöner und unkomplizierter Wein 

85-87, würde ich bis Ende nächsten Jahres trinken

Und hier eine Impression vom Essen:



Montag, 25. Juli 2022

Joseph

Mal wieder Eulen nach Athen getragen beziehungsweise den Joseph mit nach Graz genommen. "Joseph" ist ein Sauvignon Blanc des Weinguts Potzinger in der Südsteiermark aus der Lage Sulz. Davon hatte ich 2016 drei Flaschen gekauft. An die beiden ersten habe ich keine dezidierten Erinnerungen. Heute ging dann also die letzte Flasche den Weg alles Irdischen.

 


 

2015 Potzinger Sauvignon Blanc Ried Sulz "Joseph" 

Mittelgelb
In der Nase recht ausgeprägt, rauchig, dezente und unaufdringliche Frucht mit anklingender Exotik
Geht am Gaumen voll zur Sache, einerseits mit Nachhaltigkeit und auch spürbarem Alkohol, andererseits auch hier mit rauchig unterlegter Frucht, recht lang
Schöner Sauvignon, nachhaltig ohne aufdringlich zu sein, aber mit etwas weniger Alkohol hätte mir das noch besser gefallen. Dürfte als Essensbegleiter mehr überzeugen als als Solist.

87-89, sollte IMHO demnächst getrunken werden

Samstag, 16. Juli 2022

...in all but name.

Das Zellertal liegt an der Grenze zwischen Rheinhessen und der Pfalz und war lange weitgehend in Vergessenheit geraten. Meine erste Begegnung mit den dortigen Weinen hatte ich 2013 bei einem Besuch des Weinguts Schwedhelm. Dort habe ich beeindruckend gute Rieslinge verkostet (und dann gekauft). 

Mittlerweile haben die Lagen Mölsheimer Zellerweg am schwarzen Herrgott (zu Rheinhessen gehörig) und Zeller Schwarzer Herrgott sowie Zeller Kreuzberg (zur Pfalz gehörig) wieder die Aufmerksamkeit von Riesling-Fans auf sich gezoegn - nicht zuletzt, weil bekannte Weingüter wie Battenfeld Spanier (Zellerweg am schwarzen Herrgott) und Philipp Kuhn (Scharzer Herrgott) hier mittlerweile Grosse Gewächse nach VdP-Richtlinien erzeugen. 

Das Weingut Battenfeld-Spanier bietet (soweit ich weiss erst seit 2020) einen Ortswein aus dem Zellertal an. Von dem hatte ich blind sechs Flaschen gekauft und heute die erste verkostet.



2020 Battenfeld-Spanier Riesling Zellertal 

Mittelgelb
Duft von mittlerer Intensität, "vorne" Limette, dann Birne und eine Spur Feuerstein. Das hätte ich blind vielleicht noch nicht einmal als Riesling identifiziert
Am zweiten Tag (aus einem Burgunderglas) ähnlich: vornean etwas Limette, dann überwiegend kräutrig mit vielleicht etwas grüner Birne. Das gefällt mir sehr gut, es ist spannend und komplex, aber es hat nicht viel mit dem zu tun, was andere über den Wein geschrieben haben (da ist von reifer gelber Frucht und ähnlichem die Rede; das finde ich überhaupt nicht)
Sehr schönes Mundegefühl mit hervorragend integrierter Säure und leichtem Gerbstoff-Grip. Relativ wenig Frucht (etwas Birne), Kräuternoten. Insgesamt in sich ruhender, sehr kühl wirkender, faszinierender Wein, erstaunlich langer, salzig-mineralischer Abgang.

91-93, wird sicher mindestens fünf und wahrscheinlich deutlich mehr Jahre Spaß machen  und man darf sehr gespannt darauf sein, wie sich der Wein entwickeln wird. 


Fazit: Das ist ein erstens sehr guter und zweitens sehr eigenständiger Wein. Chapeau. Qualitativ ist das klar im Bereich der Grossen Gewächse angesiedelt. Leider ist es aber auch preislich dort angesiedelt (37 Euro ab Werk). Insofern also ein Grosses Gewächs "in all but name".

Mittwoch, 29. Juni 2022

ZZ Top

Oliver Zeter und Hanspeter Ziereisen sind so ziemlich das letzte, was der deutsche Weinbau zu bieten hat. Jedenfalls dann, wenn man die Winzer alphabetisch sortiert. Wenn man nach Qualität sortiert, sieht die Sache ganz anders aus, dann sind die beiden ziemlich weit vorne - ZZ Top sozusagen. 

Dass Hanspeter Ziereisen hervorragende Weiss- und Rotweine macht, weiss ich schon lange und aus eigener Erfahrung. Die Weine von Oliver Zeter kannte ich dagegen bislang weitgehend nur vom Hörensagen. Um das zu ändern, habe ich mir einige Weine von ihm besorgt. Da waren zunächst drei Sauvignons (darunter ein restsüßer), eine Rebsorte, für die Oliver Zeter einen sehr guten Ruf besitzt. Dazu kamen zwei Spätburgunder und ein Syrah. Wir der Zufall so wollte hatten wir gerade auch von Hanspeter Ziereisen zwei preislich passende Spätburgunder und einen Syrah in Reichweite, so dass sich drei paarweise Vergleiche anboten. Hinzu kam dann noch ein Basisspätburgunder von Ziereisen, für den es kein Pendant von Zeter gab.

So lasset die Spiele beginnen. Zunächst die drei Sauvignons:

 


 

2020 Oliver Zeter Sauvignon blanc 

Helles Gelb
In der Nase sehr sortentypischer Duft, der den Bogen von "grünen" Noten hin zu exotischen Fruchtnoten spannt. 
Auch am Gaumen ist die Sorte sofort erkennbar; eher grüne Aromatik (Johannisbeerblätter) bis hin zu knapp reifen Fruchtnoten, eine recht lebhafte Säure läßt den Wein knackig und frisch wirken. 
Schöner Basis-Sauvignon. 

85-87, würde ich in den nächsten ein bis höchstens zwei Jahren trinken 


2021 Oliver Zeter Sauvignon blanc Kabinett 

Helles bis mittleres Gelb
In der Nase klar erkennbarer Sortentyp, im Duft eher pflanzlich-grün bis kräutrig
Auch am Gaumen wieder eher grüne Aromatik, etwas Holunder, ganz leichte Kandisnote, der Restsüße (gefühlt knapp über feinherb) steht eine passende Säure gegenüber. Für meinen Geschmack harmoniert die Restsüße aber nicht sehr gut mit der eher grünen Aromatik des Weins. 

84-86, ich würde das eher jung trinken, kann aber nicht gut einschätzen, wie sich der Wein entwickeln wird 


2020 Oliver Zeter Sauvignon blanc Fumé 

Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase eine ausgeprägt rauchige Note (Nomen est Omen) vom Ausbau in Holz, dahinter ist aber die sortentypische Aromatik gut erkennbar mit zurückhaltenden grün-pflanzlichen Noten und etwas Holunder
Nach etwa zwei Stunden und aus einem grossen Burgunderglas wirkt der Holzton viel dezenter und es kommen nun Noten von Johannisbeeren und grünen Früchten hinzu.
Auch am Gaumen zunächst noch deutlich vom Holzausbau geprägt, daneben kommt dann aber wieder die Sauvignon-Aromatik, gepaart mit einer recht lebhaften Säure, zum Zug. Und auch hier wirkt nach zwei Stunden und aus dem grossen Glas der Holzton unaufdringlicher, eher stützend.
Das ist ein sehr schöner Sauvignon mit Potential und gutem Preis-Qualitätsverhältnis (ca. 18 Euro)

88-90+; ich würde den Wein noch ein bis zwei Jahre liegen lassen, damit sich das Holz besser intregriert. Wer ihn jetzt trinkt, sollte ein Burgunderglas nehmen und den Wein nicht zu kalt servieren. 


Dann, als Einstieg in die Rotweine, der Basis-Spätburgunder von Ziereisen: 


2017 Ziereisen Spätburgunder

Mittleres Rot
In der Nase kräftige (Sauer)Kirschfrucht, etwas Pfeffer
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder deutliche Kirschfrucht, strukturgebendes Tannin und eine feine Säure, die Frische verleiht.
Für einen Einstiegs-Pinot mit einem Preis um 10 Euro ist das bemerkenswert gut und hat auch noch Potential für ein paar Jahre. 

86-88, bis 2025


Das erste Spätburgunder-Pärchen, zwei Weine aus der Preisklasse knapp unter 20 Euro, beide aus 2019:



2019 Ziereisen Spätburgunder Talrein 

Mittleres Rot mit Violettschimmer
In der Nase zunächst verhalten, gediegen, dunkle Früchte, Potential andeutend
Am Gaumen eher verschlossen, kompakter Fruchtkern, sehr schön seidiges Tannin, Frische verleihende Säure. 

88-90, Würde ich noch 2-3 Jahre liegen lassen

 

2019 Oliver Zeter Spätbugunder Mineral 

Recht helles Rot, am Rand altrosa
In der Nase noch etwas unruhig, zunächst grünlich-stielige Noten (Rappen?), dann zunehmend fruchtig mit Kirsche und Trockenkräutern, mit mehr Luft auch ins Rotfruchtige changierend
Am Gaumen noch "unfertig" und verschlossen wirkend, seidiges Tannin, feine Säure, braucht Zeit. Am zweiten Tag feine Kirschfrucht. 

87-89+,  würde ich ebenfalls noch 2-3 Jahre liegen lassen 


Im zweiten Spätburgunder-Pärchen kamen dann zwei höherpreisige Weine ins Glas:


2018 Oliver Zeter Kaiserberg Spätburgunder 

Mittleres Rot
In der Nase intensiv und tiefgründig, eher auf der "dunklen" Seite des Pinot-Spektrums. Unter einem Mantel aus Trockenkräutern und Wacholder (Rauchfleisch?) verbirgt sich (noch) eine Ladung dunkler Frucht. Am dritten Tag ausgeprägte Kirschnote.
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, tolle Struktur mit viel seidenweichem Tannin und einer lebhaften Säure, aromatisch wieder auf der dunkelfruchtigen Seite unterwegs. Im langen Finale changiert die Frucht dann aber Richtung Rot.
Ganz hervorragender Spätburgunder mit hervorragend integriertem Holz (man bemerkt es praktisch nicht), der sich in keiner Probe mit deutschen GGs verstecken müsste. Braucht noch etwas Zeit im Keller

92-94, 24-30+


2018 Ziereisen Spätburgunder Jaspis Zipsin 

Mittleres bis dunkles Rot
In der Nase eine geballte Fruchtladung, viel Kirsche, etwas Pfeffer, dabei noch recht unentwickelt wirkend
Wirkt am Gaumen trotz seiner Jugend sehr saftig, wieder kirschfruchtig, Tannin bester Quialität und auch hier hervorragend eingebundenes Holz, lang und mit Potential
Großartiger Spätburgunder, der aber noch Zeit braucht, um zu zeigen, was er wirklich kann.

93-95, 25-35+

Fazit: Sowohl der Kaiserberg als auch der Zipsin sind hervorragende Spätburgunder. Der Zipsin gefällt mir noch einen Tick besser, er ist aber auch deutlich teurer (45 Euro im Vergleich zu 30). 


Last but not least Syrah (zu dem (noch?) sehr vom Holz dominierten Syrah von Salwey gibt es keine Notiz): 


2018 Oliver Zeter Syrah Réserve 

Recht dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase dunkle Früchte, mit etwas Luft auch Himbeere
Nach zwei Tagen ein Mix vor allem dunkler Früchte, dazu Noten von frisch gebrochenen Zweigen
Am Gaumen kraftvoll, aber mit schöner Frische. Viel noch unentwickelte Frucht, hervorragende Tanninqualität, recht lang
Nach zwei Tagen kräftige Frucht, eingebettet in viel sehr reifes Tannin; das wirkt fast ein wenig plüschig. Wirkt durch eine dezente Säure frisch, recht lang. 

89-91, wird sicher 5 und mehr Jahre Spaß machen 


2018 Ziereisen Syrah Gestad 

Leuchtendes dunkles Rot mit Purpurrand
In der Nase zu Beginn recht verhalten und eher rotfruchtig. Mit etwas Luft Kirsche und gewürzige Noten.
Am zweiten Tag ausgeprägte Noten dunkler Früchte, sehr gediegen und in sich ruhend
Am Gaumen viel noch unentwickelte Frucht, auch ein frisch wirkender säuerlicher Fruchteindruck, feine Säure, hervorragende Tanninqualität
Am zweiten Tag viel Frucht, der eine lebhafte Säure Frische verleiht. Hervorragende Tanninqualität, lang. Ein hedonistischer Trinkspaß 

90-92, dürfte von ein bis zwei Jahren Lagerung profitieren und wird sich dann sicher fünf und mehr Jahre gut trinken lassen 

Fazit: Zwei ganz hervorragende Weine. Der Wein von Ziereisen gefällt mir noch einen Tick besser. Allerdings ist Hanspeter Ziereisen auch in Sachen Syrah ganz weit vorne in Deutschland.

Freitag, 24. Juni 2022

Gut gemeint oder "Einem geschenkten Gaul..."

Welcher Weintrinker kennt das nicht: Gäste wissen, dass man gerne Wein trinkt und bringen daher eine Flasche mit. Das kann gut und spannend sein (vor allem, wenn der Gast etwas von Wein versteht), es kann aber auch böse danebengehen. 

Im konkreten Fall war es so ein Zwischending: Ein Mitbringsel aus Würzburg vom Juliusspital (soweit gut), aber Bacchus in halbtrockener Ausprägung. Hätte ich mir selbst eher nicht gekauft. Aber vielleicht trotzdem eine gute Wahl, um den eigenen Horizont zu erweitern.

 

2021 Juliusspital Bacchus

Helles Gelb mit Grünschimmer
Recht ausgeprägter und parfumiert wirkender Duft nach Johannisbeeren, Pfirsisch und etwas Banane(?); wirkt insgesamt etwas vordergründig
Am Gaumen eher eindimensional, recht präsente Süße (wirkt süßer, als die 12,2 g/l vermuten lassen), dezente exotische Fruchtaromen, kurz 

80-82, sollte m.E. bis Ende des Jahres getrunken sein

Mal wieder Vinho Verde

Nach langer Zeit hatte ich mal wieder zwei Vinho Verdes von Soalheiro im Glas (für eine frühere Begegnung guckstu hier). Der Primeiras Vinhas stammt von alten Reben und wird zu kleinen Teilen in Holz ausgebaut. Der Granit stammt von Reben, die in grösserer Höhe auf Granitböden stehen. Er wird komplett in Stahl ausgebaut.


 

2020 Soalheiro Primeiras Vinhas Alvarinho

Kräftiges Mittelgelb
Recht ausgeprägter floral-kräutriger Duft
Auch am Gaumen eher kräutrig, auch nussige Noten, kaum Frucht. Gewisser Grip und dezenter Schmelz, recht langes, dezent salzig-mineralisches Finale.

87-89, würde ich in den nächsten zwei bis drei Jahren trinken 


2021 Soalheiro Granit 

Mittelgelb
Der Duft ist recht ausgeprägt, aber noch etwas unfertig-hefig, florale Noten, Birne
Auch am Gaumen noch etwas ungestüm, aber mit lebhafter Säure und schönem Fruchtausdruck.
Nicht sehr komplexer, aber charmanter und höchst trinkanimierender Wein. Macht Spaß. 

85-87, würde ich noch ein paar Monate liegen lassen und dann über zwei bis drei Jahre trinken


Fazit: Zwei interessante und ihr Geld (12,90 für den Granit und 16,50 für den Primeiras Vinhas) werte Weine. Der Primeiras Vinhas ist der komplexere und letztlich bessere Wein, bietet sich aber eher als Speisenbegleiter an. Um ein Glas so zu trinken, würde ich definitiv den Granit vorziehen.

Sonntag, 5. Juni 2022

Doch noch mehr Chardonnay

Ich dachte ja, mit meinen Chardonnay-Proben sei ich erstmal "durch". Dem war aber nicht so. Als ich von dem im letzten Sommer probierten und für gut befundenen 2017er "La Bonnode" von La Soufrandière (guckstu hier) ein paar Flaschen nachgekauft habe, landete doch wieder ein Chablis und zwei weitere Chardonnays von La Soufrandière erst im Warenkorb und dann im Glas. Hinzu kam ein fränkischer Chardonnay, auf den ich ebenfalls neugierig war.

 

2014 Chateau de Béru Chablis "Côte aux Prêtres"

Sattes Goldgelb
Sehr schöner Duft, bei dem reife Zitrusnoten die erste Geige spielen, daneben Quitte und Brotkruste sowie nussige Noten
Am Gaumen dominiert dann eine ausgeprägte kalkige Mineralik, die von einer ausgeprägten Zitrusfrucht in den langen Abgang begleitet wird. In seiner Jugend dürfte das ein ziemliches Biest gewesen sein, aber nach sieben Jahren ist der Wein wohl im "Trinkfenster" angekommen und dürfte da noch einige Jahre verweilen. 

89-91, bis 2025+


2019 La Soufrandière Saint Veran Climat La Bonnode

Helles bis mittleres Gelb
Sehr schöne, in sich ruhende Nase mit prägnanter, mineralisch unterlegter Zitrusnote und Haselnüssen
Gaumenfüllende Zitrusfrucht, begleitet von kalkiger Mineralik, trotz der durchaus spürbaren Kraft elegent wirkend, langer Abgang.
Sehr schöner Chardonnay, der schon jetzt Spaß macht, aber sicher Potential bis zum Ende des Jahrzehnts hat

90-92, bis 2030 


2017 La Soufrandière Pouilly-Fuissé Climat Au Vignerais 

Sattes Goldgelb
In der Nase eher zurückhaltend, angedeutet gelbe Früchte, Gewürze (Kurkuma?), Butterscotch
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, auch durch den recht hohen Alkohol (14%), daneben schöne reife Zitrusfrucht, dezenter Schmelz, gute Länge
Schöner Chardonnay, der mir aber mit etwas weniger Kraft und Alkohol noch besser gefallen würde. 

89-91, bis 2025+


2019 Rudolf Fürst Astheimer Chardonnay 

Mittleres Gelb
In der Nase Zitrus, verbunden mit rauchigen Noten vom (gut dosierten) Holzausbau, im Hintergrund Noten von Orangenschale und Ingwer(?), dezente Mineralik
Auch am Gaumen viel Zitrusfrucht, dezent stützende Holznote, recht lebhafte Säure
Schöner Chardonnay, der von einem Jahr Flaschenreife profitieren dürfte und dann sicher für fünf Jahre Spaß macht.

89-91, 2022-2027+

Sonntag, 29. Mai 2022

Geburtstagsweine

Zum (heuer etwas ungewöhnlichen, aber das soll hier mal keine Rolle spielen) Geburtstag wollte ich mal etwas kräftiger in die Tasten hauen. Zur Einstimmung und quasi als Aperitiv wollte ich einen Süßwein aus einer Halbflasche haben. Meine Wahl fiel auf die 2006er Hermannshöhle Auslese von Dönnhoff. Die restsüßen 2006er von Dönnhoff haben zwar einige Zeit gebraucht, um zu sich zu finden, sind aber durch die Bank grandios. Die heutige Auslese war da keine Ausnahme, im Gegenteil. 

Zum Steak sollte es dann später Bordeaux sein. Vor kurzem habe ich bei Ebay auf ein Lot mit vier Flaschen 1998er Pavie Macquin geboten. Mein Gebot war recht niedrig und ich habe nicht damit gerechnet, zum Zug zu kommen. Genau das passierte dann aber doch, und die Flaschen, die ich dann bekam, waren in hervorragendem Zustand. Den Wein selbst kenne (und schätze) ich, weil ich mal drei Halbflaschen davon hatte. Ich hatte daher hohe Erwartungen, die auch locker erfüllt wurden.




 

2006 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese 

Bernsteinfarben
Recht intensiver und reintöniger Duft nach Trockenfrüchten (Aprikose!), auch nussige Noten und etwas Orange. Das fügt sich zu einer sehr schönen Komposition
Am Gaumen ist das pure Harmonie aus Frucht, Süße und einer Säure, die das Ganze perfekt abrundet. Minutenlanger Nachhall.
Das ist eine große Riesling Auslese. Das Spektakuläre daran ist, das nichts daran spektakulär ist. Es gibt nichts Lautes oder gar Vorlautes - aber es ist alles da, in der richtigen Menge, an der richtigen Stelle und perfekt proportioniert. 

95-97 und ein Fall für meine persönliche Riesling Hall of Fame. Sollte m.E. in den nächsten Jahren ausgetrunken werden


1998 Chateau Pavie Macquin  

Schönes, kräftiges Rot mit nur ganz dezenten Reifenoten
Komplexer und "vornehmer" Duft mit Noten von dunklen Früchten, Blut und Gewürzen. Mit mehr Luft dominieren die dunklen Früchte und es komt eine Schokoladennote hinzu 
Auch am Gaumen grosses Kino: Eine köstliche Kombination aus gaumenfüllender Frucht, einem Hauch Schokolade und etwas Teer(?). Noch präsentes Tannin und eine frische Säure geben dem Wein eine sehr schöne Struktur.
Jetzt auf den Punkt gereift. 

95-97, ist jetzt auf dem Höhepunkt und sollte wohl in den nächsten Jahren getrunken werden

Donnerstag, 26. Mai 2022

Ortsweintour

Das Rüdesheimer Weingut Georg Breuer - ohne Zweifel einer der besten Rheingauer Betriebe - bietet drei Ortsweine aus den Gemeinden Lorch (ganz im Nordwesten des Rheingaus und wohl nur deshalb dem Rheingau - und nicht dem Mittelrhein - zugehörig, weil es zu Hessen gehört), Rüdesheim und Rauenthal. Diese drei Weine einmal nebeneinander zu probieren hatte ich mir schon länger vorgenommen. Heute ergab sich die Gelegenheit. Eine ähnliche Weinreise hatte ich vor längerer Zeit übrigens auch schon einmal mit Weinen des Weinguts Balthasar Ress unternommen (guckstu hier): 

 


 

2019 Georg Breuer Riesling Estate Lorch 

Mittelgelb
In der Nase Zitrus, etwas Orange, Kräuter
Am Gaumen sehr präsent mit prägnanter Säure und kräuterwürziger Aromatik

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rüdesheim

Mittelgelb
In der Nase recht verhalten, kräuterwürzig, etwas Limette
Eher verhaltener Auftakt am Gaumen, aber dann baut sich einiges an Druck auf, in der Aromatik wieder Kräuter und Limette, recht lang, gediegen 

87-89, bis 2025+


2019 Georg Breuer Riesling Estate Rauenthal

Mittelgelb
In der Nase dezent gelbfruchtig mit deutlicher schiefermineralischer Prägung
Wirkt am Gaumen etwas weicher gezeichnet als die beiden anderen Weine, gelbfruchtige Aromatik, recht lang und mit ganz dezenter Süße im Abgang, sehr stimmig und der charmanteste der drei Weine 

88-90, bis 2025+


Fazit: Das sind drei hervorragende Ortsweine. Auch wenn sie sich erkennbar unterscheiden ist ihnen doch gemeinsam, dass sie sehr geradlinig unf knackig sind. Mit gefällt der Rauenthaler noch etwas besser als die beiden anderen Weine, aber das ist wohl eher eine Frage des Stils als der Qualität. Allerdings würde ich tippen, dass der Rauenthaler der "massentauglichste" der drei Weine ist.

Montag, 2. Mai 2022

Bordeaux 2003 (Teil 1)

Mit dem Jahrgang 2003 habe ich so meine Probleme. Anfangs wurden die Weine aus dem Hitzejahr bejubelt, konnten dann aber nicht immer halten, was sie versprachen. Um unsere 2003er Bordeaux habe ich daher auch lange einen Bogen gemacht (wie auch um manchen Riesling aus dem Jahr, guckstu hier). Nun aber war mal wieder eine "Wasserstandsmeldung" gefragt, und so haben wir in recht kurzer Folge fünf 2003er überprüft. Drei weitere gibt es noch, die kommen dann irgendwann im zweiten Teil zusammen mit dem auf Wiedervorlage gelegten (s.u.) Giscours.



2003 Chateau Charmail 

Recht dunkles Rot mit leichtem bräunlichen Reifeschimmer
In der Nase Cassis, Brombeeren, Leder; wird mit Luft intensiver. Sehr typisch linkes Ufer
Auch am Gaumen sehr typisch, dunkelfruchtig, noch präsentes und leicht trocknendes Tannin
Wirkt angesichts des heißen Jahres durchaus klassisch mit moderatem Alkoholgehalt (13%). Knapp mittellanger Abgang 

87-89, sicher noch weitere 2-3 Jahre in guter Trinkreife

 

2003 Chateau Grand-Puy Ducasse 

Noch recht dunkles Rot mit Reifenoten am Rand
Sehr typische Nase mit Noten von dunklen Früchten und Leder, wird mit Luft vielschichtiger
Wirkt am Gaumen trotz des Hitzejahres klassisch, mit Noten dunkler Früchte, noch sehr präsenten (und leicht trocknenden) Tanninen und einer belebenden Säure.
Sehr schöner Wein, den ich nie im Jahr 2003 verortet hätte. Jetzt in sehr schöner Trinkreife, hält bei guter Lagerung aber sicher noch ein paar Jahre dieses Niveau. 

90-92, bis 2025+


2003 Chateau Moulin Haut Laroque 

Recht dunkles. aber deutlich gereift wirkendes Rot mir Brauntönen
In der Nase von mittlerer Intensität, dunkle Kirsche und Pflaume
Am Gaumen sehr präsent wirkend, noch spürbarer Gerbstoff-Grip, dunkelfruchtig, mittlere Länge, der recht hohe Alkohol ist gut integriert 
Stilistisch natürlich anders, aber im Niveau ähnlich wie der oben beschriebene Charmail. 

87-89, sollte m.E. bald getrunken werden

 

2003 Chateau Giscours 

Auch hier mittleres bis dunkles, deutlich gereift wirkendes Rot mit Brauntönen
In der Nase ein dunkelfruchtiger Grundton, daneben kräutrig-gewürzige Noten
Am Gaumen recht kraftvoll mit noch präsentem feinsandigem Tannin. Wenig Frucht, dafür Noten von Kakao und Schololade, recht lang.
Der Wein ist noch völig intakt mit Potential für weitere Jahre, aber er wirkt bei aller Qualität weniger typisch (oder "klassisch") als der Grand-Puy Duvasse 

88-90, in den nächsten 3-5 Jahren trinken 


2003 Chateau Duhart-Milon

Mittleres bis dunkles, noch recht jung wirkendes Rot
In der Nase recht ausgeprägt, zunächst dominieren ein minzig-mentholischer Ton und grünliche Noten. Mit Luft kommt dann eine sehr schöne dunkle Frucht zum Vorschein, die mit dem minzig-mentholischen Ton gut harmoniert. Daneben etwas Bleistift. Insgesamt sehr stimmig, elegant und durchaus tiefgründig.
Am Gaumen sehr schöne Kombination aus Kraft und Eleganz (die sprichwörtliche Faust im Samthandschuh); dunkle Früchte, etwas Waldboden, stützende und fast seidige Tannine, lang.
Sehr schöner Pauillac mit für das warme Jahr moderatem Alkoholghalt von 13%. 

93-95, derzeit besser dekantieren; wird sicher bis Ende des Jahrzehnts Freude machen 


Fazit: Charmail und Moulin Haut-Laroque liefern etwa auf dem Niveau, das man erwartet. Positiv überrascht hat mich der Grand-Puy Ducasse, der nicht nur sehr schön ist, sondern dem man auch das Hitzejahr nicht anmerkt. Noch besser (aber auch ein gutes Stück teurer) ist der Duhart-Milon. Giscours hat mich etwas enttäuscht. Da aber mein Eindruck deutlich von anderen Beschreibungen dieses Weins abweicht, will ich nicht ausschliessen, dass ich einfach eine schlechte Flasche erwischt habe und werde den Wein daher demnächst noch einmal prüfen.