Donnerstag, 19. Dezember 2019

Les Meysonniers reloaded

Vor ziemlich genau 2 Jahren habe ich während eines Konferenzbesuchs in Paris den 2015er Crozes Hermitage "Les Meysonniers" von Chapoutier getestet und für gut befunden (guckstu hier). Heute nun bin ich auf der gleichen Konferenz und habe mir, da der Mensch ja nun mal ein Gewohnheitstier ist, den aktuellen Jahrgang des gleichen Weins besorgt.



2017 Chapoutier Crozes Hermitage "Les Meysonniers"
Sehr dunkles, blickdichtes Violett-Rot
In der Nase recht ausgeprägt, Gewürznoten, Himbeeren, Oliven
Am Gaumes recht plakative Frucht, ausgeprägte Säure, wenig Tannin.
Das ist ein sehr ordentlicher Wein, aber deutlich hinter dem 2015er, der komplexer, durch sein Tanningerüst strukturierter und auch lagerfähiger wirkte. Während der 2015er Ein- bzw. Nachkaufreflexe auslöste, ist das hier nicht der Fall.
86-88, bis 2022


Freitag, 29. November 2019

Bordeaux-Zeit

Vor kurzem konnte ich noch einige 2009er Bordeaux zu fairen Preisen nachkaufen. Da mir heute nach Bordeaux zumute war, wurde gleich einer davon ausprobiert, nämlich der 2009er Branaire Ducru. Dieser Wein geht mit einigen Vorschusslorbeeren (etwa 96 Punkten von Robert Parker, vergeben nach Abfüllung 2011) ins Rennen. Ich selbst habe nicht viel Erfahrung mit Branaire Ducru. Ein kürzlich getrunkener 2000er war etwas enttäuschend, aber das könnte an schlechter Lagerung der Flasche gelegen haben (guckstu hier).




2009 Chateau Branaire Ducru
Sehr dunkles Rot mit leichtem Purpurschimmer, keine Reifenoten
In der Nase intensiv, viel Cassis, dunkle Früchte
Am Gaumen dunkelfruchtig, nachhaltig, noch eine geballte Ladung reifes, nicht trocknendes Tannin. Unmittelbar nach dem Öffnen ist eine an Vanille erinnernde Holznote wahrnehmbar, die aber mit Belüftung verschwindet.
Schöner St. Julien, der am Anfang seiner Trinkreife steht, aber bis zum Höhepunkt wohl noch einige Jahre vor sich hat.
91-93+, bis 2030+



Sonntag, 24. November 2019

Salwey hoch drei

Gestern gabe es beim Abendessen im Kreise der Familie drei GGs von Salwey. Da in allen Flaschen noch ein Rest übrig war, habe ich mich heute mit etwas mehr Ruhe an die Nachverkostung gemacht.




2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb
In der Nase zurückhaltend, aber sehr fein, Steinfrüchte und vegetabile Noten
Auch am Gaumen eher schlank, trotzdem nachhaltig mit gut integrierter Säure, wieder vegetabile Aromatik, recht lang.
88-90, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Kirchberg Weißburgunder GG
Mittleres Gelb mit Goldschimmer
In der Nase ebenfalls eher zurückhaltend, animierend, reife Frucht (Melone!)
Am Gaumen nachhaltiger als der Henkenberg, mit mehr fruchtiger als vegetabiler Aromatik, animierend, lang.
90-92, bis 2020+


2014 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Gauburgunder GG
Mittleres Gelb mit leichtem Orangeschimmer
Auch hier ist die Nase delikat, aber eher zurückhaltend, mit gelbfruchtigen Noten und einem leicht vegetabilen Einschlag
Am Gaumen sehr animierend mit schöner und gut integrierter Säure. Dezente Fruchtnoten, aber der Wein wird mehr von seiner Struktur als von der Frucht geprägt.
89-91, bis 2021+

Fazit: Drei sehr schöne Weine, eher schlank und mit angenehm niedrigem Alkoholgehalt von jeweils 12%. Der Weißburgunder vom Kirchberg sticht sein Pendant aus dem Henkenberg klar aus und ich sehe ihn auch leicht vor dem Grauburgunder.


Und weil es gerade passt: Vor einigen Wochen habe ich das 2013er Pendant des Grauburgunders getrunken. Dazu wiederum hatte mich ein Restaurantbesuch inspiriert, bei dem wir den 2015er hatten (davon gibt es leider keine ausführlichen Notizen, aber mir gefiel der 2015er klar besser als die beiden Vorgängerjahrgänge).


2013 Salwey Oberrotweiler Henkenberg Graubugunder GG
Kräftiges Gelb mit leichten Orangeschimmer
In der Nase recht verhalten, wenig Frucht, Feuerstein
Am Gaunen recht schlank, nussig, animierend, bestens integrierte Säure, noch sehr frisch wirkend, etwas Gerbstoff, im Abgang leicht salzig. Das ist ein Wein, der weitgehend fruchtfrei daherkommt und auf alles Barocke verzichtet. Sehr guter Essensbegleiter.
88-90, bis 2022+

Fazit: Der 2013er ist ein schöner Wein, aber er kommt nicht an den einen Tag zuvor im Restaurant getrunkenen 2015er heran, bei dem zu ähnlichern Strukturelementen eine sehr feine Frucht hinzukam.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Gelblack einst und jetzt

Im Frühjahr 1990, zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, war ich zum allerersten Mal auf Weintour im Rheingau. Unter anderem haben wir Allendorf, Langwerth von Simmern und Schloß Johannisberg besucht. Die 1988er von Langwerth waren mit der stolzen Zusatzangabe "525. Jahrgang" versehen. Leider existiert dieses Gut ja nicht mehr (guckstu auch hier).

Bei den Preisen auf Schloß Johannisberg habe ich damals einen leisen Schreck bekommen. Der Qualitätswein (damals wie heute als "Gelblack" bezeichnet) kostete DM 13,90. Für einen Studenten war das viel Geld. Ich habe aber trotzdem 6 Flaschen 1988er "halbtrocken" gekauft (die Bezeichnung feinherb gab es noch nicht). Diesen Wein habe ich in sehr guter Erinnerung. Insbesondere ist mir eine sehr schöne Säure im Gedächtnis geblieben, die ich als "feingliedrig" abgespeichert habe.

Kürzlich habe ich aus einer Mischung aus Neugier und Sentimentalität ein paar Flaschen des (für etwa 15 € erhältlichen) 2018er Nachfolgers gekauft und kurz darauf die erste Flasche geköpft.




2018 Schloß Johannisberger Riesling Gelblack feinherb
Recht helles Gelb mit grünlichen Reflexen
In der Nase frischer, animierender Duft mit Noten von Äpfeln, etwas Birne
Auch am Gaumen geht die Frucht in Richtung Apfel, sehr dezente Süße, im Abgang leicht zitronig-spitze Säure, ordentliche Länge 
85-87, bis 2023+ 

Fazit: In meiner Erinnerung war der 1988er damals besser als der 2018er heute. Allerdings trinke ich heute hochwertigere Weine als damals, so dass die "Konkurrenz" für den 1988er damals nicht so gross war. Ich würde gerne eine Zeitreise unternehmen und beide Weine, 1988 und 2018, im gleichen Alter nebeneinander trinken.


Montag, 7. Oktober 2019

Gut Ding braucht Weile

Aus ebenso bedeutsamem wie erfreulichem Anlass wollte ich mir einen "Killer-Riesling" gönnen. Nach einiger Überlegung viel meine Wahl auf eine der drei verbliebenen Flaschen von Dönnhoffs 2004er Hermannshöhle. Von diesem Wein hatte ich 2005 drei Flaschen gekauft, die ich allesamt zu früh getrunken habe, die letzte 2011. Der Wein hat in seiner Jugend nicht gezeigt, was er wirklich kann. Ich konnte dann 2017 drei Flaschen nachkaufen. Davon kam heute die erste unter den Korkenzieher. 





2004 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG
Goldgelb
In der Nase ausgeprägt und vielschichtig mit Noten von frischen und kandierten Zitrusfrüchten
Am Gaumen wiederum kandierte Zitrusfrüchte, betont trocken wirkend, leichter Schmelz, im Abgang spürbare Mineralik, sehr lang.
Großartiger Riesling, dem man sein Alter beim besten Willen nicht anmerkt. 
93-95, bis 2022+ 





Montag, 30. September 2019

Sweet sixteen


So langsam trudeln die subskribierten 2016er Bordeaux ein. Neben einigen klassifizierten Gewächsen haben wir uns eine Kiste Chateau Lanessan bestellt. In grossen Jahrgängen können kleine Weine oft grosses Trinkvergnügen zu einem sehr günstigen Preis bieten. Insbesondere sind solche Weine oft besser und preiswerter als klassifizierte Gewächse aus kleinen Jahren (guckstu zum Beispiel hier).






2016 Chateau Lanessan
Dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, etwas Basilikum(?), Himbeeren, dunkle Früchte, leichte Rauchnote
Am Gaumen viel saftige dunkle Frucht (Brombeeren), eine geballte Ladung reifes Tannin, mittlere Länge. Trinkt sich jetzt sehr gut; ob der Wein sich verschliessen wird, vermag ich nicht zu sagen. 
90-92, bis 2030+ 

Fazit: Das ist sehr viel Wein fürs Geld (€13,30 in der Subskription, derzeit für 15,90 erhältlich). Bordeaux muss nicht teuer sein.



Freitag, 13. September 2019

Pittermännchen

Für den Kölner ist klar, was ein Pittermännchen ist - ein 10-Liter-Fass Kölsch natürlich. Der Rieslingfan denkt vielleicht eher an die Nahe, wo es in Dorsheim eine Lage mit dem Namen Pittermännchen gibt. Wir haben nur einen Wein aus dieser Lage im Keller, ein Grosses Gewächs von Diel, gekauft 2013. Von den drei Flaschen musste heute die erste dran glauben. Das schien mir der angemessene Abschluss eines anstrengenden Freitags zu sein. Fazit? Für dieses Pittermännchen lasse ich jedes Kölsch stehen.




2012 Diel Dorsheimer Pittermännchen Riesling GG
Kräftiges Gelb
Komplexer, tiefer, aber ganz unaufgeregter und in sich ruhender Duft, Noten von gelben Früchten, Orangen, Olivenöl(?), mit mehr Luft ind Kräutrige wechselnd
Auch am Gaumen ein in sich ruhender Wein, sehr harmonisch mit perfekt integrierter Säure, dabei ganz trocken wirkend, hat im Abgang etwas ganz leicht Öliges.
Sehr schöner Riesling, jetzt im "Trinkfenster" aber mit Potential für weitere Jahre.

93-95, bis 2023+




Mittwoch, 28. August 2019

Stehaufmännchen

Diesem Wein bin ich zum ersten Mal 2015 auf einer Probe mit Weinen aus dem Veneto begegnet. Ich fand ihn sehr gut, so dass ich 6 Flaschen gekauft habe. Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass das Weingut Quintarelli einen legendären Ruf besitzt, vor allem für seinen Amarone (der ist aber preislich deutlich jenseits meines Beuteschemas angesiedelt). Das Six-Pack hat mir ein Bekannter eigens vom Weingut mitgebracht.

Der Primofiore ist der kleinste Rotwein des Gutes, eine Cuvee aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Corvina und Corvinone.  Derzeit werden für erhältliche Jahrgänge Preise von knapp unter 50 Euro aufgerufen. Das ist meiner bescheidenen Meinung nach absurd. Für den ab Weingut bezogenen 2011er habe ich 23 Euro bezahlt.

Leider hat der Wein dann allerdings das nicht gehalten, was er bei der ersten Begegnung versprach. Einige Flaschen waren sogar regelrecht fehlerhaft. Auch auf einer weiteren Veneto-Probe Ende 2018 notierte der Wein (nicht nur meiner Meinung nach) schlecht, mit oxidativen Noten und gezehrt wirkend. Ich war daher durchaus froh, als die letzte Flasche weg war. Oder genauer gesagt, als ich dachte die letzte Flasche sei weg. Denn vor einigen Tagen fand ich beim Aufräumen im Keller doch noch eine Flasche. Die habe ich dann heute geöffnet, naheliegenderweise ohne grosse Erwartungen. Aber erstens kommt es anders...




2011 Giuseppe Quintarelli "Primofiore"
Mittleres Rot mir orange Reifenoten
In der Nase ziemlich intensiv, mit pflaumiger Frucht, etwas Tabak und Kräutern
Am Gaumen druckvoll, reife Frucht (wieder Pflaume und Kräuter), Tannin weitgehend abgeschmolzen, wärmender Alkohol, mittlere Länge, ganz leichte Bitternote im Abgang. Wirkt etwas eindimensional und hält dadurch nicht ganz, was die Nase verspricht.
86-88, bis 2020

Das ist ordentlich, aber nicht weltbewegend. Es ist nicht schlimm, dass das jetzt endgültig die letzte Flasche war. Die Elogen, die auf Cellartracker über diesen Wein teilweise geschrieben werden (guckstu hier) kann ich nicht nachvollziehen.


Donnerstag, 15. August 2019

Leo will

Léoville Barton gehört seit den Anfängen meiner Bordeaux-Karriere zu meinen Favoriten. Schon in den 90ern habe ich eine Reihe von Jahrgängen subskribiert, grosse (1990) wie kleine (1992-94). Von einigen Jahrgängen habe ich noch keine Flasche geöffnet, darunter auch der ja als lagerfähiger Jahrgang geltende 1996er. Kürzlich konnte ich bei Ebay zwei Flaschen 1996er Léoville Poyferré erstehen. Ebay ist oft ein Glücksspiel, gerade bei älteren Weinen, aber in diesem Fall war mir die Verkäuferin aus zahlreichen Transaktionen bekannt und ich wusste, dass ich top-gelagerte Weine bekommen würde.

Und wenn man Barton und Poyferré im Keller hat, dann will man wissen, was Leo will. Daher habe ich vor einigen Tagen einen kleinen Vergleich auf die Tagesordnung gesetzt.




1996 Chateau Léoville Barton
Mitleres Rot, am Rand dezente Reifenoten
In der Nase klassischer Oldschool-Bordeaux, Leder, dunkle Früchte, auch etwas Fleisch. Mit Luft kommt eine etherische Note hinzu. Nach zwei Stunden auch etwas Tabak und rote Früchte.
Kommt am Gaumen immer noch recht kernig rüber, mit präsenter Säure und intaktem Tanningerüst. In der Aromatik dezent dunkelfruchtig. 
91-93, bis 2025+

1996 Chateau Léoville Poyferré
In der Farbe sehr ähnlich, vielleicht einen Hauch dunkler
Wirkt in der Nase etwas weiter entwickelt, im Vordergrund stehen hier gewürzige Noten, mit mehr Luft aber auch hier Leder und dunkle Früchte (reife Brombeeren)
Am Gaumen im Vergleich zum Barton etwas runder, aber auch hier noch präsentes Tannin, dunkelfruchtig, schöne Komplexität und Länge. Hinterläßt einen Eindrick von Harmonie und Eleganz.
92-94, bis 2023+

Fazit: Léoville Barton ist Oldschool-Bordeaux ohne Kompromisse. Ein Klassiker, der ein Steak braucht. Der Poyferré kommt runder daher, und um ein Glas solo zu trinken, wäre er meine erste Wahl.


RS

Mit "RS" bezeichnet Audi Autos mit ganz viel PS unter der Haube (und ganz vielen Euros auf dem Preisschild). Für deutlich kleineres Geld kann man RS beim Weingut Salwey zwar nicht fahren, aber trinken. Im Unterschied zu den Audi RS haben die Weine von Salwey aber gerade nicht besonders viel PS unter der Haube, sondern (jedenfalls gemessen an ihrer sehr warmen Herkunft am Kaiserstuhl) eher wenig PS. Man macht hier nämlich Weine mit erfreulich niedrigem Alkoholgehalt.

Vor kurzem hatten wir im (sehr empfehlenswerten) Aachener Restaurant La Becasse das 2015er Grauburgunder GG aus dem Oberrotweiler Henkenberg. Der Wein hat mich ziemlich begeistert; das war so mit das beste, was mir an Grauburgunder bislang untergekommen ist. Ich habe unmittelbar danach ein paar Flaschen geordert. Heute gab es aber erstmal die "Reserve Salwey", den "RS" eben. Bei Salwey ist RS nämlich gar nicht das Top-Modell, sondern der Ortswein. Aber der kann was.





2015 Salwey Grauburgunder "RS"
Kräftiges, fast zitroniges Gelb
In der Nase zurückhaltend, aber sehr fein; nussig, etwas Melone, Feuerstein
Am Gaumen fast zart wirkend, aber trotzdem mit Grip und Biß, betont trocken, wieder nussig, vegetabile Noten, gute Länge.
88-90, bis 2022

Fazit: In einem warmen Jahr in einer warmen Region so einen feinen, fast zarten Grauburgunder mit nur 12,5% unter der Haube zu machen, dazu gehört schon etwas. Chapeau!

Donnerstag, 1. August 2019

Entdeckungsreise

Ich fahre sehr viel mit dem Zug, bestelle aber sehr selten Wein im Speisewagen. Das Angebot der deutschen Bahn animiert auch nicht dazu, weder in qualitativer noch in preislicher Hinsicht. Vielleicht bin ich da ungerecht, aber wenn ich "Rotkäppchen-Sekt" auf einer Karte sehe, fällt bei mir die Klappe.

Heute fahre ich aber mit einem Schweizer Zug (durch das Rheintal zwischen Mainz und Bonn). Die Weinauswahl ist zunächst einmal auf Schweizer Weine beschränkt. Die deutsche Bahn hatte vor einigen Jahren auch mal den Versuch gestartet, nur noch deutsche Weine anzubieten, das dann aber nach einiger Zeit wieder aufgegeben. Ich empfinde die Beschränkung auf Schweizer Weine nicht als Beschränkung, sondern als spannend, denn ich kenne mich da nicht aus. Es gibt einen Sekt und sieben Weine zur Auswahl - und zwar nicht nur in den sonst üblichen 0,25-Liter-Flaschen, sondern in verschiedenen Formaten zwischen 0,1 Liter und einer ganzen Flasche. Ich entschied mich für einen Fendant aus dem Valais. Ein Chasselas aka Gutedel also, einer in der Schweiz sehr verbreiteten weissen Sorte.

Interessant ist die Preisgestaltung: Im deutschen Fachhandel ist der Wein für 18-19 Euro zu haben (damit ist er allerdings überbezahlt; in der Schweiz mag er preiswerter sein). Angesichts dessen sind 8,60 für 0,25 Liter fair kalkuliert.



2018 Domaines Rouvinez Fendant Coteaux de Sierre
Recht helles Gelb
In der Nase ansprechend, recht ausgeprägte Frucht, Aprikose
Wirkt am Gaumen recht kräftig mit spürbarem Schmelz, dezent gelbfruchige Aromatik
84-86, bis 2020

Fazit: Das ist (natürlich) kein grosser Wein, aber er trinkt sich gut und war dem Anlass angemessen (auch wenn ein Riesling aus dem Mittelrhein besser gepasst hätte). 




Donnerstag, 18. Juli 2019

Mit der S-Klasse in der 3. Liga

Während eines Besuchs des Weinguts Franz Keller im Jahr 2016 haben mich die Spätburgunder des Jahrgangs 2013 sehr beeindruckt. Es gab eine ganze Reihe davon, angefangen beim Gutswein bis hinauf zu den grossen Gewächsen (Bundesliga). Dazwischen angesiedelt war die "A-Klasse" (2. Liga) und die "S-Klasse" (3. Liga). Wie bei Mercedes ist die S-Klasse recht teuer, aber anders als bei Mercedes ist die A-Klasse noch teurer. Wie dem auch sei - die Weine hatten etwas Erhabenes, so dass ich am Ende mehr gekauft habe, als ich ursprünglich wollte (nämlich S, A und das Grosse Gewächs aus dem Oberrotweiler Eichberg). Heute gab es die S-Klasse, mithin also den Wein aus der 3. Liga.



2013 Franz Keller Spätburgunder "S"
Mittleres bis dunkles Rot, am Rand rosa
In der Nase zunächst verschlossen mit dezenter Holznote. Mit Luft intensiver, Kirsche, Wacholder, leicht nussig. Am zweiten Tag tritt die Frucht deutlicher hervor 
Wirkt am Gaumen sehr elegent und vornehm (man möchte fast "aristokratisch" sagen), dabei aber auch nachhaltig mit dezenter Holzwürze, Kirschfrucht und einem feinen Säurenerv, samtiges, hervorragend integriertes Tannin.
Ein sehr schöner Spätburgunder, der neugierig darauf macht, wie dann erst der "A" und das Grosse Gewächs schmecken
90-92, bis 2025

Fazit: Ein Drittligist mit Bundesliga-Ambitionen (bei Qualität und Preis)

Freitag, 12. Juli 2019

Verbrannte Erde reloaded

Vor ziemlich genau einem Jahr gab es hier eine Verkostungsnotiz zu einem sehr schönen Wein aus Cornas (guckstu hier). Den Titel "Verbrannte Erde" hatte ich damals für den Post gewählt, weil der Wein "Terre Brulée" hiess. Mittlerweile habe ich gelernt, dass der Ortsname Cornas keltischen Ursprungs ist und "verbrannte Erde" bedeutet. Daher kann ich den Titel heute wiederverwenden, denn es gibt wieder einen Cornas. Diesmal allerdings  fünf Jahre älter und aus dem Jahr 2010.





2010 Domaine Durand Cornas "Empreintes"
Sehr dunkles Rot mit leichtem Violettschimmer am Rand, keinerlei Reifenoten.
In der Nase (nach ca. einer Stunde in der Karaffe) rechte intensiv, Himbeeren und dunkle Früchte. Mit mehr Luft auch Holzkohle ("Lagerfeuer") sowie eine kräutrige Note.
Am Gaumen zum Auftakt eine angenehme, frisch wirkende Fruchtnote, wieder Himbeeren, danach wird es dunkelfruchtiger, viel sehr reifes Tannin, lang.
Sehr schöner Wein am Beginn seiner Trinkreife.
92-94, is 2030


Sonntag, 30. Juni 2019

Das Gute an der Werbung

Nachdem mit letzte Woche einiges an Werbung für österreichische Weißweine in den virtuellen Briefkasten flatterte, mußte es heute ein Österreicher sein. Die Werbung beeinflußt einen halt doch.

Meine Wahl fiel auf den 2015er Zöblinger Heiligenstein des Weinguts Bründlmayer aus dem Kamptal. Dieser Wein geht mit einigen Vorschußlorbeeren in Form hoher Punktbewertungen durch andere Verkoster an den Start. Man durfte also gespannt sein.




2015 Bründlmayer Zöblinger Heiligenstein Riesling Alte Reben
Strohgelb.
In der Nase recht ausgeprägt, komplex und tief, mineralisch geprägt, viel Kräuter, aber auch Noten von Steinfrüchten.
Am Gaumen straff wirkend, viel Zug, eindeutig auf der kräutrigen Seite, lang.
Hervorragender Riesling mit viel Zukunft. Allenfalls am Anfang der Trinkreife.
92-94+, 2020-2030+

Da hat die Werbung also doch ihr Gutes gehabt. Ohne sie hätte ich diesen Wein nämlich heute nicht getrunken. Die beiden restlichen Flaschen bleiben allerdings noch etwas im Keller.

Freitag, 14. Juni 2019

Grosses Tennis

Zum Glück halte ich es mit dem Riesling nicht so wie mit dem Tennis. Ich muss da jetzt wohl etwas weiter ausholen, um das zu erklären. Im Sommer 1991 habe ich ein Praktikum in London gemacht. Es war ein ziemlich regnerischer Sommer. Die Wetten (Engländer wetten auf alles), dass es im Juni jeden Tag regnen würde, wurden erst am 29. verloren. Die Gesetzmäßigkeit schien zu sein "je blauer der Himmel am Morgen, desto eher setzt am Nachmittag der Regen ein". Das Wetter führte dazu, dass beim Tennisturnier in Wimbledon sehr viele Matches ausfielen. Daher wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Turniers am mittleren Sonntag gespielt. Der Tag wurde "Peoples' Sunday" getauft. Für diesen Tag gab es keinen normalen Ticket-Vorverkauf, sondern alle Tickets gingen in den freien Verkauf am Sonntagmorgen. Man musste also nur früh genug aufstehen und sich anstellen. Das habe ich gemacht und für 10 Pfund ein Ticket erworben. Und eine einzigartige Stimmung erleben dürfen. Das Durchschnittsalter des Publikums war etwa 30 Jahre geringer als sonst. Es gab La Ola und Standing Ovations auf dem Centre Court. Und es gab einige der ganz grossen Tennisspieler. Unter anderem Ivan Lendl (der nach 2:0 Satzrückstand noch gegen MaliVei Washington gewann) und Martina Navratilova. Höhepunkt war am späten Nachmittag der Auftritt von Jimmy Connors. Er verlor zwar (gegen Derrick Rostagno, just for the record), aber das Publikum hätte jeden einzelnen seiner Bälle übers Netz geschrien, wenn es gekonnt hätte. Es war ein grossartiger Tag (guckstu auch hier). Danach habe ich beschlossen, nie wieder ein Tennisturnier zu besuchen. Ich war überzeugt, das beste erlebt zu haben, was dieser Sport zu bieten hat und wollte mir daher Enttäuschungen ersparen.

Wenn ich das mit dem Riesling genau so halten würde, hätte ich am 30. Mai mit dem Rieslingtrinken aufhören müssen. An diesem Tag habe ich erstmals bei den Keller Open mitgespielt. Nein, das ist kein Tennisturnier, sondern die Jahrgangspräsentation des Weinguts Keller in Flörsheim-Dalsheim. Angesichts der Reputation des Weinguts (und der Qualität der Weine - die Reputation fällt ja nicht vom Himmel) war das natürlich eine sehr gut besuchte Veranstaltung (wenn es auch weniger Besucher waren als beim Peoples' Sunday). An drei verschiedenen Ständen gab es Nicht-Rieslinge, trockene Rieslinge und restsüße Weine zu verkosten. Detaillierte Notizen habe ich mir nicht gemacht. Der 2018er "von der Fels" hat mir ausserordentlich gut gefallen, ausserdem der halbtrockene Riesling RR sowie (natürlich) die beiden GGs aus Kirchspiel und Hubacker.

Am Stand mit den restsüßen Weinen konnte man (gegen Entgelt, das in diesem Fall aber mehr als angemessen war) einige Weine probieren, deren Marktpreise weit ausserhalb meines Beuteschemas liegen. So kamen dann also drei Trockenbeerenauslesen aus der Abtserde zunächst in mein Glas und danach auch in meine Riesling Hall of Fame.




2013 Keller Westhofener Brunnenhäuschen AbtsE Trockenbeerenauslese Goldkapsel
In der Nase sehr intensiv, Rosinen, Früchtebrot, Feigen.
Am Gaumen dickflüssig, Tee, Trockenfrüchte, minutenlanger Nachhall.
95-97

2011 Keller Westhofener Brunnenhäuschen AbtsE Trockenbeerenauslese Goldkapsel
Wieder sehr intensive Nase mit Noten von Rosinen, Trockenfrüchten und Schwarzbrot
Am Gaumen viskose Textur, getrocknete gelbe Früchte, ewig lang.
94-96

2009 Keller Westhofener Brunnenhäuschen AbtsE Trockenbeerenauslese Goldkapsel
In der Nase intensive Noten gelber Früchte, viel Aprikose
Am Gaumen eine perfekt gereifte TBA, großartige Fruchtintensität mit dominierenden gelbfruchtigen Aromen
Wirkt trotz der enormen Süße nie schwer, ewig lang.
98-100

Ich kann mir schwer vorstellen, wie Riesling besser gehen soll als mit der 2009er TBA. Aber, anders als beim Tennis, werde ich versuchen, es herauszufinden.

Sonntag, 19. Mai 2019

Flaschenpost aus dem Libanon

Das libanesische Chateau Musar ist mir natürlich ein Begriff, aber oft getrunken habe ich die Weine noch nicht. Das ist wahrscheinlich ein Fehler, denn die zwei oder drei Begegnungen in der Vergangenheit waren durchweg erfreulich. Die Weine sind eigenständig (was vermutlich neben der Herkunft auch an der ungewöhnlichen Rebsortenzusammenstellung mit Cabernet Sauvignon, Carignan und Cinsault liegt). Der Wein wird aus Trauben bereitet, die von vielen Vertragswinzern nach Vorgaben des Chateaus angebaut werden. Erzeugt werden verschiedene Weiß- und Rotweine, aber das Flaggschiff ist (natürlich) der rote Chateau Musar. Heute gab es den 2007er, den ich vor einiger Zeit aus Neugier als Einzelflasche bestellt habe.

Einen netten, wenn auch etwas älteren Reisebericht gibt es hier (Serge Hochar verstarb Ende 2014. Labor Omnia Vincit ist der Wahlspruch des Gutes, der auch das Etikett ziert).





2007 Chateau Musar, Bekaa Valley, Libanon
Mittleres Rot mit leichten orange-braunen Reifenoten
Faszinierende und vieschichtige Nase, Leder, Gewürze, reife dunkle Früchte und eine leicht ätherische Note, die dem ganzen Frische verleiht. Mit mehr Luft kommt Kirsche hinzu.
Am Gaumen sehr komplex, dunkelfruchtig, wieder Gewürze, dezente Fruchtsüße und genug Tannin, um dem ganzen Grip zu geben, lang. Die 14% Alkohol sind nicht spürbar und der Wein macht auch nicht satt - im Gegenteil, man hat Lust auf den nächsten Schluck und das nächste Glas. Jetzt in hervorragender Trinkreife.
92-94, bis 2025

Fazit: Ein hervorragender und eigenständiger Rotwein.

Donnerstag, 16. Mai 2019

Volle Breitseite

Nachdem es in den letzten Monaten hier was Rotweine angeht doch recht bordeauxlastig war, geht es heute noch ein Stück weiter nach Süden, nämlich ins spanische Toro-Gebiet. Die Weine der Bodega Numanthia haben hier durch sehr positive Kritikerbewertungen von sich Reden gemacht, insbesondere im Jahrgang 2004. Ich habe seinerzeit davon einige Flaschen gekauft, aber den Wein seit vielen Jahren nicht mehr getrunken. Heute war mir nach einer vollen Breitseite zumute, und der Numanthia hat geliefert...



2004 Numanthia
Mittleres bis dunkles Rot mit ersten bräunlichen Reifenoten am Rand
In der Nase intensiv, rote und dunkle Früchte, etwas Leder, Gewürze. Wirkt insgesamt deutlich jünger, als er ist. Am zweiten Tag ist eine leicht portige Note wahrnehmbar.
Schiesst am Gaumen aus allen Rohren: Sehr intensiv und nachhaltig, wärmender Alkohol, sehr lang und dabei leicht trocknend im Abgang. Eindrucksvoll, aber ohne die Finesse, die einen grossen Wein ausmacht.
90-92, bis 2025


Fazit: Der Wein ist so dick, dass er nur seitwärts durch die Tür passt. Gut ist er schon (auch wenn ich die vor langer Zeit vom Wine Advocate vergebenen 98 Punkte nicht mal aus der Ferne erkennen kann), aber er macht auch schnell satt.

Freitag, 10. Mai 2019

Von den Küsten der Steiermark

Das Wissen über die Steiermark ist offenbar begrenzt. So wurde sie im Film "Der letzte Tempelritter" ans Meer verlegt, denn im Film ist von den "Küsten der Steiermark" die Rede (der Film ist auch ansonsten nicht wirklich sehenswert). Was Wein angeht, bringe ich die Steiermark vor allem mit Sauvignon Blanc in Verbindung. Den gibt es natürlich (und wie!), aber es gibt vielfältige andere Weine und eine anscheinend experimentierfreudige Winzerschaft. Einen kleinen Einblick gab es auf einer Probe, die im Mai in Mannheim stattfand, mit eigens importierten Weinen.




Es ging los mit einem Wein aus der "Butter-und-Brot"-Sorte Welschriesling

2018 Krispel Welschriesling Klassik
In der Nase recht ausgeprägte Frucht, etwas Pfirsisch, auch leicht ins grasig-kräutrige gehend
Am Gaumen leichtgewichtig, im ersten Eindruck fast etwas parfümiert, Limette, leichte, aber nicht unangenehme Bitternote, eher kurz. 
83-85

Schilcher ist eine Spezialität der Weststeiermark. Er ist (meist) ein Rosé und wird aus der Rebsorte Blauer Wildbacher gekeltert. Sein Ruf ist (bzw. war) durchaus etwas zweifelhaft. Von Papst Pius VI, der Ende des 18. Jahrhunderts durch die Region reiste, ist das Zitat überliefert "Sie haben Uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten". So schlimm ist es heute nicht mehr.

2017 Reiterer Schilcher Engelweingarten Alte Reben
Sehr kräftiges Rosa mit Orangenoten
In der Nase dezent rotfruchtig mit Himbeeren und Erdbeeren
Auch am Gaumen rotfruchtig, ausgeprägte Säure, leichte Bitternote, dezent nussig.
83-85

Als nächstes gab es einen Muskateller-Sekt

Polz Non-vintage Muskateller brut (traditionelle Flaschengärung)
In der Nase dezente, aber feine Musaktnote, gelbe Früchte, Holunderblüte
Auch am Gaumen feine Muskatelleraromatik, kräftige Perlage
84-86

Danach ein Chardonnay, der in Österreich als Morillon firmiert

2017 Schauer Morillon Schiefergestein
In der Nase fein, spürbarer Holzeinsatz
Am Gaumen deutliche Holzprägung, nussig, leichte Zitrusnote
Hätte mir mit weniger Holzeinsatz wohl noch besser gefallen
85-87

Nun aber zur steirischen Paradesorte, dem Sauvignon, der hier sehr gut gelingt. Wir beginnen mit einem Wein aus der Kategorie "Steirische Klassik", die wohl am ehesten einem Gutswein entspricht (allerdings sind die Weine etwas teurer als deutsche Gutsweine guter Häuser).

2017 Erwin Sabathi Sauvignon Blanc Steirische Klassik
Nase recht ausgeprägt, exotische Frucht, Stachelbeere, leicht ins grasig-grüne gehend
Am Gaumen vergleichsweise neutral, ausgeprägte Säure, gewisse Länge
85-87

Der nächste Wein war ein "Rieden-Wein", was einer Ersten Lage nach VdP-Regeln in etwa entsprechen dürfte.

2017 Wohlmuth Sauvignon Blanc Steinriegl
In der Nase intensiv und nachhaltig, eher gelbfruchtig, Holunderblüten
Auch am Gaumen nachhaltig, intensive aber unaufdringliche Frucht, sehr dezent grasig
Leicht exotische Noten, gut integrierte Säure, lang. Der Wein spielt eine Liga höher als sein Vorgänger
89-91

Es geht noch eine Stufe höher, nämlich mit der "Grossen STK Lage"

2015 Tement Sauvignon Blanc Zieregg
Recht kräftiges Gelb
In der Nase zunächst eher "leise" aber nachhaltig, rauchig, gelbfruchtig, noch fast verschlossen wirkend
Am Gaumen sehr nachhaltig, sehr gut integriertes Holz, feine Säure, komplex und lang, dezent cremig.
Das ist großes Kino und gehört zum besten, was ich an Sauvignon Blanc bislang getrunken habe 
93-95

Riesling wird in der Steiermark eher wenig angebaut, aber in der Region Sausal in der Südsteiermark mit ihren Schieferböden gelingt er offenbar hervorragend

2016 Wohlmuth Riesling Edelschuh
In der Nase ausgeprägt, klare Rieslingaromatik, gelbe Steinfrüchte
Auch am Gaumen ausgeprägte Noten von gelben Steinfrüchten, hervorragend integrierte Säure.
Hervorragender Riesling auf dem Niveau guter GGs.
92-94

Nun kamen die Exoten. Zunächst ein Orange-Wein von Werlitsch. Das Weingut ist für seine "Ex-Vero"-Weine aus Sauvignon und Chardonnay bekannt, gehört daneben aber auch zu den Orange-Wein-Pionieren. Orange-Weine sind Weissweine, die im Prinzip wie Rotweine ausgebaut werden, also lange auf der Maische belassen werden. Die Farbstoffe aus den Schalen ergeben die orange Färbung, ausserdem haben die Weine oft ausgeprägte Tannine, die man bei Weissweinen ja eher nicht erwartet. Ich bin ehrlich gesagt kein Fan von Orange-Weinen. Bislang habe ich jedenfalls noch keinen getrunken, von dem ich mir eine Kiste in den Keller gewünscht hätte.

2015 Werlitsch "Glück" (Orange-Wein, Sauvignon und Chardonnay) aus der Tonflasche
Trüb, kräftiges Goldgelb
In der Nase intensiv, apfelig, aber auch eine ganz leicht muffige Note
Hat am Gaumen etwas "Strahlendes", wieder Apfel, vielschichtig, nachhaltig und lang, deutliche Tanninprägung
Ich kann verstehen, dass man diesen Wein faszinierend findet (ist er), aber ich kann genauso verstehen, wenn man ihn nicht mag. Der Wein erfordert Aufmerksamkeit, und mehr als ein Glas will man davon wahrscheinlich auch nicht trinken. Meine Erfahrung mit Orange-Weinen ist begrenzt, aber dieser hier gehört definitiv zu den besten, die ich bislang probiert habe 
91-93?

Der nächste Wein ist kein Orange-Wein, sondern ein Sauvignon, der nach jahrelangem Ausbau als Spätfüllung auf den Markt kam

2011 Maria und Sepp Muster "Graf" Sauvignon Blanc Spätfüllung
Reifes Goldgelb
Spannende Nase, etwas oxidativ, auch etwas Lösungsmittel ("Uhu"), Apfel
Auch am Gaumen leicht oxidativ, recht komplex, Schmelz, Holz kaum wahrnehmbar
88-90?

Die Steiermark ist zwar eindeutig Weissweinland, aber zum Abschluss gab es dann einen der seltenen Roten - und einen richtig guten noch dazu:

2007 Polz Urbani Reserve (50% Zweigelt, Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon)
Mittleres Rot ohne Reifetöne
In der Nase elegant, dunkelfruchtig
Am Gaumen eher schlank, rauchig, kühl wirkende Stilistik, Sauerkirsche, schön
90-92

Fazit: Eine schöne und vor allem sehr vielfältige und spannende Probe. Dass die Steiermark Sauvignon kann, ist keine neue Erkenntnis. Positiv überrascht hat mich der hervorragende Riesling von Wohlmuth (der aber leider nicht nur qualitativ, sondern auch preislich in der Liga der guten GGs mitspielt) und der "Urbani", der für knapp über 20 Euro (der Wein ist noch verfügbar) ein guter Kauf ist.


Sonntag, 28. April 2019

Warum in die Ferne schweifen?

„Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so Nahe"
(frei nach Goethe, "Erinnerung")

Am Samstag haben wir in vertrauter Runde 14 Rieslinge von der Nahe verkostet - 11 trockene und drei restsüße Weine. Die ersten zehn Weine wurden jeweils paarweise serviert. Die nachfolgenden Notizen stammen von der Nachprobe am folgenden Tag.



Los ging es mit zwei Einstiegs-Rieslingen:

2017 Jakob Schneider Riesling Grauschiefer
Mittleres Gelb
In der Nase recht zurückhaltender, reintöniger Duft nach gelben Steinfrüchten (Aprikose, Pfirsisch)
Am Gaumen ebenfalls gelbfruchtig, spritzige Säure, schön.
85-87

2017 Dönnhoff Riesling Tonschiefer
Mittleres Gelb
In der Nase etwas ausgeprägter, ebenfalls deutlich gelbfruchtig, vor allem Pfirsisch
Am Gaumen etwas voluminöser und nachhaltiger als der Grauschiefer, sehr klare gelbfruchtige Aromatik, lebhafte Säure.
87-89

Das geht gut los. Zwei sehr schöne Rieslinge. Der "Grauschiefer" bietet ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis (7,20 ab Hof). Der "Tonschiefer" ist nachhaltiger, etwas länger und vermutlich auch länger lagerfähig, aber auch ein Stück teurer.


Danach ging es "steil nach oben" - zwei Weine aus der Niederhäuser Hermannshöhle:

2017 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Magnus
Sattes Mittelgelb
In der Nase noch recht verschlossen, aber mit erkennbarer Tiefe. Mineralisches Fundament, gelbfruchtig, aber auch Orangen, prägnante Säure, sehr animierend
Am Gaumen viel Volumen, nachhaltig, tief, mineralisch unterlegte Gelbfrüchte, lang
90-92

2017 Dönnhoff Niederhäuser Hermannshöhle Riesling GG
Kräftiges Mittelgelb, aber etwas heller als der Magnus
Im Duft vor allem mineralisch geprägt, dahinter angedeutete gelbfruchtige Aromen, die mit mehr Luft intensiver werden, tief
Am Gaumen wirkt das abgrundtief, prägende Mineralik, dabei von grosser Klarheit. Perfekt integrierte Säure, sehr lang. Braucht Zeit.
95-97 aufgenommen in meine Riesling Hall of Fame

Der Magnus ist ein toller Riesling, der in der GG-Liga locker mitspielen kann. Für 19,50 bekommt man hier ganz viel Wein. Dönnhoffs Hermannshöhle spielt aber eine Liga höher, das ist "Riesling ganz oben". Ich bin froh, beide Weine im Keller zu haben.


Die nächsten Weine stammten aus dem Jahr 2013. Zunächst zweimal Monzinger Frühlingsplätzchen:

2013 Schäfer-Fröhlich Monzinger Frühlingspätzchen Riesling GG
Reifes Goldgelb
In der Nase intensiv, ausladend, reif wirkend, Noten von Apfel, etwas Zitrus, mit mehr Luft auch Erdbeeren(?)
Auch am Gaumen eine volle Breitseite, reifer Apfel, prägnante Säure, schöner Schmelz.
89-91

2013 Emrich-Schönleber Monzinger Frühlingspätzchen Riesling GG
Ebenfalls Goldgelb
In der Nase zurückhaltender, aber auch feiner, ausgeprägte Mineralik, süßer Apfel, reif
Am Gaumen sehr elegant, kräftige, aber gut eingebundene Säure, mineralisch, etwas Apfel, lang
91-93

Schäfer-Fröhlich kommt mit dem Säbel, Emrich-Schönleber mit dem Florett. Beides schöne Weine, aber der filigranere Stil gewinnt hier


Danach, ebenfalls aus 2013, zweimal Schloßböckelheimer Felsenberg:

2013 Schäfer-Fröhlich Schlossböckelheimer Felsenberg Riesling GG
Goldgelb
In der Nase von mittlerer Intensität, Noten von reifem süßem Apfel (aber weniger intensiv und plakativ als beim Frühlingsplätzchen)
Am Gaumen reife Frucht, auch hier wieder Apfel, gut intrgrierte Säure, Schmelz, lang.
90-92

2013 Dönnhoff Schlossböckelheimer Felsenberg Riesling GG
Goldgelb
Das ist ganz anders in der Nase: Leise, ungemein delikat, rauchig, gelbfruchtig, tief
Das setzt sich am Gaumen fort: Ein "leiser" Wein von großer Tiefe, mineralisch, etwas Apfel, gelbe Steinfrüchte, ganz dezente (Extrakt?)Süße, sehr lang. Groß.
94-96

Der Felsenberg von Schäfer-Fröhlich gefällt mir etwas besser als das Frühlingsplätzchen. Aber gegen Dönnhoffs Felsenberg ist er chancenlos.


Wir bleiben bei Felsenberg, aber gehen nochmal vier Jahre zurück und eine Klasse tiefer, unterhalb der GG-Liga (2009 gab es bei Dönnhoff neben dem GG auch noch einen trockenen Lagen-Riesling aus dem Felsenberg).

2009 Crusius Schlossböckelheimer Felsenberg Riesling
Reifes Goldgelb
Reife Riesling-Nase, schwer in Worte zu fassende Aromatik
Am Gaumen zunächst säurebetont, dann delikat, reif
Schön, aber ein klein wenig von der Säure dominiert.
87-89

2009 Dönnhoff Schlossböckelheimer Felsenberg Riesling
Reifes Goldgelb, ein klein wenig heller als der Wein von Crusius
Nase verhalten, reif, Feuerstein(?)
Am Gaumen wunderbar harmonisch, keinerlei Frucht mehr, aber auch keine Alterstöne. das ist einfach ein wunderbar harmonischer und alterslos wirkender Wein.
89-91

Zwei schöne gereifte Rieslinge.


Als nächstes ein Unikat:

2004 Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg Riesling GG
Sehr reifes Goldgelb
In der Nase recht intensiv, deutliche Reifenoten, Aprikose
Auch am Gaumen reif wirkend, vielschichtig, wieder Aprikose, nachhaltig, ganz leicht Bitternote.
Sehr schöner, delikater Wein, der aber wohl nicht mehr lange gelagert werden sollte.
90-92, bis 2020


Und zum Abschluß drei restsüße Weine:

2017 Jakob Schneider Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Spätlese
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase kräftige und (noch) etwas aufdringlich wirkende Frucht, Aprikose und Pfirsisch, animierend
Am Gaumen ausgeprägte Süße, die von einer prägnanten Säure gepuffert wird, gelbfruchtig, nicht sehr tief.
87-89


2006 Dönnhoff Norheimer Kirschheck Riesling Spätlese 
Sehr reifes Goldgelb mit Orangeschimmer
Sehr schöne Nase, klare und ausgeprägte Aprikosenfrucht
Am Gaumen wunderbar harmonisch, viel Aprikose, tolle Balance zwischen Süße und Säure, lang
92-94


2006 Crusius Schloßböckelheimer Felsenberg Riesling Auslese Goldkapsel
Sehr reifes Goldgelb mir Orangeschimmer
In der Nase intensiv, Aprikose, Trockenfrüchte
Am Gaumen ausgeprägte Süße, viel Frucht (Aprikose, auch Rosinen), lang
92-94

Die Hermannshöhle ist ein schöner Süßwein, aber im Vergleich zu den beiden anderen Weinen etwas einfacher gestrickt. Die Norheimer Kirschheck besticht durch ihre wunderbare Harmonie, während der Felsenberg sehr wuchtig daherkommt, "zähflüssig-vollfett" sozusagen.


Fazit: Eine schöne Probe mit sehr guten bis grossen Weinen, ohne jeden Ausfall.

Freitag, 19. April 2019

Believe the Hype


Das Weingut Peter Jakob Kühn in Oestrich kenne ich seit vielen Jahren. Der erste Wein, den ich dort vor Ort gekauft habe, war eine (sehr schöne) 1997er Spätlese. Damals war (jedenfalls mir) das Weingut als Erzeuger hervorragender (aber zumindest ab "Auslese" auch ziemlich teurer) edelsüßer Weine ein Begriff. Es folgte die Umstellung auf Biodynamie (seit 2004 ist das Gut zertifiziertes Demeter-Mitglied).

In den letzen Jahren hat das Gut verstärkt durch seine trockenen Weine auf sich aufmerksam gemacht. Ich kenne nicht alle Jahrgänge, erinnere mich aber an sehr schöne Rieslinge aus 2010 und 2013. Ein regelrechter Hype brach dann aus, als die Großen Gewächse des Jahrgangs 2014 vorgestellt wurden. Ich habe mir damals drei Flaschen "Sankt Nikolaus" gekauft und hatte immer vor, mal eine davon zu probieren, um mitreden zu können. Irgendwie ist es dazu aber nie gekommen. Bis heute Abend.

Ich kenne übrigens kein anderes deutsches Weingut, das seine Privatkunden im Internet so zuvorkommend behandelt: Im Onlineshop kann man alle Weine bestellen und ab dem Mindestbestellwert von 30 Euro wird frei Haus geliefert. Meiner letzten Lieferung lag zudem eine Karte mit einem netten handgeschriebenen(!) Text bei. (Und bevor jetzt jemand eine Nachtigall trapsen hört: Nein, ich habe keinerlei Beziehung zum Weingut ausser der, dass ich gelegentlich dort zu den normalen Konditionen Wein kaufe.)






2014 Peter Jakob Kühn Mittelheimer Sankt Nikolaus Riesling GG
Recht dunkles, reif wirkendes Goldgelb
In der Nase intensiv und vielschichtig, Kräuter, kandierte Zitrusfrüchte. Mit mehr Luft treten die Fruchtnoten stärker in den Vordergrund und es ist ein Hauch von Kamille(?) wahrnehmbar. 
Am Gaumen sehr komplex und tiefgründig, straff, ausgeprägte Mineralik trifft auf eine ausgeprägte, aber hervorragend integrierte Säure. Aromatisch dominieren Kräuter und wieder Zitrusfrüchte, feiner Schmelz, sehr lang. Trotz seiner Komplexität und Mineralität wirkt der Wein "warm" und macht nicht satt.
Das ist sicher kein archetypischer Rheingauer Riesling (ich weiß nicht, wo ich den Wein hingesteckt hätte, wenn man ihn mir blind serviert hätte), aber ebenso sicher ist das ein grosser Wein.
95-97, bis 2030 aufgenommen in meine Riesling Hall of Fame

Nachtrag: Im Mai zufällig entdeckt, dass ein österreichischer Händler den Wein noch im Programm hat, bei Abnahme von 6 Flaschen für weniger als 40 Euro frei Haus. Da warens wieder acht :-)

Schon vor einiger Zeit haben wir die erste von ebenfalls drei Flaschen 2013er Doosberg probiert:

2013 Peter Jakob Kühn Oestricher Doosberg Riesling GG
Sehr reife wirkendes Golgelb, das einen deutlich älteren Wein vermuten läßt
In der Nase ausgeprägte Frucht, sehr reintönige Aprikosenfrucht, unterlegt von kräutrigen Noten, dabei in sich ruhend, mit mehr Luft auch Teeblätter. Auf Basis des Geruchs hätte ich hier einen restsüßen Wein erwartet.
Am Gaumen dann aber betont trocken, wieder ausgeprägte Aprikosennote, mit mehr Luft kräutrig, spürbarer Gerbstoff, harmonisches Zusammenspiel aller Komponenten, lang.
Hervorragender, eigenständiger Riesling mit einem quasi meditativen Chrakter.
92-94, bis 2023+

Fazit: Das sind hervorragende und sehr eigenständige Weine. Grosses Kino.



Dienstag, 16. April 2019

Lidl lohnt sich?

Mehr zufällig hatte ich mitbekommen, dass es im Lidl Online-Shop (der durchaus eine Auswahl seriöser Weine im Programm führt) 40% Rabatt auf französische Weine gab. In solchen Fällen wird das Gehirn aus- und der Schnäppchenjägermodus eingeschaltet. Auf der Webseite fand sich 2010er Chateau Lagrange / Saint Julien. Lagrange ist ein Chateau, das ich schätze, 2010 ein sehr guter Jahrgang und 40% Rabatt sind ein starkes Argument. Daher habe ich ein paar Flaschen bestellt.

Die Freude über die Neuerwerbung wurde jedoch kurz darauf getrübt, als in einem Weinforum Berichte darüber auftauchten, die Weine aus der Lidl-Aktion seien schlecht (insbesondere: zu warm) gelagert worden (guckstu hier). Angeblich zeige sich das an vergleichsweise niedrigem Füllstand, durchnässtem Korken und einem für Alter und Jahrgang fortgeschrittenen Entwicklungsstand.

Diese Meldungen riefen den Wissenschaftler in mir auf den Plan - ich wollte es genau wissen. Neben den Lidl-Lagranges haben wir nämlich noch drei Flaschen aus anderer Quelle, die schon einige Zeit in unserem Keller lagern. Also habe ich zwei Flaschen geöffnet, beziehungsweise erst einmal von aussen begutachtet:

Der Lidl-Wein (immer rechts im Bild) ist anders etikettiert, möglicherweise war der Wein für einen Exportmarkt bestimmt und ist dann entweder nie dort hingeliefert worden oder wieder zurückgekommen.



Der Füllstand des Lidl-Weins ist etwas niedriger als der der anderen Flasche. Allerdings habe ich auch von meinen Lidl-Flaschen die mit dem niedrigsten Füllstand rausgesucht.


Einen sehr deutlichen Unterschied sah man beim Korken. Links der (perfekte) Korken der Vergleichsflasche, rechts der Lidl-Korken: Der ist schon recht weit durchfeuchtet. Ausserdem ragte er 1-2 Millimeter aus der Flasche heraus, so dass er am oberen Ende (im Bild ist das das untere Ende) etwas geweitet war.


Was letztlich zählt ist aber natürlich das, was in der Flasche ist. Also:

2010 Chateau Lagrange, Saint-Julien - Lidl
Dunkles Purpurrot ohne Reifenoten
Direkt nach dem Öffnen sehr präsente Nase, dunkle Früchte, Waldboden. Mit mehr Luft gesellt sich eine leicht rauchige Note zu den dunklen Früchten. Am zweiten Tag recht ausgeprägte dunkelfruchtige Nase. Darüber liegt ein schwer definierbarer (metallischer?) Duft, der die Klarheit der Frucht beeinträchtigt.
Am Gaumen ist zwar noch viel (und leicht trocknendes) Tannin spürbar, aber der Wein wirkt durchaus schon zugänglich. Dunkelfruchtig, mittlere Länge.
86-88, bis 2025+

2010 Chateau Lagrange, Saint-Julien - Vergleichsflasche
In der Farbe ähnlich dunkel, aber mit einem ausgeprägteren Violettschimmer
In der Nase deutlich zurückhaltender, dunkelfruchtig, sehr dezente Holznote. Mit mehr Luft wird die Nase intensiver und vielschichtiger, Brombeeren, Kräuter und eine ätherische, frisch wirkende Note.
Auch am zweiten Tag noch vergleichsweise zurückhaltend, aber distinguiert wirkend, Cassis, Brombeeren. Wirkt deutlich transparenter als bei dem anderen Wein. 
Am Gaumen ausgeprägte Cassis-Note, viel reifes Tannin, der Wein wirkt insgesamt noch recht verschlossen, aber auch tiefgründig mit klarem Potential. Am zweiten Tag ein wenig zugänglicher, aber der Wein sollte wohl besser noch ein paar Jahre im Keller verbringen.
Insgesamt verschlossener, aber auch tiefgründiger und eleganter wirkend.
90-92, 2021-2030+


Fazit: Hier hat sich Lidl nicht gelohnt. Der Lidl-Wein ist zwar nicht fehlerhaft, aber weiter entwickelt als die andere Flasche und auch qualitativ nicht auf dem gleichen Niveau. Meine Frau (die nicht wusste, was es mit den beiden Weinen auf sich hat), hat nur gerochen und den Unterschied sofort wahrgenommen.






Donnerstag, 4. April 2019

007 - Lizenz zum Trinken

Von der "Lizenz zum Trinken" der (2)007er Bordeaux habe ich bislang praktisch keinen Gebrauch gemacht. Bis vor kurzem besaß ich exakt eine Flasche aus diesem Jahrgang (Domaine de Chevalier, reserviert für eine Vertikalprobe). Kürzlich habe ich jedoch bei einem Händler eine Restflasche (es war die letzte) des 2007er Chateau Rauzan-Ségla zu einem vergleichsweise günstigen Preis entdeckt und konnte nicht wiederstehen.



2007 Chateau Rauzan-Ségla
Mittleres, etwas gereift wirkendes Rot
In der Nase von mittlerer Intensität, rotfruchtig und durchaus animierend. Am zweiten Tag eher dunkelfruchtig (Heidelbeeren), etwas Fleisch, Kräuter, eher "leise".
Am Gaumen vergleichsweise leichtgewichtig (trotz 13,5% Alkohol), spürbare Holzwürze, präzise Frucht, harmonisch und insgesamt sehr "smooth" wirkend, im Abgang etwas Milchschokolade. Nicht sonderlich lang. Am zweiten Tag ist der Holzeinfluß kaum noch wahrnehmnbar. Eleganter Wein und jetzt in guter Trinkreife. Trinkt sich gut und macht Lust auf das nächste Glas.
88-90, bis 2021

Fazit: Das ist ein schöner Wein aus kleinem Jahr, aber in dieser Preisklasse ("vergleichsweise günstig" heisst hier immer noch knapp über 40 Euro) ist man IMHO besser bedient, wenn man kleinere Weine aus besseren Jahrgängen kauft.


Dienstag, 12. März 2019

Drei Duos ergeben ein Trio

Mehr duch Zufall als durch Absicht haben sich in unserem Keller drei Cuvées aus Weißburgunder und Chardonnay angesammelt. Da diese Rebsorten-Duos alle aus dem gleichen Jahrgang (2017) und aus guten Häusern (Dönnhoff, Johner und Keller) stammten, drängte sich ein Vergleich förmlich auf. Der fand dann gestern und heute statt, und zwar zunächst als Blindprobe. 




2017 Dönnhoff Weißburgunder und Chardonnay "Stückfass"
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase kraftvoll, nussige Noten, etwas Orange, auch eine leicht grün-gemüsige (aber nicht unangenehme Note)
Am Gaumen recht kraftvoller Auftritt, schöne Fruchtnoten, anregende Säure. Macht Spaß.
88 bis 2020+

2017 Keller Weißer Burgunder und Chardonnay
Helles Gelb
In der Nase zunächst vergleichsweise verhalten, frisch, Melone(?). Wird mit Luft kräftiger und entwickelt dann auch nussige Aromen 
Am Gaumen recht schlank, animierende Säure, macht Spaß und gewinnt mit Luft
88

2017 Johner Weißer Burgunder und Chardonnay
Helles bis mittleres Gelb
Ebenfalls eher verhaltene Nase, Heu, eine leichte Orangennote, nicht allzu differenziert
Am Gaumen ebenfalls mit eher zurückhaltender Aromatik. Das zeichnet sich durch schönen Schmelz, aber im Vergleich zu den beiden anderen Weinen auch durch eine gewisse Behäbigkeit aus.
Später dann solo (und offen) getrunken ist das ein schöner Wein, aber eben nicht ganz auf dem Niveau der beiden Konkurrenten.
86 

Fazit: Das sind drei schöne Weine. Der Wein von Johner ist teilweise im Barrique ausgebaut, was ihm einen schönen Schmelz verleiht. Trotzdem gefallen mir die beiden anderen Weine etwas besser, sie wirken etwas verspielter und beschwingter.


Samstag, 2. März 2019

Dreimol Null es Null es Null

Karneval ist ja eher nicht die Zeit für gepflegten Weingenuss, da stehen eher Bier und Hochprozentiges im Vordergrund. Um trotzdem eine Verbindung zwischen Wein und Karneval zu schaffen, habe ich drei Nuller-Weine parallel verkostet. Eine alte kölsche Karnevals-Weisheit besagt nämlich, dreimol Null sei Null sei Null (guckstu und hörstu hier).

Auf "Null" habe ich natürlich nicht gehofft, sondern auf möglichst hoch in den Neunzigern. Die drei Weine auf dem Verkostungstisch waren drei Cru Classés aus Saint Julien, nämlich Saint-Pierre, Branaire Ducru (der seinerzeit noch als Branaire (Duluc-Ducru) bezeichnet wurde) und Lagrange. Ich habe zunächst blind verkostet und dann über zwei Tage offen weiter verkostet.




2000 Chateau Saint-Pierre
Mittleres Rot mit deutlichen orange-braunen Reifenoten
In der Nase zunächst etwas unangenehm, Schweiß. Mit etwas Luft verschwindet die schweißige Note und es bleibt ein etwas gedeckter Duft von dunklen Früchten und Cassis. Mit weiterer Belüftung kommt die Cassisnote immer deutlicher hervor, dann kommt Waldboden hinzu. Am zweiten Tag wirkt die Nase leicht gezehrt, mit Noten von Pilzen und Waldboden.
Am Gaumen recht herb, verhalten dunkelfruchtig, aber gute Struktur, die den Wein durchaus animierend wirken lässt - schöne reife Tannine und eine lebendige Säure. Am zweiten Tag macht sich auch am Gaumen die fortgeschrittene Reife bemerkbar, das Tannin wirkt trocknender. Old-school Bordeaux, der noch gut trinkabar ist (zu einem Steak dürfte das gut passen), den ich aber nicht mehr lange lagern würde.
86-88, bis 2020

2000 Chateau Lagrange
Noch recht dichtes Rot mit ganz leichten bräunlichen Reifetönen
In der Nase sofort sehr präsent, kernig wirkend, dunkle Früchte, Cassis, Zedernholz. Auch am zweiten Tag recht intensiv, Cassis und dunkle Früchte.
Am Gaumen sehr schön, kräftige, maskulin wirkende Frucht, ein feiner Säureschleier und strukturgebende (aber reife) Tannine. Am zweiten Tag kommt eine leichte Teernote hinzu.
Sehr schöner Wein, ebenfalls eher Old-School und mit Potental für weitere Jahre.
89-91 (und klar am oberen Ende dieser Kategorie), bis 2025

2000 Chateau Branaire-Ducru
Mittleres Rot mit leichten Orangenoten
In der Nase verhalten und im ersten Eindruck gezehrt wirkend. Mit mehr Luft wird das intensiver mit Noten von Laub und Gewürzen. Mit noch mehr Luft kommt eine etwas portig wirkende Frucht hinzu, auch etwas Lakritz. Nach etwa drei Stunden dann eher verhalten, aber sehr fein nach dunklen Früchten (Heidelbeeren und Brombeeren) duftend. Am zweiten Tag dann recht unverändert, dunkle Früchte, vor allem Heidelbeeren.
Am Gaumen zunächst wenig Frucht, dafür tertiäre Aromen, herb, etwas trocknendes Tannin. Mit Belüftung zeigt der Wein etwas mehr, aber das leicht trocknende Finale bleibt und trübt das Vergnügen etwas. Am zweiten Tag kommt eine leichte Bitternote im Finale hinzu. Auch hier würde ich nicht mehr allzu lange warten wollen.
86-88, bis 2020

Fazit: Der Lagrange hat hier klar die Nase vorn. Ein kompletter, sehr schöner Bordeaux, der noch einige Jahre vor sich hat. Der Saint-Pierre und der Branaire kommen da nicht mit. Beide Weine sind zwar noch gut trinkbar, aber wohl doch schon etwas über den Zenit. Damit bleibt vor allem der Branaire unter den Erwartungen und Vorschußlorbeeren (94 Punkte von Robert Parker himself und 92 von Neil Martin, jeweils mit der Prognose "bis 2030"). Möglicherweise war diese Flasche (erst kürzlich bei Ebay gekauft) nicht optimal gelagert.

Geschichtsstunde

1975. Helmut Schmidt ist seit nicht einmal einem Jahr Kanzler, der Vietnamkrieg endet, die Roten Khmer übernehmen die Macht in Kambodscha, in Spanien stirbt Franco und Juan Carlos wird zum König proklamiert und die Briten stimmen in einer Volksabstimmung für den Verbleib in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. In diesem Jahr wuchs dieser Wein im Aßmannshäuser Höllenberg. 1975 gilt als sehr guter Jahrgang; die Weine haben mehr Säure als die des nachfolgenden Hitzejahres 1976. Und edelsüße Spätburgunder Weißherbste gelten als Spezialität der hessischen Staatsweingüter. Daher habe ich, vor nun auch schon mehr als 10 Jahren, zwei halbe Flaschen dieses Weines ersteigert und im Keller vergraben. Aus irgendeinem Grund fiel mir wieder ein, dass es die noch gibt, und so habe ich dann die erste Flasche geöffnet. Der Korken war durchnäßt, aber intakt und der Füllstand einwandfrei. Gute Voraussetzungen also für ein schönes Altweinerlebnis.



1975 Hessische Staatsweingüter Aßmannshäuser Höllenberg Spätburgunder Weißherbst Beerenauslese
An Mahagoni erinnernde braune Farbe
In der Nase intensiv, Rosinen, Trockenfrüchte 
Am Gaumen intensive Süße, die aber durch eine noch präsente Säure nicht aufdringlich wirkt, wieder Aromen von Rosinen und Trockenfrüchten, allerdings nicht sehr diferenziert, lang. Wirkt noch sehr präsent und dürfte bei guter Lagerung noch viele Jahre vor sich haben.
Ich hätte den Wein bei einer Blindprobe sicher nicht als Spätburgunder Weißherbst identifiziert. Insgesamt ein sehr schönes Altweierlebnis.
89-91, bis 2025+ (verkostet im November 2018)


Donnerstag, 28. Februar 2019

Wo ist Becker?

In Margaux gibt es eine ganze Menge klassifizierter Gewächse, an der Spitze natürlich Chateau Margaux, gefolgt von Palmer, Rauzan-Ségla und anderen. Neben diesen (und weiteren, hier nicht genannten) zuverlässigen und bekannten Gütern gibt es aber auch einige eher unbekannte, um nicht zu sagen obskure, Cru Classés in Margaux. Eines davon war (in meiner Wahrnehmung jedenfalls) Chateau Marquis d'Alesme-Becker. 1855 als drittes Gewächs klassifiziert, habe ich doch eher selten etwas davon gehört (und noch nie etwas getrunken).

Das Chateau gehörte bis 2006 der Famile Zuger, der auch Malescot St. Exupery in Margaux gehört. 2006 wurde es an die Familie Perrodo verkauft. Der wiederum gehört auch das Cru Bourgeois Chateau Labegorce, dessen 2014er ich sehr schätze. Ab dem Jahrgang 2009 wurde ein neues Etikett verwendet, auf dem der Name "Becker" nicht mehr erscheint (auf dem Rückenetikett taucht er aber nach wie vor auf). Einen vollständigeren Überblick über die Geschichte des Chateaus gibt es hier.

Die Weine sind, wenn man den Kritikern glauben darf, in letzter Zeit besser geworden. Im Wine Advocate etwa haben die Weine in der Vergangenheit selbst in grossen Jahren wie 2005, 2009 oder 2010 nie die 90-Punkte-Grenze geknackt. Der 2015er hat dagegen (verkostet nach der Abfüllung) 94 Punkte bekommen. Von eben diesem 2015er hatte ich in der Subskription bei einem Händler die letzten zwei Flaschen bestellt. Ich wollte nun wissen, ob ein Nachkauf angebracht ist und habe daher eine Flasche geöffnet.




2015 Chateau Marquis d'Alesme
Sehr dunkles Purpurrot
Der erste Eindruck unmittelbar nach dem Öffnen der Flasche sind intensive Noten roter und violetter Früchte. Die Intensität bleibt, mit ein wenig Luft sind dann Himbeeren identifizierbar. Am zweiten Tag wenig verändert, Himbeeren, etwas Cassis.
Am Gaumen sehr kraftvoll, dunkelfruchtig, eine geballte Ladung sehr reifes Tannin, auch der hohe Alkohol (14,5%) ist durchaus spürbar. Am zweiten Tag weitgehend unverändert.
Einerseits eindrucksvoll, durch den hohen Alkohol fehlt allerdings etwas an Harmonie.
89-91, 2022-2030+ 

Und - wie sieht es jetzt mit dem Nachkauf aus? Ich werde es wohl lassen. Wenn überhaupt, dann würde ich lieber den kürzlich probierten (guckstu hier) und etwa gleich teuren 2015er Chateau Lagrange aus Saint Julien kaufen. Der gefiel mir insgesamt besser und wirkte harmonischer.


Sonntag, 17. Februar 2019

Versuchskaninchen

Ein kleiner Vergleich der Bordeaux-Jahrgänge 2014 und 2015 über zwei Tage. Versuchskaninchen war Chateau Lagrange aus Saint-Julien. Die beiden Flaschen waren Einzelflaschen, die ich extra für diesen Vergleich gekauft hatte. Chateau Lagrange ist in meiner Wahrnehmung ein zuverlässiges Gut (aber ein gutes Stück von der Spitze in Saint-Julien entfernt), dessen Weine realistisch bepreist sind. Erinnern kann ich mich an einen sehr schönen 2000er und auch der kürzlich getrunkene 2008er war sehr ordentlich.



2014
Dunkles Rot mit ganz leichtem Violettschimmer am Rand
Schöne Nase mit Noten von dunklen Früchten, etwas Lakritz und auch etwas Rauch, mit mehr Luft auch eine an Steinmehl erinnernde mineralische Note 
Am Gaumen wirkt der Wein wie in sich zurückgezogen. Säure ist deutlich spürbar, die Frucht verhalten. Wirkt etwas abweisend. Am zweiten Tag wirkt der Wein viel zugänglicher, die Frucht kommt deutlicher hervor, Himbeeren, dunkle Früchte, leicht trochnendes Tannin.
Schöner Wein, aber sollte wohl besser noch etwas liegen.
89-91+, 2022-2030+

2015
Mittleres bis dunkles, jugendliches Rot, nicht ganz so dunkel wie der 2014er
Auch hier schöne Nase, dunkle Früchte, der (gelungene) Holzeinsatz ist wahrnehmbar und rundet den Gesamteindruck ab. Am zweiten Tag ist die Frucht noch intensiver mit deutlichen Cassis-Noten, etwas Schokolade.
Am Gaumen wirkt der Wein am ersten Tag weniger zugänglich, die Frucht ist verhalten. Am zweiten Tag dann ein deutlich verändertes Bild. Präzise, saftige Frucht, sehr reifes Tannin, hervorragend integriertes Holz. Macht momentan viel Spaß (sollte allerdings länger karaffiert werden), hat aber (natürlich) Potential für viele Jahre.  
92-94, 2020-2035+

Fazit: Der 2014er wirkt im Duft herber, maskuliner, während der 2015er  etwas runder wirkt. Am Gaumen hat der 2015er im direkten Vergleich die Nase vorn. Er wirkt generöser und hat auch mehr Frucht, reiferes Tannin und wohl insgesamt die besseren Anlagen. Beide Weine sind gute Werte, aber bei den derzeit aufgerufenen Preisen (den 2014er gibt es ab 36 Euro, den 2015er beim gleichen Händler für 43,50) würde ich dem 2015er den Vorzug geben.

Donnerstag, 7. Februar 2019

Tu Felix Austria (3/3)

Heute also der dritte Österreicher. Mit dem Weingut Alzinger habe ich wenig Erfahrung. Diesen Riesling hier hatte ich vor zwei Jahren wegen sehr guter Beurteilungen gekauft, aber bislang noch nicht probiert. Heute war die erste Flasche "dran". Für den damals bezahlten Preis von 20 Euro kommt hier viel Wein ins Glas (der aktuelle Jahrgang liegt im Handel bei knapp über 25 Euro).





2015 Alzinger Riesling Smaragd Loibenberg
Mittleres Gelb
Nach Belüftung eher verhaltene, aber sehr interessante Nase; gelbe Früchte (Aprikose), etwas Pop Corn. Am zweiten Tag kommen die gelben Früchte deutlicher zum Vorschein.
Am Gaumen durchaus kraftvoll wirkend, aber aromatisch noch eher verhalten. Wieder gelbe Früchte, dezenter Schmelz und angedeutete Fruchtsüße.
89-91+, bis 2022+


Dienstag, 5. Februar 2019

Tu Felix Austria (2/3)

Diesen Wein gabe es hier schon einmal - vor ziemlich genau drei Jahren und am gleichen Ort getrunken (guckstu hier). Er war damals schon gut (so gut, dass wir diesen Wein mittlerweile auch aus einigen der Nachfolgejahrgänge im Keller haben), und er ist es auch heute noch.




2009 Ernst Triebaumer Blaufränkisch Ried Oberer Wald
Mittleres bis dunkles, noch recht jugendlich wirkendes Rot
Entwickelte Nase mit Noten von Sauerkirschen, Heidelbeeren und etwas Leder, am zweiten Tag auch Gewürznoten, das ganze wirkt sehr distinguiert 
Am Gaumen sehr schöne Kombination aus Frucht (dunkle Beeren), noch präsentem Tannin und stützender Säure, elegant. Jetzt in hervorragender Trinkreife.
92-94, bis 2021+

Fazit: Nach wie vor ein hervorragender Blaufränkisch, der sich auch solo sehr gut trinken läßt. Für damals knapp 20 Euro (aktuelle Jahrgänge sind eher bei gut 25 Euro) auch ein sehr guter Wert.


Sonntag, 3. Februar 2019

Tu Felix Austria (1/3)

Es steht mal wieder eine Woche Österreich auf dem Programm, da sollen dann auch die Weine passen. Das Weingut Prager steht auf meiner Einkaufsliste, seitdem ich Anfang des Jahrzehnts an einer kleinen, privat organisierten Probe teilgenommen habe. Dort gab es 12 Wachauer Weine des Jahrgangs 2010, sowohl Riesling als auch Grüner Veltliner und alle aus gutem Haus. Verkostet von 10 Personen. Niemand am Tisch hat irgendeinem der Weine weniger als 90 Punkte gegeben. Das war schon eine bemerkenswerte Performance. Bei dieser Probe haben mich die Weine von Prager so beeindruckt, das ich seitdem aus vielen Jahrgängen jeweils ein paar Flaschen der Top-Weine "Stockkultur Achleiten" (Grüner Veltliner) und Riesling Wachstum Bodenstein in den Keller gelegt habe. Heute war die erste Flasche 2013er "dran".




2013 Prager Riesling Smaragd Wachstum Bodenstein
Reifes, sattes Gelb
In der Nase recht intensiv, reif wirkende Frucht, Aprikose, aber auch tropische Früchte (Papaya), etwas grüner Apfel
Am Gaumen sehr kraftvoller Auftakt, fast viskose Textur mit durchaus spürbarem Alkohol (13,5% laut Etikett), aber auch präsente Säure, die einen Kontrapunkt setzt. Gelbe Früchte mit leicht exotischem Einschlag, recht lang.
89-91, bis 2022+

Fazit: Das ist ein schöner Riesling, aber mir fehlt ein wenig die Leichtfüßigkeit. Das ist aber eine Geschmacks- bzw. Stilfrage und keine Qualitätsfrage.




Donnerstag, 31. Januar 2019

Rudis Resterampe

Wahrscheinlich gibt es in vielen Weinkellern eine Schmuddelecke. Da stehen bzw. liegen die Weine, auf die man eigentlich keine Lust hat. Weine die in der Vergangenheit nicht überzeugt haben, Weine, die ihren Zenit überschritten haben, und sicher oft auch geschenkte Flaschen. Aber irgendwann muss man da mal ran. Dabei werden dann manchmal Vorurteile bestätigt, aber es gibt auch positive Überraschungen. Drei Flaschen aus unserer Schmuddelecke mussten gestern und heute dran glauben. Ein Geschenk, ein Wichtelwein und ein Kellerrest.





2014 Winzer Wartenburg Spätburgunder "Barrique"
Mittleres Rot
In der Nase recht ausgeprägt, spürbare Holznote, rotfruchtig, Erdbeeren
Am Gaumen holzwürzig, "gekocht" wirkende Frucht, wenig Tannin, recht kurz.
Ein (im neutralen Sinne des Wortes) typischer deutscher Spätburgunder ohne Ecken und Kanten, aber auch beliebig.
83-85, bis 2020

2013 Winzergenossenschaft Mayschoss/Altenahr Frühburgunder trocken
Mittleres Rot, am Rand ganz leicht bräunlich
In der Nase rotfruchtig, aber auch mit einer etwas störenden gemüsigen(?) Note. Am ersten Tag meinte ich sogar, etwas Liebstöckel zu riechen, aber der war am zweiten Tag nicht mehr wahrnehmbar.
Am Gaumen wenig Frucht und Ausdruck, recht kurz.
75-79, besser gar nicht

2006 Bertrand Stehelin Gigondas
Mittleres Rot mit deutlichen Reifenoten 
In der Nase mittlere Intensität, Leder, Erdbeeren, Gewürze, recht komplex
Auch am Gaumen Erdbeeren, schöne Reife, mürbes, aber noch präsentes Tannin, dezente Fruchtsüße, mittlere Länge
86-88, bis 2020+

Fazit: Der Gigondas von Stehelin war der Kellerrest. Davon habe ich vor 10 Jahren 6 Flaschen gekauft, aber der Wein hat mich irgendwie nie vom Hocker gehauen. Die heutige Flasche war die letzte. Den Wein habe ich vielleicht unterschätzt, denn es ist ein schöner und gut trinkbarer Wein. Der Spätburgunder der Winzer Wartenburg (das Geschenk) ist recht beliebig, aber unfallfrei trinkbar. Der Frühburgunder von der Ahr dagegen ist ziemlich schlimm. Da kann man nur hoffen, dass das ein Flaschenfehler war.

Mittwoch, 30. Januar 2019

Twenty Fourteen

Habe ich schon erwähnt, dass ich 2014er Bordeaux mag? Ich denke, ich habe mittlerweile genug davon probiert, um mir dieses Urteil erlauben zu können. Heute habe ich meine "Sammlung" um Chateau Meyney bereichert.



2014 Chateau Meyney
Sehr dunkles, undurchsichtiges Rot mit leichtem Violettschimmer
In der Nase recht ausgeprägt, rauchige Noten (Lagerfeuer) und ein massiver, noch nicht ausdifferenzierter Kern vorwiegend dunkler Früchte. Nach drei Tagen (den Rest der Flasche gab es nach zwei Tagen Pause) etwas entwickelter mit Noten von Brombeeren und Gewürzen.
Auch am Gaumen ausgeprägte, aber noch nicht entfaltete Frucht, monolithisch wirkend, massives Tannin hoher Qualität, mittlere Länge, betont herber Abgang.
Vielversprechend, aber der Wein braucht noch Zeit - besser noch drei oder mehr Jahre liegenlassen.
89-91, 2022-2030+

Fazit: Sehr schöner Wein mit Potential, wenn er auch IMHO nicht an meinen 2014er Cru-Bourgeois-Favoriten Chateau Labegorce heranreicht.

Sonntag, 27. Januar 2019

Ein Pfälzer Exot


Über das Pfälzer Weingut Anselmann wusste ich bislang nur, dass die Weine oft im Duty-Free-Shop angeboten werden. Dabei ist es, wie ich mir mittlerweile ergugelt habe, mit 130 Hektar Rebfläche sehr gross und hat ein enorm breites Sortiment. Getrunken habe ich noch keinen Wein des Gutes. Das hat sich nun geändert, denn ich habe eine Flasche geschenkt bekommen. Das war eine Premiere gleich in doppelter Hinsicht. Mein erster Anselmann, und mein erster weiß gekelterter Cabernet Sauvignon. "Blanc de Noirs" ist in den letzten Jahren in Deutschland auch bei Stillweinen recht populär geworden, wird aber in der Regel aus Pinot Noir hergestellt. Prinzipiell geht das natürlich auch mit anderen Rebsorten (das Weingut Anselmann hat Blanc de Noirs aus vier verschiedenen Rebsorten im Angebot), aber ich laufe da dem Trend wohl etwas hinterher (oder präziser: ich lasse den Trend an mir vorbeiziehen). Ich war jedenfalls etwas skeptisch, aber wie heisst es so schön: The proof of the cake is in the eating.



2017 Edesheimer Ordensgut Cabernet Sauvignon Blanc de Noirs
Helles Gelb mit grünen Reflexen
In der Nase von mittlerer Intensität, interessante Aromatik mit Noten von Paprika, aber auch Banane und Kiwi
Am Gaumen dann mit ordentlichem Volumen (die 13,5% "schieben" etwas), aber auch recht lebhafter Säure. Hier eher an Stachelbeere und exotische Früchte erinnernd, recht kurz.
Sauberer, mit Vergnügen (und wohl besser jung) trinkbarer Wein.
83-85, bis 2019

Fazit: Durchaus interessanter Wein. Wenn man mir das blind serviert hätte, hätte ich vermutlich auf Sauvignon Blanc getippt. Ich muss mir davon nichts in den Keller legen, aber für €5,60 bekommt man hier einen orderntlichen Gegenwert für sein Geld.

Donnerstag, 10. Januar 2019

Shiraz unplugged


Wir haben während unseres Urlaubs ein Appartement in Bangkok gemietet, das wir als "Basislager" nutzen. Als wir heute dorthin zurückkamen, war der Strom ausgefallen. Allerdings nur bei uns, nicht bei den Nachbarn. Eine kurze Recherche führte zu der Erkenntnis, dass die Vermieterin die Stromrechnung nicht bezahlt hatte. Das hat sie dann zwar schnell nachgeholt, aber den Abend und die Nacht mussten wir trotzdem ohne Strom verbringen. Das geht, ist aber mit Weißwein und Bier bei den ortsüblichen Temperaturen nicht ohne weiteres kompatibel. Also Rotwein. Aus dem Supermarktsortiment, denn eine Weinhandlung war gerade nicht in der Nähe (die sind auch selten in Bangkok). Hinsichtlich Auswahl und Preis kommen da hauptsächlich Australier in Frage, da die mit geringeren Zöllen belastet sind als Weine aus anderen Ländern. Immerhin gab es den Basis-Shiraz von d'Arenberg. Deren "Laughing Magpie" (ein Shiraz mit geringem Viognier-Anteil) kenne und schätze ich aus mehreren Jahrgängen. Den "The Stump Jump" genannten Basis-Shiraz hatte ich heute zum ersten Mal im Glas. Und wahrscheinlich auch zum letzen Mal.



2015 d'Arenberg "The Stump Jump" Shiraz, McLaren Vale
Mittleres Rot mit deutlichem Wasserrand
In der Nase etwas diffus wirkende Frucht, ein wenig Pfeffer und etwas Eukalyptus
Am Gaumen dunkelfruchtig, wieder etwas Eukalyptus, eher einfach, leichte Bitternote und recht kurz.
Man kann das unfallfrei trinken, aber wirklich brauchen tue ich das nicht.
83-85, bis 2020