Samstag, 18. März 2017

Ost-West-Konflikt

Vor einigen Wochen bekam ich eine Flasche russischen Rotweins geschenkt. Ehrlich gesagt wußte ich gar nicht, dass dort Rotwein angebaut wird (obwohl - wenn man darüber nachdenkt, ist es natürlich nicht überraschend). Ein wenig gugeln brachte dann ans Tageslicht, dass das Anbaugebiet in der Region Krasnodar in Südrussland liegt, und dass das Weingut einen guten Ruf genießt. Hergestellt wird der Wein aus Syrah, Mourvedre, Grenache und Malbec.

Um den Wein richtig einordnen zu können, habe ich ihm die Cuvée Persia der Domaine de Fondrèche (Syrah mit etwas Mourvedre) aus gleichem Jahr zur Seite gestellt. Damit liegt die Latte schon recht hoch.

Die Konfliktbeteiligten



2015 Terroir de Gai-Kodzor
Mittleres Rot mit Wasserrand
Nase recht ausgeprägt, Kräuter, dunkle Früchte, aber auch ganz leicht grün.Wirkt am zweiten Tag generöser und irgendwie "weicher", aber die leicht grüne Note bleibt.
Am Gaumen mittelgewichtig, schöne Fruchtsüße, kräuterwürzig, im Abgang spürbare Säure und eine leichte Bitternote. Mittlere Länge.
86-88, bis 2022

2015 Domaine de Fondrèche Cuvée Persia
Dunkles Violett-Rot
In der Nase intensiv, druckvoll; Syrah-geprägt, "speckig", Tapenade, dunkle Früchte
Am Gaumen viel Druck, intensive Aromen von dunklen Früchten. Das (reife) Tannin ist noch hinter der Frucht versteckt.
Macht jetzt in der Fruchtphase viel Spaß, hat aber Potential.
89-91, bis 2025 

Fazit: Der Terroir de Gai-Kodzor ist ein guter Rotwein. Wo ich ihn in einer Blindprobe verortet hätte, kann ich nicht sagen. Gegen den "Persia" kommt er nicht an, aber das ist nun auch anerkanntermassen ein Wein mit einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis.


Sonntag, 12. März 2017

Gipfeltreffen

Klassische Riojas sind großartige Weine, und einige von ihnen bieten ein Preis-Leistungsverhältnis, das weltweit ziemlich einmalig ist. Paradebeispiel war (und ist) für mich die Bodega La Rioja Alta. Dort gibt es verschiedene Linien, wobei es mir die "Vina Ardanza"-Weine und die Gran Reserva 904 besonders angetan haben. Das Spitzenprodukt, die Gran Reserva 890, hat leider noch nicht den Weg in mein Glas gefunden. Alle diese Weine kommen erst 8-12 Jahre nach der Ernte in den Verkauf.

Nun gibt es ein Weingut, das vielleicht noch klassischer ist als La Rioja Alta, nämlich Lopez der Heredia. Von diesem Weingut noch nie etwas getrunken zu haben schien mir eine Bildungslücke zu sein, die geschlossen werden mußte. Legendär sind die 10 Jahre im Barrique ausgebauten weißen Gran Reservas, die in dieser Form wohl nirgends sonst mehr produziert werden, die allerdings auch nicht ganz billig sind. Derzeit ist da der 1996er im Verkauf. Hier geht es aber um die Rotweine. Da wird derzeit der 2004er Vina Tondonia Reserva angeboten.

An diesem Wochenende war es dann soweit - der 2004er "904" von La Rioja Alta und der 2004er Tondonia kamen in die Gläser. Beides übrigens Weine, die recht moderat im Alkohol sind - jeweils 13% laut Etikett. Da ich nicht das Gefühl hatte, irgendwie voreingenommen zu sein, kamen die Weine offen ins Glas.

Die Teilnehmer des Gipfeltreffens

2004 Lopez de Heredia Vina Tondonia Reserva
Mittleres Rot mit einem leicht dunkleren Kern als beim 904, am Rand orange 
In der Nase nicht "laut", aber komplex und vielschichtig; ein Hauch Orange, Gewürze, Tabak, Am zweiten Tag auch deutlich balsamische Noten. Am dritten Tag stehen die Gewürznoten im Vordergrund, auch Zitrusnoten sind deutlich wahrnehmbar.
Am Gaumen noch unnahbar, mittelgewichtig mit recht kräftiger Säure, nachhaltig und lang. Wirkt am zweiten und dritten Tag etwas zugänglicher, die Säure ist weniger ausgeprägt, dafür rücken zupackende Tannine in den Vordergrund.
Braucht definitiv noch Zeit.
92-94+, nicht vor 2022

2004 La Rioja Alta Gran Reserva 904
Mittleres Rot mit orange-bräunlichem Rand
In der Nase intensiver als der Tondonia, Gewürze, Fleisch, balsamische Note. Das Fleischige tritt am zweiten und dritten Tag etwas in den Hintergrund, dafür sind die balsamischen Noten noch ausgeprägter.  
Deutlich zugänglicher als der Tondonia. Sehr eleganter Wein mit spürbarem, aber sanftem Tannin. Fleischig, wieder balsamische Noten, lang. Am zweiten Tag noch etwas zugänglicher.
Auch der 904 ist noch nicht ganz auf dem Höhepunkt - besser noch zwei bis drei Jahre weglegen und in der Zwischenzeit den 2001er trinken :-)
92-94, 2020-2030+

Fazit: Der 904 ist definitiv derzeit der zugänglichere Wein und macht jetzt mehr Spaß. Der Tondonia ist ein Langstreckenläufer und gehört in die hinterste Ecke des Kellers. Beides sind großartige klassische Riojas - und beide sind bezahlbar. Ob der Tondonia mit mehr Reife "nur" genauso gut wird wie der 904 oder sogar besser, klären wir dann in fünf oder zehn Jahren. Bei dieser Probe wird dann auch ein 2004er Ygay dabei sein, von dem ich extra für diese Gelegenheit eine Flasche gekauft habe (der Wein ist kaum noch zu bekommen, aber ich habe einen Händler in Österreich gefunden, der noch exakt eine Flasche hatte...).

Freitag, 10. März 2017

Am Limit

Einen Pfälzer Geheimtip bekam ich neulich geschenkt, von einem Weingut (Schäfer in Neustadt), von dem ich noch nie etwas gehört hatte. Dort hat der Junior des Hauses seine eigene, mit "Limit" bezeichnete Premium-Linie. Diese Weine werden in geringer Auflage hergestellt. Vom "meinem" 2013er Spätburgunder Limit gibt es gerade einmal 500 Flaschen. Das ist alles, was ich von diesem Wein wußte, als ich ihn probiert habe.

Zum Vergleich habe ich einen 2013er von Salwey aus dem Keller geholt. Es stellte sich dann allerdings heraus, dass das doch ein sehr anderer Pinot ist und daher als Vergleich nicht sehr gut geeignet. 



2013 Salwey Oberrottweiler Käsleberg Spätburgunder
Mittleres Rot mit erster Reife am Rand.
In der Nase recht ausgeprägt, rotfruchtig, ein Hauch Gummi. Am zweiten Tag ist der Gummi verschwunden, es bleibt eine ziemlich klassische rotfruchtige Pinot-Nase. 
Mittelgewichtig, recht ausgeprägte Frucht, spürbare Säure, leicht rustikal. In seiner Preisklasse (12 Euro ab Werk) ein schöner Spätburgunder.
86-88, -2020

2013 Schäfer Gimmeldinger Mandelgarten Spätburgunder "Am Limit" - eine von 500
Ebenfalls mittleres Rot, aber etwas dunkler als der Käsleberg
Nase recht stark vom Holz geprägt, Vanille, würzige und pfeffrige Noten und sogar etwas Eukalyptus.
Am Gaumen voluminös, auch hier mit deutlicher Holzprägung, würzig. Kommt mir durch die Holzdominanz etwas beliebig vor und macht auch schnell satt. Hat nicht allzuviel Frucht um das Holz zu balancieren. Ich weiß nicht wie (und wie lange) sich das entwickelt.
83-85, -2018?

Fazit: Wenn man sich am Limit bewegt, kann das auch mal schiefgehen. Für mich "too much" - der Wein verträgt das viele Holz nicht gut. Der Käsleberg, vom Charakter her natürlich ein ganz anderer Wein, macht für deutlich weniger Geld mehr Spaß.