Montag, 21. Dezember 2020

Eine Winzerlegende ist gegangen

Seitdem ich Wein trinke (und das tue ich schon ziemlich lange) war das Weingut Fritz Haag (zusammen mit J.J. Prüm und Egon Müller) für mich der Inbegriff des Mosel-Rieslings. Nur Riesling (jedenfalls zu Zeiten Wilhem Haags - später kam auch etwas Weissburgunder dazu). Nur zwei Lagen, Brauneberger Juffer und Juffer-Sonnenuhr. Andere Weingüter kamen und gingen (jedenfalls in meiner Wahrnehmung), aber diese drei waren die Felsen in der Brandung. Und untrennbar verbunden mit dem 1605 erstmals erwähnten Weingut Fritz Haag ist die Person von Wilhelm Haag, dem Mann, dem man einen gefürchtet festen Händedruck nachsagte. Er, geboren 1937, leitete das Weingut seit Ende der 50er Jahre, bevor er es 2005 an seinen jüngeren Sohn Oliver übergab. Unter seiner Regie sind großartige rest- und edelsüße Rieslinge entstanden. 20 Jahre war er Vorsitzender des Großen Rings. Für mich war er immer Inbegriff einer Winzerpersönlichkeit.

Wilhelm Haag ist am 16. Dezember verstorben, aber er lebt weiter in der Erinnerung, in vielen großartigen Weinen aus seiner Schaffenszeit und auch in den Weinen, die seine Söhne im Familienweingut Fritz Haag und im Weingut Schloß Lieser erzeugen.

 

Wilhelm Haag im März 2018
 

Dieser Post ist natürlich unvollständig ohne eine Verkostungsnotiz zu einem Wein aus der Ära Wilhelm Haags. Die gibt es auch in unserem Keller, aber von dem bin ich bis Ende Januar viele tausend Kilometer entfernt. Daher muss der Post bis Februar unvollständig bleiben.  

So, und hier ist jetzt, mit acht Wochen Verspätung, das Update: 



2002 Fritz Haag Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Riesling Spätlese

Reifes Goldgelb
In der Nase ganz klassisch, gelbe Steinfrüchte, ein Hauch reife Ananas, Buttergebäck
Am Gaumen gereifte gelbfruchtige Aromen, die Süße ist nur noch dezent wahrnehmbarr und wird von einer ausgeprägten Säure in Schach gehalten.
Sehr schön gereifte Spätlese

89-91, in den nächsten Jahren trinken

 

Sonntag, 29. November 2020

Chateau du Cèdre

Das Chateau du Cèdre in Cahors ist mir schon lange ein Begriff, aber ich habe noch nie einen der Weine produziert. Dabei gibt sich doch einer meiner Stammhändler alle erdenkliche Mühe, die Weine regelmäßig und in den höchsten Tönen anzupreisen (etwa "Weltklasse-Wein" für den Le Cèdre 2016). Also wollte ich dann doch mal einen Versuch starten. Es gibt meines Wissens fünf "reguläre" Rotweine, angefangen vom "Marcel" für knapp 6 Euro über den 2 Euro teureren "Héritage" und den "Chateau du Cèdre" zu 15,50 bis hin zu den Spitzenweinen "Le Cèdre" (33 Euro) und der mehr als doppelt so teuren "Grande Cuvée". Daneben gibt es ungeschwefelte Weine, die als "Extra Libre" bezeichnet werden. Alle Weine bestehen ganz oder ganz überwiegend als Malbec, teilweise mit kleinen Beimischungen von Merlot. Die Rebsorte Malbec hat angeblich in Cahors ihre Heimat (und wird hier eher als Cot bezeichnet). Das bekannteste Anbaugebiet ist jedoch heutzutage Mendoza in Argentinien.

Zum Probieren gekauft habe ich mir die Nr. 2 und 4 der "regulären" Roten, also den Héritage und den Le Cèdre, jeweils aus dem als sehr gut geltenden Jahr 2016.

 


 

 

2016 Cèdre Héritage
Recht dunkles Rot mit ganz leichtem Violettschimmer
In der Nase recht intensiv, aber eher einfach gestrickt, dunkle Früchte, Maraschino-Kirsche, etwas Vanille
Wirkt am Gaumen sehr rund mit weichem Tannin, einer schönen und leicht säuerlichen Frucht, eher kurz
Gut gemachter, leicht rustikaler Wein, der für seinen Preis (unter 8 €) ordentlichen Gegenwert bietet.
84-86, bis 2022

2016 Le Cèdre
Dunkles Rot mit recht deutlichem Violettschimmer
In der Nase komplexer und vielschichtiger als der Héritage, aber mir durchaus ähnlicher Aromatik: dunkle Früchte, eingelegte Kirschen, aber auch kräutrige Noten
Kraftvoller Auftakt am Gaumen, saftige Frucht, der eine feine Säureader Frische verleiht. Noch recht viel reifes Tannin, das dem Wein Struktur verleiht, deutlich länger als sein "kleiner Bruder".
88-90, bis 2030+

Fazit: Beides sind in ihrer jeweiligen Kategorie gute Weine, aber IMHO keine Preis-Leistungs-Wunder


Sonntag, 25. Oktober 2020

Old School

Heute gab es Lamm und dazu sollte es Bordeaux sein. Nachdem ich schon länger um die Flasche herumgeschlichen bin, habe ich mich dann für diesen 1986er Cos d'Estournel entschieden. 1987 in der Subskription gekauft (für 40 DM - das waren noch Zeiten).

An diese Subskription erinnere ich mich auch deswegen noch, weil mein Vater damals (anders als in den Jahren davor) keine Bordeaux subskribiert hat, weil er meinte, er sei zu alt, um sie in ihrer Trinkreife zu geniessen. Dazu sind zwei Dinge zu sagen. Erstens bin ich heute ein paar Jahre älter als er damals war und habe kräftig 2019er subskribiert. Zweitens trinkt mein Vater auch heute noch gerne guten Wein und wird es hoffentlich auch noch lange tun. 



 

1986 Chateau Cos d'Estournel 

Kräftiges mittleres bis dunkles Rot, am Rand orange-braune Reifenoten
Intensiver Duft mit Noten von Leder, Zedernholz, roten und dunklen Früchten und etwas Tabak
Am Gaumen kraftvoll und intensiv ohne irgendwie "dick" zu sein, sehr typische Aromatik mit dunklen Früchten, etwas Kakao. Jetzt in perfekter Trinkreife; sehr harmonisch mit nur noch verhaltenem, mürben Tannin.
Das ist großartiger Old-School-Bordeaux, der bei guter Lagerung noch einige Jahre vor sich hat. 

94-96, bis 2025+ 

Die gute Nachricht zum Schluss: Das war nicht die letzte Flasche

Donnerstag, 22. Oktober 2020

Klassenunterschied?

Zu Clos Fourtet, einem Premier Grand Cru Classé B aus Saint-Émilion, habe ich eigentlich keine Beziehung und habe auch noch nie einen Wein des Gutes getrunken. Aber ich habe, warum auch immer, sechs Flaschen des 2008ers subskribiert. Gestern habe ich dann endlich die erste Flasche geöffnet - und war "underwhelmed".  Ich wollte dann wissen, ob das am Wein oder am Jahrgang liegt (obwohl 2008 jetzt nicht direkt als schlecht gilt) und habe daher heute den 2008er Pavie Macquin geöffnet. Das Ergebnis des Vergleichs war ziemlich eindeutig.

 


 

 

2008 Clos Fourtet

Mittleres bis dunkles Rot
In der Nase florale Noten, dunkle Früchte (Brombeeren), etwas nasser Stein, das Ganze von eher mittlerer Intensität. Am dritten Tag wirkt das intensiver und es kommen rotfruchtige Nuancen hinzu.
Am Gaumen eher zurückhaltend, nicht sehr ausgeprägte Frucht und eher verhaltenes Tannin. Auch hier wirkt der Wein am dritten Tag intensiver und nachhaltiger.
Am ersten Tag notierte ich "Das ist ein schöner Wein, aber wenn 1er Grand Cru Classé auf dem Etikett steht, erwartet man doch etwas mehr." Am dritten Tag präsentierte der Wein sich dann besser. Die nachfolgende Bewertung ist entsprechend angepasst.   
90-92, bis 2025+


2008 Chateau Pavie Macquin

Mittleres bis dunkles Rot, leichte Randaufhellung mit Orange-Noten
In der Nase recht ausgeprägt, rote und dunkle Früchte, auch florale Noten; wirkt noch etwas monolithisch und wenig ausdifferenziert. Am zweiten Tag schälen sich rotfruchtige Noten heraus, etwas Tabak.
Am Gaumen konzentriert; intensive, aber noch nicht ganz aufgefächerte Fruchtnoten, viel (reifes) Tannin, lang,ein Kraftpaket. 
Sehr schöner Wein mit Potential, aber eher auf der mächtigen Seite 
92-94, bis 2030+ 


Fazit: Anfangs schien mir das ein echter Klassenunterschied zu sein, aber der Clos Fourtet legte über zwei Tage zu und konnte den Abstand zumindest verringern.

Samstag, 10. Oktober 2020

Die zarteste Versuchung...

Das Weingut Hofgut Falkenstein an der Saar kannte ich vom Hörensagen. Zwei Dinge waren dabei interessant. Erstens bewirtschaftet das Gut Lagen, die (jedenfalls in meiner Wahrnehmung) nicht zu den grossen Namen der Saar gehören. Und zweitens waren die Weine offenbar schwer zu bekommen, weil immer schnell ausverkauft. Nachdem nun aber Mosel Fine Wines (ein frei erhältlicher und sehr empfehlenswerter regelmäßiger Führer zu den Weinen von Mosel, Saar und Ruwer, der von zwei Enthusiasten herausgegeben wird, guckstu unbedingt hier) galaktische Bewertungen für die 2019er veröffentlicht hat, habe ich mich dann doch mal auf die Suche gemacht und bei verschiedenen Quellen den ein oder anderen Wein aufgetrieben. Es gibt, obwohl das Gut mit etwa 9 Hektar Rebfläche nicht besonders groß ist, jedes Jahr ziemlich viele verschiedene Weine. Es wird nämlich quasi jedes einzelne Faß separat abgefüllt, so dass es zum Beispiel mehrere feinherbe Spätlesen aus der Lage Niedermenniger Herrenberg gibt. Die Fässer wiederum haben Namen, die sich (jedenfalls teilweise) auf den Etiketten wiederfinden und zu so kuriosen Bezeichunugen wie "Meyer Nepal" oder "Mutter Anna" führen.




2019 Krettnacher Euchariusberg Riesling Spätlese -6-
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase eher leise, aber delikat und vielschichtig, gelbe Früchte (Pfirsisch) und ein Hauch Mango
Am Gaumen fast tänzerisch leicht, auch hier wieder gelbfruchtig mit klarer Pfirsischnote, recht dezent wirkende Süße, pikante Note im Abgang.
89-91, bis 2030+

2019 Niedermenniger Herrenberg Riesling Spätlese feinherb "Meyer Nepal"
Helles Gelb mit grünlichen Reflexen
In der Nase zurückhaltender, aber animierender Duft nach Limette, grünen Äpfeln und Kräutern, auch nasse Kieselsteine
Am Gaumen leichtgewichtig, tänzelnd, von einer laserartigen, vibrierenden Säure getragen, sehr dezent schmeckbare Restsüße (analytisch sind es meines Wissens 27 g/L), Aromen von Äpfeln. Ein "zarter" Wein, filigran, elegant und mit angesichts des schlanken Baus und des sehr niedrigen Alkoholgehalts (8,5% laut Etikett) erstaunlicher Länge.
91-93, bis 2030+

2019 Krettnacher Euchariusberg Riesling Kabinett -Athuro-
Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
Eher zurückhaltender, aber animierender Duft nach gelben Früchten (Pfirsisch) und Kräutern
Am Gaumen leichtgewichtig, wieder gelbfruchtig, hervorragende Süße-Säure-Balance; die Süße (etwa 40 g/l) wird durch die rasante Säure soweit gezähmt, dass ein fast feinherber Geschmackseindruck entsteht. Für einen so leichten Wein erstaunliche Länge
89-91, bis 2030+

2019 Niedermenniger Herrenberg Riesling Kabinett trocken "Mutter Anna"
Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
In der Nase zurückhaltender, aber delikater Duft, grüner Apfel, Limettenschale
Am Gaumen leichtgewichtig aber dennoch mit geschmacklicher Tiefe, ausgeprägte Säure, wieder Limette, Kräuter. In seiner verspielten, leichten Art (11% Alkohol) extrem trinkanimierend und überraschend lang. 
90-92, bis 2025+

2019 Niedermenniger Herrenberg Riesling Spätlese feinherb "Palm"
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase verhalten, gelbfruchtig, Pfirsisch, Kräuter
Auch am Gaumen gelbfruchtig, ausgeprägte Säure, Süße sehr dezent, animierend
89-91, bis 2030+

2019 Niedermenniger im Kleinschock Riesling Kabinett
Helles Gelb mit leichtem Grünschimmer
Zurückhaltender, aber sehr animierender Duft nach Kräutern, etwas Limettenschale
Ausgeprägte Säure läßt einen fast halbtrockenen Geschmackseindruck entstehen; kühle Stilistik, gelbfruchtige Aromatik
87-89

2019 Niedermenniger Herrenberg Weißburgunder Spätlese trocken
Recht helles Gelb
In der Nase eher zurückhaltend, reife Melone, Sommerwiese
Am Gaumen kräftige, für Weißburgunder ungewöhnliche Säure, die Frucht tritt hier etwas in den Hintergrund. Frisch und animierend.
84-86, bis 2023

Fazit: Ich kann jetzt sehr gut verstehen, warum die Weine immer so schnell ausverkauft sind. Das sind hervorragende Rieslinge (der Weissburgunder hat mich nicht so begeistert), die einen ganz anderen Stil verkörpern als zum Beispiel van Volxem. Wenn ich nur ein Wort für die Beschreibung der Weine verwenden dürfte, wäre das "zart". Die zarteste Versuchung seit es Riesling gibt, sozusagen.







Der nächste 15er

Weine von Balthasasr Ress stehen nicht auf meiner jährlichen Einkaufsliste. Nicht, weil sie schlecht wären, sondern weil Budget und Lagerkapazität nun mal nicht unbegrenzt sind. Das 2015er GG aus dem Hattenheimer Nussbrunnen bekam nun aber so positive Resonanz (zum Beispiel 98 Punkte bei Wein Plus), dass ich dann doch drei Flaschen davon gekauft habe.  Nach der positiven Erfahrung mit dem 2015er Morstein von Wittmann vor Kurzem (guckstu hier) hoffte ich auf einen ähnlich grossartigen Riesling - und wurde nicht enttäuscht.


 

 2015 Balthasar Ress Hattenheimer Nussbrunnen Riesling GG 

Reifes Goldgelb
Am ersten Tag sehr ausgeprägte und vor alllem von Kräutern geprägte Nase; am zweiten Tag kommt kandierte Zitrusfrucht hinzu
Am Gaumen ein perfekt balancierter Wein mit hervorragend integrierter Säure, Schmelz und mineralischem Fundament, aromatisch auch hier eher kräutrig als fruchtig. Bei cellartracker hat jemand über diesen Wein geschrieben "power without weight", und das trifft es sehr gut.
93-95, bis 2030 

Fazit: Grosses Riesling-Kino abseits des Rheingauer Mainstreams mit Potential für viele weitere Jahre. Ich habe tatsächlich gegoogelt und einen Händler gefunden, bei dem ich noch drei Flaschen nachbestellen konnte. Wenn ich eine Probe mit 2015er Riesling GGs organisieren würde, würde ich diesen Wein in einen Flight mit Peter Jakob Kühns "Nikolaus" packen.

 

Montag, 5. Oktober 2020

Gelungener Nachkauf

Ich hatte seinerzeit (also 2016) keinen Morstein gekauft und mir später mit Mühe eine Flasche für die Vertikale besorgt - der Wein war quasi vom Markt verschwunden. Vor etwa einem Jahr habe ich den 2015er Morstein dann aber zufällig auf der Webseite eines grossen Händlers entdeckt und gleich "zugeschlagen". Nachdem nun sieben Flaschen im Keller lagen, war die Zeit zum Test gekommen - und der Test wurde mit Bravour bestanden.

 


2015 Wittmann Westhofener Morstein Riesling GG
Reif wirkendes Goldgelb
In der Nase ausgeprägte Frucht, zunächst Mirabelle und gelbe Steinfrüchte. Anfangs eine leicht medizinal wirkende Note, die aber mit mehr Luft verschwindet und kräutrigen Noten weicht
Entwickelt am Gaumen viel Zug, wieder gelbe Früchte, etwas Zitrus, im langen Abgang eine deutliche, kalkige Mineralität, hervorragend integrierte Säure.
93-95, bis 2025+

 

 

Sonntag, 13. September 2020

Der Lack ist ab?

Vor den Weinen von Schloß Johannisberg habe ich immer großen Respekt gehabt, zum einen wegen der großartigen Lage des Gutes, zum anderen, weil ich in den ersten Jahren meiner Weintrinkerkarriere sehr gute Weine von hier getrunken habe (guckstu hier).

Die Weine unterschiedlicher Qualitätsstufen sind an Kapseln unterschiedlicher Farbe erkennbar. Der Qualitätswein etwa wird als "Gelblack" bezeichnet, der Kabinett als "Rotlack" und so weiter. Das seit 2012 nach VdP-Regeln produzierte Große Gewächs (zuvor gab es ein "Erstes Gewächs" nach den Regeln des Rheingauer Weinbauverbands) trägt die Bezeichnung "Silberlack". Davon habe ich mir vor einiger Zeit je eine Flasche 2014er und 2015er gekauft, um die Weine in Ruhe zu probieren.

 


2014 Schloß Johannisberg Riesling GG 

Goldgelb
In der Nase recht ausgeprägt mit Noten von Kräutern (Thymian?) und kandierten Zitrusfrüchten
Am Gaumen recht ausladend, auch hier wieder kandierte Zitrusfrüchte, lebhafte Säure gepaart mit dezentem Schmelz, harmonisch und recht lang.
Schöner Riesling, der sich jetzt sehr gut trinkt.

90-92, bis 2023+

 

2015 Schloß Johannisberg Riesling GG 

Recht reif wirkendes Goldgelb
In der Nase sehr verhalten mit Noten reifer gelber Früchte
Auch am Gaumen eher unauffällig. Da ist zwar ein solider Rohbau mit gut abgestimmter Säure und dezenter Phenolik, aber es fehlt völlig an Frucht. Das macht so keinen Spaß und man kann nur hoffen, dass das ein Flaschenfehler war, vielleicht ein "Korkschleicher". 

80-82???, wegen der Möglichkeit eines Flaschenfehlers aber mit Vorsicht zu interpretieren


Fazit: Der 2014er ist ein schöner Wein und wird seinem Status als Großes Gewächs ohne Zweifel gerecht. Der 2015er ist in dieser Verfassung eine ziemliche Katastrophe. Normalerweise würde man in einer solchen Situation eine zweite Flasche öffnen um zu prüfen, ob ein Flaschenfehler vorlag. Da das beides Einzelflaschen waren, ging das leider nicht.

 

Donnerstag, 10. September 2020

Closer Encounter

Kürzlich hatte ich hier über meine erste Begegnung mit den Weinen von Carsten Saalwächter geschrieben (guckstu hier) und dabei eine eingehendere Beschäftigung mit seinen Weinen angekündigt. Zwischenzeitlich habe ich vier weitere Weine probiern können, einen Chardonnay und drei Spätburgunder. Bei letzteren handelt es sich zum einen um den Wein, den das Gut auf der anderen Rheinseite in Assmannshausen erzeugt, zum anderen um die Alten Reben und den "R" aus den rheinhessischen Stammlanden des Ingelheimer Gutes.




 

 

2018 Saalwächter Chardonnay
Strohgelb
In der Nase etwas Zitrus, Haselnuß, dezenter Holzeinfluss
Am Gaumen mittelgewichtig, wieder nussig, Zitrus, hervorragend eingesetztes Holz. Ein Tick mehr Säure hätte gutgetan. Schöner Wein, aber es fehlt die Mineralik und Spannung des Weissburgunders.
87-89. bis 2023+

2017 Saalwächter Assmanshausen Pinot Noir La Premiere
Mittleres Rot, zum Rand hin Rosa
In der Nase mittlere Intensität mit Aromen von vor allem Kirschen und Kirschkernen, etwas Lakritz, dezente Holzprägung
Auch am Gaumen kirschfruchtig, ein Hauch Bittermandel, auch hier wahrnehmbarer Holzeinfluss. Die Frucht wird von einer gut portionierten Dosis Tannin und feiner Säure in der Spur gehalten. Sehr feiner Spätburgunder mit Potential für einige Jahre.
89-91, bis 2025

2017 Saalwächter Spätburgunder Alte Reben
Mittleres Rot, am Rand ins Rosa übergehend
In der Nase recht ausgeprägt, Trockenkräuter, etwas Kirsche, Wacholder und eine dezent etherische Note. Spürbare, aber dezente Holznote (Kokos?)
Am Gaumen holz- und kräuterwürzig, noch leicht bitter, dahinter fleischig und mit guter Länge.
Gut, deutlich weniger kirschfruchtig als der "einfache" Spätburgunder und der Assmannshäuser, braucht aber noch etwas Zeit um das Holz besser einzubinden.
87-89+, 2022-2026+

2017 Saalwächre Spätburgunder "R"
Mittleres Rot, am Rand rosa
In der Nase recht intensiv und komplex, Sauerkirsche, dunkle Fruchtnoten, ein Hauch Lakritz
Am Gaumen klar strukturiert, Melange von roten und dunklen Früchten, zurückhaltendes aber strukturgebendes Tannin, passende Säure. Perfekt dosierter Holzeinsatz, lang. Im übrigen mit 12,5% auch wohltuend moderat im Alkohol.
91-93, bis 2027+

Fazit: Bei den Weißweinen gefiel mir der Weißburgunder aus meiner ersten Begegnung mit den Weinen des Gutes besser als der Chardonnay. Die Spätburgunder sind durch die Bank gut, wobei der im Juni verkostete "einfache" Spätburgunder das vielleicht beste Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Auf jeden Fall sollte man das Gut im Auge behalten.



Freitag, 14. August 2020

Gereifter Veltliner

Der Grüne Veltliner ist eine echte österreichische Spezialität. Hier ist sie die mit weitem Abstand wichtigste Rebsorte. Aus ihr werden (auch) Spitzenweine gekeltert, denen man grosses Reifepotential nachsagt. Zwei 10 Jahre alte Vertreter der Rebsorte kamen in den letzten Tagen auf den Prüfstand.



2010 Emmerich Knoll Grüner Veltliner Smaragd Loibner Schütt
Goldgelb
In der Nase recht zurückhaltend, etwas Bienenwachs, Apfel, Aprikose
Am Gaumen recht voluminös, viel Schmelz, aber auch kräftige Säure. Eher zurückhaltende und schwer identifizierbare Aromatik, herbe Note im recht langen Abgang.
87-89, bis 2022+


2010 Rudi Pichler Grüner Veltliner Smaragd Wosendorfer Kollmütz
Reifes Goldgelb
In der Nase mittlere Intensität, Noten von gelben Früchten (Marille aka Aprikose)
Am Gaumen recht ausladend mit leicht viskoser Textur, Schmelz, im Abgang wird der recht hohe Alkohol (14%) spürbar. Recht lang. nach zwei Tagen entwickelt sich ein deutlich wahrnehmbares Pfefferl, die leichte alkoholische Bitternote bleibt leider.
86-88, trinken

Fazit: Von beiden Weinen hatte ich mir mehr versprochen. Der Kollmütz ist vielleicht schon etwas "über den Punkt" gereift. Aromatisch ist das ein schöner Wein, aber der hohe Alkohol macht sich mittlerweile störend bemerkbar. Das Problem hat der Schütt nicht, aber da fehlt es mir an aromatischer Intensität.

Mittwoch, 12. August 2020

Leo will Barton

Kurz vor Beginn des Corona-Lockdowns konnte ich zu einem sehr fairen Preis zwei Jahrgänge von Leoville-Barton kaufen. Den 2002er (ein eher kleiner Jahrgang, in dem Leoville-Barton nach verbreiteter Kritiker-Meinung aber sehr gut "abgeliefert" hat) hatte ich noch gar nicht, vom 2005er (einem grossen Jahr, dessen Weine aber Zeit brauchen) hatte ich vorher bereits ein paar Flaschen, aber hatte den Wein bis dahin noch nicht getrunken.




2002 Chateau Léoville Barton
Mittleres bis dunkles Rot mit Andeuting von Reifenoten am Rand
In der Nase im besten Sinne klassisch, Zedernholz, rote Früchte.
Am zweiten Tag eher intensiver, es kommen Noten von Waldboden hinzu.
Am Gaumen recht ausladend mit dezenter Fruchtsüße, noch leicht wahrnehmbare Holznote (die am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar ist). Der Wein wirkt insgesamt noch recht jung, mit strukturgebenden Tanninen und einer frischen Säureader. Mittlere Länge mit einer leicht salzigen Note im Abgang. Das ist ein schöner, klassischer Saint Julien, der aber nicht die Intensität und Komplexität der grossen Jahrgänge erreicht. Sehr schöner Wein aus eher kleinem Jahrgang.
91-93, bis 2025


2005 Chateau Léoville Barton
Dunkles Rot mit ganz leichter Reifenote am Rand.
Unmittelbar nach dem Öffnen intensive Cassisfrucht, die von einer dezenten Holznote begleitet wird. Das wirkt bei aller Intensität noch kompakt und eher unentwickelt. Mit mehr Luft wird der Duft intensiver, es kommen dunkle Kirschen hinzu. Am zweiten Tag dann eine recht druckvolle Nase mit dunklen Früchten und einer dezenten Gewürznote.
Am Gaumen ebenfalls noch spürbarer (aber nicht störender) Holzeinfluß, dunkelfruchtig und mit einer Wagenladung reifen Tannins. Der Wein läßt sich zwar jetzt schon gut antrinken, wirkt aber selbst am zweiten Tag noch eher monolithisch und ist definitiv für die Langstrecke gebaut.
93-95+, 2025-2035+


Sonntag, 9. August 2020

La Gaffelière

Der 2017er La Gaffelière wurde während der Primeur-Verkostungen vor zwei Jahren recht unterschiedlich beurteilt. Von Begeisterung, etwa in der Revue du vin de France (die den Wein prominent auf dem Titelbild plazierte und ihn gleichauf mit Ausone bewertete) oder bei Lisa Perotti-Brown im Wine Advocate (95-97+, "electric intensity") bis zu "unter ferner liefen" (Neil Martins 90-92 Punkte, "solid") reichten die Urteile. Eigene Erfahrung mit den Weinen des Gutes hatte ich nicht. Trotzdem habe ich in der Subskription ein paar Flaschen geordert. Und nun wollte ich wissen, was Sache ist.



2017 Chateau La Gaffelière
Mittleres bis dunkles Purpurrot mit Violettschimmer
Intensiver und delikater Duft, florale Noten, rote Früchte (süße Himbeeren)
Am Gaumen ausgesprochen konzentrierte, kompakte Fruchtnoten, rotfruchtig, kräutrige Würze, eher mittlerer Körper, reifes, gut verpacktes Tannin.
Das ist kein Powerhouse (wie etwa der kürzlich probierte 2016er Pavie Macquin, guckstu hier), sondern eher auf der delikaten Seite. Jetzt in der Fruchtphase schön zu trinken, aber da kann natürlich noch eine Verschlußphase kommen.
93-95, bis 2035+

Freitag, 10. Juli 2020

Klamm^2

Bei der Jahrgangspräsentation auf dem Weingut Dönnhoff gab es 2019 eine Neuheit, nämlich einen Kabinett aus der Lage Niederhäuser Klamm. Diese recht kleine Lage liegt direkt neben der Hermannshöhle, der Boden ist mit Porphyr durchsetzt. Sie ist als VDP Große Lage klassifiziert. Das Weingut hat diese Lage schon länger im Portfolio (wie lange weiß ich nicht), aber vor dem Jahrgang 2018 meines Wissens keine Weine unter dem Lagennamen abgefüllt. Der 2018er Kabinett nun gefiel mir bei der Jahrganspräsentation sehr gut, besser sogar als der Kabinett aus dem Oberhäuser Leistenberg.
Auf dem Heimweg von der Jahrgangspräsentation habe ich (wie eigentlich immer) beim Weingut Jakob Schneider in Niederhausen Halt gemacht - ein Familienbetrieb, der sehr gute Weine zu sehr kundenfreundlichen Preisen anbietet und in dem man mit einer heute leider selten gewordenen Herzlichkeit empfangen wird. Dort gab es nun ebenfalls einen Kabinett aus der Lage Klamm, und auch davon habe ich ein paar Flaschen gekauft. Letzten Freitag, etwa ein Jahr nach dem Kauf, stand eine kleine Blindprobe auf dem Programm.





Wein 1: 2018 Jakob Schneider Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Helles Gelb mit grünlichen Reflexen
Zunächst zurückhaltender Duft mit Noten von Apfel und gelben Früchten (Pfirsisch). Mit etwas Luft und steigender Temperatur wird der Duft etwas intensiver und es tritt eine mineralische Note hinzu.
Am Gaumen harmonische Süße-Säure-Balance, wiederum Apfel und dezent gelbfruchtige Noten, nicht sehr langes Finale
85-87, bis 2025


Wein 2: 2018 Dönnhoff Niederhäuser Klamm Riesling Kabinett
Ebenfalls helles Gelb mit grünlichen Reflexen, praktisch ununterscheidbar
Etwas ausgeprägterer und deutlicher gelbfruchtiger Duft mit mineralischem Sidekick, der mit Luftzufuhr ausgeprägter wird.
Etwas mehr Restsüße als der erste Wein, aber auch hier ausgewogenes Süße-Säure-Verhältnis, gelbfruchtig mit pikanter Note im Finale, recht langer Abgang.
Insgesamt der komplexere und etwas spannendere Wein.
87-89, bis 2025+

Fazit: Die Klamm von Dönnhoff gefällt mir etwas besser. Der Wein ist aber auch ein Stück teurer (13,50 im Vergleich zu 9 Euro). Auf jeden Fall sind beide Weine ihr Geld wert.

Donnerstag, 2. Juli 2020

La Vie en Rosé

Rosés sind seltene Gäste in unseren Gläsern. Dass es in den letzten Wochen gleich drei waren ist eine echte Ausnahme und in allen drei Fällen meiner Neugier geschuldet. Den "Bone Dry" von Buhl habe ich vor einiger Zeit als "Beifang" bei einer Bestellung mitgeordert. Er wird angeblich aus 100% Spätburgunder hergestellt, was auf dem Etikett allerdings nicht angegeben ist. Den Gran Reserva-Rosé von Lopez de Heredia wollte ich schon länger probieren. Er wird aus roten und weissen Trauben hergestellt und lange im Barrique ausgebaut. Der 2010er ist tatsächlich der aktuell im Verkauf befindliche Jahrgang. Mit einem Preis von über 40 Euro ist das allerdings auch kein ganz preiswertes Vergnügen. Der Spätburgunder Rosé von Keller kostet ab Weingut etwa ein Drittel davon. Er stammt aus der Lage Westhofener Morstein.



2010 Lopez de Heredia Vina Tondonia Rosé Gran Reserva
Kräftiges Rosa mit deutlichem Einschlag Richtung Orange.
In der Nase recht ausgeprägt und ausdrucksvoll, rote Früchte, Hagebutte(?), etwas Erdbeere, leicht oxidative, an Sherry erinnernde Note
Am Gaumen gut proporitoniert, mit recht lebhafter Säure, wieder etwas oxidativer Stil, dezente Tannine im langen Abgang
Das ist ein sehr guter und eigenständiger Rosé, mehr auf der intellektuellen Seite als auf der Easy-Drinking-Seite. Dürfte noch einige Jahre vor sich haben.
90-92, bis 2025+

2018 Bone Dry
Kräftiges Rosarot
Nicht sehr intensive und leicht dropsig wirkender Duft mit Aromen roter Früchte 
Am Gaumen angenehme, aber auch eindimensional wirkende Frucht. Betont trocken, anregender Säurebogen, leicht bittere Note im Finale
83-85, bis 2020

2019 Keller Spätburgunder Rosé
Recht helle, an Zwiebelschale erinnernde Farbe
Duft nach roten Früchten und etwas Zitrus
Am Gaumen ganz trocken, lebhafte Säure, eher zitrusartige Frucht, recht lang, Potential
86-88+, bis 2023+


Donnerstag, 18. Juni 2020

Ohne alles

Den Trollinger überlasse ich normalerweise gerne den Schwaben. Bislang habe ich nur einen im Keller gehabt, und das auch nicht aus eigenem Antrieb (guckstu hier). Aber der "Sine" von Aldinger hat mich dann doch interessiert. Ich weiß zwar schon länger, dass es den gibt, aber getrunken hatte ich ihn bislang noch nicht.
Der Sine ist formal ein Ortswein aus Fellbach und wird, wie der Name andeutet, "ohne alles" hergestellt: keine Entrappung, keine Chaptalisierung, keine Schwefelung, keine Filtration und so weiter. Ob das der Weinqualität zugute kommt oder nur Marketing ist, muss sich im Glas entscheiden.





2018 Aldinger Fellbacher Trollinger "Sine"
Helles bit mittleres Rot, am Rand Rosa
In der Nase leicht rauchig, recht ausgeprägte Noten von Kirsche und etwas Pflaumenkompott
Am Gaumen wieder Kirsche, dazu etwas Bittermandel, eine ausgeprägte Säure läßt den Wein frisch wirken, im Abgang ist dezentes Tannin bemerkbar.
Schöner. sehr trinkanimierender Wein mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt.
86-88, bis 2022

Fazit: Mangels hinreichender Kenntnis anderer Trollinger kann ich den Wein nicht mit anderen Weinen aus der gleichen Rebsorte (seien sie aus Württemberg oder aus Südtirol, wo die Rebsorte Vernatsch heisst) vergleichen. Was ich aber sagen kann ist, dass man hier einen sehr guten, charaktervollen und trinkanimierenden Rotwein bekommt, der einen guten Gegenwert für seinen Preis (14,10 ab Werk) darstellt.

Freitag, 12. Juni 2020

First Encounter

Seit einige Zeit begegnet mir hier und da der Name Saalwächter, ein mir zuvor unbekanntes Weingut im rheinhessischen Ingelheim. Insbesondere der Chardonnay des Gutes wurde sehr gelobt. Über das Weingut etwas herauszufinden ist nicht ganz leicht, denn die Webseite ist, höflich ausgedrückt, derzeit nicht sehr informativ.
Auf der Webseite von einem meiner Stammdealer fand ich dann nicht nur einige Weine des Gutes, sondern auch eine Beschreibung. Demnach hat der junge Winzer, Carsten Saalwächter, sein Handwerk bei renommierten Betrieben in Deutschland und Burgund gelernt und ist seit 2017 für die Weine des heimischen Betriebs verantwortlich. Dieser verfügt über 11,5 Hektar in Rheinhessen und eine gepachtete Fläche in Assmannshausen. Angebaut werden vorwiegend Sorten aus der Burgunderfamilie. Die Weine (jedenfalls die, die ich bislang gesehen habe) werden als "Landwein Rhein" vermarktet. Für meine erste Begegnung hätte ich eigentlich gerne den jeweils preiswertesten Weiß- und Rotwein gehabt. Bei den weißen wäre das aber ein Grauburgunder mit 14% Alkohol gewesen, was mir zuviel war. Daher habe ich einen 2018er Weißburgunder gewählt, der mit 19,80 Euro schon recht ambitioniert bepreist ist (zu Recht allerdings, wie man unten nachlesen kann). Er stammt von einer hochgelegenen und (schmeckbar) kalkhaltigen Parzelle und hat 12,5% Alkohol. Bei den roten habe ich den Basis-Spätburgunder aus 2017 für 13,90 gewählt.



2018 Saalwächter Weißer Burgunder
Recht kräftiges Gelb
In der Nase eher zurückhaltend aber sehr reintönig, kalkige Mineralik, sehr zurückgenommene gelbe Frucht 
Am Gaumen kühle Stilistik, ausgeprägt mineralische Note, eher schlanker Bau, wieder sehr zurückgenommene Frucht, dezente Zitrusnote, elegant, recht lang mit leicht salzigem Finale
Ein sehr schöner und eigenständiger Weißburgunder mit für die Rebsorte (jedenfalls nach meiner Erfahrung) eher untypischer Mineralik. Blind hätte ich wohl auf Chardonnay getippt.
89-91, bis 2025+

2017 Saalwächter Spätburgunder
Helles bis mittleres Rot, am Rand leichte Orange-Noten
In der Nase recht ausgeprägt, eher auf der dunkelfruchtigen Seite, Schwarzkirsche, Trockenkräuter
Am Gaumen schöne Frucht, Kirsche und Kirschkerne, eher kühle Stilistik, dezenter Tannin-Grip und eine belebende Säure, gewisse Länge
Schöner Spätburgunder, dessen Aromatik mich an Rheingauer Spätburgunder erinnert.
87-89, bis 2023+

Fazit: Das war zwar die erste, aber sicher nicht die letzte Begegnung mit dem Weingut Saalwächter. Die beiden Weine waren richtig gut und machen neugierig auf die höherwertigen Spätburgunder und den Chardonnay. Ich werde beizeiten berichten.


Samstag, 30. Mai 2020

Einen kleinen Blick riskieren

Leider fallen ja in diesem Jahr die meisten Jahrgansverkostungen aus, so dass es nicht leicht ist, sich ein Bild von der Qualität des Jahrgangs zu machen. In einem "Paket für Helden", das ich bestellt habe (https://www.heeswein.de/weingut/probierpakete/index.html) befand sich nun (unter anderem) eine Flasche 2019er Roxheimer Höllenpfad von Dönnhoff. Die ist natürlich kein vollwertiger Ersatz für die normalerweise zu dieser Jahreszeit anstehende Verkostung des Gesamtsortiments vor Ort, aber sie erlaubt es jedenfalls, einen kleinen Blick zu riskieren. Und der ist sehr vielversprechend.




2019 Dönnhoff Roxheimer Höllenpfad Riesling Erste Lage
Recht sattes Mittelgelb
In der Nase recht ausgeprägt und vielschichtig, Orangenschale, vor allem aber deutliche Kräuternoten. Am zweite Tag ist die Orangennote intensiver.
Am Gaumen ausgesprochen saftig, gut integrierte Säure, auch hier aromatisch klar auf der kräutrigen Seite, mineralische Noten, im Abgang lang und leicht salzig
Hervorragender Riesling auf dem Niveau vieler Großer Gewächse
90-92, bis 2025+




Mittwoch, 27. Mai 2020

Vor der Haustür

Die Ahr liegt, von Bonn aus gesehen, quasi vor der Haustür. Trotzdem findet sich in unserem Keller mal gerade eine Handvoll Flaschen aus diesem kleinen Anbaugebiet. Das liegt teilweise daran, dass nach meiner (bescheidenen) Erfahrung das Preis-Leistungs-Verhältnis der Spätburgunder anderer Anbaugebiete besser ist. Trotzdem interessierten mich die Weine von Julia Bertram. Sie ist (nach dem Weinbau-Studium in Geisenheim) in den elterlichen Betrieb (das Weingut Sebastian) eingestiegen und hat dort aus dem Jahrgang 2013 die ersten Weine unter eigenem Namen produziert. 2017 hat sie den Betrieb dann ganz übernommen. Angebaut werden nur Früh- und Spätburgunder.

Der Basis-Spätburgunder heisst "Handwerk". Daneben gibt es Ortsweine und Lagenweine. Probiert habe ich zwei Spätburgunder, den 2018er Handwerk und den 2017er Wein aus der Lage Mayschosser Mönchberg.






2018 Julia Bertram Spätburgunder "Handwerk"
Recht helles, leuchtendes Rot mit Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägte, wenn auch nicht sehr komplexe Frucht, etwa Himbeere, Cassis und eine leicht "wacholdrige" Note
Am Gaumen eher leichtgewichtig, wenig Tannin, dafür verleiht eine ausgeprägte Säure Struktur, eher dunkelfruchtige Aromatik, guter Trinkfluß und angenehm leicht im Alkohol (12%).
85-87, wohl eher jung zu trinken

2017 Julia Bertram Mayschosser Mönchberg Spätburgunder
Recht helles Rot mit leichten Orange-Noten am Rand
Die Nase ist intensiv und komplex, mit Noten von Trockenkräutern, dunklen Früchten und etwas Schokolade
Am Gaumen kühle Stilistik, reintönige und wieder eher dunkelfruchtige und kräuterwürzige Aromatik, etwas Milchschokolade, dezentes Tannin und eine feine Säureader verleihen Struktur, guter Trinkfluß, ziemlich lang. Auch dieser Wein ist erfreulich niedrig im Alkohol (12,5%)
90-92, bis 2025+

Fazit: Zwei sehr schöne Weine. Natürlich ist der Mönchberg (auch preislich) eine ganz andere Hausnummer als der Handwerk, aber beide Weine verbindet ein guter Trinkfluß, die prägende Säure und der niedrige Alkoholgehalt.

Mittwoch, 6. Mai 2020

Eine Premiere

Ich gestehe, ich habe Dornfelder gekauft. Ich. Dornfelder. Zwei Flaschen.

Ich brauchte noch zwei Flaschen, um einen 6er-Karton voll zu machen, was wiederum für die versandkostenfreie Lieferung nötig war. Auf der Seite mit den aktuellen Angeboten fiel mir dann dieser "Late Release"-Dornfelder aus dem Jahr 2015 und aus gutem Hause - dem Pfälzer Weingut Reichsrat von Buhl - auf. Da er diesseits von 10 Euro kostete, schien mir das Risiko akzeptabel, und so kam ich also zu meinem ersten selbst gekauften Dornfelder.





2015 Reichsrat von Buhl Dornfelder Late Release
Sehr dunkles, blickdichtes Violett-Rot
In der Nase recht ausgeprägte Frucht, Kirsche, etwas Bittermandel
Am Gaumen vergleichsweie leichtgewichtig, wenig Tannin, angenehme dunkelfruchtige Aromatik, aber einfach gestrickt, recht kurz. Angenehm übrigens der mit 11,5% ausgesprochen niedrige Alkoholgehalt.
84-86, bis 2021


Dienstag, 5. Mai 2020

Die Neugier hat gesiegt


Eigentlich wollte ich die besseren 2016er Bordeaux liegenlassen, aber dann habe ich mich doch dazu hinreissen lassen, den Pavie Macquin zu probieren. Das ist ein Wein, von dem wir mittlerweile einige Jahrgänge im Keller haben. Da muss man sich dann doch ab und an mal versichern, das er auch schmeckt...
Der Wein besteht aus gut 80% Merlot, daneben Cabernet Franc und ein bisschen Cabernet Sauvignon.







2016 Chateau Pavie Macquin
Sehr dunkles, jugendliches Purpurrot mit Violettschimmer
In der Nase intensiv, viel Kirsche, daneben florale Noten, rote Beeren, Rauch, etwas Lakritze
Auch am Gaumen intensive Frucht, Kirsche dominiert, rote Beeren. Die Frucht ist so ausgeprägt, dass sie das Tannin an den Rand drängt. Auch der mit 14,5% hohe Alkohol macht sich nicht negativ bemerkbar. Lang. Momentan gut trinkbar.
Das ist kein Wein, der mit hintergründiger Feinheit und Eleganz punktet, sondern "volle Breitseite" - aber eben sehr gut und mit Potential.
94-96, bis 2035+


Dienstag, 28. April 2020

Bathing the baby's head

Mit einigen Monaten Verspätung haben wir in unserer Weinrunde die Geburt des jüngsten Mitglieds gefeiert. Dazu durften es dann ein paar Bordeaux aus der Ecke mit den älteren Flaschen sein. Und damit es nicht zu langweilig wurde, gab es als kleinen Kontrast zu den "Old-School-Bordeaux" ein paar "modernere" 2009er.

Was den Titel des Posts angeht: Während eines Aufenthalts in England vor Ewigkeiten erklärten mir meine damaligen Gastgeber (die seinerzeit ein Kind erwarteten), "Bathing the baby's head" sei ein Ausdruck für die Feierlichkeiten (oder das Besäufnis), mit dem man die Geburt des Kindes feiert. Ich habe den Ausdruck danach nie wieder gehört und konnte ihn auch nicht ergugeln. Aber da er mir gefällt, behalte ich ihn trotzdem bei.


1982 Chateau Ducru-Beaucaillou
Gereiftes Rot mit Orangetönen
In der Nase "herb" wirkend, dunkle Früchte, Kräuter
Am Gaumen eher rotfruchtig aber auch etwas Dörrpflaume, mit ordentlicher Säure ausgestattet, legt mit Luft im Glas noch zu.
90-92, bald trinken

1990 Chateau Montrose
Kräftiges Rot mit leichter Reife am Rand
In der Nase intensiv und komplex, Leder, dunkle Früchte, zunächst "staubig" wirkend, mit Luft intensivere Frucht, Cranberries
Am Gaumen sehr intensiv, herb, Cassis, noch viel (und leicht trocknendes) Tannin, hat noch Zeit
95-97

1986 Chateau Léoville-Barton
leider fehlerhaft (Kork), keine Bewertung

1986 Chateau Sociando Mallet (als "Ersatzspieler" für den Léoville-Barton aufs Feld geschickt)
Kräftiges Rot mit leichten Reifenoten
In der Nase recht kräftig, rotfruchtig, etwas Leder
Am Gaumen herb, recht kraftvolle Säure, eher dezent rotfruchtige Noten, wird mit mehr Luft uncharmanter
89-91

1986 Chateau Pichon Longieville Comtesse de Lalande
Mittleres Rot mit leichter Reife
In der Nase "herb" wirkend, rotfruchtig, recht komplex, wirkt mit Luft dezenter, feiner und entwickelt eine dunkelfruchtige Note
Am Gaumen eher dunkelfruchtig, wirkt etwas "staubig", Teer, schöne reife Tannine, nachhaltig
91-93

1989 Chateau Pichon Longueville Comtesse de Lalande  
Noch recht dunkles Rot mit nur sehr leichter Reifenote 
Entwickelte Nase, etwas animalisch und intensiv rotfruchtig, etwas Leder, mit mehr Luft dunkelfruchtiger, Heidelbeeren
Am Gaumen sehr schöne Frucht, eher rotfruchtig, noch recht spürbares Tannin 
93-95 



2009 Chateau Canon la Gaffeliere
Recht kräftiges, jung wirkendes Rot mit allerdings wahrnehmbarer erster Reife am Rand
Offene, opulente Nase, viel Kirsche, etwas Rumtopf, Pflaume, Vanillenote vom Holz
Auch am Gaumen opulent, Kirsche, auch hier etwas Vanille
Moderne Stilistik, aber schön
93-95

2009 Chateau Grand-Puy-Lacoste
Kräftiges, noch jugendliches Rot
In der Nase sehr schön, wirkt "aristokratisch", Kirsche, etwas Teer
Am Gaumen nachhaltig, sehr schöne Frucht, Potential
93-95

2009 Domaine de Chevalier
Dunkles, jugendliches Rot
Sehr schöne Nase, dunkelfruchtig, elegant
Auch am Gaumen dunkelfruchtig, Tabak, samtiges Tannin, schön
93-95

Zum Abschluss gab es zweimal Sauternes (bzw. genauer: einmal Barsac und einmal Sauternes)


2009 Chateau Doisy Daene
Kräftiges Goldgelb
In der Nase etwas Lösungsmittel, Aprikosen, Dörrfürchte
Am Gaumen viskos mit nicht sehr intensiver Frucht, verhaltene Säure 
89-91

2001 Chateau Rieussec
Dunkles Goldgelb
Schöne Nase, intensive Aprikosenfrucht, Feigen
Am Gaumen extrem intensiv, dickflüssig, wieder Aprikosen, extrem lang
Toller Wein, der mir mit mehr Säure noch besser gefallen würde
92-94





Freitag, 24. April 2020

Dreiundachtzig?

2010 gilt als großes Bordeaux-Jahr und Chateau Meyney als ein sehr zuverlässiges Gut, das Weine auf hohem Niveau erzeugt. Etwas erstaunt war ich daher, als ich kürzlich Lisa Perrotti-Browns aktuelle Bewertung des 2010er Chateau Meyney im Wine Advocate sah: 83 Punkte. Und in der Beschreibung war von "oxidized notes" und "drying out" die Rede. So etwas liest man nicht gerne, wenn man noch sechs Flaschen im Keller hat. Allerdings wurde der Wein auf Cellartracker.com (wo allerdings jeder, also auch Banausen wie ich, ihre Bewertungen posten können) weiterhin gut bewertet, die Durchschnittsbewertung dort liegt derzeit bei 90.7. In einer solchen Situation gibts nur eins, nämlich selber nachschauen bzw. nachschmecken.





2010 Chateau Meyney
Sehr dunkles, fast schwarzes Rot mit Purpurrand
In der Nase mit etwas Luft zwar intensiv, aber auch noch sehr kompakt mit einem Kern dunkler Fruchtnoten und angedeuteter Tiefe. Am zweiten Tag weitgehend unverändert, vielleicht etwas runder und zugänglicher wirkend.
Am Gaumen hat der Wein noch nicht ganz zueinander gefunden. Einerseits schöne Noten dunkler Früchte mit einer generös wirkenden Fruchtsüße, andererseits aber auch noch etwas harsche und leicht trocknende Tannine. Recht lang. Meiner Ansicht nach ein guter Wein mit Potential, der noch etwas Zeit braucht. Hat bei aller Qualität aber etwas leicht Rustikales.
88-90+, 2022-2030+

Fazit: Ich kann weder die Bewertung noch die Beschreibung im Wine Advocat nachvollziehen. Eine Erklärung liefert im übrigen die nachfolgende Notiz von Neal Martin, die sich offensichtlich auf die gleiche Verkostung bezieht, an der auch Lisa Perrotti-Brwon teilgenommen hat.

"After the first bottle was found both oxidised and corked, the second and third bottle of 2010 Meyney was also found to be wanting. Re-tasted at the château, I found a more representative bottle. Juxtaposed against the 2009 Meyney, this has greater clarity on the nose with dusky black fruit, sous-bois, graphite and pressed rose petals. The palate is medium-bodied with fine-grain tannins. It has a clean, crisp line of acidity with impressive precision on the finish. That's more like it - but I will caution readers by attaching a question mark to my score. Tasted at the château as part of a vertical tasting." (92 Punkte, Neal Martin in April 2020, zitiert nach Farr Vintners https://www.farrvintners.com/wine.php?wine=30168, überprüft am 23. April 2020).

Freitag, 10. April 2020

Frühling in Flaschen

Trockener Muskateller ist bestimmt kein Modegetränk. Aber an den ersten warmen Frühlingstagen eines Jahres ist mir oft nach einer Flasche Muskateller zumute weil diese Art Wein perfekt zum Frühling passt. Ich glaube, wenn man Frühling in Flaschen füllen könnte, würde er so schmecken.

Heute war es wieder soweit. Als ich jedoch den 2018er Muskateller von Salwey aus dem Keller geholt habe, bekam ich erst einen Schreck, stand doch "feinherb" auf der Flasche. Das war mit bislang nicht aufgefallen. Kurzes Gugeln ergab dann, dass der Wein mit 8,1 Gramm Restzucker und 7,9 Gramm Säure auf die Flasche kam. Mit diesen Werten dürfte der Wein weingesetzlich als trocken deklariert werden. Vermutlich hat das Weingut darauf verzichtet, weil das "Zuckerschwänzchen" dem üblichen Geschmacksbild der trockenen Weine des Hauses nicht entsprechen würde. Wichtig sind aber natürlich nicht Analysedaten, sondern "im Glas".





2018 Salwey Muskateller feinherb
Sehr helles Gelb mit grünen Reflexen
In der Nase ausgeprägter und sehr rebsortentypischer Duft mit prägnanter Muskatnote
Am Gaumen saftige, "traubige" Frucht, wieder Muskataroma. Die 8 Gramm Restzucker werden durch die kräftige Säure und eine herbe Note im Finale soweit abgepuffert, dass ein eher trockenes Geschmacksbild resultiert.
Sehr schöner Vertreter der Sorte und genau das, was ich mir erhoffe, wenn ich eine Flasche Muskateller öffne.
86-88, bis Ende 2020

Und der Vollständigkeit halber: Im Winter habe ich (wohl in Vorfreude auf den nächsten Frühling) den 2018er Muskateller von Tement getrunken, der mir ebenfalls hervorragend gefallen hat:

2018 Tement Gelber Muskateller
Animierender, sehr reintöniger Muskatellerduft
Am Gaumen knackig-frisch, dezente Herbe, schöne Frucht. Macht Spaß.
86-88




Mittwoch, 1. April 2020

In bester Frühform

Eigentlich neige ich nicht dazu, sofort nach der Lieferung Kartons mit (zu) jungen Weinen aufzureissen und den Inhalt zu probieren. Es gibt dafür den Ausdruck "Babymord". Den Ausdruck habe ich noch nie gemocht, aber seitdem ich Vater geworden bin, mag ich ihn noch viel weniger.
Im Falle der 2018er Abtserde von Keller hat mich aber eine begeisterte Verkostungsnotiz des Wineterminators auf Facebook so neugierig gemacht, dass ich einfach eine Flasche probieren musste. Die Abtserde ist eine Parzelle (bis 1971 eine eigenständige Lage) innerhalb des Westhofener Brunnenhäuschens mit Böden aus Lehm und Kalkstein (guckstu hier). Seit 2006 produziert das Weingut Keller hier ein Grosses Gewächs, das regelmässig Höchstnoten bekommt (guckstu etwa hier), aber sehr schwer zu bekommen ist. Vom Jahrgang 2018 konnte ich zum Glück einige Flaschen ab Weingut erwerben. Und was soll ich sagen? Das ist grosse Riesling-Kunst.



2018 Keller Westhofener Brunnenhäuschen Abtserde Riesling GG
Sattes Gelb
In der Nase (natürlich) noch ganz am Anfang der Entwicklung, dominante Mineralik, dahinter ein kompakter Fruchtkern mit Noten von Zitrusfrüchten, Orangenschale und Zitronengras
Am Gaumen eine zupackende, fast beissende kalkige Mineralik, enorme Intensität und Komplexität, ein noch nicht aufgefächertes Aromenknäuel, sehr lang.
Das ist ganz grosses Riesling-Kino. Der Wein gibt jetzt einen kurzen Blick frei auf das was er kann, aber "eigentlich" sollte er für besser 10 als 5 Jahre im Keller verschwinden.
95-97+, ab 2025 und ein klarer Fall für meine Riesling Hall of Fame

Sonntag, 29. März 2020

Ein nachträgliches Hoch auf den WM-Sieg

Das waren noch Zeiten. Es gab Fussball, und wie. Anlässlich des deutschen WM-Siegs 2014 bot ein Händler aus dem Saarländischen kurzzeitig 24% Rabatt auf deutsche Rieslinge. Von dem Schock, den dieses Ereignis auslöste, hat sich unser Keller bis heute nicht erholt. Zu den Weinen, die ich damals bestellt habe, gehören drei restsüsse 2013er Rieslinge des Weinguts Schäfer-Fröhlich an der Nahe, ein Kabinett, eine "normale" Spätlese und eine goldverkapselte Spätlese. Von dem Kabinett, einem Ortswein aus Bockenau, hatten wir vorher bereits zwei Flaschen getrunken; bei den beiden Spätlesen (beide aus der Bockenauer Lage Felseneck) war es jeweils die erste von drei Flaschen, die hier unter den Korkenzieher kam.


2013 Schäfer-Fröhlich Bockenauer Riesling Kabinett
Goldgelb
In der Nase mittlere Intensität, reife gelbfruchtige Aromen, dezent rauchig
Auch am Gaumen gelbfruchtig, mit schöner Balance zwischen der Süße und der ausgeprägten Säure, mittlere Länge
86-88, bis 2023

2013 Schäfer-Fröhlich Bockenauer Felseneck Riesling Spätlese
Reifes Goldgelb
Schöne Nase mit reifen gelbfruchtigen Aromen
Am Gaumen wieder gelbfruchtig, schöne Harmonie zwischen Süße und prägnanter Säure, recht lang.
87-89, bis 2023

2013 Schäfer-Fröhlich Bockenauer Felseneck Riesling Spätlese Goldkapsel
Goldgelb
In der Nase recht intensiv, klar konturierte gelbfruchtige Aromen, Quitte
Auch am Gaumen intensiv mit wiederum ausgeprägt gelbfruchtiger Aromatik, auch hier wieder Quitte, etwas Kandis. Die Frucht wirkt etwas säuerlich, was zusammen mit der Restsüße und der Weinsäure einen harmonischen Gesamteindruck ergibt.
Der Wein gefällt mir wegen der konturierteren und präziseren Frucht besser als die "einfache" Spätlese.
89-91, bis 2025+

Fazit: Drei schöne und (naheliegenderweise) sehr ähnlich Weine. Der Unterschied zwischen dem Kabinett und der "einfachen" Spätlese ist gering, die Goldkapsel-Spätlese kann sich wegen ihrer präziseren Frucht etwas von den beiden anderen Weinen absetzen.

Donnerstag, 26. März 2020

Freisa

Diesen Wein gabe es hier schon einmal, im Herbst 2016 (guckstu hier). Damals hatte ich mir aufgrund eines Berichts über eine Freisa-Probe (unter anderem) drei Flaschen 2010er Freisa d'Asti des Weinguts Peyrani gekauft. Der Wein gefiel mir damals schn gut, aber die letzte der drei Flaschen geriet in Vergessenheit. Heute war sie dann aber doch fällig. Und siehe da, der Wein gefiel mir heute noch besser als 2016. Die im Piemont heimische Sorte Freisa hat offensichtlich erhebliches Qalitäts- und Alterungspotential.



2010 Peyrani Freisa d'Asti
Mittleres, kaum gereift wirkendes Rot
Sehr schöne Nase mit intensiv rotfruchtiger Aromatik, Johannisbeere, Sauerkirsche, eine Spur Tabak
Am Gaumen die gleiche Dominanz roter Früchte, vor allem wieder Sauerkirsche, präsentes Tannin und eine lebhafte Säure verleihen dem Wein Struktur und Grip.
Das ist ein ausnehmend schöner und eigenständiger Rotwein, der längst nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen ist.
88-90, bis 2022+

Dienstag, 24. März 2020

M

Heute gab es "wieder mal Spaghetti - Carbonara" (guckstu hier). "Una Coco Cola" wollten wir uns dazu aber nicht antun. Bei der Suche nach einem passenden Weisswein fielen mir die zwei Flaschen von Salweys "M" ein, die noch im Keller schlummern. Das ist ein mit längerer Maischestandzeit (quasi "orange") ausgebauter Grauburgunder aus der GG-Lage Henkenberg, der allerdings als Landwein vermarktet wurde, weil ihm (soweit ich weiss) die amtliche Prüfnummer verweigert wurde. Das mag daran gelegen haben, dass der Wein unfiltriert abgefüllt wurde und daher leicht trüb ist oder am Gerbstoffgehalt aufgrund der längeren Maischestandzeit. Entscheidend is aber natürlich auf'm Platz, nicht auf'm Etikett.



2012 Salwey Grauburgunder "M"
Reifes Goldgelb mit etwas Zwiebelschale
Sehr schöne Nase mit reifen gelben Früchten, Butterscotch
Am Gaumen ausladend, gelbfruchtig und mit viel Schmelz, etwas Gerbstoff, lang. Eine feine Säureader verhindert, dass der Wein breit wirkt.
Das ist von der Art her anders, "fetter" als die jüngeren Grauburgunder von Salwey, aber es ist ein überzeugendes Gesamtpaket. Passte auch hervorragend zu den Spaghetti Carbonara.
89-91, bis 2021


Sonntag, 23. Februar 2020

Der Gegenentwurf

Nach einer umfangreichen Verkostung von 2009er Bordeaux gestern (Bericht folgt) war mir heute nach einem Gegenentwurf zumute. Die 2009er gestern waren von dem sehr warmen Jahrgang geprägt, alkoholreich, mit teilweise pflaumiger Frucht und machnmal auch (zu) starkem Holzeinsatz.
Heute gab es einen Wein aus dem eher schwachen Jahrgang 1997, der zudem von Anfang an darunter litt, dass er zu viel zu hohen Preisen auf den Markt kam. Das heißt nicht, dass es keine ordentlichen Weine gegeben hätte. Einen davon hat Chateau Poujeaux gemacht. Robert Parker bewertete im Wine Advocat den 1997er besser als die Weine der eigentlich höher eingeschätzten Jahrgänge 1995 und 1996. Poujeaux ist der einzige 1997er, den ich seinerzeit in der Subskription gekauft habe. Heute war die letzte Flasche "dran".



1997 Chateau Poujeaux
Mittleres Rot mit verhaltenen orange Reifenoten am Rand
In der Nase schon kurz nach dem Öffnen recht ausgeprägt, Leder, etwas Cassis, eine ganz leichte Minznote
Am Gaumen recht schlank mit einem eher ins rotfruchtige gehenden Geschmackseindruck, wieder etwas Leder und noch recht präsentes Tannin, herbes Finale.
Das ist in der Tat ein Gegenentwurf zu den 2009ern: Kein Charmebolzen, sondern Old-School-Bordeaux, der nicht als Solo-Wein gedacht ist. Und der Wein bestätigt den "Verdacht", dass Poujeaux im schwierigen Bordeaux-Jahr 1997 einen sehr ordentlichen und offensichtlich auch durchaus langlebigen Wein auf die Beine gestellt hat.
87-89, wird bei guter Lagerung durchaus noch das ein oder andere Jahr durchhalten  

Mittwoch, 19. Februar 2020

Auf der Sonnenseite

Napanook ist der Zweitwein des Dominus und wird aus den gleichen Reben (hauptsächlich Cabernet Sauvignon, etwas Cabernet Franc und Petit Verdot) gekeltert. Und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Die Rebzeilen des Weinguts sind nämlich in Ost-West-Richtung ausgerichtet (üblich ist Nord-Süd). Die Ost-West-Ausrichtung führt dazu, dass die Reben eine "Sonnenseite" und eine "Schattenseite" haben, nämlich die Süd- bzw. Nordseite. Das erlaubt eine Selektion nach der Sonneneinstrahlung. Soweit ich weiß werden die Trauben für den Dominus primär auf der kühleren Nordseite, die für den Napanook eher auf der sonnigen Südseite geerntet. Der Preis für den Dominus liegt leider ausserhalb meines Budgets, aber für einen Napanook hat es gereicht.



2016 Dominus Estate "Napanook"
Dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht intensiv, dunkle Früchte, Cassis, erdige Noten
Am Gaumen intensiv mit etwas alkoholischer Wärme, ein noch nicht aufgefächerter Kern dunkler Fruchtaromen, Zartbitterschokolade, viel reifes Tannin, recht lang
90-92, bis 2025+

Samstag, 8. Februar 2020

Ein Nachmittagsriesling

Überraschender Besuch am späten Nachmittag. Nach dem Kaffee sollte ein Wein her, nach Möglichkeit "nicht zu trocken". Im Kühlschrank fand sich diese wunderbare und mit 7% Alkohol auch absolut nachmittagstaugliche Spätlese.




2013 Julian Haart Wintricher Ohligsberg Riesling Spätlese
Mittleres Gelb
In der Nase ganz klare, animierende Fruchtaromen, Orange,
Auch am Gaumen intensive, ins Exotische spielende Fruchtaromen, der (analytisch vermutlich recht hohe) Restzucker wird von einer wie mit dem Laser fokussierten Säure in Schach gehalten.
Geniale Kombination von Leichtigkeit und Intensität.
92-94, bis 2030

Riesling for Runaways

Nach längerer Pause gestern mal wieder Riesling. Meine Wahl fiel auf das 2014er Nackenheimer Rothenberg GG von Gunderloch. Die vor einigen Jahren geöffnete erste Flasche hatte auf mich keinen bleibenden Eindruck gemacht. Offenbar hatte ich den Wein da in einer ungünstigen Phase erwischt.




2014 Gunderloch Nackenheimer Rothenberg Riesling GG
Kräftiges Goldgelb
In der Nase nach etwas Belüftung ziemlich intensiv mit Kräuternoten und teils kandierten Zitrusfrüchten
Am Gaumen betont herb, eine mundfüllende Mischung aus Kräuern und Zitrusfrüchten, die von einer ausgeprägten Säure in der Spur gehalten wird. Insbesondere im langen Abgang eine deutlich spürbare salzige Note.
Das ist Riesling für Fortgeschrittene. Kein Crowd Pleaser, der laut "trink mich" schreit, sondern bei aller Intensität ein eher subtiler Wein, der nach etwas Beschäftigung verlangt.
91-93, bis 2025

Mittwoch, 5. Februar 2020

Die heilige Tasse

Der "Copa Santa" der Domaine Clavel im Languedoc ist ein Wein, der mich schon länger begleitet. Beginnend mit dem 1998er haben einige Jahrgänge dieser Syrah-dominierten Cuvée den Weg in unseren Keller gefunden, aber einige Flaschen haben bislang den Weg hinaus nicht gefunden. Heute begegneten mir zwei Flaschen des Jahrgangs 2004 und eine davon war dann auch gleich "dran". Allzu große Hoffnungen hatte ich nicht, aber offensichtlich habe ich das Alterungspotential des Weins unterschätzt. Das war und ist noch richtig gut.


2004 Domaine Clavel Terroir de la Mejanelle "Copa Santa"
Dunkles Rot mit bräunlichen Reifenoten am Rand
In der Nase recht intensiv und mit ausgeprägter Frucht, Schwarzkirsche, Kräuter
Am Gaumen kraftvoll mit noch präsenten Tanninen, wieder kirschfruchtig, leichte aber nicht wirklich störende alkoholische Bitternote
Ausgesprochen gut gereift und schön zu trinken, sollte aber wohl nicht mehr weiter gelagert werden. 
87-89, trinken


Mittwoch, 29. Januar 2020

Manchmal darf es auch Burgund sein

Das Burgund ist nicht meine Baustelle. Nicht, dass ich keinen Pinot Noir mögen würde, aber ich bin irgendwie im Bordelais hängengeblieben. Für Burgund fehlte dann das nötige Kleingeld und der Platz im Keller. Ab und an kaufe ich dann aber doch ein paar Flaschen. Vor nun auch schon wieder sechseinhalb Jahren gab es in einer Sonderaktion eines Händlers den 2010er Chambertin vieilles vignes von Rossignol-Trapet für 22,40 Euro. Das schien mir ein gutes Angebot zu sein, und so wanderten ein paar Flaschen in den Keller. Vor einiger Zeit nun war die erste Flasche "dran".



2010 Domaine Rossignol-Trapet Gevrey-Chambertin
Helles bis mittleres Rot mit leichten Reifenoten
In der Nase eher zurückhaltend, aber sehr delikat mit Noten von roten Früchten, Gewürzen, etwas Pfeffer(?)
Am Gaumen sehr elegant, wieder rotfruchtig, samtiges Tannin, recht lang. Sehr schöner, eleganter Pinot.
90-92, bis 2022+

Fazit: Das war in der Tat ein sehr gutes Angebot. Aktuelle Jahrgänge kosten um die 40 Euro.

Einem geschenkten Gaul...

Das ist mal wieder ein Wein, zu dem ich gekommen bin wie die Jungfrau zum Kind. Ich hatte (bei Silkes Weinkeller, das darf man in diesem Fall wohl sagen) unter anderem drei Flaschen des 2010er Rioja Gran Reserva 904 von La Rioja Alta bestellt. Geliefert wurden statt dessen drei Flaschen 2018er Rosado von Baron de Ley. Nachdem ich darauf per Email hingewiesen hatte, wurden die drei Flaschen Rioja Alta umgehend nachgeliefert, zusammen mit dem Hinweis, ich dürfe die drei Flaschen Rosado behalten. Da das eher kein Wein für die Ewigkeit ist, habe ich gleich mal eine aufgemacht.





2018 Baron de Ley Rosado
Recht intensives Rosarot
In der Nase ausgeprägt rotfruchtig, vor allem Himbeeren und Erdbeeren
Am Gaumen dann recht kräftig und mit spürbarem Alkohol, wiederum ausgeprägt fruchtige Art, lebendige Säure, leichte und nicht unangenehme Bitternote, eher kurz.
Das ist ein ordentlicher Wein mit etwas plakativer Frucht, der sich als Essensbegleiter in geselliger Runde sicher gut macht. Für einen Listenpreis von 5,90 gibt es hier einen anständigen Gegenwert. Wo der Winespectator 90 Punkte hernimmt, erschließt sich mir allerdings nicht.
84-86, bis 2020


Mittwoch, 22. Januar 2020

Gut diversifizierter Jahresauftakt

Zum Jahresauftakt am 1. Januar gab es Reste der an den beiden vorherigen Tagen geöffneten Flaschen. Alles musste raus, da es am 2. Januar in einen (fast) weinfreien Urlaub ging.



2015 Stephane Ogier Syrah La Rosine (aus am Vortag geöffneter Flasche)
Sehr dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, fleischig, Oliven, Noten von roten und dunklen Früchten
Am Gaumen kraftvoll mit schöner Präsenz, dunkelfruchtig, wieder eine fleischige Note, Kaffee(?), eine Portion Tannin verleiht ihm Grip.
Sehr schöner Syrah, der (wenn man ihm etwas Zeit in der Karaffe gibt) jetzt gut trinkbar ist, aber noch einige Jahre vor sich hat. Macht Spaß. Erfreulich niedriger Alkoholgehalt (12,5% laut Etikett)
89-91, bis 2025

2018 Dautel "Wald vor lauter Bäumen" Lemberger (aus einer zwei Tage zuvor geöffneten Flasche)
Dunkles Violettrot
In der Nase auf eine unaufdringliche Weise intensiv, gut integriertes Holz, dunkelfruchtig, etwas Nadelwald und eine leicht harzige(?) Note
Kraftvoller Gaumenauftritt, viel sehr reifes Tannin, kompakte dunkelfruchtige Aromatik, recht ausgeprägte Säure, bestens integriertes Holz
Unmittelbar nach dem Öffnen hatte der Wein eine recht harte, fast bittere Note (vom Holz, vermue ich), die aber nun, nach zwei Tagen, verschwunden ist. Sollte m.E. noch 2-3 Jahre im Keller ruhen.
88-90+, 2022-2025+

Der "Wald vor lauter Bäumen" ist der 2019er Wein der deutschen Weinentdeckungsgesellschaft. Der Lemberger wurde in der Lage Bönnigheimer Sonnenberg (einer ersten Lage nach VdP-Regeln) geerntet und in einem großen Akazienholzfaß ausgebaut (für mehr Informationen guckstu hier).




2012 Becker-Steinhauer Veldenzer Carlsberg Riesling Auslese** (aus am Vortag geöffneter Flasche)
Reifes Goldgelb
In der Nase ausgeprägt, gelbe Frucht (Aprikose, Pfirsisch) und eine dezent kräutrige Note
Am Gaumen zunächst eine süße Attacke, wieder ausgeprägt gelbfruchtige Aromatik, kräftige Säure, die einen Kontrapunkt zu der Süße setzt. Recht lang.
Schöne, gut gereifte und für Mosel-Verhältnisse recht "dicke" Auslese
89-91, bis 2030