Samstag, 26. Mai 2018

In der Halenhöhle. Oder so.

Die Kölner Seilschaft widmete sich am 26. Mai der Nahe. Im Fokus stand dabei ein Vergleich der Großen Gewächse aus der Niederhäuser Hermannshöhle (Dönnhoff) und dem Monzinger Halenberg (Emrich-Schönleber bzw. in einem Fall Schäfer-Fröhlich - Hauptsache Doppelname).
Verkostet wurde blind in sechs Flights. 



Flight 1: Zum Einstieg wurden zwei gereifte Einstiegsrieslinge serviert

2011 Dönnhoff Tonschiefer
In der Nase recht intensiv mit ausgeprägter Zitrusnote
Auch am Gaumen viel Zitrus, recht druckvoll, saftig,
86-88

2011 Emrich-Schönleber Mineral
Schöne, in sich ruhende Nase
Kommt am Gaumen weniger über die Frucht, sondern eher über kräutrige Noten, mineralisch
89-91

Fazit: Beides schöne Weine. Der "Mineral" hat die Nase vorn und bietet mehr, als man normalerweise in dieser (Preis)Klasse erwartet

Flight 2: Die Jahrgänge 2008 und 2010 wurden in einem Vierer-Flight präsentiert

2008 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb
Sehr schöne Nase, mineralisch, etwas Zitrus
Am Gaumen tief und komplex, etwas Grapefruit, in sich ruhend, sehr schön
92-94

2008 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Ebenfalls reifes Gelb
In der Nase ziemlich reif wirkend, gelbfruchtig, etwas Karamell
Am Gaumen steht die Säure etwas neben dem Wein, reife Frucht, nicht überzeugend
86-88

2010 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb
Mineralische Nase, Feuerstein, mit Luft Johannisbeeren
Am Gaumen geradlinig mit präsenter Säure
89-91

2010 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Gelb
Tolle Nase mit intensiven gelbfruchtigen Noten
Am Gaumen viel Druck, wieder gelbfruchtig, komplex, fast etwas viskose Textur. Toll.
95-97

Fazit: Bei den 2008ern lag der Halenberg klar vorne. Die Hermannshöhle konnte nicht überzeugen, und das war wohl kein Ausreisser: Bei einer Probe vor einiger Zeit konnte der Wein (eine aus einem anderen Keller stammende Flasche) ebenfalls nicht überzeugen. 2008 Halenberg ist dagegen eine Bank. Die 2010er Hermannshöhle hingegen ist ein wirklich grosser Riesling und zeigt dem Halenberg die Rücklichter.

Flight 3: 2006

2006 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Kräftiges, dunkles Goldgelb mit Orangeschimmer
Gereifte und auch etwas gezehrte Nase, Aprikose, etwas malzig
Das setzt sich am Gaumen fort - reife Aprikosenfrucht, wohl etwas über den Punkt, leicht bitteres Finale
86-88

2006 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Reifes Gelb, deutlich heller als die Hermannshöhle
In der Nase reif, etwas Wachs, Kräuter
Am Gaumen kraftvoller Auftakt, etwas Süße, endet recht kurz
89-91

Fazit: Schwieriges Jahr für trockene Weine. Bestätigt frühere Eindrücke (guckstu hier). Der Halenberg ist der Einäugige unter Blinden (ok, das ist jetzt etwas hart formuliert).

Flight 4: 2011

2011 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Mittleres Gelb
In der Nase etwas eigenwillig, mineralisch, Mandarine
Am Gaumen schön, zitrusfruchtig (und darin dem Tonschiefer ganz am Anfang ähnelnd), präsente Säure, gute Länge
89-91

2011 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Mittleres Gelb
Tolle Nase: Intensiv, kräutrig (Sponti-Aromen!?), mineralische Prägung, mit Luft etwas Apfel
Auch am Gaumen kräutrig, leicht cremige Textur, lang, nicht sehr viel Säure
92-94

Fazit: Schöner Flight, und auch hier hat der Halenberg die Nase vorn

Flight 5: 2007

2007 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Goldgelb
In der Nase reif, etwas Apfel, auch etwas malzig
Am Gaumen schöne, reife Frucht, feine Säure, "warm" wirkend, nicht sehr lang
89-91

2007 Schäfer-Fröhlich Halenberg GG
Ebenfalls reifes Goldgelb, aber etwas heller als die Hermannshöhle
Schöne, mineralisch geprägte Nase
Auch am Gaumen sehr schön, in sich ruhend, "warm" und mit dezenter Süße, lebendige Säure, gute Länge
92-94

Fazit: Der umstrittenste Flight der Probe. Die Bewertungen für die Hermannshöhle reichten von 86 bis 93, meine Bewertung liegt also etwa in der Mitte. Für mich war der Schäfer-Fröhlich der bessere Wein

Flight 6: 2009

2009 Dönnhoff Hermannshöhle GG
Reifes Goldgelb
Leider hatte der Wein einen leichten Korktreffer. Es war aber offensichtlich, dass sich dahinter ein wirklich großer Riesling "versteckt". Der Korkton (TCA) wurde nicht von allen wahrgenommen (die Toleranzschwellen sind hier sehr unterschiedlich), aber auch wenn man das TCA nicht wahrnimmt, beeinflußt es doch den Wein und nimmt ihm die Frucht.
Keine Wertung

2009 Emrich-Schönleber Halenberg GG
Intensive Nase, Kräuter, etwas Apfel und durchaus an den 2011er erinnernd
Auch am Gaumen kräutrig, tief, Johannisbeeren, komplex, ganz leicht viskose Textur
92-94

Fazit: Schade. Die Hermannshöhle hätte ohne Kork der Wein des Tages sein können und den (großartigen) Halenberg schlagen können. Die Hermannshöhle ist zur Nachverkostung vorgemerkt.


Am Abend gab es dann zu Hause, passend zur Probe, noch diesen Wein hier:

2016 Dönnhoff Tonschiefer
Helles bis mittleres Gelb
In der Nase recht ausgeprägt, Pfirsisch, florale Noten
Auch am Gaumen Pfirsisch, frisch, schöner Trinkfluß
86-88, bis 2020+

Mittwoch, 16. Mai 2018

Ich kaufe ein "P"

Man kann natürlich nicht jeden Wein kaufen, den irgendwo irgendwer irgendwie lobt. Aber als ich das überschwängliche Lob dieses Weines aus (wie ich glaube) kompetenter Feder las, konnte ich nicht anders, als nach diesem Wein zu gugeln. Gereifte Große Gewächse sind natürlich nicht ohne weiteres zu bekommen, aber es fand sich tatsächlich ein Händler in Belgien, der ihn noch im Programm hatte - und zwar zu einem Preis unterhalb des ursprünglichen Weingutspreises. Damit war ich überredet und bin nunmehr stolzer Besitzer von sechs (bzw. jetzt noch fünf) Flaschen des 2010er Scharzhofberger "P" von van Volxem.

Das Weingut van Volxem produziert jedes Jahr neben dem "einfachen" Scharzhofberger auch den Scharzhofberger "P", der aus dem "Pergentsknopp" im Herzen dieser weltberühmten Lage stammt. Während ich den einfachen Scharzhofberger schon getrunken habe (2015 ist hervorragend), war dieser 2010er mein erster "P".

Am Jahrgang 2010 in Deutschland scheiden sich die Geister - von "Arschjahr" (ein von "Captain Cork" geprägter Begriff) bis "große Weine mit langer Zukunft" (https://www.wineterminator.com/jahrgaenge/2010.html) kann man alle Beurteilungen finden. Ich mag die 2010er Rieslinge, und der "P" hat mich in dieser Ansicht bestärkt.



2010 van Volxem Scharzhofberger "Pergentsknopp"
Reifes Goldgelb
In der Nase zunächst recht verhalten, Zitrus, ein Hauch Petrol, in sich ruhend. Mit Luft wird das etwas intensiver ohne "laut" zu werden, und es kommen Noten gelber Früchte und Orangen sowie mineralische Akzente hinzu.
Am Gaumen recht druckvoll, leicht cremige Textur, kandierte Zitrusfrüchte, reife und perfekt integrierte Säure, lang mit leicht salziger Note im Abgang.
Großes Kino und für ein "Arschjahr" gar nicht schlecht :-)
92-94, bis 2023+